Bruno Melmer

Bruno Melmer

Der SS-Hauptsturmführer Bruno Melmer (* 1909 in Wiesbaden; † 1982 in Berlin) leitete beim SS-Hauptamt, Abt. A II, die so genannte Amtskasse, quasi eine SS-interne Bank oder eine Kasse innerhalb des SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamtes in Berlin. Melmer wird als ihr Leiter bezeichnet und war zwischen 20. Mai 1943 (den ersten dokumentierten neun Gold-Barren) und dem 2. April 1945 für Wertsachen- und Gold-Transfers aus den NS-Konzentrations- und Vernichtungslagern auf ein Konto der SS bei der Reichsbank zuständig.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Melmer hatte in Berlin eine Ausbildung als technischer Zeichner absolviert. Mit 21 Jahren trat er 1930 der NSDAP bei.

1935 konnte Melmer die Verwaltungslaufbahn innerhalb der Schutzstaffel der NSDAP beginnen. Er galt nach der SS-Beurteilung als vertrauenswürdiger Finanz- und Verwaltungsexperte. Ab 1942 leitete er die Amtskasse des SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamtes (WVHA).

Von ihm wurde noch bekannt, dass er bei Kriegsende in Kriegsgefangenschaft geriet und am 2. November 1948 von einer Spruchkammer in Stade wegen Zugehörigkeit zur SS zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt wurde.

Herkunft der Goldbestände

KZ-Umzäunung

Das Gold stammte z. B. von im Vernichtungslager Auschwitz und anderen Konzentrationslagern „im Osten“ von den von der SS inhaftierten und ermordeten Personen. Unter dem Datum 5. Januar 1945 sind in den Bankunterlagen die letzten beiden „Melmer“-Goldankäufe eingetragen. Über 70 Mal ist Melmer in diesem Zeitraum mit einem Pkw oder als Begleitung zu einem Lkw-Transport der geraubten Edelmetalle bei der Zentralbank vorgefahren und hat sich das Inkasso für seine Organisation bestätigen lassen. Wäre das zu der damaligen Zeit ein justiziables Verbrechen gewesen, würde das von einer ausgeprägten kriminellen Energie zeugen. Durch das herrschende Unrechtssystem zählte er und sein Handeln quasi als kleines Rad in dem großen System der „Judenvernichtung“ und der NS-Unterdrückung durch die Konzentrationslager. Er entsprach als Schreibtischtäter innerhalb der SS und ihrem Lagersystems ganz am Ende damit dem „Transport-Spezialisten“ Eichmann am Anfang der Mordmaschinerie. Zwischen diesen beiden Personen handelten viele SS-ler als direkte Täter bei der Verhaftung, der Zugentladung, der Bewachung oder der Führung der Lager. Melmer stand schließlich genau an der Schnittstelle zwischen Ermordung und Verwertung der letzten Goldüberbleibsel der Opfer. Er hat sich dem nicht entzogen sondern aktiv einen Beitrag zur Shoa geleistet. Eichmann und Melmer konnten sich nach einer verbreiteten Auffassung über Gehorsam dabei jederzeit auf „Befehle“ ihrer Vorgesetzten berufen.[1]

Das Melmer-Gold

Saal der ehemaligen Hauptkasse der Reichsbank

Die nach ihm so genannten Melmer-Goldlieferungen (Barren und Münzen) an die Reichsbank beliefen sich mindestens auf einen Wert von 2,5 Mio. Dollar. Melmer soll nach Zeugen-Berichten in den Nürnberger Verfahren die Einlieferung der Wertgegenstände persönlich überwacht haben. Die hier zitierte Zahl dürfte nach der Berechnungsmethode ein Minimum darstellen, denn sie enthält nur Beträge, die sich aus den mikroverfilmten Büchern der Reichsbankbestände in den National Archives in Washington D. C. im Jahr 1997 klar dem Melmer-Konto bei der Reichsbank anhand handschriftlicher Einträge zuordnen ließen. Andere Schätzungen gehen dabei von bis zu 4 Mio. Dollar aus. Rechtlich relevant ist dabei die Tatsache, dass es sich nicht um ein Depot der SS bei der Bank sondern um ein laufendes Konto der Bank handelte. Danach war dieses Gold Teil des internen und internationalen Zahlungsverkehrs der Reichsbank, wobei letzterer zu einem großen Teil (über 75 %) über die Schweizerische Nationalbank abgewickelt wurde. Der SS war der Wert der Einlieferungen gutzuschreiben.

Wann und bei wem und ob konkret diese Goldbarren durch die Reichsbank in Zahlung gegeben und genommen worden sind, ist damit nicht gesagt. Dieses Raubgold stellt einen Teil der bei verschiedenen Untersuchungen (1946 und 1997) festgestellten Raubgold-Beträge des Deutschen Reichs in diesem Zeitabschnitt dar (weniger als 1 % der Einnahmen in Gold, Definition S. 2–3 und Tabelle S. 9 bei Unabhängige Expertenkommission Schweiz etc.).

Der Verbleib eines Teils des durch die SS-Wachen den Häftlingen geraubten Goldes wurde im Depot der Reichsbank in den Kaliminen bei Merkers nachgewiesen. Dort befanden sich auch große Mengen nicht eingeschmolzener Schmuckteile aus Edelmetallen. Von dort erfolgte durch eine US-Army-Task Force Whitney der Abtransport der Funde in das damalige US-Hauptquartier in Frankfurt am Main. W. E. Funk, Wirtschaftsminister und Reichsbankpräsident, wurde unter anderem wegen dieser „Bankgeschäfte“ 1946 als Kriegsverbrecher verurteilt.

Siehe auch

  • Nazi-Gold (In dem Artikel geht es um wesentlich umfangreichere Goldtransfers zwischen dem (NS-)Deutschen Reich und anderen Staaten)

Literatur

  • Stuart E. Eizenstat, William Z. Slany (Hrsg.): U. S. and Allied Efforts to Recover and Restore Gold and Other Assets Stolen or Hidden by Germany During World War II. Preliminary Study, Department of State, Washington DC, Mai 1997, S. 163–164 books.google.com
  • Bergier-Kommission (Hrsg., Vollständ. Name Unabhängige Expertenkommission Schweiz–Zweiter Weltkrieg, UEK), Jean-François Bergier u. a.: Goldtransaktionen im Zweiten Weltkrieg: Kommentierte statistische Übersicht. Ein Beitrag zur Goldkonferenz in London, 2.–4. Dezember 1997. Die Kommission verwendet dabei eine andere, weitere Definition für Raubgold als der Artikel Nazigold (PDF. Der Schlußbericht dieser Kommission erschien 2002.)
  • Das Geheimnis des „Melmer“-Goldes. In: Berliner Zeitung vom 2. Dezember 1997
  • Akten zum Zahngold vermutlich vernichtet. Bei haGalil onLine 13. April 2008 (Archivierte Meldungen aus den Jahren 1995–1999)
  • Peter Hayes: From Cooperation to Complicity: Degussa in the Third Reich. Cambridge University Press, 2004, ISBN 0-521-78227-9, 373 Seiten.
  • Der große Raubzug. In: Der Spiegel. Nr. 22, 1998, S. 86 ff (online).
  • Nürnberger Prozeß: Verhör des Zeugen Thoms (Reichsbankbeamter) u. a. zu den Melmer-Einlieferungen am 15. Mai 1946 (Es zeigt auch, dass der Ausdruck bereits vor Kriegsende bankintern verwendet wurde, um die Raubgold-Lieferungen zu bezeichnen.)
  • Jonathan Steinberg: Die Deutsche Bank und ihre Goldtransaktionen während des Zweiten Weltkrieges. C. H. Beck, 1999. 191 Seiten. ISBN 978-3-406-44551-4

Film

  • Oliver Merz, Regie: Blutige Beute. Das SS-Raubgold und die verschwundenen Akten. TV-Dokumentation, Deutschland, 1998. Eric Friedler Produktion, Südwestrundfunk (SWR), Stuttgart, Baden-Baden. (Der Film geht der Frage nach, was aus dem Gold geworden ist, das den vor allem in Auschwitz ermordeten Juden beispielsweise als Zahngold oder Schmuck, ebenso wie generell Vermögen, geraubt wurde.)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Vergl. dazu Harald Welzers Beiträge

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