Albert Konrad Gemmeker

Albert Konrad Gemmeker

Albert Konrad Gemmeker (* 27. September 1907 in Düsseldorf; † 1982) war deutscher Obersturmführer der SS und Lagerkommandant des Durchgangslagers Westerbork.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Gemmeker verließ die Schule im Alter von 14 Jahren und arbeitete einige Jahre bei einer Versicherung. Danach bewarb er sich für eine Polizeilaufbahn und begann 1927 eine Ausbildung zum Polizisten. Nach Abschluss seiner Ausbildung in Bonn arbeitete er ab 1933 bei der Polizei in Duisburg.

Gemmeker trat am 1. Mai 1937 der NSDAP und am 1. November 1940 der SS bei. Am 25. August 1940 wurde Gemmeker nach Den Haag versetzt.[1] Dort war Gemmeker beim Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD (BdS) bis Juni 1942 als Referent der Abteilung Verwaltung tätig. Danach leitete er kurzzeitig das Geisellager Sint-Michielsgestel.[2] Anschließend war Gemmeker vom 12. Oktober 1942 bis April 1945 Kommandant des Lagers Westerbork. Er war dort dritter und letzter deutscher Lagerkommandant.[3] Während seiner Kommandantur wurden etwa 80.000 Juden in die Vernichtungslager transportiert, für deren Auswahl er verantwortlich war. Wöchentlich traf er sich mit seinem Stab, um die Zusammensetzung der Transporte zu erörtern, die in der Regel aus 1.000 Menschen bestanden. Die Sicherheitspolizei in Den Haag legte lediglich die genaue Anzahl der Deportationsopfer fest.[4]

Gemmeker galt – im Gegensatz zu seinem Vorgänger Josef Hugo Dischner, der Alkoholiker war und zu Exzessen neigte – als kultiviert und nicht korrupt. Die in Westerbork inhaftierte jüdische Lehrerin Etty Hillesum schrieb über Gemmeker in ihrem Tagebuch, dieser besitze das „korrekte, sportliche doch nichtssagende Äußere eines englischen Whiskytrinkers“. Hillesum wurde in Auschwitz ermordet, ihr Abtransport geschah unter Gemmekers Verantwortung.[3] Er förderte Freizeitaktivitäten und Kabarett im Lager. Gemmeker befahl dem jüdischen Fotografen Rudolf Breslauer, das tägliche Lagerleben zu filmen. Dabei entstanden 85 Minuten Filmmaterial, insbesondere über die Transporte ins KZ Auschwitz.[5]

Am 11. April 1945 verließ er das Lager kurz vor den herannahenden Kanadiern und war noch kurzzeitig im noch nicht befreiten Amsterdam als Verwaltungsoffizier tätig. Nach der Befreiung wurde er noch im Mai 1945 verhaftet.[1] Am 20. Januar 1949 wurde Gemmeker in einem Prozess vor dem Sondergericht Leeuwarden zu zehn Jahren Haft verurteilt.[2] Die korrekte Behandlung der Häftlinge wurde ihm strafmildernd angerechnet. Gemmeker berief sich darauf, nicht gewusst zu haben, was die Menschen in den Vernichtungslagern erwartete.[6] Nach seiner Freilassung im April 1951 kehrte er nach Düsseldorf zurück.[7] In Düsseldorf war Gemmeker anschließend als Kaufmann tätig.[8]

Literatur

  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. 2. Auflage. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-596-16048-8. 
  • Sandra Ziegler: Gedächtnis und Identität der KZ-Erfahrung. Niederländische und deutsche Augenzeugenberichte des Holocaust. Königshausen & Neumann, 2006, ISBN 3826030842.
  • Jacob Presser: Ashes in the Wind - The destruction of dutch jewry, Souvenir Press, London 1968, ISBN 0-8143-2036-8.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Jacob Presser: Ashes in the Wind - The destruction of dutch jewry, London 1968, S. 429f.
  2. a b Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich, Frankfurt am Main 2007, S. 178.
  3. a b Sandra Ziegler: Gedächtnis und Identität der KZ-Erfahrung. Königshausen & Neumann, 2006, S. 133.
  4. vgl. Israel Gutman (Hrsg.): Enzyklopädie des Holocaust - Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden, Piper Verlag, München/Zürich 1998, 3 Bände, ISBN 3-492-22700-7, Band III, S. 1578
  5. Sandra Ziegler: Gedächtnis und Identität der KZ-Erfahrung. Königshausen & Neumann, 2006, S. 140ff.
  6. Gemmeker, Albert Konrad (1907–1982)
  7. Niederländische Strafverfahren gegen Deutsche und Österreicher wegen im 2.Weltkrieg begangener NS-Verbrechen auf www1.jur.uva.nl
  8. Braunbuch Gestapo, SS und SD in Staat und Wirtschaft - SS-Mörder und Nazi-Führer

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