Signatur (Mathematik)

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Die Signatur (auch Sylvester-Signatur) ist eine Eigenschaft einer symmetrischen Bilinearform, welche unabhängig von der Basiswahl im Vektorraum ist. Dies ist das Resultat des Trägheitssatzes von Sylvester. Haben also zwei Bilinearformen dieselbe Signatur, so beschreiben sie dieselbe Abbildung bezüglich unterschiedlicher Basen.

Inhaltsverzeichnis

Definition

Sei V ein endlichdimensionaler Vektorraum und s: V \times V \rightarrow \R eine symmetrische Bilinearform. Es seien X_+,\ X_- und X_0\; definiert durch

X_+ := \{v \in V: s(v,v)>0\},
X_- := \{v \in V: s(v,v)<0\} bzw.
X_0 := \{v \in V: s(v,v)=0\}.

Diese bilden eine disjunkte Zerlegung von V, sind aber (gewöhnlich) keine Vektorräume. Aber mit dem Ausartungsraum

V_0 := \{v \in V: s(v,w) = 0\ \forall w \in V\}

gilt V_0 \subseteq X_0, und man kann Vektorräume V_+ \subseteq X_+ und V_- \subseteq X_- jeweils maximaler Dimension finden, so dass diese eine direkte Zerlegung

 V = V_+ \oplus V_- \oplus V_0

bilden. Bei der Wahl von (V+,V-) gibt es einige Freiheit, aber ihre Dimension ist durch die symmetrische Bilinearform s festgelegt. Das aus den Einträgen r_+(s) = \dim(V_+),\ r_-(s) = \dim(V_-) und r_0(s) = \dim(V_0)\; zusammengesetzte Tripel

\sigma(s) = (r_+(s), r_-(s), r_0(s))\;

heißt Trägheitsindex oder (Sylvester-)Signatur. Wegen der Zerlegungseigenschaft gilt

r_+(s) + r_-(s) + r_0(s) = \dim V\;.

Wenn keine Ausartung vorliegt (d. h. \dim {V_0} = r_0(s) = 0\;), kann dieser (letzte) Parameter in der Signatur auch entfallen. Ein triviales Beispiel hierfür ist eine positiv (oder negativ) definite Bilinearform, es gilt dann darüber hinaus r_-(s)=0\; bzw. r_+(s)=0\;.

Gelegentlich wird auch

\operatorname{sign}(s)=r_+(s)-r_-(s).

als Signatur bezeichnet (insbesondere, wenn keine Ausartung vorliegt).

Entsprechend definiert man diese Signaturen auch für symmetrische n×n-Matrizen. Im Fall n=1 reproduziert die hier definierte sign-Funktion das gewöhnliche Vorzeichen für reelle Zahlen.

Beispiel

Sei s(x,y) = \tfrac{1}{2}x_1y_2 + \tfrac{1}{2} y_1x_2 eine symmetrische Bilinearform. So hat die darstellende Matrix der kanonischen Basis die Form

 M_\mathcal{K}(s) = \begin{pmatrix} 0 & \frac{1}{2} \\ \frac{1}{2} & 0 \end{pmatrix} .

Fasst man diese Matrix zwischenzeitlich als selbstadjungierten Endomorphismus von \R^2 auf, so weiß man auf Grund des Spektralsatzes, dass es eine Orthonormalbasis aus Eigenvektoren gibt, sodass S^t M_\mathcal{K}(s) S Diagonalgestalt hat. Multipliziert man jeden Eigenvektor noch mit |\lambda_i|^{-\frac{1}{2}}, wobei λi der entsprechende Eigenwert ist und führt dann die Basistransformation durch, so erhält man eine Diagonalmatrix mit Einträgen 1 und -1 auf der Diagonalen. Hier kann man direkt die Signatur ablesen. In unserem konkreten Beispiel lauten die Eigenwerte \tfrac{1}{2} und -\tfrac{1}{2} und die orthonormalen Eigenvektoren \textstyle \tfrac{1}{\sqrt{2}}\left(\begin{smallmatrix} -1 \\ 1 \end{smallmatrix}\right) und \tfrac{1}{\sqrt{2}}\left(\begin{smallmatrix}1 \\ 1 \end{smallmatrix}\right). Multipliziert man diese Basis noch wie oben beschrieben mit |\lambda_i|^{-\frac{1}{2}}, so erhält man als Transformationsmatrix

 T = \begin{pmatrix} -1 & 1 \\ 1 & 1 \end{pmatrix}

und die Basistransformation sieht folgendermaßen aus

 T^t M_\mathcal{K}(s) T = \begin{pmatrix} -1 & 1 \\ 1 & 1 \end{pmatrix} \begin{pmatrix} 0 & \frac{1}{2} \\ \frac{1}{2} & 0 \end{pmatrix} \begin{pmatrix} -1 & 1 \\ 1 & 1 \end{pmatrix} = \begin{pmatrix} -1 & 0 \\ 0 & 1 \end{pmatrix} .

Also hat die der Matrix zugeordnete Bilinearform die Signatur (1,1,0). Bei diesem Beispiel muss man allerdings beachten, dass Bilinearformen keine Eigenwerte besitzen und dass der Weg über die Eigenwerte nur ein Trick zum Rechnen ist.

Die obige Diagonalform ließe sich auch mit dem Gauß-Algorithmus berechnen, indem Umformungen immer gleichermaßen auf Zeilen und Spalten angewendet werden.

Ein wichtiges Beispiel aus der Physik ist die Minkowski-Metrik der speziellen Relativitätstheorie. Dies ist eine symmetrische Bilinearform mit der Signatur (1,3,0) bzw. einfach (1,3). X0 ist der Lichtkegel, X + die zeitartigen Vektoren, X die raumartigen Vektoren. Wechsel von einer Wahl von (V + ,V ) zu einer anderen bedeutet einen Boost.

Spezialfall

Gegeben ist eine symmetrische, nicht-singuläre Matrix. Dann ist die Signatur gegeben durch:

\mathrm{sign}(A) = \mathrm{sgn}(A_1) + v_g - v_a\;.

Hierbei bezeichnet A1 den ersten Hauptminor von A. Die beiden anderen Größen ergeben sich bei Berechnung der Determinanten der weiteren Minoren, wobei nur das Vorzeichen wichtig ist. vg ist die Anzahl an gleichbleibenden Vorzeichen von det(Ak) nach det(Ak + 1) und va die Anzahl an Vorzeichenwechsel von det(Ak) nach det(Ak + 1).

Signatur einer Mannigfaltigkeit

In der globalen Analysis einem Teilbereich der Differentialgeometrie betrachtet man die Signatur einer Mannigfaltigkeit. Um die Signatur eines solchen „gekrümmten Raums“ zu definieren, wird eine spezielle Bilinearform gewählt und festgelegt, dass ihre Signatur die Signatur der Mannigfaltigkeit ist. Der Signatursatz von Hirzebruch ist eine zentrale Aussage in diesem Kontext. Er setzt die Signatur, die eine Invariante der Bilinearform ist, mit einer Invarianten der Mannigfaltigkeit in Verbindung.

Sei M eine kompakte, orientierbare glatte Mannigfaltigkeit, deren Dimension n durch 4 teilbar ist. Außerdem wird mit H * (M) die De-Rham-Kohomologie von M bezeichnet. Betrachte die Bilinearform s \colon H^\frac{n}{2}(M) \times H^\frac{n}{2}(M) \to \R, die durch

(\alpha, \beta) \mapsto \int_M \alpha \wedge \beta

definiert ist. Diese ist symmetrisch und aufgrund der Poincaré-Dualität nichtausgeartet, das heißt r0(s) = 0. Dann ist die Signatur \operatorname{sign}(M) der Mannigfaltigkeit M definiert als die Signatur \operatorname{sign}(s) der Bilinearform s, das heißt

\operatorname{sign}(M) := \operatorname{sign}(s) = r_+(s) - r_-(s).

Quellen

  • Gerd Fischer: Lineare Algebra. Vieweg-Verlag, Wiesbaden 2003, ISBN 3-528-03217-0.
  • Nicole Berlin, Ezra Getzler, Michèle Vergne: Heat Kernels and Dirac Operators. Springer-Verlag, Berlin u.a. 2004, ISBN 3-540-20062-2, S. 128-129. (Signatur einer Mannigfaltigkeit)

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