Zürcher Ressourcen Modell

Zürcher Ressourcen Modell

Das Zürcher Ressourcen Modell (ZRM) ist ein psycho-edukatives Selbstmanagement-Training. Es wurde von Maja Storch und Frank Krause in den 1990er-Jahren für die Universität Zürich entwickelt. Integriert werden Erkenntnisse aus Psychoanalyse und Motivationspsychologie basierend auf neurowissenschaftlichen Erkenntnissen zum menschlichen Lernen und Handeln.

Innerhalb des Trainings kommen unterschiedliche Anwendungen zum Einsatz, wie systemische Analysen, Coaching, Wissensvermittlung und Selbsthilfetechniken in der Gruppe. Das Training soll den Menschen in diesem Entwicklungsprozess systematisch auf der intellektuellen/kognitiv, emotionalen/emotiv und körperlichen/physiologisch Ebene ansprechen.

Mit Hilfe des ZRM soll der Mensch sich über eigene (Lebens)Themen klar werden, Ziele entwickeln, die eigenen Ressourcen entdecken und Fähigkeiten erlangen, um nötige Ressourcen zu aktivieren, die zielorientiertes Handeln ermöglichen. Dies soll zur Entwicklung und Erweiterung der eigenen Selbstmanagementfähigkeiten führen.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Das Zürcher Ressourcen Modell entstand am Institut für Pädagogische Psychologie der Universität Zürich mit dem Ziel, angehenden Lehrkräften zur Burnout-Prophylaxe eine Sammlung von Selbstmanagement-Methoden an die Hand zu geben, die sowohl praxisorientiert als auch theoretisch abgesichert sein sollten.

Auf der Basis ihrer bisherigen beruflichen Tätigkeiten setzten sich die Entwickler mit der Kontroverse zwischen psychologischen und psychoanalytischen Schulen auseinander. Maja Storch brachte Ausbildungskenntnisse ein aus dem Bereich Verhaltenstherapie, Psychodrama und der Analytischer Psychologie nach C. G. Jung, Frank Krause aus dem Bereich Klientenzentrierter Psychotherapie nach Carl Rogers und Psychodrama, sowie Erfahrungen als Trainer, Supervisor und Coach als auch Erfahrungen aus einem Forschungsprojekt an der Universität Konstanz.

Sie beabsichtigten, in ihrem Trainingsmodell unterschiedliche Ansätze zu integrieren und nicht auf einer spezifischen Schulrichtung aufzubauen. Die Integrationsbestrebungen stützen sich auch auf Fachpublikationen, die zeitgleich zur Entwicklung des Zürcher Ressourcen Modells erschienen und ebenfalls integrative Ansätze vertreten. Antonio Damasio beschreibt beispielsweise in seinen Büchern integrativ den Zusammenhang von Gefühl und der psychologischen Sicht des Verstandes auf neurowissenschaftlicher Basis. Klaus Grawe, legt 1998 mit seiner „Psychologischen Therapie“ einen Schulen-integrativen Entwurf für Psychotherapie vor und Julius Kuhl 2001 ein integratives Modell menschlicher Persönlichkeit in seinem Werk „Motivation und Persönlichkeit“ .

Grundprinzipien

Rubikon-Prozess

Der Ausdruck „den Rubikon überschreiten“ steht als Metapher dafür, sich unwiderruflich auf eine riskante Handlung einzulassen.

Motivationspsychologisch stützt sich das Zürcher Ressourcen Modell auf das Rubikonmodell der Handlungsphasen, allerdings nicht in dessen ursprünglicher Form mit vier Phasen, wie es von Heinz Heckhausen und Peter M. Gollwitzer entwickelt worden war, sondern in einer von Klaus Grawe vorgelegten Weiterentwicklung, welche die psychoanalytischen Theorien zum Unbewussten durch eine vorgeschaltete weitere Phase berücksichtigt.

Der Rubikon-Prozess - so genannt zur Unterscheidung vom ursprünglichen vierphasigen Rubikonmodell - beschreibt zum Entstehen einer Handlung folgende fünf Phasen:

  1. Bedürfnis: Ein oft unbewusster Wunsch oder ein vages Unbehagen mit der aktuellen Situation. „Irgendetwas ist da, ich weiß nicht recht, was.“
  2. Motiv: Ein ausformulierter Wunsch, der aber noch nicht handlungswirksam ist. „Es wäre schön, wenn...“
  3. Intention: Ein handlungswirksames Ziel. „Ich will!“
  4. Präaktionale Vorbereitung: Sich selbst in die Lage versetzen, zielorientiert zu handeln. „Ich will und ich kann!“
  5. Handlung: So handeln, dass man darin das gefasste Ziel realisiert. „Ich pack's.“

Der Schritt vom Motiv zur Intention wird als Schritt über den Rubikon bezeichnet, da hier das Abwägen zu Ende ist und ein klares Ziel angestrebt wird.

Somatische Marker

Ein somatischer Marker ist eine automatische Körperreaktion als Signal der emotionalen Befindlichkeit.

Er wirkt beispielsweise als Startsignal für eine Handlung oder auf unbewusster Ebene als Alarmsignal und Vorwarnung. Dieser Begriff wurde von Antonio Damasio eingeführt und beschreibt ein körpereigenes System zur Bewertung von Vorhersagen. Innerhalb des ZRM-Trainings wird durchgehend mit somatischen Markern gearbeitet. Positive somatische Marker, ein sog. Felt Sense[1] - umgangssprachlich ein „gutes Bauchgefühl“ - können unbewusste Bedürfnisse ans Licht holen, die Motivation steigern und die Lernwirkung intensivieren.

Für den Schritt über den Rubikon ist motivational ein starker emotionaler Impuls für das angestrebte Ziel nötig. Das ZRM-Training schult den Teilnehmer, auf positive somatische Marker bei sich selbst und bei anderen Teilnehmern zu achten, um so diesen emotionalen Impuls zu erkennen, der ihm den Schritt über den Rubikon erleichtert.

Handlungswirksame Ziele

Ein handlungswirksames Ziel ist ein Ziel, dass durch die Art und Weise seiner Definition begünstigt, dass der Mensch sich ihm auf dem Weg des Handelns annähern möchte.

Das Zürcher Ressourcen Modell hat bestimmte Kriterien für die Formulierungen von Selbstmanagement-Zielen entwickelt. Ein Ziel ist hier ein kurzer Satz, der die innere Haltung (nicht das Verhalten) beschreibt, die der Teilnehmer anstrebt. Diese Vorgehensweise basiert auf der Überzeugung, mit einem Haltungsziel eine stärkere emotionale Bindung erzeugen zu können, die mehr Energie bereitstellt, um beim Schritt über den Rubikon zu helfen. Ein Haltungsziel lässt sich anpassen und auf neue Situationen anwenden, es ist nicht auf bestimmte im voraus bedachte Situationen beschränkt, wie ein bestimmtes Verhalten es wäre. Das Verhalten ist also kein Thema der Zielformulierung, sondern betrifft die Übertragung des Gelernten (den sogenannten Transfer) auf das persönliche Leben des Teilnehmers.

Darüber hinaus legt das ZRM-Training wert auf folgende drei Kriterien für Zielformulierungen:

1. Ein Ziel soll ein Annäherungsziel, kein Vermeidungsziel sein.

Es wird positiv formuliert, so wie der Mensch sein will, nicht negativ, so wie er nicht sein will. Vermeidungsziele bewirken, dass das Gehirn ständig an das erinnert wird, was es eigentlich nicht tun sollte. Außerdem bedeutet Annäherungsziel, dass es ruhig hochgesteckt sein darf, solange der Mensch sich bewusst ist, dass er sich diesem Ziel eben annähern will und nicht den Anspruch hat, es bis zum soundsovielten zu erreichen. Beliebtes Beispiel im ZRM-Kurs für Annäherungs- und Vermeidungsziele sind Neujahrsvorsätze, die oft genau daran scheitern: „Ich will nicht mehr rauchen“ ist ein Vermeidungsziel. „Ich gönne mir einen freien Atem“ ist ein Annäherungsziel und aus ZRM-Perspektive als Neujahrsvorsatz viel besser geeignet.

2. Ein Ziel soll vollständig unter der eigenen Kontrolle sein.

Die Zielerreichung soll nicht abhängig sein davon, ob sich ein anderer oder die Umstände zuerst ändern. Dies entlastet davor, einen Misserfolg, der außerhalb des eigenen Einflussbereiches stand, dem eigenen Versagen zuzuschreiben. Es erlaubt aber auch, einen Erfolg aus ganzem Herzen sich selbst zuzuschreiben, was motivational eine wichtige Rolle spielt. Nach diesem Kriterium würde im ZRM-Training ein Ziel von der Art „die anderen hören auf mich, wenn ich eine gute Idee habe“ zu „ich vertrete meinen Standpunkt mit Überzeugung“ oder ähnlich umgeformt.

3. Das Ziel soll demjenigen, der es verfolgt, ein gutes Gefühl geben.

Dies wird wiederum anhand der Selbst- und Fremdbeobachtung von positiven somatischen Markern festgestellt. Ein Ziel, das nicht mit einem positiven Gefühl verbunden ist, kann nur viel schwerer handlungswirksam sein, da die Motivation fehlt, und die Gefahr besteht, das emotional nur halbherzig vertretene Ziel beim ersten Widerstand aufzugeben. Die Zielformulierung wird im ZRM so umarbeitet, bis sie passt. Unangenehme Ziele („ich sollte meine Diplomarbeit bis zum soundsovielten abgeben“) werden zum Beispiel so umformuliert, dass ein positiver zu erreichender Zustand, ein übergeordnetes Ziel („ich mache in meiner Ausbildung einen großen Schritt nach vorne“) in den Mittelpunkt gestellt wird.

Methodische Besonderheiten

Theorie-Information

Im Rahmen eines ZRM-Trainings werden auch die theoretischen Hintergründe des Trainingsmodells thematisiert. Damit will das Training Transparenz schaffen und Manipulation vermeiden. ZRM geht von der Überzeugung aus, dass es für die Teilnehmenden motivierend wirkt, wenn sie über die theoretische Basis, die hinter einem bestimmten Arbeitsschritt steht, Bescheid wissen.

Meditative Elemente

Ein wichtiges Ziel des ZRM-Trainings ist es, das Unbewusste in das Selbstmanagement einzubeziehen. Dies gilt sowohl am Anfang des Trainings, wo unbewusste Bedürfnisse bewusst gemacht werden sollen, um mögliche Motivkonflikte zu klären, als auch im weiteren Verlauf, wenn es darum geht, zielrealisierendes Handeln als Automatismus einzuüben. Methodisch dienen diesem Ziel meditative Elemente wie zum Beispiel Entspannungsübungen oder eine Phantasiereise (angeleitete Imagination).

Ideenkorb

Der Ideenkorb ist eine Sammlung von Haltungs- und Handlungsmöglichkeiten für einen bestimmten Teilnehmer, zur möglichen Anwendung auf eine bestimmte Problemsituation.

Er wird mit Hilfe einer speziellen Art des Brainstormings durchgeführt, die im ZRM-Training an vielen Stellen angewendet wird. Die Grundidee ist, dass ein Teilnehmer durch die Gruppe (oder im Falle eines Einzelcoachings durch den Coach) möglichst viele konstruktive Vorschläge bekommt.

Nach den Spielregeln der Ideenkorb-Methode gibt es eine Hauptperson, welche den Ideenkorb bekommt. Sie formuliert eine Aufgabe an die Gruppe, falls die Aufgabe sich nicht aus dem Trainingsablauf bereits ergibt. Die übrigen Teilnehmer (im ZRM werden sie oft „Fremdgehirne“ genannt) steuern Ideen bei, die unbedingt ressourcenorientiert sein müssen, d. h. das Anliegen der Hauptperson unterstützen, und nicht in Frage stellen sollen.

Eine andere als die Hauptperson führt Protokoll über die geäußerten Ideen. Aufgabe der Hauptperson ist es, sich im Gespräch zurückhalten und schwerpunktmässig darauf zu achten, welche der geäußerten Ideen sie ansprechen, welche also bei ihr einen positiven somatischen Marker hervorrufen. Sie kann die Aufgabenstellung präzisieren oder bei bestimmten geäußerten Ideen, die sie ansprechen, eine Vertiefung anregen, ohne ansonsten aktiv ins Gespräch einzugreifen. Am Ende der Ideenkorb-Sitzung erhält sie das Protokoll.

Ein Ideenkorb wird üblicherweise in einer Kleingruppe von drei Personen durchgeführt und dauert zehn bis fünfzehn Minuten, mit anschließendem Wechsel der Hauptperson, so dass jedes Gruppenmitglied Gelegenheit hat, einen Ideenkorb zu bekommen. Das Verfahren kann aber auch in einer größeren Gruppe zur Anwendung kommen.

Siehe auch

Literatur

  • Maja Storch und Frank Krause: Selbstmanagement - ressourcenorientiert. Grundlagen und Trainingsmanual für die Arbeit mit dem Zürcher Ressourcen Modell. 3., korr. Auflage, Huber, Bern 2005, ISBN 978-3-456-84172-4
  • Maja Storch und Astrid Riedener: Ich packs! - Selbstmanagement für Jugendliche. Ein Trainingsmanual für die Arbeit mit dem Zürcher Ressourcen Modell. Huber, Bern 2005

Weblinks

Einzelnachweise

  1. When connecting these psychological considerations with neuroscientific findings on somatic markers, as ZRM does, the strong positive feeling that reveals a somatic marker is indicative of self-concordance and intrinsic motivation. It is reasonable to assume that the so-called “felt sense” that plays a central role in the focusing technique (GENDLIN, 1998) also describes the appearance of somatic markers. It is through this third criterion that ZRM Training seminar participants learn to continue to develop their goals until a good feeling is generated that is clearly observable to themselves and others. In: Storch, M. (2004). Resource-activating Selfmanagement with the Zurich Resource Model (ZRM), European Psychotherapy/Vol. 5 No. 1. 2004. Link: http://www.majastorch.de/download/ResourceStorchK2.pdf (Abgerufen am 3. März 2011)

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