Deutsche Glaubensbewegung

Deutsche Glaubensbewegung

Die Deutsche Glaubensbewegung war in der Zeit des Nationalsozialismus von 1933 bis 1945 eine religiöse, von völkischem Gedankengut geprägte Bewegung, welche das Christentum ablehnte und durch einen „arisch-nordischen“ Glauben ersetzen wollte.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Am 29. und 30. Juli 1933 führte Jakob Wilhelm Hauer in Eisenach die wichtigsten freireligiösen, freiprotestantischen, religiös-völkischen und deutschgläubigen Gruppen zusammen. Die verschiedenen Religionsgruppen waren einem gemeinsamen Aufruf „an die Männer einer germanisch-deutschen Glaubensbewegung“ gefolgt, der unter anderem von Hauer, Ernst Bergmann und Arthur Drews sowie bekannten Vertretern des völkischen Lagers wie Ludwig Fahrenkrog, Bernhard Kummer, Gustav Neckel Herman Wirth, Theodor Fritsch, Ernst zu Reventlow, Wilhelm Schwaner und Georg Stammler unterschrieben worden war.[1]

Bei der Eisenacher Tagung wurde die Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Glaubensbewegung (ADG) gegründet, zu der sich die wichtigsten deutschgläubigen Gruppen zusammenschlossen: Die Germanische Glaubensgemeinschaft, die Volkschaft der Nordungen, die Nordische Glaubensgemeinschaft, der Rig-Kreis, die Adler und Falken die Deutschgläubige Gemeinschaft, die Nordisch-religiöse Arbeitsgemeinschaft sowie Mitglieder des Freundeskreises der Kommenden Gemeinde. An der Spitze dieser Arbeitsgemeinschaft standen Hauer und ein Führerrat.[2][3] Auch der Bund freireligiöser Gemeinden sollte sich in die ADG integrieren. Die offiziellen freireligiösen Vertreter traten während der Eisenacher Tagung der ADG zwar bei, machten aber diesen Eintritt nach einer Ratsversammlung sofort wieder rückgängig.[4] So hieß es zur Mitgliedschaft der Freireligiösen im Rundschreiben der ADG Nr. 1 vom 1. August 1933 nach der Eisenacher Tagung: "Der Beitritt der Freireligiösen wurde als noch nicht erfolgt angegeben".[5] Werden die Freireligiösen zur Mitgliedschaft der Deutschen Glaubensbewegung gerechnet, stammten schätzungsweisen sechs Siebentel (zwischen 60.000 bis 90.000) von den Freireligiösen und nicht aus völkischen Kreisen.[1][6]

Zu den Mitgliedern des Führerrats gehörten neben Hauer der Philosoph Ernst Bergmann (1881–1945), der Rassenideologe Hans F. K. Günther, der Schriftsteller Ernst zu Reventlow (Amt Rosenberg), Hermann Mandel, der Historiker Herman Wirth sowie Ludwig Fahrenkrog und Lothar Stengel-von Rutkowski (Adler und Falken), der Religionswissebschaftler Otto Huth für den Arbeitskreis für biozentrische Forschung, zeitweise Johann von Leers und Matthes Ziegler (Amt Rosenberg) von derselben Gruppe.

Im Mai 1935 beschloss man die Umwandlung in die einheitliche Deutsche Glaubensbewegung (DG). Trotz der Radikalisierung der Arbeitsgemeinschaft Deutsche Glaubensbewegung traten die deutschgläubigen Gemeinschaften aus.

Die Deutsche Glaubensbewegung, die Jakob Wilhelm Hauer zusammen mit Ernst zu Reventlow leitete, hatte das Ziel, offizielle nichtchristliche Glaubensgemeinschaft und mit den Kirchen gleichberechtigt zu sein.[7] Mitglied durfte nur werden, wer nicht Mitglied einer anderen Religionsgemeinschaft war.

Am 26. April 1935 hielt die Deutsche Glaubensbewegung eine Veranstaltung im Berliner Sportpalast ab. Diese Veranstaltung hatte laut Fritz Gericke 18.000 Teilnehmer; einer der Hauptredner war Hauer.[8]

Im März 1936 trat Hauer als Vorsitzender zurück. Auch Reventlow trat zurück und verließ die GG. Im April 1936 trat auch Hauer aus der DG aus. Nach dem Ausscheiden von Hauer und Reventlow geriet die Bewegung ganz unter die Kontrolle der SS. Ein geeigneter neuer „Führer“ fand sich nicht. Schließlich wurde im Oktober 1936 Walter von Lingelsheim neuer „Führer“. Gleichzeitig gründeten Herbert Grabert und Hans Kurth eine neue, aber kurzlebige Deutschgläubige Bewegung. Hauer gründete den Freundeskreis Kameradschaft arttreuen Glaubens und enthielt sich politischer und antichristlicher Meinungsäußerungen.[9] Im Februar 1937 führte Hauer die Zeitschrift Deutscher Glaube weiter, richtete sich auf eine arische Weltanschauung ein und gab deren bisherige antiklerikale Ausrichtung auf. Im Februar 1937 wurde der Rechtsanwalt Bernhard Wiedenhöft „Führer“ der DG, die sich am 6. Mai 1938 in Kampfring Deutscher Glaube auf Druck von NS-Stellen umbenannte, die sich am Begriff Bewegung störten. Hauer lehnte im November 1938 die ihm erneut angetragene Führung ab. Im November 1938 spaltete sich der Reichsring der gottgläubigen Deutschen vom Kampfring ab.[10]

Die Weltanschauung der Deutschen Glaubensbewegung beschreibt Stefan Breuer als para- und antichristlich, diesseitsreligiös, nichttheistisch und heroisch-ethisch.[11]

Zeitschriften

Als Mitteilungsblatt für Mitglieder und Propagandaorgan diente bis 1944 die Zeitschrift Deutscher Glaube, die den Untertitel Zeitschrift für arteigene Lebensgestaltung, Weltschau und Frömmigkeit hatte. Die Auflage Ende 1936 betrug 4.000. Ab 1936 erschien sie unter dem neuen Untertitel Zeitschrift für arteigene Lebensgestaltung.

Neben dem Deutschen Glauben wurde 1934 die Zeitschrift Durchbruch — Kampfblatt für deutschen Glauben, Rasse und Volkstum gegründet, die 1937 eingestellt wurde. Der Durchbruch war für ein Publikum bestimmt, das einfachere Gedankengänge gewohnt war, war stets aggressiv und polemisch sowie besonders deutlich antiklerikal. Die von Ernst zu Reventlow seit 1919 herausgegebene Zeitschrift Reichswart. Wochenschrift für nationale Unabhängigkeit und deutschen Sozialismus erhielt 1935/36 den Untertitel Nationalsozialistische Wochenschrift. Organ der Deutschen Glaubensbewegung.[12]

Literatur

Einzelnachweise

  1. a b Stefan Breuer: Die Völkischen in Deutschland. Darmstadt 2008, S. 259.
  2. Theologische Realenzyklopädie, Studienausgabe Teil 1, S. 556.
  3. Karl Barth, Eberhard Busch (Hrsg.), Karl Barth: Briefe des Jahres 1933, Theologischer Verlag Zürich, 2004, S. 382.
  4. Ulrich Nanko: Die Deutsche Glaubensbewegung. Marburg 1993, S. 242.
  5. Ulrich Nanko: Die Deutsche Glaubensbewegung. Marburg 1993, S. 149.
  6. Ulrich Nanko: Die Deutsche Glaubensbewegung. Marburg 1993, S. 178 f.
  7. Hans Buchheim: Glaubenskrise im Dritten Reich. Drei Kapitel nationalsozialistischer Religionspolitik. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt, 1953, S. 171.
  8. Ulrich Nanko: Die Deutsche Glaubensbewegung. Marburg 1993, S. 276.
  9. Schaul Baumann: Die Deutsche Glaubensbewegung und ihr Gründer Jakob Wilhelm Hauer (1881-1962). Marburg 2005, S. 76.
  10. Ulrich Nanko: Die Deutsche Glaubensbewegung. Marburg 1993, S. 257 f.
  11. Stefan Breuer: Ordnungen der Ungleichheit - die deutsche Rechte im Widerstreit ihrer Ideen 1871-1945. Darmstadt 2001, S. 300
  12. Ulrich Nanko: Die Deutsche Glaubensbewegung. Marburg 1993, S. 254, 271, 277, 347.

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