Controlled flight into terrain

Controlled flight into terrain

Controlled flight into terrain, abgekürzt CFIT, (englisch, Gesteuerter Flug ins Gelände oder auch Kontrollierter Flug ins Gelände) ist der Fachausdruck für einen Flugunfall infolge Bodenberührung eines zum Zeitpunkt dieser Berührung voll flugtauglichen und steuerbaren Luftfahrzeugs.

Inhaltsverzeichnis

Begriffsabgrenzung

CFIT liegt vor, wenn ein funktionierendes Flugzeug in den Boden, eine Wasserfläche oder gegen ein Hindernis geflogen wird.

Ein Flugzeugabsturz ist strenggenommen der Aufprall eines nicht mehr steuerbaren Flugzeugs auf die Erdoberfläche.

Fällt während eines Fluges die Elektrik im Cockpit aus, was zur Folge hat, dass nur noch unter Zuhilfenahme von Standby-Instrumenten gesteuert werden kann, wird im Falle eines Absturzes auf die Klassifizierung 'Controlled Flight Into Terrain' verzichtet, da es als zweifelhaft gilt, wie kontrolliert ein solcher Flug sein kann.

Abstürze in Folge von technischen Defekten werden im Allgemeinen als Uncontrolled Flight Into Terrain (UFIT) bezeichnet.

Die Unterscheidung zwischen einem Controlled Flight Into Terrain und einem Uncontrolled Flight Into Terrain wird jedoch in Einzelfällen von den zuständigen Flugunfalluntersuchungsbehörden häufig nicht eindeutig abgegrenzt.

Gründe

Hauptgründe für einen kontrollierten Flug in den Boden sind mangelndes Situationsbewusstsein (Situational Awareness) der Piloten bezüglich der vertikalen und/oder horizontalen Position: der Pilot meint höher zu fliegen, als er tatsächlich fliegt bzw. er wähnt sich an einer anderen Flugposition (also weiter vom Hindernis entfernt) als der tatsächlichen.

Ein kontrollierter Flug in den Boden ist definitionsgemäß immer die Folge menschlichen Versagens, auch wenn die Technik beschränkt oder beeinträchtigt sein sollte. Die internationalen Vorschriften und Standards in der Führung von Luftfahrzeugen sollen sowohl von technischer als auch von menschlicher Seite dem Grunde nach einen unkontrollierten Flugzustand verhindern, solange kein unkontrollierbarer technischer Defekt oder unkontrollierbare äußere Umstände vorliegen.

Eine Häufung von CFIT-Unfällen führte in den 1970er-Jahren zur Entwicklung und Einführung des Bodenannäherungswarnsystems (GPWS).

Beispiele für einen CFIT

Fehlinterpretation der Flughöhe

Während eines Landeanfluges missverstehen die Piloten die Höhenvorgaben der Flugsicherung, fliegen in Folge mit nicht ausreichender Höhe und erkennen diesen Umstand aufgrund eingeschränkter Sicht und Ablenkung durch andere Aufgaben im Cockpit entweder gar nicht oder erst in dem Moment, in dem ein Bodenkontakt nicht mehr zu vermeiden ist.

In diesem Fall liegt kein technischer Defekt vor. Die zulässige Flughöhe wurde falsch interpretiert und zusätzlich deren Verifikation über die mitgeführten Karten entweder unterlassen oder zusätzlich falsch gelesen.

Fehlbedienung des Autopiloten

Aufgrund fehlerhafter Bedienung des Autopiloten steuert das Flugzeug selbstständig in den Boden oder gegen einen Berg, ohne dass die Crew es rechtzeitig bemerkt.

Hier liegt ein klassischer Bedienungsfehler vor: Die Systemzusammenhänge der Avioniksteuerung wurden entweder nicht verstanden oder fahrlässig falsch bedient, was zur Folge hatte, dass der Autopilot den eingestellten Anweisungen nach zwar systematisch korrekt handelte, jedoch nicht im Sinne dessen, was die Piloten eigentlich erreichen wollten.

Orientierungsverlust in schlechter Sicht

Vor allem Piloten von Kleinflugzeugen, die nach Sicht fliegen, unterschätzen immer wieder die Gefahren von Wetterverschlechterung. Sichtverlust führt schnell zu Orientierungsverlust, Herumirren in niedrigen Wolken führt vor allem in bergigem Gelände (aufliegende Bewölkung) früher oder später zum CFIT.

Beispiele, welche keinen CFIT darstellen

Rauchentwicklung im Cockpit

Aufgrund von Rauchentwicklung im Cockpit sind die Piloten durch die Einschränkung der Sicht nicht mehr in der Lage, die dennoch korrekt arbeitenden Instrumente abzulesen. In Folge stürzt das Flugzeug ab.

In diesem Fall sind zwar alle Instrumente und Systeme des Flugzeuges intakt, jedoch war es den Piloten objektiv unmöglich, diese korrekt zu lesen.

Mehrfacher Hydraulikausfall

Aufgrund eines mehrfachen Hydraulikausfalles sind die Piloten nicht mehr in der Lage, Pitch und Trimmung über die Steuerorgane direkt zu beeinflussen.

In diesem Fall sind die Steuerungssysteme nicht mehr intakt - die Piloten verlieren zwangsläufig die Herrschaft über das Flugzeug. Ein Uncontrolled Flight Into Terrain ist die Folge.

Häufigkeit

Unfälle durch CFIT waren früher nicht selten. Zwischen 1946 und 1955 gab es im Durchschnitt 3,5 mal pro Jahr einen Zwischenfall, bei denen ein voll flugtaugliches und steuerbares großes Passagierflugzeug in den Boden geflogen wurde. [1] Bis Ende der 1970er Jahre wurde das Risiko trotz der starken Zunahme des Luftverkehrs auf etwa 2 Zwischenfälle pro Jahr gesenkt.

Tatsächliche Unfälle durch CFIT

  • Am 28. November 1979 kollidierte der Air-New-Zealand-Flug 901 infolge von Navigationsproblemen und widrigen antarktischen Sichtverhältnissen ("Whiteout") mit dem Mount Erebus in der Antarktis, wobei alle 257 Passagiere und Besatzungsmitglieder ums Leben kamen.
  • Der Unfall einer Boeing 737 der Condor Flugdienst am 2. Januar 1988 in Izmir, die durch Navigationsfehler nach dem Empfang einer Nebenkeule des Instrumentenlandesystems mit einem Berg kollidierte.
  • Im Dezember 1995 fanden 150 Menschen den Tod, als eine Boeing 757 in der Nähe von Cali, Kolumbien, mit einem Berggipfel der Anden kollidierte.
  • Der Unfall der US-Airforce-Boeing 737 am 3. April 1996 beim Landeanflug auf Dubrovnik, bei dem unter anderem der US-Wirtschaftsstaatssekretär und Clinton-Vertraute Ron Brown ums Leben kam.
  • Am 6. August 1997 flog eine Boeing 747-300 der Korean Airlines beim Landeanflug auf den Flughafen Won Pat der Pazifikinsel Guam kontrolliert in Gelände, 227 Menschen starben.
  • Die beiden Unfälle der Crossair: zum einen derjenige des Fluges 498 einer Saab 340 bei Nassenwil am 10. Januar 2000 infolge Missverständnissen und Fehleingaben der Flugzeugsteuerung im Cockpit, die in einer Steilspirale in den Boden flog, zum anderen der einer Avro RJ100 des Fluges 3597 beim Anflug auf den Runway 28 des Flughafens Zürich am 24. November 2001, die bei schlechter Sicht mit einer Baumgruppe kollidierte und anschließend explodierte.
  • Bei einem Durchstartmanöver am 23. August 2000 auf dem Flughafen Bahrain wurde ein Airbus A320 der Gulf Air durch die räumlich desorientierte Crew in die flache See gesteuert (CFIT). Dabei kamen alle 143 Insassen ums Leben.[2]

Hinweise zur Etymologie

Die Diskrepanz der möglichen Übersetzungen rührt daher, dass „terrain“ aus dem Englischen sowohl mit Boden, als auch mit Gelände (Gebiet) übersetzt werden kann.

Die korrekte deutsche Übersetzung des englischen Verbs to control ist steuern. Dennoch wird control und Kontrolle sehr oft gleichgesetzt. Hingegen bedeutet kontrollieren auf englisch to check. Das führt zu der Formulierung eines kontrollierten Fluges in das Gelände.

Einzelnachweise

  1. Nicholas Sabatini, FAA associate administrator for aviation safety: Downward Pressure on the Accident Rate (englisch, Rede vom 12. Mai 2006)
  2. Accident Investigation Report Gulf Air Flight Gf-072. bea.aero. Abgerufen am 18. Mai 2011.

Weblinks


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