Historien (Herodot)

Historien (Herodot)

Die Historien (griechisch: ἱστορίαι, historíai) des Herodot sind ein neun Bücher umfassendes Geschichtswerk, das im 5. Jahrhundert vor Chr. geschrieben wurde. Es bietet einen Überblick über die historischen Vorgänge der Jahre von etwa 700 bis 479 vor Christus, stellt also einen Zeitraum von etwa 220 Jahren dar. In dieser Zeit fanden die Perserkriege statt, die für die Griechen von entscheidender historischer Bedeutung waren.

Inhaltsverzeichnis

Charakterisierung der Historien

Herodots Herkunft und Arbeitsweise

Herodot war einer der privilegierten kleinasiatischen Griechen, die sich zu Beginn einer wirtschaftlich und kulturell aufstrebenden Epoche (der so genannten klassischen Zeit, siehe Antikes Griechenland) die Aufgabe stellten, mündliche Überlieferungen unter Benutzung der im 7. Jahrhundert, nach dem „dunklen Zeitalter“, von den Phöniziern übernommenen Schrift niederzuschreiben und mithilfe der verfügbaren Schriftträger Papyros und Pergament zu verbreiten. Es sollte im kollektiven Gedächtnis der Griechen festgehalten werden, mit welchen Tugenden sie dem Angriff der Perser standhalten konnten und warum es zu diesen kriegerischen Auseinandersetzungen gekommen war. So lautet der erste Satz der Historien in der Übersetzung von Josef Feix:

Herodot von Halikarnassos veröffentlicht hiermit seine Forschung (ιστορίης απόδεξις : histories apodexis), auf dass die menschlichen Werke bei der Nachwelt nicht in Vergessenheit geraten, und damit große und wunderbare Taten der Griechen und der Barbaren nicht ohne Gedenken bleiben. Vor allem aber soll man erfahren, warum sie gegeneinander zum Kriege schritten.

Dafür sammelte Herodot, Sohn einer wohlhabenden Familie aus Halikarnassos (heute Bodrum, Türkei), über viele Jahre alle möglichen Berichte von Chronisten, Händlern, Soldaten und Abenteurern und rekonstruierte auf dieser Basis so komplexe strategische Vorgänge wie den Kriegszug des Xerxes gegen Griechenland oder die berühmte Schlacht bei Salamis. Ähnlich wie Hekataios bereiste Herodot - nach eigenen, durchaus glaubwürdigen Angaben - viele der fernen Länder, über die er berichtet, selbst.

Die Glaubwürdigkeit Herodots

Über die Frage der Glaubwürdigkeit des Herodot herrscht bereits seit antiken Zeiten Uneinigkeit. Die einen sehen in ihm einen methodisch für seine Zeit erstaunlich gut arbeitenden Berichterstatter, die anderen meinen, er habe vieles erfunden und täusche Augenzeugenschaft nur vor. Bis heute hat sich dazu in den Wissenschaften keine einheitliche Meinung herausgebildet.

Die Historien sind nicht frei von Fehlern und Irrtümern (falsche Strecken- oder Zahlenangaben, Ortsbestimmungen und Ortsnamen), oft aber gelingen Herodot sehr eindringliche Schilderungen großer Zusammenhänge, aber auch kleinerer Randbegebenheiten. Dabei ist der historische Quellenwert der Historien in der Forschung bis heute umstritten.

Als einer der ersten abendländischen Geschichtsschreiber schafft er es nicht immer, sachlich und objektiv zu sein – ist er doch Angehöriger des griechischen Volkes, dessen Triumphe und Niederlagen er sicherlich auch emotional teilte. Andererseits bemüht sich Herodot, bei voneinander abweichenden Quellen beide Seiten darzustellen und sich eines Urteils über die „Wahrheit“ zu enthalten. So bündelt sich in den Historien ein Universum an geschichtlichen Tatsachen, teilweise gewürzt mit tendenziösen bzw. patriotischen Anmerkungen, etwas Aberglauben, und vor allem Respekt vor den Großen seiner Zeit – namentlich Xerxes I., dem übermächtigen Feind. Diese Erzählweise rief die Kritik des Thukydides hervor, der als Reformator der Geschichtsschreibung gelten wollte, indem er „nur von dem berichtet, was wirklich geschehen ist“.

Werkausgabe und Literatur siehe den Artikel Herodot.

Inhalt der Historien des Herodot

Die inhaltliche Gliederung mit Angabe der Abschnittsnummern folgt der unten zitierten Tusculum-Ausgabe von Feix 2001. Die Grundstruktur der Historien wird durch die achämenidischen Großkönige Kyros, Kambyses, Dareios und Xerxes und ihre Taten und Feldzüge vorgegeben, also durch die historische Königsfolge der "Feinde" oder „Barbaren“, nicht durch griechische Persönlichkeiten oder Begebenheiten. Von dieser Grundstruktur weicht der Vorspann im Buch 1 über die Lyder und ihren König Kroisos ab und das ganze Buch 2, das dem Land Ägypten und seiner Geschichte gewidmet ist. (Allerdings dient das Buch 2 als Vorbereitung auf die Darstellung der Eroberung Ägyptens durch Kambyses in Buch 3 und ordnet sich somit in den Kambyses-Abschnitt des Gesamtwerks durchaus logisch ein.)

Buch 1 – Die Lyder und Kroisos. Kyros: Unterwerfung von Kleinasien, Babylonien und der Massageten.

  • Zielsetzung des Gesamtwerks (1)
  • Einleitung: Griechen und Barbaren in mythischer Zeit (1-5)
  • Die Lyder und Kroisos (6-94)
    • Älteste Geschichte der Lyder (7-25)
    • Kroisos (26-94)
      • Kroisos und Solon (26-33)
      • Kroisos und Adrastos (34-45)
      • Kroisos und die Orakel (46-55)
      • Kroisos und die Griechen (56-70)
      • Kroisos und Kyros (71-94)
  • Entstehung des Persischen Reichs und Kyros (95-216)
    • Jugend des Kyros (95-122)
    • Abfall der Perser von den Medern (122-144)
      • Exkurs: Sitten der Perser (131-140)
    • Unterwerfung Kleinasiens (141-176)
      • Griechische Städte in Kleinasien (141-151)
      • Aufstand und Unterwerfung der Lyder (152-161)
      • Unterwerfung Kleinasiens durch Harpagos (162-176)
    • Unterwerfung der Babylonier (177-200)
      • Babylon (178-187)
      • Eroberung Babylons (188-191)
      • Das Land Babylon und seine Sitten (192-200)
    • Feldzug gegen die Massageten (201-216)
      • Landesbeschreibung (201-216)
      • Feldzug und Tod des Kyros (205-214)
      • Sitten der Massageten (215-216)

Buch 2 – Das Land Ägypten und seine Geschichte.

  • Landesbeschreibung Ägyptens (2-34)
  • Sittenbeschreibung Ägyptens (35-98)
  • Geschichte Ägyptens (99-182)
    • Die ersten fünf Könige (99-123)
    • Die Pyramidenbauer (124-136)
    • Fremdherrschaft. Zwölf Könige (137-151)
    • Psammetichos und seine Nachfolger (151-161)
    • Amasis (162-182)

Buch 3 – Kambyses: Feldzüge gegen Ägypten und andere Länder. Beginn der Dareios-Herrschaft.

  • Eroberung Ägyptens durch Kambyses (1-16)
  • Feldzug gegen die Äthiopier und Ammonier (17-30)
  • Religionsfrevel und Wahnsinn des Kambyses (31-38)
  • Krieg zwischen Sparta und Samos. Polykrates (39-60)
  • Die Mager. Tod des Kambyses. Machtergreifung des Dareios (61-87)
  • Ordnung im Reichsinneren (88-160)
    • Einteilung des Persischen Reiches in Satrapien (88-117)
    • Intaphrenes und Oroites (118-128)
    • Demokedes (129-138)
    • Syloson. Eroberung von Samos (139-149)
    • Babylonischer Aufstand (150-160)

Buch 4 – Dareios: Skythenfeldzug. Feldzug gegen Libyen.

  • Der Skythenfeldzug (1-144)
    • Gründe des Dareios für den Feldzug (1-4)
    • Älteste Geschichte der Skythen (5-15)
    • Die Völker nördlich der Skythen (16-36)
    • Die Gestalt der Erde (37-45)
    • Flüsse im Skythenland (46-58)
    • Der Feldzug des Dareios gegen die Skythen (59-144)
  • Zug des Aryandes gegen Libyen und Kyrene (145-205)
    • Vorgeschichte (145-156)
    • Gründung Kyrenes (157-167)
    • Beschreibung Libyens (168-199)
    • Eroberung Barkas (200-205)

Buch 5 – Dareios: Der ionische Aufstand.

Buch 6 – Dareios: Ende des ionischen Aufstands. Feldzüge gegen Griechenland.

  • Ende des ionischen Aufstands (1-42)
    • Histiaios (1-30)
      • Flucht des Histiaios (1-5)
      • Belagerung Milets (6-25)
      • Ende des Histiaios (26-30)
    • Unterwerfung der Inseln und Städte am Hellespont (31-42)
  • Feldzug des Mardonios gegen Griechenland (43-45)
  • Feldzug des Datis und Artaphernes gegen Griechenland (46-140)
    • Thasos (46-47)
    • Die Zustände in Griechenland (48-93)
    • Zug der Perser über die Inseln und Eretria nach Marathon (94-102)
    • Schlacht bei Marathon (103-131)

Buch 7 – Xerxes: Feldzug gegen Griechenland.

  • Der Tod des Dareios. Machtübernahme des Xerxes (1-4)
  • Feldzug des Xerxes gegen Griechenland (Teil I)
    • Reichsrat (5-19)
    • Vorbereitungen am Athos und Hellespont (20-25)
    • Zug des Heeres bis Sardes (26-36)
    • Zug über den Hellespont (37-58)
    • Musterung und Zählung des Heeres (59-100)
    • Xerxes und Demaratos (101-105)
    • Zug durch Thrakien und Makedonien bis Therme (106-127)
    • Xerxes am Peneios (128-130)
    • Die Maßnahmen der Griechen (131-170)
    • Xerxes Feldzug durch Thessalien (171-200)
    • Feldzug des Xerxes bis zu den Thermopylen (201-239)

Buch 8 – Xerxes: Fortsetzung der Feldzüge gegen Griechenland.

  • Feldzug des Xerxes gegen Griechenland (Teil II) (1-129)
    • Kämpfe bei Artemision (1-22)
    • Weitermarsch des persischen Heeres. Einnahme von Athen (23-55)
    • Die Seeschlacht bei Salamis (56-96)
    • Rückzug der Perser (97-129)
  • Feldzug des Mardonios (Teil I) (130-144)
    • Rüstungen der Griechen zur See (130-132)
    • Verhandlungen des Mardonios mit Athen (133-144)

Buch 9 – Xerxes: Mardonios-Feldzug. Schlacht bei Plataiai. Vernichtung der persischen Flotte.

  • Feldzug des Mardonios (Teil II) (1-98)
    • Einfall in Attika und Rückzug nach Böotien (1-18)
    • Die Schlacht von Plataiai. Befreiung Griechenlands (19-98)
  • Vernichtung der persischen Flotte und Befreiung Ioniens (99-121)
    • Schlacht bei Mykale (99-106)
    • Flucht der Perser (107-113)
    • Eroberung von Sestos durch die Griechen (114-121)
  • Charakteristik der Perser (122)

Siehe auch

Literatur

  • Herodot: Historien. Bücher I-IX. Herausgegeben und übersetzt von Josef Feix. Zweisprachige Ausgabe Griechisch – Deutsch in zwei Bänden. Artemis & Winkler und Patmos Verlag, Tusculum-Reihe, Düsseldorf 2001.

Weblinks


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