Café Josty

Café Josty

Das Café Josty war eine Berliner Konditorei, deren bekannteste Filiale das Künstlercafé am Potsdamer Platz war. Eine Dependance befand sich in der Kaiserallee 201 (heutige Bundesallee) Ecke Trautenaustraße in Berlin-Wilmersdorf, eine weitere in der Joachimstaler Straße 44[1] in Charlottenburg am Bahnhof Zoo. Anfang 2001 eröffnete im Sony Center, unweit des früheren Standorts der Hauptfiliale, ein neues Café Josty.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

19. Jahrhundert

Paul Hoeniger: Im Café Josty, 1890

Die Gebrüder Josty wanderten Ende des 18. Jahrhunderts aus Sils in der Schweiz nach Berlin aus, wo sie 1796 die Zuckerbäckerei Johann Josty & Co. gründeten. Aus diesem Unternehmen heraus entwickelte sich das Café Josty, das ab mindestens 1812 bestand, zuerst An der Stechbahn 1 (am ehemaligen Berliner Stadtschloss) und schließlich ab 1880 am Potsdamer Platz.

Schon an den früheren Adressen verkehrten im Café Josty Künstler wie Heinrich Heine, Joseph von Eichendorff und die Brüder Grimm, im Kaiserreich dann auch Theodor Fontane und Adolph Menzel. Um 1900 verkaufte die Familie Josty das Café an die Witwe des Gründers des Café Bauer. Das Josty wurde daraufhin modernisiert, behielt aber seinen angestammten Namen.

20. Jahrhundert

Im 20. Jahrhundert wurde das Café mit seiner Aussicht auf den verkehrsreichen Potsdamer Platz wieder zu einem wichtigen Treffpunkt für Künstler, besonders des Expressionismus und der Neuen Sachlichkeit. Sie zog vor allem die Dynamik des Platzes und seine Modernität an. Paul Boldt verewigte den Blick aus dem Café in einem 1912 veröffentlichten[2] Sonett Auf der Terrasse des Café Josty:

Der Potsdamer Platz in ewigem Gebrüll
Vergletschert alle hallenden Lawinen
Der Straßentrakte: Trams auf Eisenschienen,
Automobile und den Menschenmüll.

Die Menschen rinnen über den Asphalt,
Ameisenemsig, wie Eidechsen flink.
Stirne und Hände, von Gedanken blink,
Schwimmen wie Sonnenlicht durch dunklen Wald.

Nachtregen hüllt den Platz in eine Höhle,
Wo Fledermäuse, weiß, mit Flügeln schlagen
Und lila Quallen liegen – bunte Öle;

Die mehren sich, zerschnitten von den Wagen. –
Aufspritzt Berlin, des Tages glitzernd Nest,
Vom Rauch der Nacht wie Eiter einer Pest.

In einem der bekanntesten Romane der Weimarer Republik, dem Kinderbuch Emil und die Detektive von Erich Kästner, spielt nicht nur eine wichtige Szene im Café Josty, Kästner verfasste das Buch auch dort, allerdings in der Filiale in Berlin-Wilmersdorf:

Kurz danach, 1930, stellte das Café Josty seinen Betrieb ein. Das Gebäude, in dem sich das Künstlercafé am Potsdamer Platz befand, wurde wie fast alle Bauten an diesem Standort im Zweiten Weltkrieg zerstört.

In Wim Wenders Film Der Himmel über Berlin sucht in einer Szene ein alter Mann den Ort, an dem das Café Josty einst stand, kann ihn jedoch nicht wiederfinden – so komplett ist die Zerstörung.

Das neue Café Josty

Das neue Café Josty entstand im Sony Center, etwa 200 Meter vom früheren Standort der Hauptfiliale entfernt. Außer dem Namen hat es mit seinem Vorgänger nichts gemein. Hier verkehren hauptsächlich Touristen und während der Berlinale auch Schauspieler und Sternchen.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Baedeker, Berlin and its Environs, 1912, S. 11.
  2. Erstveröffentlichung: Die Aktion Bd. 2, Jg. 1912, Nr. 46
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