Österreichische Kolonien

Österreichische Kolonien

Die österreichische Kolonialpolitik in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts konkurrierte zwar mit ähnlichen Bestrebungen Dänemarks, Portugals, Spaniens, Großbritanniens und der Niederlande, ließ sich in Umfang und Effektivität aber eher mit der von Brandenburg-Preußen oder Kurland vergleichen.

Vom Adria-Hafen Triest aus startete die Österreichische Ostindische Handelskompanie 1776 zu Kolonialerwerbungen nach Übersee

Inhaltsverzeichnis

Triestiner Ostindische Handelskompanie

Träger der österreichischen Kolonialbestrebungen war die von Erzherzogin Maria Theresia gegründete Ostindische Handelskompanie in Triest, welches 1771 zum Freihafen erklärt worden war. Ab 1776 fuhren ihre Schiffe unter der Flagge des von den österreichischen Habsburgern beherrschten Heiligen Römischen Reiches und unter dem Kommando des Holländers William Bolts, der zuvor für die Britische Ostindien-Kompanie tätig gewesen war.

Ostafrika

Im März 1777 erreichten die Schiffe der Handelskompanie die Delagoa-Bucht (heute Maputo-Bucht, Mosambik) an der Südostküste Afrikas und erwarben von einem Häuptling den Hafen des zuvor von der Niederländischen Ostindien-Kompanie verlassenen Gebietes. Eine kleine Befestigung mit zehn Mann wurde errichtet und zur österreichischen Kolonie erklärt, bevor die Schiffe in Richtung Indien weitersegelten. 1781 ging die Bucht an Portugal verloren.

1783 unterbreitete der Abenteurer Moritz Benjowski dem Wiener Hof den Vorschlag, Madagaskar unter österreichischer Flagge zu erobern, erhielt aber außer wohlwollenden Worten keinerlei finanzielle oder militärische Unterstützung für sein Unternehmen.

Südasien

Lage der Nikobaren (rot) im Golf von Bengalen

Bereits 1719 hatte die Ostender Kompanie (Österreichische Niederlande) erstmals Handelsfaktoreien in Bengalen errichtet, doch war die Kompanie auf niederländischen und britischen Druck 1731 aufgelöst worden.

Obwohl Dänemark Ansprüche auf die Nikobaren erhoben hatte, erwarben die Schiffe der Triester Handelskompanie im Jahr 1778 von den Einheimischen vier Nikobaren-Inseln (Nancowry, Kamorta, Trinket und Katchal) und erklärten auch sie zu österreichischen Kronkolonien (u.a. die Insel Teressa, benannt nach Maria Theresia). An der indischen Malabarküste wurden neue Faktoreien errichtet. Sechs Österreicher wurden auf den Nikobaren als Posten zurückgelassen, der letzte starb 1783.

Ende der Kolonialpolitik

Im selben Jahr löste Maria Theresias Nachfolger Kaiser Joseph II. unter dem Druck der Seemächte und in Ermangelung einer zum Schutz der Kolonien nötigen vergleichbaren eigenen Kriegsflotte die Triester Handelskompanie auf. Der zuletzt stockende und wegen der starken ausländischen Konkurrenz erschwerte Handel wurde eingestellt. 1784 bzw. 1785 überließ Österreich auch formal seine Ansprüche auf die Nikobaren den Staaten Dänemark bzw. Großbritannien.

Begriffskritik

Ob es sich bei der Delagoa-Bucht und den vier Nikobaren-Inseln tatsächlich um mit den anderen Seemächten oder Handelskompanien vergleichbare Kolonien gehandelt hat, ist angesichts der kurzen Herrschaft und marginalen Präsenz umstritten. Zumindest handelte es sich nicht um nichtstaatlichen Privatbesitz oder reine Handelsfaktoreien.

Erheblich komplizierter ist der spätere Status Bosnien-Herzegowinas, Norditaliens oder der nicht unmittelbar zum Reich gehörenden Außenbesitzungen der österreichischen Habsburger. Die Österreichischen Niederlande, obwohl bis 1794/95 zum Reichsgebiet gehörend, scheinen von Wien nach der Auflösung der Ostender Kompanie eher als potenzielles Tauschobjekt denn als integraler Bestandteil der Hausmacht gesehen worden zu sein – ebenso wie das ebenfalls nicht mehr zum Reich gehörende Mailand oder die Toskana. Dennoch trachtete Kaiser Franz II. nach 1815 danach, die Lombardei und Venetien dauerhaft mit den übrigen Ländern des Kaisertums Österreich zu verbinden.

Die 1878 okkupierten und dann gemäß den Übereinkünften des Berliner Kongresses, unter die Militärverwaltung Österreich-Ungarns gestellten osmanischen Provinzen Bosnien und Herzegowina befanden sich weiterhin nominell unter der Oberhoheit des Sultans des Osmanischen Reiches. Nach der 1908 erfolgten auch formalen Annexion und damit verbundenen Eingliederung in die k.u.k. Monarchie wurde Bosnien-Herzegowina keinem der beiden Reichsteile unterstellt, sondern über das gemeinsame Finanzministerium verwaltet.

Literatur

  • Verlag Ploetz (Hrsg.): Ploetz. Große Illustrierte Weltgeschichte in 8 Bänden. Band 6: Die außereuropäische Welt bis 1945. Freiburg/Würzburg 1984, S. 175.
  • Dietmar Stübler: Italien 1789 bis zur Gegenwart, Seite 18. Berlin 1987

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