Bahnstrompreissystem

Bahnstrompreissystem

Das Bahnstrompreissystem (BPS) ist das Entgeltsystem von DB Energie für Bahnstrom.

Inhaltsverzeichnis

Entgeltsystematik

Die nach dem Preissystem gelieferte Bahnenergie wie in Euro-Cent je bezogener Kilowattstunde abgerechnet. Dabei wird zeitlich nach drei Tarifstufen unterschieden:[1]

  • Der von 5:30 bis 9:00 Uhr sowie von 16:00 bis 19:00 Uhr geltende Hochtarif sieht ein Entgelt von 13,20 Cent je kWh vor.[1]
  • Der von 9:00 bis 16:00 sowie von 19:00 bis 22:00 Uhr geltende Mitteltarif wird mit 11,45 Cent je kWh angesetzt.[1]
  • Der von 22:00 bis 5:30 Uhr geltende Niedertarif wird mit 10,00 Cent je kWh berechnet.[1]

In diesen Preisen (jeweils ohne Umsatz- und Stromsteuer) sind Netzzugang, Energielieferung sowie weitere Dienstleistungen enthalten. Darüber hinaus wird, nach § 37 (1) EEG ein Zuschlag von 0,7 Cent bzw. 0,08 Cent je kWh (mit genehmigten Härtefallantrag nach §§ 40 ff.) erhoben.[1]

zurückgespeiste Energie wird mit 4,80 Cent (Niedertarif), 5,50 Cent (Mitteltarif) bzw. 6,00 Cent (Hochtarif) je Kilowattstunde vergütet (zuzüglich Umsatz- und Stromsteuer).[1]

Zum 1. Januar 2012 steigen die Preise auf 10,70, 12,15 bzw. 13,75 Cent je Kilowattstunde an. Der EEG-Zuschlag steigt auf 1,0 bzw. 0,11 Cent je Kilowattstunde. Die Vergütung für zurückgespeiste Energie wird auf 5,85, 6,70 bzw. 7,10 Cent je Kilowattstunde angehoben.[2]

Rabatte

Als prozentualer Abschlag sind drei miteinander kombinierbare Rabatte vorgesehen[1]:

  • Kunden, die sich verpflichten, für mindestens zwei und maximal zehn Jahre wenigstens 50 Prozent ihrer geplanten Energiemenge fest abzunehmen, erhalten einen Rabatt zwischen zwei und zehn Prozent. Dabei entspricht der Rabatt in Prozent der Laufzeit in Jahren.[1]
  • Bei der Abnahme bestimmter Energiemengen wird ein zusätzlicher Rabatt angesetzt: Bei einer Abnahmemenge von wenigstens 50 Gigawattstunden (GWh) pro Jahr wird ein einprozentiger Nachlass gewährt, ab 100 GWh/Jahr zwei, ab 200 GWh drei sowie ab 500 GWh vier Prozent.[1]
  • Bei der Abnahme von wenigstens 2.000 Gigawattstunden (GWh) pro Jahr erhalten Kunden darüber hinaus einen fünfprozentigen Auslastungsrabatt.[1]

Geschichte

Ab 1997 rechnete die Deutsche Bahn Energiebezug separat (unabhängig vom Trassenpreis) ab. Der Verbrauch wurde zunächst anhand von Lastprofilen (Zugtyp, Last, Strecke) ermittelt.[3] Noch um 2001 trat dabei allein DB Netz gegenüber Eisenbahnverkehrsunternehmen auf, um Trassen-, Anlagen- und Bahnstromnutzung zu regeln. Die Abnahme von elektrischer Energie wurde dabei in individuellen Verträgen mit den Verkehrsunternehmen geregelt, teilsweise auch direkt durch DB Energie.[4] Erst mit dem Einbau von Energiezählern in den Triebfahrzeugen wurde eine tatsächlich verbrauchsabhängige Berechnung überhaupt erst ermöglicht.[3]

Anfang 2003 führte DB Energie das Bahnstrompreissystem 2003 (BPS 03) ein. Diese Neuregelung der Bahnenergieversorgung sei nach Unternehmensangaben den veränderten gesetzlichen Rahmenbedingungen des Energie- und Kartellrechts geschuldet gewesen. Dabei wurden einstufige Mischpreise in Eurocent je Kilowattstunde erhoben, differenziert nach drei Zeitzonen (Hoch-, Mittel- und Niedertarif). ins Netz zurückgespeiste Energie wurde dabei vergütet. Darüber hinaus waren Rabatte für Großabnehmer und langlaufende Verträge vorgesehen. Diese seien nach Unternehmensangaben durch Kostenvorteile bei Beschaffung und Bereitstellung gerechtfertigt gewesen.[5]

Zum 1. Januar 2004 führte DB Energie mit dem BPS 2004 ein überarbeitetes Bahnstrompreissystem ein. Vollversorgungskunden erhielten die Möglichkeit, Festpreise für ein Jahr zu vereinbaren, der Preisunterschied zwischen Hoch- und Niedertarif wurde verringert, die Preise verändert und die Vergütung für zurückgespeiste Energie erhöht. Die Erhöhung des Niedertarif-Preises von 4,20 ct/kWh auf 6,40 ct/kWh und der gleichzeitigen Senkung des Hochtarif-Preises von 11,70 auf 10,50 ct/kWh sei für DB Energie nach eigenen Angaben ergebnisneutral gewesen.[5] Für einen optionalen Aufpreis von 0,80 ct je kWh wurden diese Preise für das Kalenderjahr fixiert. Zurückgespeiste Bahnenergie wurde mit 3,30 ct (Niedertarif), 3,80 ct (Mitteltarif) bzw. 4,20 ct (Hochtarif) vergütet.[6]

Ebenfalls zum 1. Januar 2004 wurde das Durchleitungspreissystem (DPS) eingeführt. 50-Hz-Strom, der an einem definierten Punkt in das Netz von DB Energie eingespeist wurde, wurde von dem Unternehmen in Bahnenergie umgewandelt und konnte an einem beliebigen Punkt im Netz abgerufen werden. Die Durchleitungsgebühr betrug dabei 5,45 Cent je Kilowattstunde. Nach eigenen Angaben habe das Unternehmen damit als erstes Bahnenergieunternehmen in Europa eine solche Durchleitung angeboten.[5] Im ersten Halbjahr 2005 bezog mit Rail4Chem im Rahmen eines einmonatigen Pilotversuchs erstmals Bahnstrom eines anderen Anbieters über das Netz von DB Energie.[7]

Kritik

Kritiker bemängelten, das BPS 03 habe durch seine Rabatte Privatbahnen benachteiligt.[3] In den Genuss von Großkundenrabatten, hätten beispielsweise nur konzerneigene Unternehmen kommen können.[8] Mehrere Privatbahnen erhoben gegen das BPS 03 Beschwerde beim Bundeskartellamt. Sie führten dabei unter anderem eine Benachteiligung durch das enthaltene Rabattsystem an, von dem (auch in den Jahren 2004 und 2005) nur konzerneigene Eisenbahnverkehrsunternehmen profitiert hätten.[9] DB Energie betonte, das Preissystem sei in Kooperation mit den Kunden entstanden. Auch Netzwerk Privatbahnen sei daran beteiligt gewesen.[3]

Laut eines Berichts in einem Technikmagazin der Deutschen Bahn hätten konzerneigene Unternehmen Traktionsstrom für 5 Cent je Kilowattstunde erhalten, private Eisenbahnverkehrsunternehmen dagegen 7 Cent je Kilowattstunde entrichten müssen. Kritiker bemängelten ferner, dass der Verbrauch der Konzernunternehmen der Deutschen Bahn geschätzt werde, während bei Privatbahnen Stromzähler (TEMA-Boxen) den präzisen Verbrauch ermitteln würden.[9] (Die TEMA-Kompaktbox erfassen den Energieverbrauch eines Triebfahrzeugs und übermitteln diesen per Funk an die das Abrechnungssystem der DB Energie in Frankfurt am Main. Dabei wird der 15-minütig gemittelte Energieverbrauch zur Abrechnung herangezogen. (Stand: 2003))[3]

Eine Privatbahn kürzte ab 2003 Rechnungen der DB Energie um einen so genannten Diskriminierungsabschlag und erhob vor dem Landgericht Frankfurt am Main Klage gegen die DB Energie auf Feststellung, dass sie nur diesen Betrag dem Unternehmen schulde. Der Diskriminierungsabschlag überstieg dabei den Gewinn des klagenden Eisenbahnverkehrsunternehmen (jeweils bezogen auf ein Jahr).[9] Die DB Energie legte dagegen Widerklage ein und verlangte eine Zahlung der 2003 und, teilweise, 2004 einbehaltenen Beträge. Versuche der Privatbahn, von anderen Anbietern Energie zu beziehen, schlugen ebenso fehl wie Versuche der DB Energie, den Netzzugang zu verweigern.[9] Zwischenzeitlich kürzten auch andere private Eisenbahnverkehrsunternehmen ihre Bahnstromrechnungen.[8]

Mit Urteil vom 15. Dezember 2004 wies das Landgericht Frankfurt am Main die Widerklage der DB Energie vollständig ab. Das Gericht erklärte unter anderem die in BPS 03 und 04 enthaltenen Vergütungsregelungen wegen Verstoßes gegen das kartellrechtliche Diskriminierungsverbot für ungültig. Während Railion, die Schienengüterverkehrstochter der Deutschen Bahn, einen Marktanteil von 94 Prozent halte und als einzige die umfänglich habe nutzen können (14 % Rabatt), hätten lediglich vier Konkurrenzunternehmen die erste Rabattstufe in Anspruch nehmen können (1 Prozent Rabatt, ab 50 GWh).[9]

Umstritten war auch, ob die Bundesnetzagentur auf Antrag von Privatbahnen im Jahr 2003 ein kartellrechtliches Verfahren gegen DB Energie eingeleitet hatte. Während Beobachter dies anhand eines vergebenen Aktenzeichens erfüllt sahen, betonte DB Energie, das Aktenzeichen habe nur der Erfassung des Schriftwechsels gedient.[10][6]

Am 6. Juli 2005 wies dasselbe eine Klage der Deutschen Bahn AG gegen eine Privatbahn ab, die einen Diskriminierungsabschlag für das Jahr 2002 einbehalten hatte. Daraufhin reichte ein anderes Unternehmen eine Rückzahlungsklage beim gleichen Gericht ein.[11]

DB-Konkurrenten kritisieren unter anderem, dass sie keine Verträge mit anderen Energieanbietern abschließen dürften und auch die zurückgespeiste Bremsenergie nicht angemessen vergütet werde. Eine Einkaufsgemeinschaft von 26 Konkurrenten habe nicht geschafft, die Rabatte zu erhalten, die die DB ihren eigenen Tochtergesellschaften eingeräumt habe.[12] Diese als Raileco bezeichnete Einkaufsgemeinschaft erwarte im Jahr 2011 eine gemeinsame Abnahmemenge von rund 1.000 GWh könne nur die Hälfte der Abnahmemenge organisieren, die zur Inanspruchnahme des Auslastungsrabatts erforderlich sei.[13]

Am 31. März 2011 wurden Büros der Deutschen Bahn in Berlin, Frankfurt und Mainz durchsucht. Der Durchsuchung lag der Verdacht zu Grunde, die DB habe ihren eigenen Konzerntöchtern niedrigere Energiepreise berechnet, als den Konkurrenten. Die EU-Kommission vermutet den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung.[12]

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i j DB Netz (Hrsg.): Bahnstrompreisregelung ab 01.01.2011. Vierseitiges Dokument. Anlage 4 zum Rahmenstromliefervertrag. (PDF-Datei, 0,5 MB).
  2. DB Netz (Hrsg.): Bahnstrompreisregelung ab 01.01.2012 (Stand: 14.10.2011).
  3. a b c d e Die DB Energie GmbH und die Öffnung des Bahnstromnetzes für Konkurrenten. In: Eisenbahn-Revue International. Heft 10/2003, ISSN 1421-2811, S. 462.
  4. Holger Fröhlich, Hans-Jürgen Kühlwetter: Liberalisierung des Strommarktes auch im Bereich der Energieversorgung von Elektrolokomotiven auf dem Netz der DB AG?. In: Eisenbahn-Revue International. Heft 3/2001, ISSN 1421-2811, S. 133–135.
  5. a b c Joachim Essig, Anne Zajusch: Durchleitungspreissystem der DB Energie. In: Elektrische Bahnen, Heft 1/2, 2004, S. 65–67.
  6. a b DB Energie öffnet 16,7-Hz-Bahnstrom-Versorgungsnetz. In: Eisenbahn-Revue International. Heft 1/2004, ISSN 1421-2811, S. 10 f.
  7. Meldung Rail4Chem bezieht erstmals Fremdstrom. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 7/2005, ISSN 1421-2811, S. 306.
  8. a b Roman J. Brauner: Berufungsurteil im Trassenpreisstreit – oder „Vom ewigen Unterliegen“. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 6/2003, ISSN 1421-2811, S. 278 f.
  9. a b c d e Roman J. Brauner: Bahnstrompreissysteme rechtswidrig. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 3/2005, ISSN 1421-2811, S. 144 f.
  10. Hans-Jürgen Kühlwetter: Neues aus „Lummerland“. In: Eisenbahn-Revue International. Heft 10/2003, ISSN 1421-2811, S. 463.
  11. Meldung DB-Strompreise rechtswidrig. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 10/2005, S. 451.
  12. a b Thomas Ludwig, Eberhard Krummheuer: EU knöpft sich die Bahn vor. In: Handelsblatt. Nr. 65, 1./2. April 2011, ISSN 0017-7296, S. 24 f.
  13. Mofair e. V., Netzwerk Privatbahnen (Hrsg.): Wettbewerber-Report Eisenbahn 2010/2011 (PDF-Datei, 19,3 MB), 1. Auflage 2011, ISBN 978-3-00-034680-4, S. 99–104.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • BPS — ist eine Abkürzung für: Banca Popolare di Sondrio (Suisse), eine 1871 gegründete Schweizer Bank Bahnstrompreissystem, das Abrechnungssystem für Bahnenergie der Deutschen Bahn AG Baptistische Pfadfinderschaft Battle Programmer Shirase, eine Anime… …   Deutsch Wikipedia

  • DB Energie — GmbH Rechtsform GmbH …   Deutsch Wikipedia

  • Trassenpreissystem — Das Trassenpreissystem (TPS) der Deutschen Bahn AG ist ein System zur Bepreisung von Fahrplantrassen im Schienennetz von DB Netz. Jedwede Zugfahrt eines Eisenbahnverkehrsunternehmens auf dem rund 34.000 km langen Streckennetz wird nach dem… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”