Munavvar Qori Abdurashidxon oʻgʻli

Munavvar Qori Abdurashidxon oʻgʻli

Munavvar Qori Abdurashidxon oʻgʻli (kyrillisch Мунаввар Қори Абдурашидхон ўғли; arabischer Name[1]منور قارى ابن عبد الرشيد خان‎, DMG Munauwar Qārī ibn ʿAbdu r-Rašīd Ḫān; im modernen Usbekisch Munavvarqori Abdurashidxonov, kyrillisch Мунавварқори Абдурашидхонов; russisch Мунаввар Кары Абдрашитов Munawwar Kary Abduraschitow, Абдурашидов Abduraschidow, Абдурашидханов Abduraschidchanow oder Абдурашидхонов Abduraschidchonow; * 1878[2] oder 1880[3]; † 1931[2] oder 1933[3]) war ein usbekischer dschadidistischer Publizist und Schriftsteller aus Taschkent.

Leben

Munavvars Titel Qori (arabisch ‏قارئ‎, DMG qāriʾ ‚Leser‘) weist auf seine frühere Tätigkeit als Vorleser aus dem Koran an einer Moschee hin.[4] Er lernte an der Yunusxon-Madrasa in Taschkent und verbrachte anschließend, bis 1901, einige Zeit in einer Madrasa in Buchara.[2] Über seine Motivation zu seinen nun folgenden Tätigkeiten ist wenig bekannt.[5]

1901 eröffnete Munavvar Qori die erste reformierte Grundschule (maktab) Taschkents[3] und schrieb Adib-i awwal („der erste Lehrer“), ein dschadidistisches Schulbuch.[6] 1906 gründete er Xurshid, eine der ersten Zeitungen der zentralasiatischen Reformer, und erntete von diesem Zeitpunkt an Anerkennung als Anführer der zentralasiatischen Dschadidisten. Das Blatt wurde als „Organ der Muslime, publiziert zwei oder drei Mal wöchentlich auf Turkisch; ein literarisches, wissenschaftliches und soziopolitisches Organ“ angekündigt, erschien jedoch unregelmäßig und verschwand bereits im November desselben Jahres wieder. In den folgenden Jahren brachte Munavvar Qori weitere Zeitungen heraus, die wie auch Xurshid bald verboten wurden.[7] 1914 und 1915 erschien Sadoyi Turkiston, die Munavvar Qori gemeinsam mit Usmonxoʻja oʻgʻli herausbrachte.[8]

Cover von Adib-i sani

Im Gegensatz zu den tatarischen Vorbildern kritisierte Munavvar Qori nicht die muslimische religiöse Führung an sich, sondern nur ihr individuelles Versagen.[9] Er blieb mit der Ulama in engster Verbindung aller Dschadidisten und wird deswegen als „konservatives Ende“ dieser Bewegung beschrieben.[10] Seine bildungspolitische Botschaft war, Kindern für sie verständliche Texte zu präsentieren und nicht mystische mittelalterliche Werke.[11] Munavvar Qori sah die muslimische Gesellschaft Zentralasiens in einer ernsthaften Krise – durch diese modernere Bildung glaubte er die gesellschaftlichen Probleme lösen zu können.[12] Munavvar Qori verfasste darüber hinaus einige Bücher (darunter 1911 ein zweites Schulbuch[11], Adib-i sani, „der zweite Lehrer“) und gelegentlich poetische Werke in usbekischer und tadschikischer Sprache.[6] Im Mai 1916 nahm er an einem Treffen bei Mahmudxoʻja Behbudiy teil, das zum Ziel hatte das Einziehen der turkestanischen Bevölkerung in den Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg zu verhindern.[13]

Um 1920 engagierte er sich für die Entwicklung von Drama und Theater als Mittel zur Bildung und als Ausdruck der lokalen Kultur. Durch seinen Einsatz hatte Taschkent 1921 vier oder fünf Drama-Zentren.[14] 1922 war er eine Amtszeit lang Bildungskommissar der ASSR Turkestan.[6][15]

1925 wurde Munavvar Qori als politisch aktiver Antisowjet arrestiert.[16] In den 1930ern verschwand er in den Gulags.[17]

Einzelnachweise

  1. Coverbild von Adib-i sani; in: Allworth 1990: S. 135
  2. a b c Khalid 1998: S. 95
  3. a b c In: Allworth 1989. S. 177
  4. Allworth 1990: S. 142
  5. Khalid 1998: S. 96
  6. a b c In: Allworth 1989: S. 365
  7. In: Allworth 1989: S. 190f
  8. In: Allworth 1989: S. 201
  9. In: Allworth 1989: S. 192
  10. Khalid 1998: S. 103
  11. a b Allworth 1990: S. 137
  12. Khalid 2007: S. 41
  13. Allworth 1990: S. 159
  14. Allworth 1964: S. 217
  15. Allworth 1964: S. 141
  16. Allworth 1964: S. 117
  17. Khalid 1998: S. 300

Literatur

  • Edward Allworth: Uzbek Literary Politics. Mouton & Co.; London, Den Haag, Paris 1964.
  • Edward Allworth (Hg.): Central Asia. 120 Years of Russian Rule. Duke University Press; Durham, London 1989. ISBN 0822309122
    • Hélène Carrére d’Encausse: The Stirring of National Feeling; S. 172-188
    • Hélène Carrére d’Encausse: Social and Political Reform; S. 189-206
    • Edward Allworth: The Changing Intellectual and Literary Community; S. 349-396
  • Edward Allworth: The Modern Uzbeks. From the Fourteenth Century to the Present. A Cultural History. Hoover Institution Press; Stanford 1990. ISBN 0817987312
  • Adeeb Khalid: The Politics of Muslim Cultural Reform. Jadidism in Central Asia. University of California Press; Berkeley, Los Angeles, London 1998. ISBN 0520213556
  • Adeeb Khalid: Islam after Communism: Religion and Politics in Central Asia. University of California Press; 2007. ISBN 9780520249271

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Dschadidismus — (auch: Djadidismus; engl. Jadidism) bezeichnete ursprünglich neue Unterrichtsmethoden in islamischen Schulen (medresen). Der Ausdruck wurde später synonym im 19. Jahrhundert mit einer muslimisch nationalistischen Reformbewegung im russischen… …   Deutsch Wikipedia

  • Dshadidismus — Dschadidismus (auch: Djadidismus; engl. Jadidism) bezeichnete ursprünglich neue Unterrichtsmethoden in islamischen Schulen (mederesen). Der Ausdruck wurde später synonym im 19. Jahrhundert mit einer muslimisch nationalistischen Reformbewegung im… …   Deutsch Wikipedia

  • Jadidismus — Dschadidismus (auch: Djadidismus; engl. Jadidism) bezeichnete ursprünglich neue Unterrichtsmethoden in islamischen Schulen (mederesen). Der Ausdruck wurde später synonym im 19. Jahrhundert mit einer muslimisch nationalistischen Reformbewegung im… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”