Wim Wenders

Wim Wenders
Wim Wenders auf der Berlinale 2011

Wim Wenders, eigentlich Wilhelm Ernst Wenders[1] (* 14. August 1945 in Düsseldorf, Nordrhein-Westfalen) ist ein deutscher Regisseur, Fotograf und Professor für Film an der Hochschule für bildende Künste Hamburg. Gemeinsam mit anderen Autorenfilmern des Neuen Deutschen Films gründete er 1971 den Filmverlag der Autoren.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Wim Wenders wurde als Sohn des Chirurgen Heinrich Wenders in einem katholischen und konservativen Elternhaus geboren. Den niederländischen Vornamen Wim erhielt er wegen der holländischen Herkunft seiner Mutter. Der Name wurde jedoch von den Behörden als ‚undeutsch‘ abgelehnt.[2] Vier Jahre später kam sein Bruder Klaus zur Welt, und der Vater wurde Chefarzt am St.-Josefs-Hospital (heute St.-Clemens-Hospital) in Oberhausen-Sterkrade.[3]

Vorübergehend wollte er Priester werden, was er jedoch unter dem Einfluss des Rock ’n’ Rolls wieder verwarf. Populäre Musik wurde später ein wichtiges Gestaltungsmittel seiner Filme. In seinen Filmen Lisbon Story, Buena Vista Social Club, Viel passiert – Der BAP Film nimmt Musik die Hauptrolle ein. Nach dem Abitur 1963 studierte er zunächst zwei Semester Medizin in München, dann ein Semester Philosophie in Freiburg und schließlich ein Semester Soziologie in Düsseldorf. Dann brach er seine Studien ab, um sich auf die Aquarellmalerei zu konzentrieren, mit der er sich bis dahin nur nebenbei befasst hatte. 1966 wechselte Wenders erneut Ort und Berufswunsch: Er zog nach Paris und bewarb sich am Institut des hautes études cinématographiques (IDHEC).

Da er dort abgelehnt wurde, arbeitete er als Radierer im Atelier des deutschen Künstlers Johnny Friedlaender in Montparnasse. Nebenbei ging er in die Cinémathèque française, wo er sich bis zu fünf Filme am Tag ansehen konnte. Nach einem Jahr hatte er über 1000 Filme gesehen. Wenders ließ der Kontemplation Taten folgen und machte in Düsseldorf ein dreimonatiges Praktikum bei United Artists. Die gleichgültige Behandlung der Filme dort schockierte ihn. Seine Frustration verarbeitete er mit dem Essay Verachten, was verkauft wird.

1967 wurde er an der gerade gegründeten Hochschule für Fernsehen und Film in München aufgenommen. Im Jahr darauf heiratete er die Schauspielerin Edda Köchl. Neben seinem Studium schrieb er Filmkritiken für die Zeitschriften FilmKritik, Twen, Der Spiegel und die Süddeutsche Zeitung. 1970 drehte er den zweieinhalbstündigen Abschlussfilm Summer in the city auf 16 mm und in Schwarz-Weiß. Kameramann war Robby Müller. Unüblich an dem Film war neben seiner Länge auch die Synchronisation der Stimmen in indirekter Rede, was wegen der Unachtsamkeit des Tonaufnehmers notwendig geworden war. Wegen der unautorisierten Übernahme von Musiktiteln kann der Film nicht verliehen werden, er wird nur auf Filmfestivals gezeigt.

1971 gründete er mit anderen Autorenfilmern des Neuen Deutschen Films den Filmverlag der Autoren.

Nach den Romanadaptionen Die Angst des Tormanns beim Elfmeter von Peter Handke und Der scharlachrote Buchstabe von Nathaniel Hawthorne gelang ihm mit Alice in den Städten 1973 der künstlerische Durchbruch. Im Lauf der Zeit erhielt den internationalen Kritikerpreis der FIPRESCI-Jury in Cannes. Mit Der amerikanische Freund, nach einer Vorlage von Patricia Highsmith, wurde er auch in den USA bekannt. 1976 machte er sich mit einer eigenen Produktionsfirma unabhängig, der Road Movies Filmproduktion in Berlin, mit der er später auch Filme anderer Regisseure produzierte.

Wim Wenders, 2002
Filmfestival Cannes

Auf Einladung von Francis Ford Coppola kam Wenders 1977 in die USA, um für dessen Produktionsfirma Zoetrope einen Film über den Krimiautor Dashiell Hammett zu drehen. Aufgrund von Streitigkeiten über das Drehbuch und die Besetzung verzögerte sich die Fertigstellung des Films. Erst 1982 kam Hammett ins Kino. In der Zwischenzeit drehte Wenders Nick’s Film – Lightning Over Water (1980), einen halbdokumentarischen Film über die letzten Monate des krebskranken Regisseurs Nicholas Ray. Der Film Der Stand der Dinge (1982) handelt von den Schwierigkeiten des Filmemachens, darin verarbeitete er viele jener selbst durchlebten Konflikte, denen er bei den Dreharbeiten zu Hammett ausgesetzt war.

Im selben Jahr inszenierte Wenders für die Salzburger Festspiele in der Felsenreitschule Über die Dörfer von Peter Handke.

Nach einer Vorlage von Sam Shepard erschien 1984 der Film Paris, Texas, der im selben Jahr in Cannes die Goldene Palme erhielt. Erst nach einem langwierigen Streit mit dem Filmverlag der Autoren über die Verleihrechte, der auch vor Gericht ausgetragen wurde, kam der Film 1985 schließlich in die deutschen Kinos. Zuvor konnte der Film vom deutschen Publikum nur auf dem Festival Internationale Hofer Filmtage gesehen werden. Neben Der Himmel über Berlin (1987) war Paris, Texas einer der kommerziell erfolgreichsten Filme von Wenders.

1989 begann Wenders mit den Dreharbeiten zu seinem ambitionierten Science-Fiction-Projekt Bis ans Ende der Welt. Bereits seit 1977 in Planung, wurde der Film nach anderthalbjährigen Dreharbeiten 1991 fertiggestellt. Die ursprüngliche 280-Minuten-Fassung wurde für den Kinostart in Deutschland auf 180 und in den USA auf 158 Minuten gekürzt und erhielt mittelmäßige Kritiken.

Auch mit seinen nachfolgenden Filmen In weiter Ferne, so nah! (1993), Lisbon Story (1994), Am Ende der Gewalt (1997) und The Million Dollar Hotel (2000) konnte er nur teilweise an seine früheren Erfolge anknüpfen. Größere Beachtung fanden hingegen seine Musiker-Dokumentationen, zum Beispiel Willie Nelson at the Teatro (1998), Buena Vista Social Club (1999) und Viel passiert – Der BAP-Film (2002).

Wim Wenders gilt als Freund der Düsseldorfer Band Die Toten Hosen. 2000 drehte er das Musikvideo zu Warum werde ich nicht satt? aus dem Album Unsterblich. 2004 beteiligte sich die Band am Soundtrack zu Land of Plenty mit dem Lied Stand up!.

Wenders unterstützt die Aktion Deine Stimme gegen Armut und kündigte im Juni 2007 als Redner bei dem G8-Konzert die Toten Hosen an.[4]

Wenders im Jahr 2008

2008 war Wenders mit dem Spielfilm Palermo Shooting zum neunten Mal im Wettbewerb der Filmfestspiele von Cannes vertreten, erhielt jedoch keinen Preis. In dem Drama spielen Campino, Dennis Hopper und Giovanna Mezzogiorno die Hauptrollen.

Seit 2003 lehrt Wim Wenders an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg.[5] 2006 wurde Wim Wenders als erster Filmschaffender überhaupt Träger des Ordens Pour le Mérite. 2004 erhielt er den Master of Cinema Award des Internationalen Filmfestivals Mannheim-Heidelberg. Wim Wenders zeigte seine ersten Werke bei den Internationalen Hofer Filmtagen und hält der Veranstaltung seitdem die Treue.

1989 war Wenders Vorsitzender der Jury der Internationalen Filmfestspiele von Cannes. Im August 2008 hatte er den Juryvorsitz bei den 65. Internationalen Filmfestspielen von Venedig.

Wenders ist mit der Fotografin Donata Wenders verheiratet. Zuvor war er Ehen mit den Schauspielerinnen Edda Köchl und Ronee Blakley eingegangen. Zu seinen frühesten Freunden zählt Wenders den Schriftsteller Peter Handke.

Sein Tanz-Film Pina, eine Hommage an die Choreografin Pina Bausch und ihr Tanztheater Wuppertal, ist zugleich sein erster 3D-Film. Der Film hatte im Februar 2011 Premiere auf der 61. Berlinale und lief dort im Wettbewerbsprogramm außer Konkurrenz. Im selben Jahr gab es für Pina den Deutschen Filmpreis in der Kategorie Bester Dokumentarfilm, während Wenders als bester Regisseur nominiert war.[6]

Filme und Filmpreise

Ehrungen

Stern von Wim Wenders auf dem Boulevard der Stars in Berlin

Schriften

  • Töteberg, Michael (Hrsg.): Die Logik der Bilder. Essays und Gespräche, Verlag der Autoren 1988, 152 S., ISBN 3-88661-094-2.
  • Bilder von der Oberfläche der Erde, Schirmer Mosel 2001, 136 S., 24 Panoramen, 32 farb. Tafeln, Gebunden, ISBN 3-8296-0029-1.
  • Written in the West. Photographien aus dem amerikanischen Westen, Schirmer Mosel 1987, 100 S., 62 farb. Tafeln ISBN 3-88814-800-6.
  • Tokyo Ga. Ein Reisetagebuch, Verlag der Autoren 1985; Galrev Verlag 1986, 63 S., 9 farb. und 1 s/w Fototafeln ISBN 3-925230-02-5
  • Mit Peter Handke: Der Himmel über Berlin. Ein Filmbuch, Frankfurt a. M., Suhrkamp, 10. Auflage, 2005, 172 S., ISBN 3-518-02406-X
  • Places, strange and quiet, Hatje Cantz Verlag, Ostfildern 2011 ISBN 978-3-7757-3148-5

Literatur

  • Fleig, Horst: Wim Wenders. Hermetische Filmsprache und Fortschreiben antiker Mythologie, transcript 2005, 310 S., zahlr. Abb., ISBN 3-89942-385-2.
  • Buchka, Peter: Augen kann man nicht kaufen. Wim Wenders und seine Filme, Hanser 1983, 140 S., 185 Abb., ISBN 3-446-13104-3.
  • Kolker, Robert Phillip & Peter Beicken: The Films of Wim Wenders. Cinema as Vision and Desire. Cambridge University Press 1993, 198 S., ISBN 0-521-38976-3.
  • Kroll, Thomas: Der Himmel über Berlin – Säkulare Mystagogie? Wim Wenders’ Spielfilm als Herausforderung für die Praktische Theologie. LIT, Münster 2008, 712 S., ISBN 3-82587-322-6.
  • Malaguti, Simone: Wim Wenders’ Filme und ihre intermediale Beziehung zur Literatur Peter Handkes. Peter Lang, Frankfurt a. Main 2008, ISBN 978-3-631-58064-6.
  • Reinhold Zwick: Der Blick der Engel. Wim Wenders’ spirituell anregendes Kino, in: Herder Korrespondenz 60 (2005) 38-43.

Weblinks

 Commons: Wim Wenders – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Bio- und Filmographien

Interviews

Videodokument

  • Pressekonferenz anlässlich der Deutschlandpremiere von Jenseits der Wolken. Mit: Michelangelo Antonioni, Wim Wenders, Irène Jacob, Chiara Caselli, Ines Sastre. Köln, 29. Oktober 1995.

Einzelnachweise

  1. Aussage am 30. November 2008 bei Hörbar Rust
  2. Biography Wim Wenders, wim-wenders.com
  3. „Happy Birthday, Wim Wenders! Eine Retrospektive zum 60. Geburtstag“, filmszene.de
  4. Deine Stimme gegen Armut: Rückblick G8-Konzert in Rostock 2007
  5. Volker Behrens: „Fatih Akin wird Professor“, Hamburger Abendblatt, 11. Oktober 2005
  6. vgl. Deutscher Filmpreis für „Vincent will Meer“ bei rbb-online.de, 8. April 2011 (aufgerufen am 8. April 2011).

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