Cajamarca-Quechua

Cajamarca-Quechua
Cajamarca-Quechua (Kashamarka Runashimi / Kichwa / Linwa)

Gesprochen in

Peru
Sprecher 30.000  
Linguistische
Klassifikation
Offizieller Status
Amtssprache von Peru (regional)
Sprachcodes
ISO 639-1:

qu

ISO 639-2:

que

ISO 639-3:

qvc, que (Makrosprache)

Cajamarca-Quechua (Quechua: Kashamarka Runashimi, auch Kichwa oder Linwa, Spanisch: Quechua Cajamarquino) ist eine Varietät des Quechua, die in einer Sprachinsel im peruanischen Departement Cajamarca gesprochen wird.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das Quechua in Cajamarca, das nie in der gesamten Region gesprochen wurde, geht wahrscheinlich auf Umsiedlergruppen (mitmaq) in der Inka-Zeit zurück. Im Falle des Ortes Porcón sollen dies Kañari aus dem heutigen Ecuador sein, während Chetilla auf Umsiedler aus Chachapoyas zurückgehen soll.[1]

Während die benachbarte, nicht verwandte Culli-Sprache in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ausstarb, hat beim Cajamarca-Quechua ein starker Rückgang der Sprache in der zweiten Jahrhunderthälfte eingesetzt.

Das erste Wörterbuch zu Cajamarca-Quechua wurde 1976 von Felix Quesada im Auftrag der peruanischen Regierung herausgegeben. Das meiste Material zu dieser Quechua-Variante stammt jedoch von David Coombs vom Linguistischen Sommerinstitut (SIL International), der in der Region lebt. Auf die Aktivitäten des SIL geht auch eine 2005 herausgegebene Übersetzung des Neuen Testaments zurück. Am 15. März 1987 gründeten Indigene der Region die Regionale Akademie der Quechua-Sprache in Cajamarca (Academia Regional del Idioma Quechua de Cajamarca, ARIQC, deren derzeitiger Arbeitsschwerpunkt im Quechua-Unterricht liegt.

Sprachliche Merkmale

Das Cajamarca-Quechua hat den alten Quechua-Lautbestand weitgehend bewahrt, einschließlich des retroflexen ch [ĉ]. Anlautendes [h] ist jedoch verstummt, so dass dieser Laut, ausgedrückt mit "j", nur in spanischen Lehnwörtern vorkommt. Als Gemeinsamkeit mit anderen nordperuanischen Quechua-Varianten werden Pluralformen des Verbs durch Anhängen von "llapa" gebildet.

Rechtschreibung

Quesada verwendete 1976 eine Orthographie, die ähnlich wie die anderen damaligen unter Juan Velasco Alvarado herausgegebenen Wörterbücher und Grammatiken für die regionalen Quechua-Varianten und die bis heute von der AMLQ in Cusco propagierte Schreibweise fünf Vokale (a, e, i, o, u) beinhaltete, bei den Konsonanten aber ebenso wie diese weitgehend den heutigen Quechua-Konventionen entsprach. Retroflexes ch wurde aber - wie auch durch Rodolfo Cerrón Palomino in der Wanka-Quechua-Grammatik - mit "tr" wiedergegeben, was bei Lehnwörtern aus dem Spanischen wie trabajay zu Ungenauigkeiten führte. Außerdem wurde nicht phonemisches b, d, g in Quechua-Wörtern - Allophone von p, t, k nach Nasalen - mit b, d, g wiedergegeben. Die Quechua-Akademie Cajamarca benutzt heute - der Quechua-Phonologie und damit modernen Orthographien entsprechend - nur drei Vokale (a, i, u), schreibt wie in der modernen Kichwa-Orthographie np, nt, nk für mb, nd, ng und gibt retroflexes ch mit ch' wieder,[2] nicht zu verwechseln mit dem Plosiv ch' im südlichen Quechua. In Lehnwörtern aus dem Spanischen treten auch Schreibweisen mit b, d, g auf.[3] SIL International wiederum benutzt in seinen Quechua-Schriften fünf Vokale und mb, nd, ng, womit es sich nahezu an Félix Quesadas Schreibweisen von 1976 hält, schreibt aber ch' für retroflexes ch.[4]

Heutige soziolinguistische Situation

Das Cajamarca-Quechua ist derzeit einer schnellen Verdrängung durch das Spanische ausgesetzt und hält sich lediglich noch in den Gemeinden Chetilla und Porcón in der Provinz Cajamarca, wo jedoch die Kinder auch zunehmend nur noch Spanisch sprechen. Auf Grund des geringen Ansehens der indigenen Sprache sind die Angaben zur Anzahl der Sprecher aus Volkszählungen viel niedriger als die wahrscheinliche tatsächliche Anzahl. So schwanken die Zahlen zwischen unter 10.000 und über 30.000 Sprechern.

Die wichtigste Institution, die für die Quechua-Sprache in Cajamarca eintritt, ist die am 15. März 1987 gegründete Regionale Akademie der Quechua-Sprache in Cajamarca (Academia Regional del Idioma Quechua de Cajamarca, ARIQC; derzeitiger Präsident: Herr Dolores Ayay Chilón) mit Sitz in der Stadt Cajamarca, die fast ausschließlich von regionalen Quechuasprachigen getragen wird und neben ihrem Engagement für interkulturelle zweisprachige Erziehung an Schulen (EIB) in eigener Verantwortung Unterricht in Quechua als Zweitsprache anbietet, für Kinder von 6-12 Jahren kostenlos.[5] So strebt sie auch in bereits hispanisierten Orten, darunter z.B. Chamis und Cushunga, eine Revitalisierung des Quechua an. In jüngster Zeit wird das Cajamarca-Quechua deshalb auf Grund dieses Engagements vereinzelt als Fach in Schulen angeboten. Den staatlichen Behörden warf Akademiepräsident Ayay dagegen Anfang 2011 vor, entgegen offiziellen Verlautbarungen über EIB nichts für den Erhalt des Quechua oder der ebenfalls im Departement gesprochenen Aguaruna-Sprache (Awajún) zu tun und der Akademie jegliche Unterstützung zu versagen, ganz im Gegenteil würden vielmehr noch heute Lehrer den Gebrauch des Quechua in Chetilla und Porcón unterdrücken.[6][7] In starkem Gegensatz zur Ignoranz der peruanischen Eliten gegenüber den indigenen Sprachen stehe ein großes Interesse aus dem Ausland am Cajamarca-Quechua.[8] So erlernten 2009/2010 50 Interessenten aus Deutschland, Frankreich, den USA, Finnland, England, Russland, Ecuador, Belgien und den Niederlanden in Kursen der Akademie rasch Kommunikationsfähigkeit in Cajamarca-Quechua.[9]

Doch selbst in überregionalen Quechua-Zusammenhängen schlug der regionalen Quechua-Akademie mangelndes Ansehen des „Regionaldialekts“ entgegen: So gab es Versuche seitens der Academia Mayor de la Lengua Quechua in Cusco, eine Konkurrenzakademie in Form einer „regionalen Filiale“ zu errichten.[10] Die ARIQC arbeitet dagegen mit Kichwa-Organisationen aus Ecuador zusammen, mit denen nach eigener Aussage eine Verständigung bei Verwendung der jeweils eigenen Kichwa-Variante problemlos möglich sein soll.[11]

Während das SIL und allen voran Coombs immer wieder betont, bei der christlichen Missionierung alles für den Erhalt des Cajamarca-Quechua zu tun, ist in Alto Porcón, wo es eine Missionierung durch Adventisten gibt, genau das Gegenteil zu beobachten. Hier werden in der Kirchengemeinde nicht nur traditionelle Kleidung und Musikinstrumente, sondern auch der Gebrauch des Quechua sozial geächtet (Arana Zegarra 2002, S. 33-34)[12].

Ende 2008 erkannte die Regionalregierung von Cajamarca Quechua neben der Aguaruna-Sprache und dem Spanischen als „offizielle Sprache“ an und erklärte, bei der Institutionalisierung in Bildung und Verwaltung in „mündlicher und schriftlicher Form“ mit der regionalen Quechua-Akademie zusammenzuarbeiten.[13]

Literatur

Weblinks

Fußnoten

  1. Dolores Ayay Chilón, Vorsitzender der Academia Regional del Idioma kichwa variedad Cajamarca (ARIQC), in Diálogo RED Educación, Arte e Interculturalidad / Cajamarca. Weblink: www.redeaiperu.org/textos/Di%C3%A1logo%20del%2030%20de%20junio%20del%202004%20cajamarca.doc (toter Link), abgerufen am 21. August 2009.
  2. Beispiel: Schreibweise Quch'apanpa für Cochabamba oder Yach'aywasi („Schule“) auf der Website der Akademie: Yach'achinillapam Kashamarka - Kañaris runashimita gegenüber Qotrapamba und Yatraywasi bei Félix Quesada (1976).
  3. Website der Akademie, ebda.: nubyimri (von noviembre), duminku (von domingo)
  4. Siehe z.B. die Übersetzung des Neuen Testaments.
  5. Servindi, 6. Januar 2011. Perú: Niños de Cajamarca aprenderán el quechua con clases gratuitas
  6. Dolores Ayay: Cada vez son menos las personas que hablan quechua. El Presidente de la Academia Regional de Quechua, pidió ayuda a las autoridades. Panorama Cajamarquino, 19. Januar 2011
  7. Blickpunkt Lateinamerika, 21. Januar 2011. Peru, Cajamarca: Bilinguale Ausbildung nur Papiertiger
  8. Perú: “En Cajamarca la EIB está en cero”, afirma Dolores Ayay. Servindi, 20. Januar 2011
  9. Oscar Guerrero, Aeronoticias, 8. April 2010: Estudiantes extranjeros aprendieron idioma quechua en Cajamarca
  10. Widerspruch des ARIQC-Vorsitzenden Dolores Ayay Chilón gegen die Zulassung einer zweiten Quechua-Akademie in Cajamarca. http://juanestebanyupanqui.blogspot.com/2008_07_01_archive.html
  11. Dolores Ayay Chilón im Dokument El kichwa de Cajamarca - una cultura e idioma vivos.
  12. Arana Zegarra zitiert die mündliche Aussage eines Mitarbeiters einer lokalen Radiostation, der wiederholt vom Adventistenpastor von Porcón Bajo und ehemaligen Bürgermeister von Porcón Alto attackiert wurde, weil er quechuasprachige Radiosendungen machte, und zwar mit der Begründung, dass "alle Leute denken werden, in Porcón seien Quechua-Indios". Anders als in anderen Teilen von Porcón lehnen [die adventistischen] Schüler aus Porcón Alto jeglichen Quechua-Unterricht ab und fordern statt dessen verstärkten Englisch-Unterricht, da für die Arbeit in der [heftig umstrittenen, da stark umweltbelastenden] Mine Yanacocha schließlich Englisch gebraucht werde. Von 726 Personen in Granja Porcón sind 81 % Katholiken, während sämtliche Genossen der "Kooperative Jerusalem", also diejenigen mit der ökonomischen Macht, der evangelikalen Freikirche angehören.
  13. Cajamarca reconoce como lenguas oficiales al awajún, quechua y castellano. El comercio, 15. Dezember 2008. http://www.elcomercio.com.pe/ediciononline/html/2008-12-15/cajamarca-reconoce-como-lenguas-oficiales-al-awajun-quechua-y-castellano.html

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