Buxe

Buxe

Buxe (seltener: Buchse) ist eine zunächst niederdeutsche, später allgemeinsprachliche Bezeichnung für Hose. In der Studentensprache wird in verkürzter, phonetischer Anlehnung an „Burschenschaft“ der Ausdruck zur abfälligen Benennung ihrer Mitglieder verwendet. Vermutlich taucht diese Bedeutung zuerst in corpsstudentischen Kreisen auf. Sie geht später auf alle Nicht-Mitglieder örtlicher SCs über, schließlich ist sie ab dem letzten Drittel des 20. Jahrhunderts die Bezeichnung für alle sich nicht kommentgemäß verhaltenden Korporierten. Hierzu wird „Buxe“ fantasievoll mit verschiedenen Präfixen versehen.

Inhaltsverzeichnis

Herkunft

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist der französisierende Ausdruck Büchsier zur Bezeichnung von Burschenschaftern verbreitet.[1] Dies geht wahrscheinlich auf die Benennung der Tübinger Burschenschaft Germania als Bixier oder Büxier ab den 1820er Jahren zurück.[2] Es wurde vermutet, dass dies auf ihr Kneiplokal „Zur Büchse“ zurückginge, konnte aber nicht belegt werden. Die Namensgebung ist aber nachweislich keine rein studentische, sondern eine frühe Bezeichnung der Germanen durch die Tübinger Bürger.[3] Die französisierende Endung -ier findet sich auch in zahlreichen anderen studentischen Ausdrücken, die im frühen 19. Jahrhundert zuerst in Leipzig und Göttingen auftauchen und ihre Wurzeln in den Studentenorden des 18. Jahrhunderts haben: Paukier (Paukant), Suitier (Witzbold) oder Wichsier (Stiefelputzer).[4] Der Ausdruck Buxe wird hingegen im 19. Jahrhundert durchgehend mit der älteren Bedeutung „Hose“ (besonders die Hosen der Wichs) verwendet. Buxen meint allgemeinsprachlich Hose, was sich aus dem niederdeutschen Boxen (dänisch Buxer, schwedisch Böxor) herleitet. Dies geht sehr wahrscheinlich auf die Bocks bzw. das Bocksleder zurück, dem bevorzugten Material für Beinkleider.[5] Im Burschicosen Wörterbuch von 1846 ist nur diese Bedeutung für Buxe in der Studentensprache belegt.[6] Das Verb buxen wurde studentisch im Sinne von stehlen („in die Hose stecken“) von dieser Bedeutung von Buxe abgeleitet. Erst um 1900 scheint das Wort Buxe nach einem Bedeutungswechsel in der heute üblichen, abfälligen Verwendung als Pejorativ aufzutauchen.[7]

Bedeutungen

Mit dem Ausdruck „Buxe“ wollten die Corpsstudenten offenbar ihre Abscheu gegenüber neu eingeführten Sitten und Gebräuchen, die nicht dem SC-Comment der Corps entsprachen, zum Ausdruck bringen. Da der Begriff von Corpsstudenten geprägt wurde und auch meistens von diesen verwendet wird, werden Angehörige von Corps für gewöhnlich nicht mit diesem Begriff belegt. Die studentensprachlich ebenfalls jüngere Bezeichnung für die Kösener und Weinheimer Corpsstudenten heißt Curry[8], was den älteren Begriff Koratz[9] als Schimpfwort des 19. Jahrhunderts für Corpsiers ersetzte. In abwehrender Aneignung des Begriffes verwenden mittlerweile auch Burschenschafter für sich selbst den Ausdruck Buxe, um eine positive, zu den Corpsstudenten abgrenzende Bedeutung zu evozieren. Da die Bedeutungserweiterung von Buxe aus der engeren Bezeichnung für Burschenschafter im jüngeren und jüngsten korporationssprachlichen Gebrauch an Eindeutigkeit verlor, wurden und werden Präfixe als Determinative angefügt. Diese Präfixe präzisieren bestimmte Arten von Verbindungen oder Dachverbände und karikieren deren Eigenarten. Beispiele für diese Erweiterungen sind:[10]

  • Ackerbuxe: Agrarier-Verbindungen oder Korporationen mit dem Namen Agronomia
  • Bibel- oder Betbuxe: Mitglied einer christlichen Verbindung
  • Braunbuxe: Korporierter mit rechtsnationalen/-extremen Tendenzen
  • Fechtbuxe: unter nichtschlagenden Verbindungsstudenten bisweilen gebraucht für schlagende Verbindungsstudenten. Unter schlagenden Verbindungsstudenten Bezeichnung für Korporierte schlagender Verbindungen, die der Mensur eine besonders hohe Stellung einräumen.
  • Gewürzbuxe: Corpsstudent (abgeleitet von der Bezeichnung „Curry“ für Corpsstudenten)
  • Kletter-, Zappel- oder Gymnastikbuxe: Turnerschafter
  • Jagdbuxe: Mitglied einer Jagdverbindung
  • Jodel-, Sing- oder Trällerbuxe: Sängerschafter
  • Legobuxe: Mitglied einer Technischen Verbindung
  • Ruder- oder Paddelbuxe: Mitglied einer Akademischen Ruderverbindung
  • Schmiernippel-, Schmieröl-, Schmirgel- oder Zahnradbuxe: Weinheimer Corpsstudent
  • Schüler- oder Babybuxe: Mitglied einer Schülerverbindung
  • Segelbuxe: Mitglied einer segelnden Verbindung
  • Territorial-, Regionalbuxe: Landsmannschafter
  • Tittenbuxe: Mitglied einer Damenverbindung

Bedeutung des Wortes „buxig“

Im engeren Sinn bezeichnet das Wort eine von Corpsstudenten verwendete, abwertende Bezeichnung für Verhalten von Mitgliedern von Burschenschaften. Das kann z.B. sein:

  • übertriebene Verwendung von lateinischen Wörtern
  • politisch gefärbte Reden auf Kneipen
  • auf Kneipen mit dem Schläger auf den Tisch schlagen, um Ruhe zu erzwingen.
  • Einführung gestelzter und sinnentleerter Formulierungen (etwa: „Schwanenhals“ für zwei; „Doppelloch“ für acht)
  • Hacken zusammenschlagen bei der Begrüßung
  • Tragen von Bandspreizern
  • Tragen von Freundschaftsschiebern oder -zipfeln
  • Tragen eines Fuchsschwanzes an der Mütze
  • Tragen von Wangen- und Ohrenleder auf Mensur
  • Nichtwürdigung korporativen Kleidungsstils
  • generelles äußeres ungepflegtes Auftreten

Im weiteren Sinn kann das Wort auch als abwertende Bezeichnung für allgemein abzulehnendes Verhalten sein. So können auch andere Korporierte oder sogar Nichtverbindungsstudenten sich „buxig“ verhalten. Nicht klar abgegrenzt und häufig mit gleicher Bedeutung wird in der neueren Studentensprache auch der Ausdruck „Fritte“ verwendet, der im Vergleich zu Buxe eine ungleich schwerere Beleidigung darstellt.

Einzelnachweise

  1. F. Golücke: Studentenwörterbuch, Graz Wien Köln 1987 ISBN 3-222-11793-4 S. 74
  2. R. Paschke: Studentenhistorisches Lexikon, GDS-Archiv Beiheft 9, Köln 1997 ISBN 3894980729 S. 51
  3. Paschke, ebd.
  4. Friedrich Kluge: Deutsche Studentensprache, Straßburg 1895 S. 64
  5. Grimm, Jacob und Wilhelm: Deutsches Wörterbuch, Leipzig 1854-1960, Band 2, Spalte 598
  6. J. Vollmann: Burschicoses Wörterbuch, Ragaz 1846 S. 99
  7. Golücke S. 86
  8. Silenus, C.: Hortus injuriarum oder: Der feine Couleurbummel, Potopolis 2010, ISBN 978-3-8391-8786-9, S. 35
  9. Th. S. di Saluzzo (Pseudonym): Die deutsche Burschensprache. Ein studentikoses Hand- und Taschenwörterbuch, Breslau 1862 S. 31
  10. Silenus, S. 31f

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