Brand von Glarus

Brand von Glarus

Der Brand von Glarus in der Nacht vom 10. auf den 11. Mai 1861 gehörte zu den spektakulärsten Bränden des 19. Jahrhunderts in der Schweiz.

Inhaltsverzeichnis

Der Verlauf und die Folgen des Brandes

Zwei Drittel des Kantonshauptortes wurden zerstört, die Hälfte (47%) der Einwohner obdachlos. Das Feuer brach nach halb zehn Uhr abends in einer Scheune neben dem Haus von Ratsherr Christoph Tschudi auf dem Landsgemeindeplatz aus und breitete sich wegen des Föhns rasend schnell Richtung Norden aus. Der Widerschein der Feuersbrunst war westwärts in Basel und auf den Jurahöhen, ostwärts bis weit über den Bodensee hinaus in Ravensburg und Ulm zu beobachten. Die genaue Zahl der Todesopfer ist unbekannt. Die meisten Bewohner waren noch wach, als das Feuer ausbrach, und konnten sich retten. In der Brandnacht kamen zirka acht bis zehn Personen ums Leben, doch starben einige noch später an den Folgen von Brandvergiftungen. Zu den Todesopfern gehörte auch Kriminalgerichtspräsident und Nationalrat Johannes Trümpi mit seiner Familie. Die Brandkatastrophe wurde zum Medienereignis. Die grossen Zeitungen selbst im Ausland berichteten darüber.

Erste "Glückskette"

Der Brand von Glarus löste eine enorme Solidaritätswelle aus. Es war die erste "Glückskette" im 1848 gegründeten Bundesstaat. Tausende und Abertausende von Privaten und Vereinen spendeten ebenso wie Gemeinden und Kantone für die Brandgeschädigten in Glarus. Tonnenweise wurden Hilfsgüter wie Lebensmittel, Decken und Kleider mit der zwei Jahre vorher in Betrieb genommenen Eisenbahn an den Unglücksort geliefert. Die Geldspenden erreichten die damalige Rekordsumme von 2.7 Millionen Franken. Damit konnte ein Teil des Gesamtschadens von zehn Millionen Franken gedeckt werden.

Wiederaufbau

Glarus wurde in nur drei Jahren wieder aufgebaut. Die Pläne für den Wiederaufbau stammten von Architekt Bernhard Simon (1816 - 1900) und dem Zürcher Staatsbauinspektor Johann Kaspar Wolff (1818 - 1891). Typisch für das neue Glarus ist die schachbrettartige Architektur mit breiten, langgezogenen Strassen und stattlichen Amtshäusern. Vorbilder waren etwa das 1794 abgebrannte La Chaux-de-Fonds oder so berühmte Städte wie New York oder St. Petersburg. Auf dem Gebiet der Feuerpolizei leistete Glarus nach der Brandkatastrophe Pionierarbeit. Das Verbot der mit Holzschindeln beschlagenen Häuser wurde strikt durchgesetzt. Diese mussten mit feuersicherem Material ausgerüstet sein. Holzbauten wurden im Ortskern verboten.

Brandursache

Die Ursache des Brandes wurde nie geklärt. Die Rede war von einem im Stall deponierten Bügeleisen, zudem wurde ein betrunkener Mann verdächtigt, der sich Pfeife rauchend in der Nähe des Gebäudes aufgehalten haben soll. Beide Versionen erwiesen sich jedoch als nicht stichhaltig.

Vermutlich Brandstiftung

Neuste Forschungen weisen auf mögliche Brandstiftung hin. In seinem Buch "Stadt in Flammen", veröffentlicht im April 2011, präsentierte Autor Walter Hauser neue Justizakten, auf die er im Bundesarchiv in Bern gestossen war. Gemäss diesen Akten gestand der 1867 in Rom verhaftete Schweizer Söldner Heinrich August Engler, er habe den Brand sechs Jahre vorher zusammen mit seinem Kumpanen Göldi gelegt. Engler und Göldi waren in Diensten der päpstlichen Armee in Rom und wurden wegen Desertion verhaftet und später auch verurteilt. Der stellvertretende schweizerische Konsul in Rom, Caspar Heer (1842 - 1915), überprüfte das Geständnis und stufte es als wahrheitsgetreu ein. Der Verdacht habe sich bestätigt, schrieb der aus Glarus stammende Konsul Heer im August 1867 an den Bundesrat. Dieser beantragte bei den vatikanischen Behörden die Auslieferung der beiden Söldner. Das Gesuch wurde jedoch abgelehnt.

Auch ein 2011 wiederentdeckter Artikel[1] der "Glarner Zeitung" vom 25. Dezember 1867 weist auf Brandstiftung hin. Die Zeitung nannte mehrere Zeugen, die in der Brandnacht vom 10. auf den 11. Mai 1861 zwei verdächtige Gestalten auf der Flucht talabwärts gesehen haben wollen. Sie entgingen nur knapp ihrer Ergreifung. Auch am Landsgemeindeplatz, wo das Feuer ausgebrochen war, hatten Zeugen verdächtige Beobachtungen gemacht. Der Verfasser des Artikels vom Dezember 1867 sah sich "im Glauben bestärkt, es sei Glarus von ruchloser Hand angezündet worden." Zugleich drückte er sein Bedauern aus, dass der Glarner Regierungsrat nicht die Auslieferung von Engler und Göldi beantragt habe. Dadurch sei ein strenges und umfassendes Verhör der Verdächtigen unmöglich gemacht worden.

Gedenkanlässe

  • 2011 begeht Glarus das 150-jährige Andenken an den Brand von Glarus mit einer Reihe von Anlässen.

Quelle

  • Walter Hauser: Stadt in Flammen: Der Brand von Glarus im Jahr 1861. Limmat Verlag, Zürich 2011, ISBN 978-3-85791-630-4.
  • Johann Heinrich Tschudi: Der Brand von Glarus am 10./11. Mai 1861. Berichterstattung des Hülfskomite in Glarus, Glarus 1862.
  • Niklaus Tschudi: Glarus vor, während und nach dem Brande des 10./11. Mai 1861, Glarus 1864.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Südostschweiz 10. Juni 2011.

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