Cugerner

Cugerner

Die Cugerner oder auch Cuberner waren ein germanischer Stamm, sie bildeten mit anderen Stämmen die Gruppe der kleineren germanischen Völker der Rhein-Weser-Germanen. Der Stammesname ist eine Neubildung nach der Umsiedlung von Gruppen rechtsrheinischer Germanen durch die Römer unter Tiberius im Jahr 8 v. Chr. in das linksrheinische Gebiet des Niederrheins in den heutigen Kreis Kleve.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Cugerner bewohnten Gebiete links des Rheins und scheinen in der großen Masse aus dem Stamm der Sugambrer hervorgegangen zu sein.[1] Im Jahr 8 vor Chr. siedelte Tiberius (Sueton, Tib. 9,2) 40.000 Germanen in die einst keltisch-germanisch besiedelten Gebieten nördlich der Eifel zwangsweise um. Dieses Gebiet lag zwischen den im Nordwesten ansässigen Batavern und den im Süden siedelnden romanisierten Ubiern. Der Kernraum befand sich in und um den heutigen Kreis Kleve und der Stadt Xanten.[2] Vermutlich gehörten auch Kleinstteile der Sueben und der Brukterer zu den angesiedelten Germanen und durch die Verschmelzung mit dort siedelnder niederrheinischer Vorbevölkerung (Menapier, Sunuker) bildete sich der neue Stammesverband heraus.[3] Die männlichen Glieder der Cugerner leisteten nach dem Inschriftenbefund und antiker historiograhpischer Berichte vornehmlich für Rom Kriegsdienste („cohors I Cugernorum“, CIL 7, 1193 2. Jahrhundert) und das in deutlich größern Umfang im Vergleich zu den Ubiern.[4] Nahe bei Xanten befand sich auf ihrem Gebiet das römische Legionslager Vetera. Als Hauptort des Stammes wird ein Vorgänger der Colonia Ulpia Traiana angenommen.

Im Germanenaufstand des Civilis standen die Cugerner auf dessen Seite. Nach diesem kam bei ihnen eine Rom zugeneigte Haltung auf, was zur Verschmelzung der Cugerner mit römischen Kultur führte und eine „rasche“ Romanisierung nach Generationen zur Gänze erfolgte, so dass der Name im 2. Jahrhundert verschwand.[5]

Name

Der Name „Cugerner“ ist erstmals bei Tacitus (Hist. 5,16,18) als Cugerni belegt, bei Plinius (Hist. nat. 4,106) erscheint die Variante Cuberner als Cuberni. Epigraphen wie CIL 3, 2712 „M(arcus) Elvadius Mac<er=RF>(?) / eq(ues) alae Claudiae Novae / dom(o) Cugernus ann(orum) XXX stip(endiorum) XII / t(itulum) f(ieri) i(ussit) / Ti(berius) Claudius Aurelius / her(es) pos(uit)“, sowie bei CIL 7, 1085, CIL 7, 1193 und CIL 7, 1195 zeigen, dass die Form Cugerner die häufigere ist.[6] Der Zeitpunkt des Auftretens des neuen Stammesnamen fällt mit der Assimilierung der rechtsrheinischen Restpopulationen der Sugambrer in den größeren Nachbarstämmen zusammen.

Die Bedeutung der Ethnonyme auf Basis der rekonstruierten germanischen *ku-gernaz als Kuh-begehrend im Sinn von „Kuhdieb(e)“, oder als mit „Kühen Sodomie treibend“, und *ku-bernaz als „Kuhknecht“ oder „Kuhsohn“ wurde nach Rudolf Much übernommen, und als eine Spottbezeichnung oder Fremdbenennung durch rechtsrheinische germanische Nachbarn (Tenkterer) bezeichnet.[7] Günter Neumann hält diese Deutungen für semantisch weniger plausibel und verweist auf Hermann Hirts Kritik an Much. Neumann sieht in den Namen lediglich wahrscheinlichere lautliche Varianten, und verweist unter anderen auf Deutungen durch Karl Müllenhoff und Leo Weisgerber. Müllenhoff[8]deutet auf der Vergleichsbasis mit gotisch -qiwa für „lebendig“ auf eine gemeinsame Lautform *Cuverni. Weisgerber nimmt einen alten keltischen und germanischen Labiovelar an, der sich darin zeigt das Cugerni die germanische- und Cuberni die keltische Variante sei. Für einzelne Elemente der Namen werden weitere Deutungsansätze für das Präfix Cu(g) der Vergleich zum germanisch starken Maskulinum *hugi, *huguz für „Sinn, Geist, Verstand“[9], das -rn mit anderen germanischen Stammesnamen wie zum Beispiel mit den Batave-rn.[10]

Kultur

Mit den Cugernern wird der Kult der germanischen Göttin Vagdavercustis in Verbindung gebracht. Drei ihr geweihte Votivsteine wurden im Siedlungsraum der Cugerner gefunden.[11]

Literatur

Einzelnachweise

  1. Krüger: S. 408
  2. Krüger: S. 279
  3. Heinrichs: S. 71 ; Krüger: S. 279
  4. Siegfried Gutenbrunner:Die germanische Götternamen der antiken Inschriften. Max Niemeyer, Halle/S. 1936. S. 11f., 152. Heinrichs: S. 79
  5. Heinrichs: S. 78f.
  6. Heinrichs: S. 70f. ; Much: 1893, S. 156 ; Reichert: S. 432f.
  7. Much: 1893, S. 156f., Schwarz: S. 139 „Kuhdiebe“
  8. Hermes: Zeitschrift für klassische Philologie, 12 (1877), S. 273
  9. Vladimir Orel: A Handbook of Germanic Etymology. Brill, Leiden – Boston 2003. ISBN 90-04-12875-1. S. 190
  10. Neumann: S. 104
  11. Siegfried Gutenbrunner: Die germanische Götternamen der antiken Inschriften. Max Niemeyer, Halle/S. 1936. S.102f.

Siehe auch


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