- Abaris
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Abaris der Hyperboreer (griechisch Ἀβάρις Ὑπερβορέος) war nach der antiken griechischen Überlieferung ein legendärer apollinischer Reinigungspriester, der unterschiedlichen Angaben gemäß entweder im 8., 7. oder 6. Jh. v. Chr. gelebt haben soll. Über ihn wurden zahlreiche Wundergeschichten erzählt. Ob eine historische Person hinter den Erzählungen steht bleibt ungeklärt.
Inhaltsverzeichnis
Überlieferung
Nach der ältesten uns erhaltenen Erwähnung des Abaris beim Dichter Pindar (Fragment 270, ed. Maehler) soll er zur Zeit des letzten lydischen Königs Kroisos, also um die Mitte des 6. Jahrhunderts v. Chr., gelebt haben. Die nächste Erwähnung stammt vom Historiker Herodot (Historien 4,36), nach der Abaris ein Hyperboreer gewesen sein soll. Er will aber weiter nichts über Abaris sagen, da er ihn offenbar nicht für eine historische Gestalt hält, und erwähnt lediglich, dass er mit einem Pfeil in der Hand über die Erde gewandert sein soll, ohne je etwas zu essen. Diese Nachricht läßt bereits eindeutig erkennen, dass Abaris im Zusammenhang mit der Verehrung Apollons stand, da der Pfeil ein Symbol für den Gott ist, und die mythischen Hyperboreer als Apollonverehrer galten. Platon (Charmides 158b) nennt Abaris den Hyperboreer im Zusammenhang mit Zalmoxis und erwähnt ihn als Heiler von Krankheiten, die dieser mit Hilfe von Zauberspüchen (έπωδαί) bzw. Besprechungen bewirkt haben soll.
Der Redner Lykurgos von Athen (κατὰ Μενεσαίχμου frg. 86) berichtet, der Hyperboreer Abaris sei, während in seiner Heimat eine Hungersnot ausgebrochen war, nach Griechenland gekommen, sei hier in die Dienste Apollons getreten, habe von ihm die Kunst der Weissagung erlernt, und sei danach wahrsagend durch Hellas gezogen. Nach den Apollon. mirab. 4 soll Abaris, der Priester des Hyperboreischen Apollon, den Spartanern Abwehropfer (κολυτήρια) empfohlen haben, die bewirkten, dass die Stadt nie wieder von der Pest betroffen wurde. Pausanias (Perihegesis 3,13,3) schreibt, Abaris der Hyperboreer soll in Sparta einen Tempel der Kore Soteira gebaut haben, den andere auf den Thraker Orpheus zurückführten.
Jüngere Zeugnisse machen aus dem Hyperboreer Abaris einen Skythen, da man die im Norden angesiedelten Hyperboreer mit den Skythen der russischen Steppen gleichsetzte. In diesem Sinn erwähnt Strabon (Geographika 7,3,8) den Abaris als Beispiel eines tugendhaften Skythen, der bei den Griechen stets gern aufgenommen worden sei.
Die Neuplatoniker Porphyrios (De vita Pythagorae 28f.) und Iamblichos (De vita Pythagorae 90-93) berichten fast gleichlautend über die angebliche Begegnung des Abaris mit Pythagoras. Diese Schilderungen gehen auf Herakleides Pontikos zurück, der als erster die Abarislegende ausgestaltet hat; sie ist heute nicht mehr erhalten. Demnach war Abaris Priester des hyperboreischen Apollon. Er sei Pythagoras begegnet und habe in ihm Apollon erkannt, da er seinen goldenen Schenkel erblickt hatte. Daraufhin habe Abaris seinen Pfeil, auf dem er durch die Lüfte geflogen sei, dem Apollo = Pythagoras zurückgegeben und sei dessen Jünger geworden. Hekataios von Abdera hat Abaris in seinem Buch über die Hyperboreer ebenfalls mitberücksichtigt.
Bei mehreren christlichen Autoren wird Abaris im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung mit der heidnischen Religion als Beispiel genannt; so nennt ihn Clemens von Alexandria (Stromateis 1,21,133) als Weissager, Origenes (Gegen Celsus 3,31) erwähnt seinen angeblichen Flug auf dem Pfeil, Iulius Firmicus Maternus (Gegen den Irrtum der heidnischen Religionen 15) schreibt Abaris die Schaffung eines bestimmten Götterbildes zu. Schließlich schreibt noch Nonnos von Panopolis (Dionysiaka 11,132) dass Abaris auf seinem Pfeil durch die Lüfte geflogen sei.
Das byzantinische Lexikon Suda nennt Abaris einen Skythen, Sohn des Seuthes. Sie schreibt ihm neben den Skythischen Orakeln die Werke Hochzeit des Flusses Hebros, Reinigungen, eine Theogonie in Prosa und Die Ankunft Apollons bei den Hyperboreern in Versen als Verfasser zu.
Deutung
Obwohl aufgrund der Quellenlage (widersprüchliche Angaben, Erwähnungen aus weit späterer Zeit) keine sicheren Aussagen über Abaris mehr möglich sind, so neigt die Religionswissenschaft heute dazu, die Verwandtschaft vieler Motive der Abarislegende mit Phänomenen des Schamanismus zu sehen. Dafür spricht auch seine angebliche Herkunft, die man irgendwo nördlich des Schwarzen Meeres suchen wird müssen. Im Schamanismus wird ebenso wie bei Abaris von Flugerlebnissen, Heilungen, Reinigungen berichtet. Die Geschichte mit dem goldenen Schenkel des Pythagoras deutet ebenfalls in diese Richtung.
Nachwirkung
Geoffrey von Monmouth stellte in seinem Buch Historia Regum Britanniae (1138) einen Zusammenhang zwischen Bladdud, dem legendären Gründer der vorrömischen Stadt Bath, dem man ebenfalls die Fähigkeit zu fliegen zuschrieb, und Abaris her. Er soll nach der Legende, ebenso wie Abaris, Griechenland besucht haben und dort in die Mysterien eingeweiht worden sein. Möglicherweise wurden hier zwei Mythen miteinander vermischt bzw. gleichgesetzt.
Abaris ist eine Hauptfigur der Oper Les Boréades oder der Triumph des Abaris des französischen Komponisten Jean-Philippe Rameau (1763).
Abaris war auch der Ordensname Johann Wolfgang von Goethes bei den Illuminaten. Beweise liefert der zehnte Band der Illuminatenakten, worin auch Goethes Beitrittserklärung steht. Die Akten sind in deutsch verfasst und der in schwarzem Leder eingebundene Band ist bis heute in Besitz Russlands. Der zehnte Band mit dem in Goldschrift aufgesetzten Schriftzug „Reverse und Lebensläufe“ galt bis 1991 als verschollen. Bis heute verweigert Russland die Übergabe an Deutschland und beharrt darauf, da die Dokumente zu wichtig für die Interessen des eigenen Landes seien.[1]
Literatur
- Gerhard Baudy: Abaris. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 1, Metzler, Stuttgart 1996, ISBN 3-476-01471-1, Sp. 5–6.
Weblinks
- Erich Bethe: Abaris 1. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band I,1, Stuttgart 1893, Sp. 16–17.
- Zeno.org
Einzelnachweise
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