§177 StGB

§177 StGB

Sexuelle Nötigung ist ein strafrechtlicher Sammelbegriff für sexuelle Handlungen, die gegen den Willen des Sexualpartners, der dementsprechend Opfer ist, vorgenommen werden.

Inhaltsverzeichnis

Deutsche Rechtslage

Die sexuelle Nötigung ist im deutschen Strafrecht eine Straftat, die sich gegen das Rechtsgut der sexuellen Selbstbestimmung richtet. Sie ist seit dem 6. Strafrechtsreformgesetz in § 177 Abs. 1 StGB geregelt und bildet gemeinsam mit der schweren sexuellen Nötigung (Abs. 2) und der Vergewaltigung (Abs. 3) einen Einheitstatbestand. Die Vergewaltigung (Abs. 2 Nr. 1 et passim) ist in der sexuellen Nötigung als Regelbeispiel aufgenommen worden. Die sexuelle Nötigung ist wegen der Mindeststrafendrohung von einem Jahr Freiheitsstrafe ein Verbrechen.

Wegen sexueller Nötigung wird bestraft, wer unabhängig von seinem Geschlecht eine andere Person mit Gewalt oder durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder unter Ausnutzung einer Lage, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist, nötigt, sexuelle Handlungen des Täters oder eines Dritten an sich zu dulden oder an dem Täter oder einem Dritten (nicht aber an sich selbst) vorzunehmen. Die Gewalt kann überwältigend (vis absoluta = z.B. Fesseln, Einschließen, Niederschlagen, Betäuben) oder den Willen beugend (vis compulsiva) sein. Die Intensität der Gewalt ist dabei unerheblich, sie muss sich gegen Personen richten. Handelt der Täter nicht mit Gewalt, sondern greift er zur Drohung, so muss eine Gefahr für Leib und Leben angedroht werden.

Bei Drohungen von geringerer Intensität kann allenfalls - anstatt nach § 177 StGB - aufgrund des Tatbestandes der Nötigung (evtl. im besonders schweren Fall) gemäß § 240 StGB eine Bestrafung erfolgen.

Der Begriff der sexuellen Handlung definiert der Gesetzgeber in § 184f StGB: Sexuelle Handlungen sind solche, die nicht unerheblich sind. Wo sich die untere Schwelle befindet, ist umstritten. Jedoch wird man dies bei einem Zungenkuss verneinen dürfen, auch das "Begrapschen" scheidet aus. Es verbleibt dann aber möglicherweise die Strafbarkeit wegen Beleidigung nach § 185 StGB. Die obere Schwelle der sexuellen Nötigung zur Vergewaltigung liegt in der Penetration des Körpers. Dabei ist es unerheblich, ob das Eindringen mit einem Gegenstand oder einem Körperteil erfolgt. Der Beischlaf oder das Eindringen gegen den Willen des Opfers ist stets eine Vergewaltigung.

Die Versuchsstrafbarkeit beginnt mit dem Ansetzen zur Gewalthandlung. Ein Rücktritt vom Versuch der sexuellen Nötigung nach § 24 StGB ist zwar möglich, hebt aber die vollendete Nötigung nicht auf.

Für das Opfer spielt das Geschlecht keine Rolle, ebenso wenig das Alter. Hier muss jedoch differenziert werden: Ist das Opfer nicht in der Lage, einen eigenen Willen über die sexuelle Selbstbestimmung zu formen, so ist nicht nach § 177 StGB zu bestrafen; stattdessen ist dann der Tatbestand des Sexuellen Missbrauchs von widerstandsunfähigen Personen gemäß § 179 StGB einschlägig.

Nach Schweizerischem Strafrecht ist das Zwingen zur Duldung einer beischlafsähnlichen oder anderen sexuellen Handlung (mit physischer oder psychischer Gewalt oder indem das Opfer widerstandsunfähig gemacht wird) mit bis zu zehn Jahren Gefängnis bedroht. Beim Verwenden einer Waffe ist die Mindeststrafe 3 Jahre Gefängnis. Seit dem 1. April 2004 wird die sexuelle Nötigung auch in Ehe und eheähnlicher Partnerschaft von Amtes wegen verfolgt.

Österreichische Rechtslage

Die sexuelle Nötigung wird in Österreich im § 202 StGB unter der Bezeichnung Geschlechtliche Nötigung ergänzend zum Straftatbestand der Vergewaltigung im § 201 StGB geregelt. Er kommt nur zur Anwendung sofern der Täter nicht bereits nach dem Tatbestand der Vergewaltigung zu bestrafen ist. Das Delikt erfasst Nötigungen mit Gewalt oder durch gefährliche Drohung zur Vornahme oder Duldung einer geschlechtlichen Handlung. Der § 202 StGB geht wesentlich weiter als der Tatbestand der Vergewaltigung, da aufgrund er Formulierung geschlechtliche Handlung wesentlich mehr Handlungen erfasst werden. Der Strafrahmen beträgt bis zu fünf Jahren Freiheitsentzug und enthält die gleichen straferhöhenden Qualifikationen wie der Tatbestand des § 201 StGB.

Schweizer Rechtslage

In der Schweiz wird die Sexuelle Nötigung im Art. 189 StGB geregelt und lautet:

Wer eine Person zur Duldung einer beischlafsähnlichen oder einer anderen sexuellen Handlung nötigt, namentlich indem er sie bedroht, Gewalt anwendet, sie unter psychischen Druck setzt oder zum Widerstand unfähig macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe bestraft.

Literatur

  • Heike Jung: Der Einheitstatbestand der sexuellen Nötigung und Vergewaltigung. § 177 StGB, Baden-Baden 2001

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