- Bildungssprache
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Unter Bildungssprache versteht Jürgen Habermas ein Instrument, mit dem die Öffentlichkeit Angelegenheiten des allgemeinen Interesses diskutiert. Sie wird vorwiegend in Massenmedien wie Tageszeitungen und Fernsehen (z. B. Nachrichtensendungen) verwendet, aber auch in bildenden Institutionen, wobei der Grad der Nutzung in verschiedenen Kontexten unterschiedlich stark ausgeprägt ist.
Inhaltsverzeichnis
Abgrenzung zu anderen Sprachformen
Die Bildungssprache unterscheidet sich von der Umgangs- oder Alltagssprache zum einen durch ihr hohes Maß an konzeptioneller Schriftlichkeit, zum anderen durch einen Wortschatz, der die Fachsprache mit einbezieht. Laut Habermas erwirbt man letztere durch die Aneignung spezieller Kenntnisse in einem bestimmten Fachgebiet (zum Beispiel bei der Berufsausbildung durch ein besonderes Fachvokabular). Die Bildungssprache unterscheidet sich von der Fachsprache insofern, als sie allen zugänglich ist, die sich mit den Mitteln der (höheren) Schulbildung eine Art Orientierungswissen verschaffen können. Dieses wird in der Schulsprache vermittelt und beschreibt die Fähigkeit, spezielles Wissen in den Kontext der eigenen Lebenswelt übertragen zu können. Die Schulsprache gründet sich auf der Lehrer-Schüler-Kommunikation und richtet sich an der geschriebenen Sprache aus. Sie ist abstrakter und vielfältiger als die Alltagssprache, außerdem themengebunden. Mit Wissenschaftssprache wird die Sprache in wissenschaftlichen Abhandlungen und der Forschung verstanden. Sie ist ein Teil der Bildungssprache, beide beeinflussen sich gegenseitig.
Die Bildungssprache ergibt sich daher sowohl aus dem Zusammenspiel zwischen der Alltags-, Schul- und Fachsprache als auch im geringen Maße aus der Wissenschaftssprache und hat die Funktion, Fachwissen in sinnstiftende Alltagsdeutungen einzubringen. Daraus folgt, dass das Beherrschen der Bildungssprache für den Alltag förderlich ist, da schwierige und kognitiv anspruchsvolle Sinnzusammenhänge durch sie sprachlich durchdrungen und Informationen verarbeitet werden können.
Geschichte der Bildungssprache
In der Geschichte der Bildung war die Sprache, mit der diese vermittelt wurde, anders als heute nicht immer auch die Muttersprache. Im Altertum galt Griechisch als Sprache der Bildung. In Westeuropa war im Mittelalter und in der frühen Neuzeit Latein die allgemeine Bildungssprache. Auch das Arabische galt lange Zeit im arabisch-persisch-indischen Raum als Bildungssprache, da der Koran in arabisch verfasst ist und somit den Zugang zu Bildung (Koranschulen) ermöglichte. Aufgrund der kulturellen Vormachtstellung Frankreichs im 17. und 18. Jahrhundert hatte auch das Französisch eine wichtige Funktion. Mit der modernen Nationalstaatsentwicklung und später mit der Einführung öffentlicher Schulen und der Schulpflicht gewannen die Nationalsprachen an Bedeutung als Unterrichtssprachen. Durch die Weltmachtsstellung der USA und den britischen Imperialismus im 19. Jahrhundert hat heute Englisch eine hohe Position im Bildungswesen.
Literatur
- Jürgen Habermas: Umgangssprache, Wissenschaftssprache, Bildungssprache. In: Jahrbuch der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften. 1977, S. 36–51.
Weblinks
Wiktionary: Bildungssprache – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
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