Edgar Tatarin-Tarnheyden

Edgar Tatarin-Tarnheyden

Edgar Tatarin-Tarnheyden (* 23. Januar 1882 in Riga; † 30. Dezember 1966 in Stuttgart) war ein deutscher Rechtswissenschaftler.

Bis 1915 arbeitet er als Rechtsanwalt in Riga; 1922 habilitierte er sich in Marburg.[1] Wahrscheinlich noch im gleichen Jahr wurde er Professor in Rostock.[2]

Unter Entfernung von seinem neukantianischen philosophischen Ausgangspunkt war Tatarin-Tarnheyden bereits zu Weimarer Zeiten zunehmend anti-republikanisch und anti-positivistisch eingestellt.[3] Ab 1933 war er neben Carl Schmitt einer der führenden Akteure der nationalsozialistischen Diskussion über die Selbstbezeichnung des NS als Rechtsstaat.

1937 wurde er, nachdem er sich jahrelang darum bemüht hatte, Mitglied in der NSDAP.[4]

1945 geriet Tatarin-Tarnheyden in sowjetische Gefangenschaft und wurde zu zehn Jahren Zwangsarbeit verurteilt; 1954 gelangte er in die Bundesrepublik.[5] Damit dürfte Tatarin-Tarnheyden – abgesehen von den kurzzeitigen Inhaftierungen Carl Schmitts und Otto Koellreutters – der einzige die Nazis unterstützende deutsche Staatsrechtsprofessors sein, der eine außer-akademische Sanktion für sein nationalsozialistisches Engagement erfahren hat.

Seine Schriften Werdendes Staatsrecht (Heymann, Berlin 1934) und Der Einfluß des Judentums in Staatsrecht und Staatslehre (Deutscher Rechts-Verlag, Berlin 1938) wurden in der Sowjetischen Besatzungszone auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt.[6]

Literatur

  • Michael Stolleis, Die Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland. Bd. 3: Staats- und Verwaltungsrechtswissenschaft in Republik und Diktatur 1914 - 1945, Beck: München, 1999 (ISBN 3-406-37002-0), 291 (in FN 288 und 289 unter Nennung von drei Buch- bzw. Zeitschriften-Aufsätzen von Tatarin-Tarnheyen) / A history of public law in Germany, 1914-1945, Oxford Univ. Press: Oxford, 2004 (ISBN 0-19-926936-X).
  • Christian Hilger: Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse (Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts Bd. 39), Mohr Siebeck: Tübingen, 2003, bes. 167 - 178, 240 (unter Nennung weiterer Aufsätze); Inhaltsverzeichnis; ISBN 3-16-148057-0.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Michael Stolleis, Die Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland. Bd. 3: Staats- und Verwaltungsrechtswissenschaft in Republik und Diktatur 1914 - 1945, Beck: München, 1999, 291.
  2. Laut urn:nbn:de:gbv:28-diss2010-0049-2, S. XV referierte Tatarin-Tarnheyden in Diss. jur. Rostock 1922-25, S. 107 f. über die Dissertation von 1923 des aus Mecklenburg stammenden Ludwig Simonis. Dies legt die Vermutung nahe, daß Tatarin-Tarnheyden der Betreuer der Arbeit war und daß das Betreuungsverhältnis für die 1923 fertiggestellte Arbeit 1922 – und zwar in Rostock – begann.
  3. Michael Stolleis, Die Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland. Bd. 3: Staats- und Verwaltungsrechtswissenschaft in Republik und Diktatur 1914 - 1945, Beck: München, 1999, 291.
  4. Mario Niemann: Mecklenburgischer Grossgrundbesitz im Dritten Reich. Soziale Struktur, wirtschaftliche Stellung und politische Bedeutung (= Mitteldeutsche Forschungen Band 116). Böhlau, Köln u.a. 2000, S. 241, FN. 24.
  5. Michael Stolleis, Die Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland. Bd. 3: Staats- und Verwaltungsrechtswissenschaft in Republik und Diktatur 1914 - 1945, Beck: München, 1999, 291.
  6. http://www.polunbi.de/bibliothek/1946-nslit-t.html

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