cum hoc ergo propter hoc

cum hoc ergo propter hoc

cum hoc ergo propter hoc (lat. „mit diesem, also deswegen“) bezeichnet einen logischen Fehler, bei dem zwei gemeinsam auftretende (koinzidente) Ereignisse als Ursache und Wirkung (kausal) erklärt werden. Die schließende Person begeht dabei zum einen den Fehler, ohne genauere Prüfung einen Zusammenhang zwischen beiden Ereignissen zu unterstellen, zum anderen bestimmt sie das eine Ereignis willkürlich zur Ursache, und das andere als Wirkung.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Ein immer wieder beobachtetes Zusammentreffen zweier Ereignisse bietet grundsätzlich Anlass für die Vermutung, dass zwischen diesen Ereignissen ein Zusammenhang bestehen könnte. Keineswegs ist dieses Zusammentreffen schon ein Beweis für einen Zusammenhang, und eine Entscheidung, welches der Ereignisse Ursache und welches Wirkung ist, lässt sich aus dem Zusammentreffen allein schon gar nicht ableiten.

Die Situation, dass zwei Ereignisse A und B gemeinsam auftreten, lässt sich stets einer der folgenden vier Kategorien zuordnen:

  1. A verursacht B,
  2. B verursacht A,
  3. eine gemeinsame Ursache X hat sowohl A als auch B zur Folge,
  4. A und B treten – ohne jeden Zusammenhang – zufällig zur gleichen Zeit auf.

Ein kritischer Beobachter muss grundsätzlich davon ausgehen, dass zwei Ereignisse in die vierte Kategorie fallen. Um dies zu prüfen, bedient man sich statistischer Signifikanztests, welche in Zahlen angeben, wie wahrscheinlich das Auftreten des beobachteten (oder eines noch stärkeren) statistischen Zusammenhangs unter rein zufälligen Voraussetzungen wäre.

Ist diese Wahrscheinlichkeit hinreichend gering, wird der Zufall als Erklärungsmöglichkeit ausgeschlossen, und man kann versuchen, durch wohlüberlegte Experimente oder verbesserte Beobachtungen herauszufinden, wie es um die Kausalität bestellt ist.

Beispiele

Ärztedichte und Lebenserwartung

Einer Studie zufolge korreliert eine hohe Ärztedichte negativ mit der Lebenserwartung. Wo es viele Ärzte gibt, sterben die Menschen früher. Dies ist jedoch kein Beweis dafür, dass Ärzte die Lebenserwartung reduzieren, da die Korrelation zum Beispiel auch umgekehrt kausal sein könnte. Das heißt, es könnte auch so sein, dass Ärzte sich vor allem in Gebieten niederlassen, wo es nach ihren Diensten eine besonders hohe Nachfrage gibt wie zum Beispiel in Großstädten, oder dass die Korrelation von einer ganz anderen Ursache abhängt.

Schuhgröße und Intelligenz

Legt man denselben Intelligenztest einer zufälligen Auswahl von Menschen vor, stellt man immer wieder fest, dass die Intelligenz um so höher liegt, je größer die Schuhgröße ist. Daraus ist weder zu schließen, dass Intelligenz in den Füßen steckt, noch dass die Schuhgröße ein direkter Prädiktor der Intelligenz sei. Der Zusammenhang rührt nur daher, dass bei einer zufälligen Auswahl immer auch Kinder den Test für Erwachsene ausfüllen müssen. Da Kinder kleinere Füße als Erwachsene haben und gleichzeitig mit den Aufgaben eines Erwachsenentests eher überfordert sind, treten kleine Füße oft gleichzeitig mit niedrigeren Testresultaten auf.

Schokolade und Akne

  • „Jugendliche essen viel Schokolade.“
  • „Jugendliche haben Akne.“

⇒ „Daher muss Schokolade Akne verursachen.“

Diese Aussage schließt aus dem gemeinsamen Auftreten auf eine Ursache-Wirkung-Beziehung (Kausalität) zweier Ereignisse, obwohl die Korrelation auch auf purem Zufall beruhen könnte. Zudem wird willkürlich ein Ereignis als Ursache, das andere als Wirkung erklärt.

Vielmehr sind hier vier logische Schlüsse vorstellbar:

  • Häufiger Schokoladenkonsum führt tatsächlich zu einer Erkrankung an Akne (z. B. wegen besonderer Inhaltsstoffe von Schokolade, etwa Fette oder Serotoninauslöser).
  • Eine Erkrankung an Akne führt zu einem Heißhunger auf Schokolade.
  • Häufiger Schokoladenkonsum und eine Erkrankung an Akne haben beide etwas Drittes als gemeinsame Ursache (z. B. könnten jugendliche Hormonausschüttungen sowohl zu Appetit auf Schokolade als auch zu Akne führen).
  • Häufiger Schokoladenkonsum und eine Erkrankung an Akne haben nichts miteinander zu tun, die festgestellte Korrelation ist also rein zufällig.

Rein logisch lässt sich allerdings zwischen diesen vier Alternativen keine eindeutige Entscheidung fällen, sondern man muss weitere Untersuchungen vornehmen. Dies ist typisch für diesen logischen Fehlschluss.

Störche, Geburten und die britische Königin

Dass in Europa die Zahl der Störche ebenso wie die Zahl der Geburten bei Menschen seit Jahrzehnten abnimmt, ist Gegenstand eines weiteren bekannten Beispiels. Dies ist jedoch kein Beleg dafür, dass der Storch die Babys bringt. Die gemeinsame Ursache sind die wirtschaftlichen und sozialen Änderungen in Europa. Intensivere landwirtschaftliche Techniken sowie verstärkter Siedlungs- und Straßenbau auf ehemals landwirtschaftlichen Flächen beeinträchtigen den Lebensraum der Störche. Gleichzeitig nimmt mit zunehmendem Wohlstand von Familien weltweit deren Geburtenzahl ab.
Das Beispiel mit den Störchen existiert noch in weiteren Varianten. Z. B. lässt sich in Deutschland ein Zusammenhang finden zwischen der Zahl der Geburten und der Anzahl der Störche bezogen auf eine Region. Dahinter steckt aber vermutlich kein kausaler Zusammenhang, sondern vielmehr eine dritte Variable, nämlich der Grad der Urbanisierung: In ländlichen Gebieten gibt es relativ viele Störche und es werden mehr Kinder geboren, in der Stadt gibt es hingegen relativ wenig Störche und es werden weniger Kinder geboren.

Ein anderes Beispiel, das hin und wieder in Lehrbüchern erwähnt wird, ist, dass die weltweite Bevölkerung offenbar an das Alter der britischen Königin gekoppelt sei: beide Größen steigen jedes Jahr. Dabei tritt wieder eine gemeinsame Ursache auf: die Zeit.

Mierscheid-Gesetz

Gemäß dem nach dem fiktiven Bundestagsabgeordneten Jakob M. Mierscheid benannten, im Jahr 1983 als Satire erdachten Mierscheid-Gesetz entspricht der Stimmenanteil der SPD (in Prozent) im jeweiligen Jahr einer Bundestagswahl dem Index der deutschen Rohstahlproduktion (der alten Bundesländer), gemessen in Millionen Tonnen. Bei vorgezogenen Bundestagswahlen sind die Rohstahlwerte des ursprünglichen und tatsächlichen Wahljahres zu mitteln. Zum Zeitpunkt der Formulierung des "Gesetzes" konnte so lange gesucht werden, bis ein passender Parameter, hier die Rohstahlproduktion, gefunden wurde. Tatsächlich gab das "Gesetz" allerdings auch noch bei der nächsten Wahl erstaunlich exakt das SPD-Wahlergebnis wieder. Eventuelle Zusammenhänge, die sich auf eine dritte Größe zurückführen lassen, z.B. dass bei verbesserter Konjunktur ggf. sowohl die Rohstahlproduktion als auch der SPD-Stimmenanteil steigt, sind möglich, aber nicht zwingend.

Globale Erwärmung

Der Einfluss der sinkenden Anzahl von Piraten auf die globale Erwärmung

Ein inzwischen berühmtes, aktuelles Beispiel für cum hoc ergo propter hoc als ironisch-belehrendes Stilmittel von Kritikern ist die Aussage des Physikers Bobby Henderson, dass als einzige Ursache für die globale Erwärmung, Orkane und alle anderen Naturkatastrophen die sinkende Zahl von Piraten seit Beginn des 19. Jahrhunderts verantwortlich sei. Dies ist einer der zentralen Glaubensinhalte der von Henderson gegründeten Religionsparodie mit der Gottheit des Fliegenden Spaghettimonsters.

Im Gegensatz zur versehentlichen, fehlerhaften Aussage über eine Relation von Ursache und Wirkung wird hier bewusst ein offensichtlich falscher Schluss gezogen. Henderson will damit den Argumenten der US-amerikanischen Kreationisten auf gleichem Niveau begegnen, um auf deren logische Fehler hinzuweisen (in etwa eine reductio ad absurdum).

Beim Gore-Effekt handelt es sich um eine ironische Bezeichnung für unzeitiges Schneewetter oder Kälteeinbrüche in Zusammenhang mit Veranstaltungen und Demonstrationen zu Gefahren der globalen Erwärmung. Dieser hat sich Bob Marciano von CNN zufolge, bei Fachleuten und im Medienumfeld bereits als Running Gag etabliert. "Einfach schlechtes Timing. Immer wenn es eine entsprechende Klimakonferenz gibt, gibt es einen Kälteausbruch." [1] Die genaueren Hintergründe sind wie beim Pauli-Effekt unbekannt.

Okunsches Gesetz

Das Okunsche Gesetz beschreibt einen korrelativen Zusammenhang zwischen Wirtschaftswachstum und Arbeitslosigkeit. Aus dieser Korrelation werden z. B. Aussagen bezüglich der Beschäftigungsschwelle (erforderliches Wirtschaftswachstum zur Verhinderung steigender Arbeitslosigkeit) abgeleitet, ohne dass ein ursächlicher Zusammenhang aufgezeigt wird, was zur Formulierung sinnvoller Aussagen aber notwendig ist.

Risikofaktor in der Medizin

Ein weiteres Beispiel für cum hoc ergo propter hoc ist die implizite Unterstellung eines kausalen Zusammenhangs zwischen untersuchter Eigenschaft und einer Krankheit beim Auftreten eines Risikofaktors in der Medizin. Der Risikofaktor ist kein Beweis für das Vorhandensein eines solchen Zusammenhangs, sondern gibt lediglich an, wie viel mal häufiger eine Erkrankung bei einer Gruppe mit der entsprechenden Eigenschaft im Vergleich zu einer Kontrollgruppe anzutreffen ist.

Kausalität bei Übergewicht und Überernährung

Der logische Fehler cum hoc ergo propter hoc wird teilweise sogar unter Berufung auf ein Gesetz begangen, das aber eben nur die Koinzidenz zweier Ereignisse postuliert. Ein Beispiel dafür ist die Beziehung zwischen Übergewicht und Überernährung, welche sich durch den ersten Hauptsatz der Thermodynamik beschreiben lässt:

zugeführte Energie minus verbrauchte Energie = Änderung der Energiespeicher im Körper

Häufig wird genau diese Gleichung, die keinerlei Information über Ursache und Wirkung beinhaltet, als Beweis dafür angesehen, dass Überernährung (linker Teil der Gleichung größer null) kausal für Übergewicht (rechter Teil der Gleichung größer null) verantwortlich ist. Der logische Fehler besteht nicht darin, dass die entstandene Aussage falsch wäre, sondern in der Begründung der Aussage durch das Gesetz selbst. Der erste Hauptsatz der Thermodynamik postuliert lediglich, dass jemand, der zunimmt, viel essen muss (angenommen, die verbrauchte Energie bleibt gleich). Es kann sein, dass derjenige zunimmt, weil er viel isst, es kann aber auch sein, dass derjenige viel isst, weil er zunimmt. Weder die eine noch die andere Aussage lässt sich logisch durch das Gesetz beweisen.

Ähnliche Ausdrücke

cum hoc non est propter hoc (Verneinung des Prinzips)

Will man ausdrücken, dass ein Fehlschluss nach dem Muster cum hoc ergo propter hoc vorliegt, so sagt man cum hoc non est propter hoc (lat. „mit diesem ist nicht deswegen“).

post hoc ergo propter hoc (zeitliches Nacheinander)

Mit post hoc ergo propter hoc (lat. „danach, also deswegen“) ist ein verwandter Fehlschluss gemeint. post betont im Gegensatz zu cum, dass die angebliche Wirkung später als deren Ursache eintritt. Anders als bei cum hoc ist es also bei post hoc ausgeschlossen, dass sich beide Tatsachen in ihrer Ursache-Wirkungs-Deutung vertauschen lassen, weil sie nacheinander auftreten.

Beispiel für post hoc ergo propter hoc:

  • Nachdem ich mit dem linken Fuß aufgestanden bin, fällt mir die Kaffeetasse herunter. Also ist das „falsche“ Aufstehen der Grund dafür, dass mir die Kaffeetasse herunterfällt.

Diese Schlussfolgerung ist ein logischer Fehler, da das zeitlich frühere Ereignis zwar Ursache des späteren Ereignisses sein könnte, allein die zeitliche Abfolge aber nicht reicht, um eine Kausalverbindung zu begründen. Im Beispiel könnte die Ursache für das Fallenlassen auch darin liegen, dass ich erschrocken bin. Die zeitliche Abfolge ist zwar notwendig für den Schluss auf die Ursache, aber nicht hinreichend.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Wiedergabe eines Radiomittschnitts des "American Morning" Programs auf CNN, 5. Januar 2010

Siehe auch


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