- Emil und die Detektive
-
Emil und die Detektive ist ein 1929 erschienener Roman für Kinder von Erich Kästner.
Inhaltsverzeichnis
Handlung
Der zwölfjährige Emil Tischbein reist aus der heimatlichen Kleinstadt erstmals nach Berlin, um Verwandte zu besuchen. Seine Mutter hat ihm 140 Mark zur finanziellen Unterstützung der in Berlin lebenden Großmutter mitgegeben. Dieses Geld wird ihm im Eisenbahnabteil von einem Mitreisenden, der sich Grundeis nennt, gestohlen. Da Emil selbst daheim etwas ausgefressen hat, wagt er nicht, sich an die Polizei zu wenden und verfolgt den Dieb vom Bahnhof Berlin Zoologischer Garten an auf eigene Faust. Er wird von dem gleichaltrigen Berliner Jungen Gustav mit der Hupe angesprochen: „Du bist wohl nicht aus Wilmersdorf?“ Gustav trommelt einige Freunde zusammen, die eine Kriegskasse anlegen und einen Nachrichtendienst organisieren („Parole Emil!“). Die selbsternannten Detektive beschatten den Dieb quer durch Berlin und sammeln Indizien. Dabei kommt es zu gruppeninternen Konflikten, weil manche Jungen die ihnen übertragene Aufgabe nicht erfüllen wollen. Da Emil per Boten seine Verwandten informiert, gesellt sich auch seine Cousine Pony Hütchen zu den Detektiven.
Als der von der Verfolgung nervös gemachte Dieb in einer Bank die gestohlenen Geldscheine umtauschen will, wird er von den Detektiven und einer großen Menge Kinder gestellt und der Polizei übergeben. Bei der Untersuchung kommen zunächst die falschen Namen des Diebes auf den Tisch (Grundeis - Müller - Kießling). Sodann werden die bei ihm gefundenen Geldscheine dadurch identifiziert, dass sie feine Löcher aufweisen, weil Emil das Geld in seiner Jackentasche mit einer Nadel festgesteckt hatte. Weitere Ermittlungen ergeben, dass Grundeis ein gesuchter Bankräuber ist.
Rezeption
In dem Buch werden Humor, Abenteuer und Milieuschilderung von Kästner bunt gemischt. Der neuartige Ton der Geschichte regte die Kinderliteratur an. Zuvor waren Bücher für Kinder fast durchgehend märchenhaft, moralisierend oder beides zugleich.
Entstehungsgeschichte
Erich Kästner wurde von Edith Jacobsohn, der Witwe Siegfried Jacobsohns und Verlegerin der Weltbühne, angeregt, für den Berliner Kinderbuchverlag Williams & Co. ein Buch zu schreiben. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Kästner Gedichte veröffentlicht (Herz auf Taille, 1928) und als Redakteur bei Tageszeitungen gearbeitet, Kritiken und Feuilletons verfasst. Innerhalb weniger Wochen entstand die Geschichte von Emil, dem Jungen, der erfolgreich einen Dieb durch Berlin verfolgt.
Kästner, der selbst mit erstem Vornamen Emil hieß, ließ sich bei den Figuren Emils und seiner Mutter von seiner Biographie inspirieren und taucht auch selbst in der Handlung auf – in seinem realen Beruf als Zeitungsjournalist. Für die Geschichte griff Kästner auf ein Erlebnis aus seiner Kindheit in Dresden zurück: Dort verfolgte und stellte er eine Betrügerin, die seine Mutter, eine Friseurin, geschädigt hatte. Bei einem Bankeinbruch, der in dem Buch erwähnt wird, handelt es sich wahrscheinlich um den Diskonto-Einbruch der Brüder Sass.
Die Illustrationen stammen von Walter Trier. Das Buch erschien im Herbst 1929 und wurde ein großer Erfolg. Es wurde als einziges Werk Kästners zuerst nicht indiziert[1] oder bei der Bücherverbrennung 1933 in Deutschland verbrannt. Erich Kästner war als einziger der verfemten Schriftsteller bei der Verbrennung seiner eigenen Werke persönlich anwesend. Er wurde sogar erkannt, aber ansonsten nicht behelligt. 1936 wurde allerdings auch Emil und die Detektive von den Nationalsozialisten verboten.[2]
Eine Fortsetzung verfasste Kästner 1934 unter dem Titel Emil und die drei Zwillinge. Die Erstausgabe erschien 1935 im Atrium Verlag Basel/Wien/Mährisch Ostrau, dem Nachfolgeverlag von Williams & Co.
Adaptionen
Verfilmungen
- 1931 Emil und die Detektive (1931), Deutschland, Regie: Gerhard Lamprecht
- 1935 Emil and the Detectives, Großbritannien, Regie: Milton Rosmer
- 1950 Toscanito y los detectives, Argentinien, Regie: Antonio Momplet
- 1954 Emil und die Detektive (1954), Deutschland, Regie: Robert Adolf Stemmle
- 1956 Emil to tantei tachi, Japan, Regie: Mitsuo Wakasugi
- 1958 Pega Ladrão, Brasilien, Regie: Alberto Pieralisi
- 1964 Emil and the Detectives, USA, Regie: Peter Tewksbury
- 2001 Emil und die Detektive (2001), Deutschland, Regie: Franziska Buch
Bühnenfassungen
Kästner richtete den Roman 1930 für Theateraufführungen ein. Das Stück ist nach wie vor häufig zu sehen, namentlich im Kinder- und Jugendtheater. Beispiele hierfür sind die Freilichttheateraufführungen in Hamm-Heessen (2005), Reutlingen (2003) oder Sigmaringendorf (2001).
Vertonungen
Das Musical Emil und die Detektive, dessen Musik von Marc Schubring und dessen Libretto von Wolfgang Adenberg stammt, wurde am 12. November 2001 im Berliner Theater am Potsdamer Platz uraufgeführt. Am 6. Oktober 2006 hatte es in der Geburtsstadt des Dichters, an der Staatsoperette Dresden, Premiere. Die Hauptrollen wurden von Dresdner Kindern gespielt.
Spiele
Mehrmals wurde das Buch auch Gegenstand eines Gesellschaftsspiels für Kinder:
- Bereits 1931 erschien beim Verlag Jos. Scholz, Mainz, "Emil und die Detektive. Ein spannendes Spiel für Jung und Alt"[3]
- 1969 brachte der Otto Maier Verlag unter seinem damaligen Verlagsleiter Erwin Glonnegger das Spiel unter dem gleichen Titel wie der Roman als Suchspiel in Memoryart, bei dem es gilt sowohl Diebe, als auch Geldscheine zu sammeln, heraus.[4]
- 2003 veröffentlichte der Verlag Schmidt Spiel und Freizeit ein von Autor Helmut Walch erdachtes Kinderspiel, das ähnlich dem bekannten Scotland Yard (Spiel) abläuft und zusätzlich deduktive Elemente aufweist. Es erschien ebenfalls unter dem Titel Emil und die Detektive.[5]
Literatur
- Erich Kästner: Emil und die Detektive: Ein Roman für Kinder; Hamburg: Cecilie Dressler Verlag, 2000; ISBN 3-7915-3012-7
- Frank Flechtmann, Der Williams & Co. Verlag - "Mein schöner Verlag, Williams & Co." - Erinnerung an Edith Jacobsohn, Berlin-Wilmersdorf 1997 (mit der vollständigen Bibliografie 1925-1955; zu EMIL siehe die Nummern 19 und 79).
- Stephanie Haack: Emil un die Detektive. Die Illustrationen in ausländischen Ausgaben. In: Imprimatur. Ein Jahrbuch für Bücherfreunde. Neue Folge XXI, 2009, S. 47 - 78 ( mit ausgezeichneten Abbildungen und weiter führenden Anmerkungen)
Weblinks
- Zentral- und Landesbibliothek Berlin: Emil und die Detektive. Die Seite bereitet die „Stadtrundfahrt“ des Romans mit historischem Text- und Bildmaterial auf.
- Zeitgeschichte im Kinderbuch: Der Williams-Verlag
- Vom Buch zum Film
Einzelnachweise
- ↑ Dienstblatt III des Magistrats von Berlin, Nr. 176 (Neuordnung der Stadt-, Volks-. und sonstigen städtischen Büchereien, darin: Schwarze Liste, unter K: "Kaestner, Erich: alles a u ß e r : Emil"
- ↑ Vgl. Karsten Brandt: Die Dissoziation eines Schriftstellers in den Jahren 1934–1936: Ödön von Horváth und H.W. Becker
- ↑ Abbildung in „Spiel mit!“ Papierspiele aus dem Verlag Jos. Scholz Mainz, Mainz 2006, S.3)
- ↑ Spieledatenbank Luding: Emil und die Detektive
- ↑ Spieledatenbank Luding: Emil und die Detektive
Werke von Erich KästnerRomane und Erzählungen:
Emil und die Detektive | Pünktchen und Anton | Fabian. Die Geschichte eines Moralisten | Der 35. Mai oder Konrad reitet in die Südsee | Das fliegende Klassenzimmer | Drei Männer im Schnee | Emil und die drei Zwillinge | Die verschwundene Miniatur | Der Zauberlehrling | Der kleine Grenzverkehr | Das doppelte Lottchen | Die Konferenz der Tiere | Der kleine Mann | Der kleine Mann und die kleine MissLyriksammlungen:
Herz auf Taille | Lärm im Spiegel | Ein Mann gibt Auskunft | Das letzte Kapitel | Arthur mit dem langen Arm | Das verhexte Telefon | Gesang zwischen den Stühlen | Doktor Erich Kästners Lyrische Hausapotheke | Die 13 MonateEinzelne Gedichte:
Weihnachtslied, chemisch gereinigt | Sachliche Romanze | Die Ballade vom Nachahmungstrieb | Das Eisenbahngleichnis | Der Handstand auf der LoreleyHörspiel und Theater:
Leben in dieser Zeit | Die Schule der DiktatorenTextsammlungen:
Das Schwein beim Friseur | … was nicht in euren Lesebüchern stehtAutobiographisches:
Als ich ein kleiner Junge war | Notabene 45
Wikimedia Foundation.
Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:
Emil und die Detektive — Emil und die Detektive, Roman für Kinder von Erich Kästner (1928); Film: 1931 (Regie: G. Lamprecht) … Universal-Lexikon
Emil und die Detektive (1931) — Filmdaten Originaltitel Emil und die Detektive Produktionsland Deutschland … Deutsch Wikipedia
Emil und die Detektive (2001) — Filmdaten Originaltitel Emil und die Detektive Produktionsland Deutschland … Deutsch Wikipedia
Emil und die Detektive (1954) — Filmdaten Originaltitel Emil und die Detektive Produktionsland Deutschland … Deutsch Wikipedia
Emil und die drei Zwillinge — ist ein Kinderroman von Erich Kästner, der 1934 das erste Mal veröffentlicht wurde. Der Roman ist eine Fortsetzung von Emil und die Detektive. Die Geschichte spielt etwa zwei Jahre nach den Abenteuern, die Emil Tischbein und seine Freunde in… … Deutsch Wikipedia
Emil und die Detektive — Voir Émile et les détectives … Dictionnaire mondial des Films
Emil and the Detectives — (German: Emil und die Detektive ) is a 1929 novel for children set in Germany by the German writer Erich Kästner.Plot summaryThe story begins in Neustadt, a provincial German town which is the home of a grade school child named Emil Tischbein.… … Wikipedia
Emil — ist ein männlicher deutscher Vorname. Inhaltsverzeichnis 1 Herkunft 2 Andere Sprachen 3 Umgangssprache 4 Weibliche Form … Deutsch Wikipedia
Die Konferenz der Tiere (Roman) — Die Konferenz der Tiere ist ein Kinderbuch des deutschen Schriftstellers Erich Kästner, das 1949 erschienen ist. Inhaltsverzeichnis 1 Handlung 2 Botschaften 3 Hintergrund und Publikationsgeschichte 4 … Deutsch Wikipedia
Die 13 Monate — ist ein Gedichtzyklus von Erich Kästner, der 1955 erschien. Er ist Kästners letzter Gedichtband. Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 2 Veröffentlichungsgeschichte 3 Vertonungen und Verfilmungen … Deutsch Wikipedia