Dorfkirche Gatow

Dorfkirche Gatow

Die evangelische Dorfkirche Gatow ist eine der über 50 unter Denkmalschutz stehenden Dorfkirchen in Berlin. Die Kirche im heutigen Berliner Ortsteil Gatow wurde mehrere Male umgebaut oder ausgebessert, so 1741, 1816, 1844, 1913 und 1935, was in der äußeren Erscheinung erkennbar ist. Ihre Ursprünge stammen aus dem 14. Jahrhundert, die Jahreszahl 1350 in der Wetterfahne von 1953 ist jedoch willkürlich gewählt.

Dorfkirche Gatow

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das Dorf Gatow unterstand bis zur Säkularisation 1558, als es in den Besitz des Kurfürsten Joachim II. (Brandenburg) kam und dem Amt Spandau unterstellt wurde, dem Kloster in Spandau. Gatow, Kladow und Groß Glienicke bildeten bis zum Bau der Berliner Mauer eine Pfarreinheit. 1966 wurde die Gemeinde Gatow wieder eine eigenständige Dorfkirchengemeinde. Damit war der vor der Reformation bestehende Zustand wiederhergestellt.

Kirchenschiff

Die übermäßig langgestreckte Saalkirche besteht aus vier Teilen, die verschiedenen Bauzeiten angehören. Diese sind durch das verwendete Material, Granitfindlinge bzw. verputztes Ziegelmauerwerk gekennzeichnet. Der älteste Bestand von Anfang des 14. Jahrhunderts ist der Rest einer Wehrkirche, die aus gespaltenen und rohen Feldsteinen lässig gemauert ist. Zu dieser Zeit existierte vielleicht auch ein massiver Turm. Vermutlich im 15. oder 16. Jahrhundert wurde der längliche Ostteil des Kirchenschiffes bis zum Ansatz des heutigen Altarraumes gebaut. Zuvor musste der quadratische Chor der alten Kirche abgetragen werden. Außerdem sollte ein Gewölbe errichtet werden, darauf weisen Strebepfeiler seitlich des Westgiebels hin. 1869 kam dann das verputzte Altarhaus hinzu und 1913 die Sakristei an seiner Ostwand. An der Nordseite, unterhalb des Holzturmes, findet sich noch ein schmales Fenster aus der Zeit um 1320. Die großen Fenster des heutigen Schiffes entstanden, bis auf eines an der Südseite, anlässlich der Erweiterung im 15. oder 16. Jahrhundert. Sie wurden im 19. Jahrhundert mit ihren jetzigen Rundbögen vereinheitlicht. Das letzte Fenster kam 1935 hinzu. 1935 wurde der Zugang zur Kirche an der Südseite der Kirche neben dem östlichen Strebepfeiler zugemauert, eine mit Ziegeln eingefasste Nische markiert diese Stelle. Dort, im Bereich des mittelalterlichen Eingangs, gab es außerdem seit 1913 einen massiven Vorbau. Als 1935 in die Westwand das Hauptportal eingebrochen wurde, fand man das Gewände einer alten Pforte, von deren Existenz über Jahrhunderte nichts bekannt war. Das stichbogig geschlossene Gewände aus Klinker von 1935 musste 1953 der Kopie eines frühgotischen Spitzbogenportals aus Feldsteinquadern weichen, um den Eindruck zu erwecken, es stamme aus spätgotischer Zeit.

Turm

Ursprünglich stand mit großer Wahrscheinlichkeit vor der Wehrkirche ein Turm über einem eigenen fundamentierten Steinunterbau. Nach dem Dreißigjährigen Krieg wurde auf Grund der herrschenden Armut der massive Westturm nicht wieder aufgebaut. Stattdessen wurde ein Dachreiter mit Holzverbretterung errichtet, der am Westgiebel des Satteldaches aufsitzt. Die Gestalt des Turmes wurde mehrmals verändert. In der Barockzeit wurde er von einer geschweiften Haube bekrönt. 1844 wurde der Fachwerkturm erneuert, ebenso 1953. Seine Gestalt blieb jedoch erhalten, allerdings wurde er mit einer Vielzahl von Schall-Luken versehen.

Inneres

Die Renovierung von 1935 hat das Kircheninnere am meisten verändert. Vorher gab es an beiden Seiten des Schiffes Längsemporen, die auf Stützen ruhten. Die Einrichtung des Innern wurde 1953 ebenfalls völlig neu gestaltet, die Decke erheblich höher gelegt und durch freiliegende Unterzugbalken betont. Anlass der Renovierung war, dass die Decken- und Dachbalken durch Holzbock zerfressen waren. Nach Wiederherstellung des Gebälks wurde auf die glatte Verschalung der Decke verzichtet. Dadurch wurde eine spürbare Erhöhung des Raumes erreicht. Allerdings ging die ursprüngliche Wesensart der Dorfkirche verloren. Bis 1953 hatte die Orgelempore noch vier Holzstützen, heute ist sie zwischen Auflagern im seitlichen Mauerwerk frei gespannt. Aus der Turmhalle führt eine Treppe zur Orgelempore, bis 1953 existierte eine weitere auf der gegenüberliegenden Seite.

Prinzipalstücke

Der vermutlich aus dem Jahre 1741 stammende barocke Kanzelaltar wurde bei der letzten großen Umgestaltung 1953 entfernt. Die Altarwand schmückt ein aus der Berliner Marienkirche stammendes Gemälde, die Arbeit eines mittelfränkischen Meisters um 1495. Die achtflammige flämische Krone des 18. Jahrhunderts, die Altarleuchter und das Kruzifixus aus dem 17. Jahrhundert wurden im Berliner Kunsthandel erworben. Der ehemalige Taufständer aus Holz von 1692 dient jetzt in der Vorhalle als Opferstock. Die zugehörige Taufschale wurde 1893 an das Märkische Museum verkauft, die neue stammt aus dem Jahre 1892.

Orgel

Die Orgel stammt aus der Werkstatt des Berliner Orgelbauers Karl Schuke und wurde 1953 eingebaut. Vorher stand hier die 1877 errichtete Orgel von Carl Eduard Gesell aus Potsdam.

Literatur

  • Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin: Berlin und seine Bauten. Teil VI. Sakralbauten. Berlin 1997.
  • Matthias Hoffmann-Tauschwitz: Alte Kirchen in Berlin. Berlin 1991.
  • Günther Kühne, Elisabeth Stephani: Evangelische Kirchen in Berlin. Berlin 1978.
  • Kurt Pomplun: Berlins alte Dorfkirchen. Berlin 1984.
  • Hans-Jürgen Rach: Die Dörfer in Berlin. Berlin 1990.
  • Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Band Berlin. München/Berlin 2006.

Weblinks

 Commons: Dorfkirche Gatow – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
52.48652513.181695

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