Aberration des Lichtes

Aberration des Lichtes

Die Aberration des Lichts (v. lat. aberratio „Ablenkung“) bezeichnet in der Astronomie eine kleine scheinbare Ortsveränderung aller Gestirne durch die Endlichkeit der Lichtgeschwindigkeit. Sie beeinflusst die Sternörter auf dreifache Weise:

Wegen der Bewegung der Erde muss das Fernrohr leicht gekippt werden, damit der Lichtstrahl die Objektiv-Mitte an Punkt 1 und das Okular an Punkt 2 trifft (Skizze stark übertrieben)

Erklärung

Das Licht braucht eine gewisse Zeit, um ein Teleskop zu durchlaufen. Da sich währenddessen die Erde bewegt, erscheinen die Sterne nicht in ihrer tatsächlichen Richtung, sondern um einen kleinen Betrag in Richtung der Erdbewegung verschoben.

Dieser Effekt wird am einfachsten mit der Teilchentheorie des Lichts erklärt (wie sie schon Newton vertrat und Einstein in Form der Photonentheorie in die moderne Physik wieder einführte). Würde die Erde ruhen, könnte man einen genau senkrecht über uns stehenden Stern durch ein exakt in die Lotrichtung gerichtetes Fernrohr sehen. Die Erde bewegt sich jedoch auf ihrem Jahresweg um die Sonne mit einer Geschwindigkeit von immerhin 29,3 bis 30,3 km pro Sekunde. Das Fernrohr bewegt sich also ebenso schnell (mit 0,01 Prozent der Lichtgeschwindigkeit c), während der Lichtstrahl hindurchläuft.

In der Abbildung (die 3000-fach überzeichnet ist) durchläuft der Lichtstrahl in Punkt 1 das Objektiv des Fernrohrs und danach das Rohr mit 300.000 km/s, bis er in Punkt 2 das Okular treffen soll. Während dieser Laufzeit hat sich ein 1 m langes Teleskop mitsamt der Erde um 0,1 mm weiterbewegt. Man muss also das Fernrohr in dieselbe Richtung kippen, um den Lichtstrahl in seiner Mitte zu halten. Der tatsächlich auftretende Kippwinkel infolge des Erdumlaufs (jährliche Aberration) beträgt etwa 20,5.

Die drei Arten der Aberration

Der größte jährliche Aberrationswinkel wird erreicht, wenn sich die Erde genau senkrecht zur Richtung des vom Stern kommenden Lichtstrahls bewegt. Wenn sie auf den Stern zu- oder wegläuft, wird der Aberrationswinkel kleiner. Daher beschreibt jeder Stern jährlich gegenüber dem Himmels-Koordinatensystem eine kleine Ellipse mit 41″ Durchmesser; nur bei Sternen senkrecht oberhalb bzw. unterhalb der Erdbahn (siehe Ekliptik) ist diese Richtungsänderung kreisförmig. Ihr mittlerer Radius von 20,49552" heißt Aberrationskonstante und ist von großer Bedeutung für das Fundamentalsystem der Astronomie (siehe auch Simon Newcomb).

Die tägliche Aberration infolge der Erdrotation ist ebenfalls festzustellen, sie beträgt aber selbst am Äquator nur etwa ein 65-stel der jährliche Aberration. Für einen Stern im Meridian beträgt sie je nach Breitengrad B des Standorts 0,32"·cosB und verschiebt den scheinbaren Sternort um diesen Betrag nach Osten.

Die säkulare Aberration – als dritter Typus der astronomischen Winkelablenkungen – ist nicht periodisch, sondern eine Art perspektivischer Effekt. Durch Mittel der Stellarstatistik fand man im 19. Jahrhundert heraus, dass sich die "Fixsterne" auf gegenüberliegenden Himmelshälften geringfügig anders bewegen. Man kann daraus den sogenannten Apex berechnen: jenen Fluchtpunkt im Sternbild Herkules, auf den sich die Sonne und unser Planetensystem mit 20 km/s zubewegt. Allerdings rotiert die gesamte Sonnenumgebung gleichzeitig mit 220 km/s um das Massenzentrum der Milchstraße im Sternbild Schütze.

Geschichte

Die Aberration wurde 1725 vom englischen Astronomen James Bradley entdeckt. Eigentlich wollte er die jährliche Parallaxe des Sterns Etamin (Gamma Draconis) messen, um endlich eine Vorstellung über die Entfernungen der Sterne zu erhalten. Doch hätte er die Parallaxe (weit unter 0,1″) mit den Mitteln des 18. Jahrhunderts noch nicht nachweisen können; dies gelang erst 1838 Friedrich Wilhelm Bessel bei einem näheren Stern. Bradley war jedoch imstande, die beobachtete Ortsverschiebung – welche quer zu seiner Erwartung verlief – richtig zu deuten.


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