Bund für Deutsche Gotterkenntnis

Bund für Deutsche Gotterkenntnis

Der Bund für (Deutsche) Gotterkenntnis (auch Ludendorffer oder Ludendorffianer) ist eine religiös-völkische Weltanschauungsgemeinschaft mit Sitz in Tutzing, die von den Verfassungsschutzbehörden als rechtsextrem eingestuft wird.[1] [2] [3] Nach Eigenangaben beträgt die Anzahl der Mitglieder 12.000, die Behörden gehen von nur 240 Mitgliedern aus.[4] Der Bund für Gotterkenntnis hat die Rechtsform eines eingetragenen Vereins.

Inhaltsverzeichnis

Weltanschauung

Der Bund für Gotterkenntnis wird der neugermanischen Szene zugeordnet.[5] Die Weltanschauung des Bundes für Gotterkenntnis basiert auf der Philosophie Mathilde Ludendorffs, die sie als Weiterentwicklung der Kant'schen Ideen versteht, und bezieht sich dabei besonders auf die Idee des Dinges an sich.

Die Gemeinschaft lehnt einen personalisierten Gott ab und sucht die Erkenntnis Gottes in dem sie umgebenden Weltall, das nach Überzeugung der Gemeinschaft von „göttlichen Wesen durchseelt“ ist. Diese Vorstellung ist laut Selbsteinschätzung pantheistisch. Der Bund kennt keinen Kult und progagiert die Übereinstimmung der Naturwissenschaften mit der Religionsphilosophie Mathilde Ludendorffs.[6]

Die Religion wird auf das Volkstum als letzte Wirklichkeit reduziert. Nach den gleichen Gesetzen, nach denen körperliche Merkmale vererbt werden, würden auch seelische Eigenschaften und damit auch Religiosität vererbt, und zwar nach angeblich durch "Deutschtum" vorgegebenen Veranlagungen. Die Trennung der Ethnien und Kulturen und die Vermeidung von Vermischungen sei wichtig, weil jedes Volk besondere Aspekte des Göttlichen repräsentiere und durch eine Vermischung von Volksgruppen und Kulturen diese verloren gingen. Das Wesen aller Erscheinungen wird als Gott angesehen:

„Wir nennen das Wesen aller Erscheinung des Weltalls „Gott“ oder auch das „Göttliche“ unter besonderer Betonung, daß dieses Wort für uns nicht das allergeringste mit einer Gottvorstellung der verschiedenen Religionen zu tun hat.“

Mathilde Ludendorff: Aus der Gotterkenntnis meiner Werke, S. 24.

Die Weltanschauung des Bundes für Gotterkenntnis ist durchzogen von Rassismus und Antisemitismus. Die Auffassung der je nach Ethnie unterschiedlichen „Gotterkenntnis“ und die daraus abgeleitete Forderung „Rassenvermischung zu vermeiden“ ist dafür ein Beispiel. Darüber hinaus ist die Gedankenwelt der Ludendorffer durch Verschwörungstheorien geprägt, wonach angebliche „überstaatliche Mächte“ wie Juden[7], Freimaurer, Jesuiten und die römisch-katholische Kirche die Weltherrschaft anstrebten.[1]

Geschichte

Die beiden Vorläuferorganisationen Tannenbergbund und Deutschvolk wurden am 22. September 1933 verboten. Im Historischen Lexikon Bayerns wird das Deutschvolk als „religiöse Sekte“ bezeichnet.[8] Ebenfalls verboten wurde die Zeitschrift Volkswarte. Das Haus Ludendorff verfügte jedoch mit der Zeitschrift Am Heiligen Quell, die auf halbmonatliches Erscheinen umgestellt wurde, weiterhin über ein Medium, das 1937 eine Auflagenhöhe von 86.000 Exemplaren erreichte. In Analogie zur Deutschen Glaubensbewegung, der beizutreten sich das Haus Ludendorff beharrlich weigerte, nannte man sich nun Glaubensbewegung der Deutsch-Gottgläubigen. 1937 erteilte Adolf Hitler Erich Ludendorff kurz vor dessen Tod die Erlaubnis zur Neugründung eines nationalreligiösen Vereines, der 1937 den Namen Bund für Deutsche Gotterkenntnis erhielt und am 19. Juni 1937 ins Vereinsregister eingetragen wurde. Alle Beschränkungen ihres weltanschaulichen Wirkens wurden aufgehoben. Die Ludendorff-Bewegung gehört zu den wenigen Ausläufern der völkischen Bewegung, die die nationalsozialistische Herrschaft überleben konnte.[9]

Kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurden von Mathilde Ludendorff Rundschreiben an die verbliebenen Anhänger verschickt und diese als "Mitglieder unserer religiösen Vereinigung" angeredet. [10] Geschützt durch die Religionsfreiheit aus dem Potsdamer Abkommen bekam Mathilde Ludendorff bereits 1947 die Genehmigung der amerikanischen Militärregierung den Bund auf rein "religiöser Grundlage" neu zu gründen.

1951 wurde der Bund für Gotterkenntnis offiziell neu gegründet und als Widerstandsbewegung ins Vereinsregister eingetragen. 1961 wurde er durch die Innenminister der Länder als verfassungsfeindliche Organisation und „Keimgebiet antisemitischer Gruppengesinnung“ (Verfassungsschutzbericht 1963) verboten. Im Jahre 1977 erfolgte die Aufhebung des Verbots wegen Verfahrensfehlern, jedoch wird der Bund für Gotterkenntnis bis heute vom Verfassungsschutz beobachtet.

Seit 1952 wurde für eine Neuanmeldung für den Bund für Gotterkenntnis eine Kirchenaustrittsbescheinigung verlangt. [11] Die bereits vor 1933 formulierte Ideologie wird unverändert bis in die Gegenwart weitervertreten:

„Wir sind es gewohnt, in der Familie die heilige Kraftquelle eines wurzelfesten, rassebewußten Volkes zu sehen, und zu wissen, wie sehr sie auch noch den in ihrem Artbewußtsein entwurzelten Völkern Lebenskraft sichern kann.“

Mathilde Ludendorff: 1930; veröffentlicht in: „Mensch und Maß“ Nr.18, 9/1989, S.863, Spalte 1

Einrichtungen und Veranstaltungen

Der Bund für Gotterkenntnis unterhält mit dem Verlag Hohe Warte einen eigenständigen unternehmerischen Zweig, der die Weltanschauung der Ludendorffer publizistisch verbreitet.

Es bestehen mehrere als Ahnenstätten bezeichnete Privatfriedhöfe, deren Nutzung den Angehörigen des Bundes vorbehalten ist bzw. war. Sie befinden sich im Eigentum von Gruppen, die mit dem Bund für Gotterkenntnis verbunden sind. Zum Beispiel fühlen sich die Vereinsmitglieder des Trägervereins "Ahnenstätte Hilligenloh e.V." gemäß ihrer Satzung "der Gotterkenntnis Mathilde Ludendorffs" verbunden.

Die weltanschaulichen Vorstellungen der Ludendorffer werden auf regelmäßigen Tagungen und Seminaren vermittelt. Daneben hat der Bund für Gotterkenntnis eine eigene Feierkultur.

Medien

Am heiligen Quell Deutscher Kraft war eine Zeitschrift des Ludendorffs-Volkswarte-Verlages in München. Sie erschien in zweimonatlichen bis wöchentlichen Abständen. Anfänglich eine rein philosophische Zeitung, behandelte sie nach dem Verbot von Ludendorffs Volkswarte 1933 auch politische Themen. Sie hatte 1937 eine Auflage von 100.000 und wurde 1939 verboten. Nach dem Krieg erschien ab 1948 als Nachfolgezeitschrift Der Quell, der 1961 nach einem Verbot durch die Zeitschrift Mensch und Maß abgelöst wurde. Mensch und Maß erscheint bis heute im Verlag Hohe Warte als philosophisch-politische Zweimonatszeitschrift des rechtsextremen Bundes für Deutsche Gotterkenntnis.

Der antisemitische und geschichtsrevisionistische "Verlag für Ganzheitliche Forschung", im "Institut für Ganzheitliche Forschung", als Verlag mit wechselnden Namenszusätzen (z. B. "...und Kultur") und Verlagsorten im Kreis Nordfriesland (Wobbenbüll, Struckum, Viöl) gehört seit den 80er Jahren zum ideologischen Umfeld der Ludendorffer. Er fertigt gerne Reprints von bekannten völkischen und nationalsozialistischen Werken, z. B. Die Geheimnisse der Weisen von Zion 2005, Reprint aus dem Verlag "Auf Vorposten" von 1919, zum Berner Prozess[12] Produkte der Autoren Wilhelm Kammeier und Helmut Schröcke, Reprints der NS-Zeitschrift "Welt-Dienst"[13].

Literatur

Primärliteratur

  • Mathilde Ludendorff: Aus der Gotterkenntnis meiner Werke. Selbstverl., München 1935.
  • Mathilde Ludendorff: Der Volksseele Wirken in der Menschenseele und ihre Verschüttung durch Fremdlehre und Rassemischung. In: Gunther Duda u. a.: Rassen und Völker im Licht der Wissenschaften und der Gotterkenntnis M. Ludendorffs. Verl. Hohe Warte, Pähl 1987 (= Tutzinger Schriften), ISBN 3-88202-333-3, S. 78–88. (Aufsatzsammlung)
  • Erich Weferling: Kurze Einführung in die Gotterkenntnis. Verl. Hohe Warte, Pähl 1952.

Sekundärliteratur

  • Bettina Amm: Die Ludendorff-Bewegung. Zwischen nationalistischem Kampfbund und völkischer Weltanschauungssekte, Diss., Hamburg 2006, ISBN 3-932681-47-9
  • Bundeszentrale für politische Bildung zum Lemma
  • Raimund Hethey (Hrsg.:): In bester Gesellschaft. Antifa-Recherche zwischen Konservatismus und Neo-Faschismus. 1. Aufl., Verl. die Werkstatt, Göttingen 1991, ISBN 3-923478-46-1, S. 35, 38, 40.
  • Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein (Hrsg.): Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit in Schleswig-Holstein. In: Verfassungsschutzbericht. Kiel 2000, ISSN 0935-4042.
  • Karla O. Poewe: Scientific Neo-Paganism and the Extreme Right Then and Today. From Ludendorff's Gotterkenntnis to Sigrid Hunke's Europas Eigene Religion. In: Journal of Contemporary Religion, ISSN 1353-7903, 1999, Nr. 14 (3), S. 387–400. (englisch)
  • Frank Schnoor: Mathilde Ludendorff und das Christentum. Eine radikale völkische Position in der Zeit der Weimarer Republik und des NS-Staates. Verl. Hänsel-Hohenhausen, Egelsbach u. a. 2001 (= Deutsche Hochschulschriften; 1192), ISBN 3-8267-1192-0. (zugl. Diss.; Universität Kiel 1998)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Verfassungsschutzbericht Schleswig-Holstein 2000
  2. Verfassungsschutz Brandenburg: Antisemitischer Weltanschauungsverein lässt sich in Brandenburg nieder, 2008
  3. taz vom 12. Juni 2007: Mein deutscher Sommer
  4. Bundeszentrale für politische Bildung: Glossar Rechtsextremismus: Bund für Gotterkenntnis
  5. Lexikon neureligiöser Gruppen, Szenen und Weltanschauungen, S. 878, Harald Baer u. a. Freiburg u. a., ISBN 3-451-28256-9.
  6. Stefanie von Schnurbein: Göttertrost in Wendezeiten. München 1993, S. 48
  7. Quelle:Bundeszentrale für politische Bildung
  8. Quelle: Historisches Lexikon Bayern
  9. Stefan Breuer: Die Völkischen in Deutschland. Kaiserreich und Weimarer Republik. Darmstadt 2008, S. 258f. ISBN 978-3-534-21354-2.
  10. Spruchkammerakten, Akte III, Blat 38 - 42, Eingang vom 16. Januar 1947
  11. Der Quell, 9. Oktober 1952
  12. darin u.a. ein Reprint aus dem Bodung-Verlag von 1935: Stephan Vász, Das Berner Fehlurteil...
  13. z. B. Der Beitrag des Judentums zur Entwicklung eines plutokratischen Staates in England. Welt-Dienst-Sonderausgabe vom 25. Mai 1940. Reprint 2006.

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