Boßweiler

Boßweiler
Boßweiler
Ortsgemeinde Quirnheim
Koordinaten: 49° 35′ N, 8° 7′ O49.5753798.120808195Koordinaten: 49° 34′ 31″ N, 8° 7′ 15″ O
Höhe: 195 m ü. NN
Postleitzahl: 67280
Vorwahl: 06359
Das Ortszentrum, die Pfarrkirche St. Oswald, um 1935. Auch heute stellt sich diese Ansicht fast unverändert so dar. Im Hintergrund links an der Kirche ragt der historische Chor der alten Oswaldskirche als Kapelle heraus.

Boßweiler ist ein Ortsteil der im rheinland-pfälzischen Landkreis Bad Dürkheim gelegenen Ortsgemeinde Quirnheim; situiert auf dem Südhang des Gerstenberges, etwa einen Kilometer südwestlich der Kerngemeinde, am Übergang zwischen Nordpfälzer Bergland und der Region Weinstraße.

Inhaltsverzeichnis

Ortsbeschreibung

Boßweiler liegt östlich neben der Verbindungsstraße zwischen Ebertsheim (im Eistal) und Quirnheim (auf der Berghöhe), etwa auf halber Wegstrecke zwischen beiden Gemeinden. Am Ostrand fließt ein Bach vorbei, der einen linken Zufluss des Flüsschens Eis bildet.

Der Ort umfasst neben der kulturell bedeutenden Pfarr- und Wallfahrtskirche St. Oswald, sowie einer Hofanlage aus dem 18. Jahrhundert nur wenige Wohnhäuser.

Neu erbaut wurde in jüngster Zeit ein großes soziotherapeutisches Krankenwohnheim welches den Namen „Boßweilerhof“ trägt.[1]

Geschichte

Römerzeit

Weihnachtsdarstellung vom „Boßweiler Altar“, um 1485; seit 1860 in Speyer

Boßweiler war schon zur römischen Zeit besiedelt. Luftbildaufnahmen und Grabungen belegen dort ein römisches Landgut, eine sogenannte Villa Rustica, aus der Zeit um Christi Geburt, die noch unausgegraben ist und vermutlich zu den größten in ganz Deutschland zählt.[2] Es bestehen derzeit Pläne zur Erforschung und touristischen Erschließung der bedeutenden Anlage. Aus ihr entwickelte sich zweifelsohne der spätere Ort Boßweiler, vermutlich auch das nur geringfügig nördlich liegende Quirnheim.

Mittelalter

Die in die Römerzeit zurückreichende, dörfliche Siedlung Boßweiler ist bereits 767 im Kodex des Klosters Fulda als „Buchsolare“ und 780-854 unter den Besitztümern der Reichsabtei Lorsch als „Buxlare“ erwähnt. „Bußweiler“ wird 1453 als Lehen des Grafen Hesso von Leiningen genannt und gehörte nach dessen Tod ab 1467 zum Amt Grünstadt der Grafschaft Leiningen-Westerburg. Im 30-jährigen Krieg ging der Ort unter, erhalten blieben die uralte Wallfahrtskapelle zum Hl.Oswald und einige wenige Häuser.

Neuzeit

Ab 1672 bildete Boßweiler zusammen mit dem größeren Quirnheim einen eigenständigen Zwergstaat. Der aus Mainz stammende Quirim Merz war seit 1651 bischöflicher Geheimrat in Speyer und avancierte am 28. November 1661 zum Kanzler von Fürstbischof Lothar Friedrich von Metternich (1652–1675). Quirim Merz erhielt beide Ortschaften als Belohnung für seine Mitwirkung an der Konversion des Grafen Ludwig Eberhard von Leiningen-Westerburg (1624–1688) zum katholischen Glauben. 1674 übertrug ein Lehensvertrag das Ländchen förmlich auf ihn, was eine Grundvoraussetzung darstellte um seine angestrebte Erhebung in den Adelsstand zu begründen. Diese erfolgte tatsächlich 1675 durch den Kaiser in Wien, unter dem erblichen Titel eines: „Ritter Merz von Quirnheim, Herr in Quirnheim und Boßweiler“. Die neuen katholischen Edelleute residierten in einem eigenen Schloss zu Quirnheim, dessen alte Pfarrkirche jedoch protestantisch blieb. Im nahen Boßweiler ließen sie die Oswaldskapelle zwischen 1700 u. 1707 in eine ansprechende barocke Pfarr- und Wallfahrtskirche umbauen. Die Barockkirche platzierte man in Nord-Südrichtung, so dass sich der Chor nunmehr im Süden befindet. Die alte, gotische Oswaldskapelle, deren Chor im Osten lag, wurde als Querschiff in den Neubau übernommen, da sie ein historisches, religiöses Zentrum der Region mit einem äußerst ausgefallenen und seltenen Patrozinium war. Es existierte dort eine althergebrachte Wallfahrt zu dem hierzulande selten verehrten Pest- und Viehpatron St. Oswald von England und das Gotteshaus besitzt bis heute eine Schädelreliquie des Königs. Der Chor der uralten Oswaldskirche, ragt aus dem heutigen Gotteshaus als östliches Querschiff kapellenartig heraus.

„Anbetung der Könige“ vom „Boßweiler Altar“, um 1485; seit 1860 in Speyer

In der Franzosenzeit flüchtete die Ritterfamilie Merz aus ihrem Ländchen, ins rechtsrheinische Franken. Boßweiler und Quirnheim kamen 1797 im Frieden von Campo Formio – endgültig bestätigt durch den Vertrag von Lunéville (1801) – zum französischen Département du Mont-Tonnerre mir Regierungssitz in Mainz. Dieser Zustand dauerte bis 1815. Nach dem Sturz Napoleons fiel Boßweiler 1816 an das Königreich Bayern. Es blieb genau 130 Jahre bayerisch, bis zur Neugründung des heutigen Landes Rheinland-Pfalz, 1946.

Infolge der Auflösung des Landkreises Frankenthal fiel Boßweiler 1969, nach über 150-jähriger Kreiszugehörigkeit, an den neuen Landkreis Bad Dürkheim; die Kfz-Kennzeichen wechselten von „FT“ auf „DÜW“.

Boßweiler Altar

Bei einer Visitation der Pfarrei durch Bischof Nikolaus von Weis entdeckte der ihn begleitende Domkapitular Wilhelm Molitor 1860, in der Oswaldskirche, mehrere Einzelgemälde des sogenannten Boßweiler Altares, die dort beschädigt und völlig unbeachtet herumstanden, auf seine Initiative aber restauriert und wieder zusammengefügt wurden.[3] Es handelt sich um einen Flügelaltar aus dem Umfeld Martin Schongauers, der um 1485 entstand und sich heute in Speyer – früher im Dom – nun in St. Ludwig befindet. Er gilt als einer der wertvollsten und bedeutendsten mittelalterlichen Altäre der Pfalz und wird nach seinem Herkunftsort als „Boßweiler Altar“ bezeichnet.[4] Besonders seine anziehenden Weihnachtsdarstellungen finden sich öfter auch überregional in Büchern und Druckwerken.[5]

Grablege der Ritter Merz von Quirnheim

In der Kirche befindet sich außerdem die nicht zugängliche Grablege der Ritter Merz von Quirnheim. Die Decke des Gotteshauses ziert ein prächtiges, farbiges Stuckwappen des Geschlechtes. Eine neuzeitliche Gedenktafel weist auch auf den von der hiesigen Familie abstammenden Oberst Albrecht Mertz von Quirnheim hin, der am 20. Juli 1944 in Berlin als Widerstandskämpfer starb.

Todesanzeige von Hermann Knoll, Spiritual im „Haus Nazareth“ zu Boßweiler, Der Pilger, 1935

Hildegardisschwestern

Zwischen 1923 und 1956 befand sich im „Haus Nazareth“ zu Boßweiler das Mutterhaus des katholischen Schwesternordens der Hildegardis-Schwestern vom Katholischen Apostolat.[6] Hier lebten, wirkten und starben der Ordensgründer Pater Adolf Panzer SAC (1884–1925) und sein Nachfolger Spiritual Hermann Knoll (1897–1935). Sie wurden auf dem nahen Friedhof Quirnheim beigesetzt. Anlässlich der Verlegung des Mutterhauses nach Königsbach an der Weinstraße, ins Kloster „Hildebrandseck“, bettete man am 29. Oktober 1959 beide Priester, als Gründerväter der Kommunität, dorthin um. 1930 befand sich auch die berühmte Stigmatisierte Therese Neumann von Konnersreuth bei den Schwestern in Boßweiler zu Besuch.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Webseite zum Krankenwohnheim „Boßweilerhof“
  2. Webseite zur Villa Rustica in Boßweiler
  3. Webseite zur „Anbetung der Könige“ vom Boßweiler Altar. Am Ende werden die Umstände des Auffindens der Tafelgemälde in der Boßweiler Kirche beschrieben
  4. Webseite zum Boßweiler Altar in Speyer
  5. Webseite zum Weihnachtsbild des Boßweiler Altares

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