Busunfall von Lauffen

Busunfall von Lauffen
Gedenkstein zur Erinnerung an das Unglück in Lauffen

Bei dem Busunglück von Lauffen am Neckar starben am 20. Juni 1959 insgesamt 45 Menschen. Es war das bis dahin schwerste Busunglück in der Bundesrepublik Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg.

Ein im Auftrag der Deutschen Bundesbahn fahrender Linienbus stieß kurz nach 17:30 Uhr auf dem damaligen Bahnübergang der Frankenbahn beim Posten 47 in Lauffen am Neckar (zwischen Stuttgart und Heilbronn) mit dem Eilzug E 867 Tübingen–Stuttgart–Würzburg zusammen und wurde über 400 Meter weit mitgeschleift. In dem überladenen Bus, der nur für 59 Personen zugelassen war, befanden sich 72 Fahrgäste. 37 Menschen, darunter der Busfahrer,[1] starben sofort oder am folgenden Tag; acht weitere erlagen in den Wochen danach ihren Verletzungen. 25 weitere Personen überlebten schwer verletzt.[2][3]

Der Bus war als Schienenersatzverkehr für die Zabergäubahn von Leonbronn nach Lauffen unterwegs. Diese schmalspurige Strecke wurde ab 1954 fahrplantechnisch „ausgedünnt“. Er fuhr laut dem 20 Tage zuvor in Kraft getretenen Fahrplan täglich etwa zur gleichen Zeit wie der Eilzug über den Bahnübergang, war an jenem Tag jedoch leicht verspätet und erreichte den Bahnübergang erst, als die Schranken für den Eilzug gen Stuttgart bereits geschlossen waren. Nachdem der aus Würzburg kommende Eilzug den Bahnübergang in Gegenrichtung passiert hatte, öffnete der Schrankenwärter am Lauffener Posten 47, obwohl ihm der herannahende Zug nach Würzburg bereits angekündigt worden war, ohne Absprache mit dem Fahrdienstleiter nochmals die Schranken, um den Bus passieren zu lassen.[4] Wie sich später im Prozess herausstellte, handelte er wohl bereits zuvor einige Male in der gleichen Manier, damit der Bahnbus den Anschluss an den Eilzug nach Würzburg im 800 Meter entfernten Bahnhof Lauffen noch erreichen konnte, obwohl ein solcher Anschluss im Fahrplan offiziell gar nicht vorgesehen war. Der E 867, welcher planmäßig mit einer Schnellzuglok der Baureihe 01.10 (Höchstgeschwindigkeit 140 km/h) gefahren wurde, erreichte den Bahnübergang mit etwa 90 km/h. Der Schrankenwärter verließ sich vermutlich auf eine Zeitreserve, die zwischen den beiden Eilzügen lag; der E 867 passierte den Schrankenposten jedoch etwa eine halbe Minute früher als vom Wärter „gewohnt“.[5] Der Lokomotivführer des Eilzuges betätigte noch die Schnellbremse, ohne den Zusammenstoß verhindern zu können.[6]

Der Prozess gegen den Schrankenwärter und einen Pkw-Fahrer, der während des Unfallhergangs bei heruntergehenden Schranken den Bahnübergang durchfahren haben soll, begann am 30. November 1959 vor dem Landgericht Heilbronn.[2] Nachdem dessen erstinstanzliches Urteil 1960 vom Bundesgerichtshof teilweise aufgehoben worden war,[7] wurde der Schrankenwärter schließlich wegen fahrlässiger Tötung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.[8]

Das Unglück erhöhte den öffentlichen Druck auf das Land Baden-Württemberg und die Deutsche Bundesbahn, den Verkehr auf der Zabergäubahn attraktiver zu gestalten, und war daher mit ausschlaggebend dafür, dass die Zabergäubahn von 1964 bis 1965 von Schmal- auf Regelspur umgespurt wurde.[9]

Horst Siebeckes Schallplatte des Jahres 1959 erinnerte an das Unglück als eines der wesentlichen Ereignisse des Jahres. Später wurde ein Gedenkstein an der Unglücksstelle errichtet. Zum 50. Jahrestag fand eine große Gedenkfeier statt.[10]

Einzelnachweise

  1. Trauer und Bestürzung über das Lauffener Omnibusunglück. Heilbronner Stimme vom 22. Juni 1959, S. 1 (PDF) (abgerufen am 1. Februar 2011).
  2. a b Lauffener Omnibuskatastrophe vor Gericht. Gmünder Tagespost vom 1. Dezember 1959, S. 3.
  3. Thomas Dorn: Das Grauen am Bahnübergang: Gedenkfeier für die beim Busunglück getöteten Menschen. In: Heilbronner Stimme. 22. Juni 2009 (bei stimme.de, abgerufen am 4. September 2010).
  4. Staatsanwalt bestätigt: Schranken nicht ordnungsgemäß geschlossen. Heilbronner Stimme vom 22. Juni 1959, S. 2 (PDF)
  5. Lauffen-Unglück: Was rechtzeitig ist, Der Spiegel vom 16. Dezember 1959, S. 28–31.
  6. Sekunden des Schreckens – gestern rekonstruiert. Heilbronner Stimme vom 22. Juni 1959, S. 3 (PDF)
  7. Bundesgerichtshof: Schrankenwärter Merkle muß erneut vor Gericht. Heilbronner Stimme vom 8. Oktober 1960, S. 8 (PDF)
  8. Thomas Dorn: Das Grauen am Bahnübergang: Gedenkfeier für die beim Busunglück getöteten Menschen. In: Heilbronner Stimme. 22. Juni 2009 (bei stimme.de, abgerufen am 4. September 2010).
  9. Hans-Wolfgang Scharf: Die Eisenbahn im Kraichgau. Eisenbahngeschichte zwischen Rhein und Neckar. EK-Verlag, Freiburg (Breisgau) 2006, ISBN 3-8825-5769-9, S. 153–155.
  10. Thomas Dorn: Das Grauen am Bahnübergang: Gedenkfeier für die beim Busunglück getöteten Menschen. In: Heilbronner Stimme. 22. Juni 2009 (bei stimme.de, abgerufen am 4. September 2010).
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