Chemische Wasserstoffspeicher

Chemische Wasserstoffspeicher

Chemische Wasserstoffspeicher werden als neue Medien zur Speicherung und zum Transport von Wasserstoff erforscht. Dabei dienen diese Stoffe nur als Transportmedium und werden nicht verbraucht, sondern im Kreislauf geführt. Beispiele für derartige Stoffe sind flüssige Wasserstoffträgermaterialien („Liquid Organic Hydrogen Carriers“, LOHC), [1] oder feste Materialien wie Calciumoxid. [2]

Das Prinzip der chemischen Wasserstoffspeicher ist, an einem „energiereichen“ Ort erzeugte Energie zu nutzen, um die energiearme Form des Trägerstoffs in einer chemischen Reaktion mit Energie, z.B. elektrolytisch hergestelltem Wasserstoff, zu beladen. Durch die Anreicherung mit Wasserstoff speichert das Medium dessen chemische Energie. Dieses mit Wasserstoff angereicherte Material kann verlustfrei über große Zeiträume gelagert, mit hoher Energiedichte transportiert und verteilt werden. Am Ort und zur Zeit des Energiebedarfs wird die energiereiche Form unter Freisetzung von Wasserstoff wieder energetisch entladen und zum Ort der Energieerzeugung zurückgebracht. Dort steht sie zur erneuten Energieaufnahme bereit.

Hierdurch lassen sich Leistungsschwankungen bei der Energieerzeugung auffangen. Somit kann die ursprünglich als elektrischer Strom vorliegende Energie gespeichert, transportiert und in Verbindung mit Brennstoffzellen wieder in Strom rückverwandelt werden.

Inhaltsverzeichnis

Forschung

Carbazol

Im Jahre 2011 steht im Kern der aktuellen Forschung von Wolfgang Arlt und Peter Wasserscheid von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) das N-Ethylcarbazol.[3] Dieses wird in einem exothermen Prozess unter Druck und mit erhöhter Temperatur in das mit Wasserstoff „beladene“ Perhydro-Carbazol hydriert. Das könnte an einer Windkraftanlage oder einer Photovoltaikanlage geschehen. Dieses nun mit Energie angereicherte Material kann verlustfrei über große Zeiträume gelagert, mit hoher Energiedichte transportiert und unter Nutzung der heutigen Infrastruktur (Pipeline, Tankschiff, Tanklager, Tankstelle) verteilt werden. An der Verbrauchsstelle, z. B. in einem Brennstoffzellenfahrzeug wird unter Zufuhr von Wärme bei zwischen 100 und 200°C der Wasserstoff wieder frei. Bei beiden Prozessen werden neuartige Katalysatoren eingesetzt.[4][5][1].

Perhydro-Carbazol hat einen Heizwert von 1,9 kWh/kg. Für die Erzeugung aus N-Ethylcarbazol müssen dem Prozess 2,8 kWh/kg zugeführt werden. Die Differenz (0,9 kWh/kg) fällt als Abwärme an und könnte an Ort und Stelle genutzt werden, um den Wirkungsgrad zu erhöhen. Der Heizwert vom Perhydro-Carbazol liegt damit etwa bei einem Fünftel von Benzin. Da Brennstoffzellen aber erheblich effizienter arbeiten als Verbrennungsmotoren, lassen sich mit Carbazol Reichweiten konventioneller Pkw mit verdoppeltem Tankvolumen realisieren. [6] Bei der Speicherung elektrischer Energie mit Hilfe von N-Ethylcarbazol kann ein deutlich höherer energetischer Wirkungsgrad erreicht werden als bei vergleichbaren Ansätzen wie dem Sabatier-Prozess.[7]

Perhydro-Carbazol ist wesentlich sicherer als der hochentzündliche Wasserstoff.

Methylzyklohexan

Bereits in den 1980-er Jahren gab es weitreichende Versuche mit Toluol, das durch Hydrierung zu Methylzyklohexan umgewandelt wird. Die Grundidee dieser Variante kam 1975 aus den USA, und wurde 1979 am Paul-Scherrer-Institut in der Schweiz zusammen mit der ETH Zürich weiterentwickelt. Der gesamte Kreislauf wird als Methylzyclohexan-Toluol-H2-System (MTH) bezeichnet.

Als bekannt wurde, dass Toluol krebserregend ist, wurde die weitere Forschung eingestellt.

Einzelnachweise

  1. a b Daniel Teichmann, Wolfgang Arlt, Peter Wasserscheid, Raymond Freymann: A future energy supply based on Liquid Organic Hydrogen Carriers (LOHC). In: Energy & Environmental Science. Nr. 4, 2011, S. 2767-2773, doi:10.1039/C1EE01454D.
  2. B. Müller, Wolfgang Arlt, Peter Wasserscheid: A new concept for the global distribution of solar energy: energy carrying compounds. In: Energy & Environmental Science. doi:10.1039/C1EE01595H (Advance Article; eingereicht 2. Mai 2011, angenommen 9. August 2011, http://pubs.rsc.org/en/Content/ArticleLanding/2011/EE/c1ee01595h, abgerufen am 6. September 2011).
  3. Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg: Flüssige Wasserstoffträger auf dem Prüfstand. Pressemitteilung. 8. Juli 2011, abgerufen am 3. September 2011..
  4. vdi nachrichten.com: Strom lässt sich speichern - Forschung mit Wasserstoff läuft auf Hochtouren. 12. August 2011, abgerufen am 3. September 2011..
  5. Jin Geng: Simulation und Optimierung von Energiewandlungsprozessen. Arbeitsgruppe Energie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.
  6. Bernd Otterbach: Wundermittel Carbazol: Der weite Weg in die Serie Automobilindustrie online, 7. Juli 2011.
  7. B. Müller, K. Müller, D. Teichmann, W. Arlt, "Energiespeicherung mittels Methan und energietragenden Stoffen – ein thermodynamischer Vergleich", Chemie Ingeieur Technik, 2011, 83, No. 11, 1–13

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