- Höhere Graphische Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt
-
Höhere Graphische Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt Schulform Berufsbildende höhere Schule
mit MaturaGründung 1888 Ort Wien Bundesland Wien Staat Österreich Koordinaten 48° 12′ 7,1″ N, 16° 18′ 11,3″ O48.20198055555616.303147222222Koordinaten: 48° 12′ 7,1″ N, 16° 18′ 11,3″ O Schüler ca. 1050 Leitung Dipl.-Ing. Gustav Linnert Website www.graphische.at Die Höhere Graphische Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt (HGBLVA) in Wien ist eine Berufsbildende höhere Schule für Berufe der visuellen Kommunikation und Medientechnik in Österreich. Sie wird im allgemeinen Sprachgebrauch meist die Graphische genannt.
Die HGBLVA wurde im Jahr 1888 gegründet und ist die einzige ihrer Art in Österreich. Hier werden Schüler und Studenten der vier Abteilungen in einander ergänzenden Fachrichtungen in visueller Kommunikation ausgebildet: In der Abteilung Graphik- und Kommunikationsdesign werden für Auftraggeber aus Wirtschaft und Kultur visuelle Konzepte entwickelt und gestaltet; in der Abteilung Fotografie und audiovisuelle Medien und Multimedia die dafür benötigten bildhaften Umsetzungen realisiert oder selbständige bildhafte Werke erstellt; und in der Abteilung Druck- und Medientechnik Druckprodukte zusammengeführt und reproduktionstechnisch geplant und umgesetzt.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Eröffnung
Ursprünglich als photographische Versuchsanstalt vom Präsidenten der Photographischen Gesellschaft errichtet, entstand durch Eingliederung der photographischen Schule (einer der Salzburger Baustaatsgewerbeschule angeschlossenen Abteilung für photographische Reproduktionsverfahren) und der Allgemeinen Zeichenschule Hörwarter in Wien die Graphische Lehr- und Versuchsanstalt (GLV)[1]. Sie leistete seit ihrer Gründung einen wichtigen Beitrag zur Etablierung und Entwicklung der graphischen Berufe[2].
Laut Beschluss vom 14. März 1887 stellte der Gemeinderat der Stadt Wien drei Stockwerke des städtischen Gebäudes in Wien VII, Westbahnstraße 25, der ehemaligen Schottenfelder Realschule für die Errichtung einer k.k. Lehr- und Versuchsanstalt für Photographie und Reproduktionsverfahren zur Verfügung. Die Eröffnung dieser von Josef Maria Eder gegründeten und geleiteten Schule war am 1. März 1888 mit 108 Schülern. Bereits im nächsten Schuljahr stieg die Schüleranzahl auf 174. 1890 stellte Eder eine Wothlysche Solarkamera auf das Dach.
Ab 1897 entstand die Bezeichnung Graphische Lehr- und Versuchsanstalt. Kaiser Franz Joseph bewilligt der Schule 1906 die Bezeichnung „Kaiserlich Königlich“ im Titel und die Republik Österreich bestätigt diese Auszeichnung, indem das Bundeskanzleramt der Schule zwei Jahre später die Führung des Bundeswappens genehmigt.
Die Anfänge
Die GLV wurde am 27. August 1887 »mit allerhöchster Entschließung die Aktivierung dieser Lehr- und Versuchsanstalt in Wien mit 1. März 1888 zu genehmigen geruht«. Ziel der Anstalt war die »Ausbildung von Fachphotographen, Retoucheuren, Lichtdruckern, Photolithographen etc., die Unterweisung von Künstlern, Gelehrten und Technikern, welche die Photographie als Hilfswissenschaft erlernen wollen, ferner die Prüfung von Apparaten, Chemikalien und die Durchführung selbständiger wissenschaftlicher Untersuchungen auf dem Gebiete der Photochemie und verwandter Fächer«.
Die Schule bestand aus zwei Abteilungen (Lehranstalt für Photographie und Reproduktionsverfahren sowie die Versuchsanstalt), und 1891 wies das Gremium der Buchdrucker und Schriftgießer auf die dringende Notwendigkeit hin, der Schule auch eine Abteilung für Buchdrucker anzugliedern. 1897 wurde eine zusätzliche Sektion für Buch- und Illustrationsgewerbe eröffnet, die Schule mit der Bezeichnung „K.K. Graphische Lehr- und Versuchsanstalt“ war nun in vier Sektionen gegliedert:
- I. Sektion: Lehranstalt für Photographie und Reproduktion (entspricht der früheren Lehranstalt für Photographie u. Reproduktionsverfahren).
- II. Sektion: Lehranstalt für Buch- und Illustrationsgewerbe.
- III. Sektion: Versuchsanstalt für Photochemie und graphische Druckverfahren (entspricht der von Anfang an errichteten Versuchsanstalt).
- IV. Sektion: Sammlungen: graphische Sammlung, Bibliothek und Apparatesammlung.
Dem 1905 eingeführten Spezialkurs für Lithographie und Steindruck sind die ersten Originallithographien von berühmten Künstlern wie Luigi Kasimir oder Tina Blau zu verdanken[3], die Algraphie – ein Flachdruckverfahren von einer Aluminiumplatte – wurde in Österreich 1896 erstmals an der GLV gelehrt. Der Spezialkurs für Lithographie und Steindruck existierte bis 1913/14, danach wurde ein Fachkurs für Xylographie angeboten.
1908 entstand die Abteilung Graphik im obersten Stockwerk des Nachbarhaus Westbahnstraße 27. Die beiden Häuser verband eine Wendeltreppe, welche bis heute im Hof am aktuellen Standort in der Leyserstraße aufgestellt ist.
Frauen in der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt
Ab 1908 waren auch Frauen offiziell zugelassen. Für den Zeitraum 1888 – 1918/19 wurde anhand der großteils erhaltenen Klassenkataloge insgesamt 718 Schülerinnen an der Graphischen nachgewiesen.[4] Durch Änderungen und neue Anforderungen im Berufsbild wächst der Frauenanteil auch bis heute noch weiter, sodass er in manchen Klassen zwei Drittel überschreitet.
Die Abteilung Graphik
1916 wurde das Schulstatut abgeändert. Es wurde ein ganztägiger Unterricht mit Photographiepraktikum im 1. und 2. Kurs sowie eine Kriegsbehinderten-Ausbildung eingeführt. Zudem wurde eine Zeichenschule angegliedert.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Schule mehrfach umbenannt: 1919 lautete der Name »Deutsch-Österreichische Graphische Lehr- und Versuchsanstalt«, 1920 »Staatliche Graphische Lehr- und Versuchsanstalt«, 1923 »Graphische Lehr- und Versuchsanstalt«.
Die Schule in der Zeit des Nationalsozialismus
Der Anschluss an Deutschland hatte organisatorische Umstrukturierungen zur Folge: Semester wurden eingeführt und die GLV sollte zu einer Unterstufe einer in Leipzig geplanten Hochschule des graphischen Gewerbes gemacht werden.
1939 wurde aus der Schule eine Staatliche Graphische Lehr- und Versuchsanstalt. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden zwei Drittel aller österreichischen Briefmarken in der Graphischen entworfen und gestochen.
Nachkriegszeit
1945 wurde die Studienzeit an der Fachschule auf 4 Jahre verlängert. 1948 wurde aus der "Manuelle Graphik" die "Gebrauchsgraphik" mit Anschluss einer einjährigen Meisterklasse. 1959 entwickelte sich daraus eine Abteilung A: dreiklassige Fachabteilung für Photographie mit Meisterklasse und eine Abteilung B: Fachabteilung für Gebrauchsgraphik mit vier Klassen und einer Meisterklasse.
Im Verlauf weiterer Schulreformen wurde mit dem Abschluss der nun fünfjährigen Höheren die Studienberechtigung erworben. 1967 wurde wegen Platzmangels aus der Westbahnstraße in den Neubau von Carl Appel in der Leyserstraße übersiedelt.
Neubau 1963
Am 22 Mai 1963 war die Grundsteinlegung der neuen Schule im XIV. Bezirk im Bereich Breitenseerstraße, Leyserstraße und Spallartgasse (Kommandogebäude Theodor Körner). 1967 begann die Übersiedlung in den Neubau. 1968 fiel der Bezug mit dem Achtzigjährigen Jubiläum zusammen.
1963/64 war der erste Jahrgang der fünfjährigen Höheren Lehranstalt für Reproduktion und Drucktechnik. Daneben stand eine vierjährige Fachschule.
Mit dem Aufkommen der Personal Computer und ihres Einsatzes in der graphischen Industrie beginnt eine Veränderung erst beim Schriftsatz und später auch bei der Bildbearbeitung. 1984 erfolgt dann mit der Markteinführung des Apple Macintosh und seines immer verbreiteteren Einsatzes die Desktoppublishing-Revolution, die das Berufsbild des Lithographen, Schriftsetzers, Layouters und Reinzeichners bis heute nachhaltig verändert. Aufwändige, mehrtägige Arbeitsvorgänge verkürzen sich zu wenigen Stunden: alle Arbeiten – bisher auf mehrere Arbeitsplätze verteilt – läuft meist vom Entwurf bis zur elektronischen Reinzeichnung als PDF-Datei nur mehr digital in einem Rechner oder vernetzten Arbeitsstationen ab.
1988 feierte die Graphische ihr 100-jähriges Jubiläum. Die rasante Entwicklung der Technologie prägte das Schulgeschehen der 80er, wie das schnelle Vordringen des Offsetdrucks – allerdings auf Kosten des Hochdrucks. In der Reproduktionstechnologie erlebte die Scannertechnologie für die Herstellung von Farbauszügen einen Aufschwung.
Renovierung 2006
Aufgrund von Renovierungsarbeiten am Gebäude in der Leyserstraße übersiedelten die Direktion und die Abteilungen Fotografie, Multimedia und Graphik in ein Ausweichlokal im ersten Wiener Gemeindebezirk in der Schellinggasse 13. Nach dem Abschluss der Arbeiten wurde die Schule im Februar 2008 rückübersiedelt.
Fachrichtungen
Es gibt vier Ausbildungszweige:
- Druck- und Medientechnik
- Fotografie und audiovisuelle Medien
- Graphik- und Kommunikationsdesign
- Multimedia
Die Ausbildung dauert fünf Jahre und schließt mit einer Matura (Reifeprüfung) ab. Im Zweig Druck- und Medientechnik ist auch ein Abschluss nach vier Jahren möglich, welcher sich intensiver mit dem Handwerk beschäftigt, aber ohne Matura.
Zudem wird ein zweijähriges Kolleg (Berufsausbildung nach der Matura) für Graphik, Druck, Fotografie und audiovisuelle Medien und Multimedia angeboten. Intensive einjährige Meisterklassen runden das Lehrangebot ab.Druck- und Medientechnik
Ausbildungsziele
Die Abteilung Druck und Medientechnik an der Höheren Graphischen Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt ist im Prinzip am Ausbildungsmodell einer HTL orientiert, jedoch die einzige Ausbildungsstätte in Österreich im Fachbereich Druck- und Medientechnik.
Ausbildung
Drei Ausbildungsniveaus bieten unterschiedliche Einstiegs- bzw. Abschlussmöglichkeiten:
- Höhere Lehranstalt für Druck- und Medientechnik
Eintritt nach der 8. Schulstufe, Dauer 5 Jahre, Abschluss mit Diplom- und Reifeprüfung - Fachschule für Mediengestaltung und Drucktechnik
Eintritt nach der 8. Schulstufe, Dauer 4 Jahre, Abschluss mit Fachabschlussprüfung - Kolleg für Druck- und Medientechnik
Eintritt nach der Reifeprüfung, Dauer 2 Jahre, Abschluss mit Diplomprüfung
Tätigkeitsbereiche
Absolventen der Abteilung für Druck und Medientechnik arbeiten in Druckereien, Verlagen, Werbeagenturen und in der Zulieferindustrie:
- Als Medienberater erarbeiten sie kundenspezifische Lösungen, organisieren Medienprojekte und kalkulieren Kosten von Medienprodukten.
- Als Mediengestalter fassen sie Texte, Bilder und Grafiken zu aussagekräftigen Medienvorlagen für Print und Non-Print zusammen und produzieren Multimediaprodukte.
- Als Medientechniker und Printexperten bereiten sie analoge und digitale Daten auf, produzieren Druckformen, planen und steuern den Druckprozess.
Graphik- und Kommunikationsdesign
Seit 1984 wird der Unterricht durch Computer (Desktoppublishing auf Apple Macintosh) unterstützt. Seit 2000 werden schrittweise Laptop-Klassen etabliert, ab 2005 arbeiten alle Schüler mit eigenen Laptops.
Lehrstoffangebot
Neben dem Schwerpunkt auf praktischer Arbeit bietet die Abteilung Graphik-Design eine umfassende, auch theoretische Ausbildung auf dem Gebiet der visuellen Gestaltung, die zum vielseitig tätigen Graphik-Designer führt.
- Allgemeine Fachvoraussetzungen werden in Aktzeichnen, Naturstudien, Originalgraphik und Farbenlehre vermittelt. Entwurfsunterrichtsgebiete sind in Corporate Design, Editorial Design, Typographie, Werbung und Promotion gegliedert.
- Die theoretische Ausbildung umfasst Lehrstoff in Darstellung und Komposition, Druckvorstufe- und Technik, elektronische Bildbearbeitung, Kommunikations- und Designtheorie, Marketing und Werbung, Projektmanagement, Stilkunde, Semiotik, Technologie und Phänomenologie, Wirtschaft und Recht.
Ausbildung
- Die Höhere beginnt nach der 8. Schulstufe, dauert 5 Jahre und schließt mit einer Diplomprüfung und Matura ab.
- Das Kolleg setzt eine Matura voraus, dauert 4 Semester und schließt ebenfalls mit Diplom ab.
- Die Meisterklasse steht nicht nur für alle Abteilungen der Schule sondern auch für externe Studenten offen, und begleitet sie 2 Semester lang in eigenen, praxisnahen Projekten.
Alle drei Zweige setzen besondere Begabungen voraus, die in Eignungstests ermittelt werden.
Tätigkeitsbereiche
Absolventen der Abteilung für Graphik-Design arbeiten als selbständige Designer, als Art Director oder Creative Director in Werbeagenturen, setzen Marketingvorgaben um, entwerfen und realisieren Ausstellungen, gestalten als bildnerische Kreative oder Package-Designer, arbeiten in Verlagen und Designagenturen, entwickeln Typografie, Corporate Design und Leitsysteme.
Multimedia
Der Schwerpunkt der Ausbildung liegt gleichermaßen auf mehreren Aspekten:
- Interface- und Bewegtbild-Design
- Wirtschaftliches und administratives Grundwissen
- Fotografie
Bekannte Professoren und Schüler
Die Bedeutung der Graphischen für ihre Zeit spiegelt sich unter anderem in den bekannten Persönlichkeiten, die dort als Lehrer wirkten oder Schüler waren.
- Günther Paal, Friedrich Hechelmann, Max Dasch senior, Josef Mikl, Stephan Mussil,Arnold Clementschitsch, Siegfried Weyr, Karl Goldammer, Hans von Borsody, Gottfried Helnwein, Hermann Nitsch, Alfred Cossmann, Gerald Igor Hauzenberger, Rudolf Junk, Willy Puchner, Josef Bramer, Manfred Deix, Bernhard Paul, Stefan Sagmeister, Christian Satek, Tina Blau, Luigi Kasimir, Kolo Moser, Erwin Puchinger, Josef Engelhart, Max Suppantschitsch, Rudolf Hammel, Sidonie Springer-Staeger, Max Pollak, Hans Larwin, Otto Trauner, Lilli Streit-Auböck, Margit Doppler-Kovats, Edith Strauss-Pilpel, Edith Ranzoni-Riedel, Greta Feist, Felicitas Kuhn (Wunderwelt), Max Berner, Niki List, Hans Donner, Ludwig Michalek, Berta Bindtner
Quellen
- ↑ K. K. Graphische Lehr- und Versuchsanstalt 1888–1913, hg. K. K. Graphische Lehr- und Versuchsanstalt, 2f
- ↑ Die erste Generation. Gebrauchsgraphikerinnen in Österreich 1882–1918/19 Ein Projekt von arte; konzept + copyright Ernestine Bennersdorfer, Ingrid Zemann, Wien 2002, Anm. 2
- ↑ Festschrift 25 Jahre GLV (Anm.4), 14
- ↑ Die erste Generation. Gebrauchsgraphikerinnen in Österreich 1882–1918/19 Ein Projekt von arte; konzept + copyright Ernestine Bennersdorfer, Ingrid Zemann, Wien 2002, S. 3
- Veronika Pfolz, 100 Jahre Graphik-Design Ausbildung an der Graphischen, Mai 2007
Siehe auch
Weblinks
Kategorien:- Schule in Wien
- Gebäude in Wien
- Berufsbildende Schule in Österreich
- Penzing
- Höhere Schule (Österreich)
Wikimedia Foundation.