Bitten

Bitten

Eine Fürbitte ist ein Gebet, in dem ein Beter Gott für jemand anderen um etwas bittet. Sie unterscheiden sich von Bitten, die Gott für einen selbst um etwas bitten. Fürbitten können sowohl im persönlichen Gebet als auch innerhalb der kirchlichen Liturgie gebetet werden; dabei werden mehrere Formen des Fürbittengebets unterschieden.

Inhaltsverzeichnis

Fürbitte im kirchlichen Leben

In der katholischen Liturgie sind Fürbitten in der Eucharistiefeier sowie im Stundengebet in der Vesper vorgesehen, Bitten werden in den Laudes gebetet. Die Fürbitten fanden mit der Liturgiereform von 1970 Eingang in diese Gottesdienste; zuvor wurden sie nur am Karfreitag gesprochen.

In der katholischen Kirche ist es Brauch, Heilige um ihre Fürsprache bei Gott zu bitten. Dies wird von vielen anderen christlichen Kirchen abgelehnt oder zumindest kritisch gesehen.

Die katholische Karfreitagsliturgie stellt eine Besonderheit dar, insofern sich hier der altkirchliche Brauch, zu jeder Fürbitte zum stillen Gebet niederzuknien, bei den Großen Fürbitten in Form von Kniebeugen erhalten hat. Die Karfreitagsfürbitte ist ein wesentlicher Bestandteil der Karfreitagsliturgie.

In moderneren Gottesdienstkonzeptionen gibt es auch andere Formen der Fürbitte: Gottesdienstbesucher können z. B. ihre Bitten aufschreiben; diese werden dann später im Gottesdienst in einzelnen Gebetsbitten aufgenommen, zuweilen auch vorher verlesen. Gleichfalls werden Gottesdienstbesucher an den Fürbitten beteiligt, wenn sie aufgefordert werden, laut oder leise mit persönlich formulierten Fürbitten mitzubeten. Eine weitere Formen der Beteiligung sind verschiedene Kreise, in denen für bestimmte Themen Fürbitte gehalten wird. Besonders in Freikirchen verbreitet sind solche Formen der „Gebetsgemeinschaft“.

Eine besondere Form der Fürbitte, die vor allem in charismatisch geprägten Kreisen praktiziert wird, ist das Segnungsgebet: Ein Hilfesuchender teilt sein Gebetsanliegen einem oder mehreren Betern mit, die dann in seinem Beisein für ihn beten und ihn segnen.

Oremus et pro perfidis Judaeis“, „Lasset uns auch beten für die treulosen Juden“, waren die einleitenden Worte der Judenfürbitte der katholischen Karfreitagsliturgie, bis diese mit der Liturgiereform unter Papst Paul VI. geändert wurde. Die speziellen Worte perfidis (lat. für „treulos“, „wortbrüchig“, „tückisch“) und perfidia (lat. für „Unglaube“, „Treulosigkeit“, „Unredlichkeit“) wurden schon 1959 durch Papst Johannes XXIII. gestrichen.[1] Papst Benedikt XVI. hatte am 5. Februar 2008 den Text der Judenfürbitte für die außerordentliche Form des römischen Ritus verändert und damit eine internationale und interreligiöse Debatte zur möglichen Förderung der Judenmission ausgelöst.[2]

Studien zur Wirkung von Gebeten auf die Genesung

Hauptartikel Gebet

Fürbitten werden oft in der Hoffnung getätigt, dadurch die Genesung Kranker beeinflussen zu können. Medizinische Forschungen konnten noch nie einen empirischen Wirkungszusammhang zwischen dem Beten von Fürbitten und der Genesung von Krankheiten herstellen.

Beten kann für den Betenden selbst einen Placeboeffekt bewirken und auf diese Weise zur Gesundung beitragen. Die Mehrheit der wissenschaftlichen Studien zum Thema konnte jedoch keine gesundheitsfördernde Wirkung von Gebeten feststellen.

Studien von Masters / Spielmans (2006/2007)

Zwei in den Jahren 2006 und 2007 publizierten Meta-Analysen kamen zu dem Schluss, dass Gebete keine nachweisbaren Effekte haben.[3]

Im Jahr 2006 wurde in der renommierten Fachzeitschrift American Heart Journal die Ergebnisse der bisher umfassendsten klinischen Studie zum Thema Wirksamkeit von Gebeten veröffentlicht.[4]

Ziel der nach hohen experimentellen Standards durchgeführten Doppelblindstudie war es, zu überprüfen, ob (1) der Empfang von Gebeten durch dritte Personen (Fürbitten) bzw. (2) die Gewissheit Fürbitten zu empfangen, mit einer unkomplizierteren Genesung nach einem Herzeingriff (koronare Bypass-Operation) einhergeht. An sechs Kliniken in den Vereinigten Staaten von Amerika wurden hierzu 1802 Bypass-Patienten randomisiert in drei Gruppen aufgeteilt. Gruppe 1, bestehend aus 604 Patienten, erhielt Fürbitten, wurde aber im Unklaren darüber gelassen; Gruppe 2 (597 Patienten) erhielt keine Fürbitten und wusste ebenfalls nichts davon (= Kontrollgruppe). Dagegen informierte man die 601 Patienten der letzten Gruppe darüber, dass täglich für sie gebetet würde, was auch geschah. Der Vergleich zwischen Gruppe 1 und 2 diente der Überprüfung der Wirksamkeit von Fürbitten. Mit Hilfe der Gruppe 3 sollten mögliche psychosomatische Auswirkungen untersucht werden, die sich aus dem Wissen ergeben könnten, dass andere für die eigene Person beten. Die Gebete wurden von drei unterschiedlichen amerikanischen Kirchengemeinden, eine in Minnesota, eine in Massachusetts und eine in Missouri „verabreicht“. Um eine Standardisierung zu gewährleisten wurden die Betenden angehalten folgende Formulierung in ihre Gebete einzuschließen: „Für eine erfolgreiche Operation, mit einer raschen, gesunden Erholung und keine Komplikationen“, „For a successful surgery with a quick, healthy recovery and no complications“.

Die Ergebnisse der Studie sind eindeutig: Es gab keinen Unterschied zwischen den Patienten für die gebetet und für die nicht gebetet wurde. Dagegen gab es sehr wohl einen Unterschied zwischen den Patienten, die wussten, dass für sie gebetet wurden und denen, die im Unklaren darüber gelassen wurden. So litten diejenigen Patienten die darüber informiert waren, dass für sie gebetet wurde, signifikant häufiger unter post-operativen Komplikationen, als die Patienten die nichts davon wussten. Die Forscher erklärten diesen unerwarteten Effekt mit dem zusätzlichen Stress, der sich aus dem Wissen um die Fürbitten ergab. Möglicherweise, so eine Vermutung, dachten die Patienten um sie stehe es so schlecht, dass die Ärzte sich genötigt sahen ein „Fürbitten-Team“ hinzuzuziehen. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Studie zur Feststellung der Wirksamkeit von Gebeten offensichtlich nicht geeignet ist.

Finanziert wurde die 2,4 Millionen US-Dollar teure Studie von der konservativen John Templeton Foundation und der Baptist Memorial Health Care Corporation.

Studie Büssing (2005)

Nach einer Studie von Arndt Büssing und Mitarbeitern der Universität Witten/Herdecke an 115 Krebspatienten seien 49 Prozent der Befragten überzeugt gewesen, mit Hilfe spiritueller Quellen ihre Krankheit günstig beeinflussen zu können.[5]

Studie Wirth / Lobo / Kwa Chang (2001)

An der Columbia Universität (New York) wurde 2001 angeblich unter 219 Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch eine Doppelblindstudie durchgeführt. Für die Hälfte wurde gebetet, ohne dass die Frauen und die Ärzte davon wussten. Die Hälfte der Frauen in der „Betgruppe“ wurden schwanger. Das waren doppelt so viele wie in der Kontrollgruppe. Die Studie wurde mit Argwohn aufgenommen. Inzwischen sitzt der Hauptautor Daniel Wirth wegen Betruges im Gefängnis, der zweite Autor Rogerio Lobo hat seinen Namen aus der Veröffentlichung entfernen lassen, und der dritte Autor Kwang Cha wurde 2007 beschuldigt, eine wissenschaftliche Arbeit komplett abgeschrieben zu haben.[6]

Studie Krucoff (2001)

Der amerikanische Kardiologe M. Krucoff von der Duke University veröffentlichte 2001 eine Machbarkeitsstudie[7] und im Juli 2005 in der Zeitschrift Lancet eine größere Studie[8] mit 748 Patienten. In ihr konnte eine bessere Genesung derjenigen, für die unter anderem gebetet worden war, nicht nachgewiesen werden.

Studie Byrd (1988)

1988 führte der amerikanische Kardiologe Randolph Byrd eine Doppelblindstudie, die den positiven Einfluss von Gebeten nachgewiesen haben soll, mit 393 Patienten durch. Byrd betonte, dass die Fürbitten an den „jüdisch-christlichen Gott“ gerichtet waren („… intercessory prayer to the Judeo-Christian God …“).[9]

Quellen

  1. Oremus et pro perfidis JudaeisOremus et pro perfidis Judaeis (‚Lasset uns auch beten für die treulosen Juden‘) ist der Einleitungssatz des Gebetes, das in den Großen Fürbitten während der katholischen Karfreitagsliturgie in ihrer bis zur Liturgiereform unter Papst Paul VI. geltenden Fassung an vorletzter Stelle vorgesehen war. Allerdings wurden die Worte perfidis und perfidia schon 1959 durch Johannes XXIII. gestrichen und sind daher auch in der Ausgabe des Römischen Messbuches (Missale Romanum) von 1962 nicht mehr enthalten.“
  2. ORF.at-News-Beitrag: Vatikan bestreitet Judenmission.
    Tagesschau.de: Papst verärgert deutsche Juden und Katholiken – „Brüskierend, überheblich“ Judenfürbitte; ARD-Nachrichten vom 1. April 2008.
    Netzeitung.de: Zur „Erleuchtung“ und „Rettung“ der Juden durch den Christengott ruft die Karfreitagsmesse auf, die Benedikt XVI. in diesem Jahr wieder zelebrieren lässt. Juden und Katholiken sind entsetzt; 20. März 2008, 13:57.
    Spiegel.de: Die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Knobloch, hat die Wiederzulassung einer früheren Karfreitagsbitte, in der Katholiken für die Erleuchtung der Juden beten, scharf kritisiert. Der Dialog mit der Katholischen Kirche ist ausgesetzt; Meldung vom 21. März 2008.
    Spiegel-Online: Die katholische Kirche hat ihre antisemitischen Tendenzen nicht im Griff; Interview mit Rabbiner Walter Homolka, 20. März 2008.
    Frankfurter Allgemeine Zeitung: Karfreitagsfürbitte – Das Wann und Wie entscheidet Gott; Debatte um die Verteidigung der Judenfürbitte durch Kardinal Walter Kasper auf FAZ.net.
    Focus.de: Karfreitagsfürbitte – Juden werfen Papst Respektlosigkeit vor; 20. März 2008, 17:48.
    Radio Vatican: Karfreitagsfürbitte der katholischen Kirche. „Eiszeit zwischen Katholiken und Juden“; 8. März 2008, 13:05:35.
  3. K. S. Masters, G. I. Spielmans: Prayer and health: review, meta-analysis, and research agenda; in: J Behav Med. 30 (2007), S. 329–338. PMID 17487575.
    K. S.  Masters u. a.: Are there demonstrable effects of distant intercessory prayer? A meta-analytic review; in: Ann Behav Med 32 (2006), S. 21–26; PMID 16827626.
  4. H. Benson u. a.: Study of the Therapeutic Effects of Intercessory Prayer (STEP) in cardiac bypass patients: a multicenter randomized trial of uncertainty and certainty of receiving intercessory prayer; in: Am Heart J 151, S. 934–942; PMID 16569567.
  5. Arndt Büssing u. a.: Search for meaningful support and the meaning of illness in German cancer patients; in: Anticancer Res 25/2B (2005), S. 1449–1455; PMID 15865104
  6. Bruce Flamm: The Columbia University ‘Miracle’ Study: Flawed and Fraud; in Skeptical Inquirer, 28/5 (2004).
    Alison Cook: New Details in Korean Plagiarism Case; in: New Scientist, April 2007.
  7. M. W. Krucoff u. a.: Integrative noetic therapies as adjuncts to percutaneous intervention during unstable coronary syndromes: Monitoring and Actualization of Noetic Training (MANTRA) feasibility pilot; in: Am Heart J. 142/5 (2001), S. 760–769; PMID 11685160.
  8. M. W. Krucoff u. a.: Music, imagery, touch, and prayer as adjuncts to interventional cardiac care: the Monitoring and Actualisation of Noetic Trainings (MANTRA) II randomised study; in: Lancet 366/9481 (2005), S. 211–217; PMID 16023511.
  9. R. C. Byrd: Positive therapeutic effects of intercessory prayer in a coronary care unit population; in: South Med J. 81/7 (1988), S. 826–829; PMID 3393937.

Weblinks


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