Rechtsstaatsverständnis im Nationalsozialismus

Rechtsstaatsverständnis im Nationalsozialismus

Nationalsozialistischer deutscher Rechtsstaatund ähnliche Ausdrücke wie der deutsche Rechtsstaat Adolf Hitlers wurden von nationalsozialistischen und den Nationalsozialisten nahestehenden Juristen mehrfach verwendet[1], um sich affirmativ auf ein ihres Erachtens spezifisch deutsches Rechtsstaats-Verständnis zu beziehen.[2]Deutschbedeutet dabei vor allem eine Abgrenzung von Abstraktion und Formalität des Gesetzesrechts[3] und stattdessen die Postulierung einesvolksnahen[4], intuitiv[5] wahrzunehmenden Rechts, bei dem das Zusammentreffen von Recht und Gerechtigkeit[6] und die Klarheit, was beides bedeute, immer schon garantiert sei.[7]

Am explizitesten zur Verknüpfung vondeutschundRechtsstaathaben sich der NS-Funktionär Hans Frank und der schon zu Weimarer Zeiten einflussreiche Staatsrechtsprofessor Carl Schmitt sowie der Magdeburger Regierungspräsident Helmut Nicolai geäußert. Sie sind diejenigen, die die WörterdeutschundRechtsstaattatsächlich direkt (Frank und Schmitt) – oder allenfalls noch getrennt durchnationalsozialistischdazwischen (Nicolai) – hintereinander stellen, und diejenigen, die mit diesen Wendungen in der Sekundärliteratur öfters zitiert werden[8] und sich ausführlicher auf frühere deutsche Rechts-Verständnisses beziehen, die durch römische und westliche Einflüsse[9] zwischenzeitlich verschüttet gewesen seien und die es wiederherzustellen gelte.[10]

Historische Bezugpunkte für das als spezifischdeutschangesehenen Rechts- und Rechtsstaats-Verständnis sind dabeiin spekulativ-rassentheoretischer Weisedas Rechtsverständnis eines nordisch-germanischenUrvolkes“, der mittelalterliche Rechtsbewahrungsstaat vor Rezeption des Römischen Rechts sowie von den Rechtstheoretikern des 19. Jhs. vor allem Lorenz von Stein, Rudolf Gneist, Otto von Gierke undmit Einschränkungenauch Robert von Mohl.

In der Sekundärliteratur sehen einige Autoren den Nationalsozialismus im allgemeinen und den nationalsozialistischen Rechtsstaatsbegriff insbesondere als Kulminationspunkt einer tatsächlichen Tendenz der deutschen Geschichte im Allgemeinen (vgl. den Artikeldeutscher Sonderweg“) und der Geschichte des Rechtsstaatsbegriff insbesondere (Maus und Bäumlin/Ridder), ohne dass diese Autoren sich freilich die Rückprojektion des Rechtsstaatsbegriffe auf Zeiten weit vor 1800 und die positive Bewertung jener Tendenz zu eigen machen würden. Andere sehen in dem nationalsozialistischen Rechtsstaatsbegriff einen (objektiven) Missbrauch und/oder jedenfalls einen (subjektiv) unehrlichen Gebrauch (Stolleis) des Wortes. Wiederum anderen nehmen die nationalsozialistische Beanspruchung des WortesRechtsstaatzwar zur Kenntnis, charakterisieren diese Verwendungsweise aber ohne nähere Begründung dennoch alsRechtsstaatskritik“ (Schellenberg). – Viele Autoren schließlich, insbesondere der älteren Generation, ignorieren das Phänomen aber weiterhin.[11]

Inhaltsverzeichnis

Verwendungsweise bei Hans Frank

Deutsches Recht 1934, S. 120. – „Der deutsche Rechtsstaat Adolf Hitlers“, Vortrag des Reichsjuristenführers Hans Frank im Deutschlandsender

Hans Frank (damals bayerischer Justizminister, Reichskommissar für die Gleichschaltung der Justiz und Präsident der Akademie für Deutsches Recht; späterGeneralgouverneurfür das besetzte Polen) veröffentlichte 1934 in dem1931 gegründetenNS-Organ Deutsches Recht einen Aufsatz mit dem Titel Der deutsche Rechtsstaat Adolf Hitlers.[12] Diese Fügung von Adjektiv und Substantiv kommt nur in der Überschrift vor, und konsequenterweise wird der Ausdruck nicht genauer erklärt.

Im ersten Satz des Aufsatzes (der der Abdruck einer Rundfunkrede ist) heißt es ohne Beifügung des Adjektivs:Der Staat Adolf Hitlers, das machtvoll geeinte deutsche Reich des Nationalsozialismus ist ein Rechtsstaat.“[13] Das spezifisch Deutsche an diesem Rechtsstaat ist anscheinend, dass der Inhalt seiner Rechtsordnung derRechtspolitik des Deutschtumsentspreche; und in diesem Sinne werden dann eine ganze Reihe von nationalsozialistischen Rechtssetzungsakten aufgezählt, für die beansprucht wird, dass sie im deutschen Interesse seien. Eine Auseinandersetzung mit der Geschichte des Rechtsstaatsbegriffs und der Frage, ob es Äquivalente in anderen Sprachen gibt, findet nicht statt.

Zwei Aspekte geben aber dennoch näheren Aufschluss über den in diesem Begriff vondeutsche[r] Rechtsstaatimplizierten Rechtsbegriff:

Behauptete Rechtmäßigkeit der nationalsozialistischen Machtübernahme

Frank behauptet:Wir wollen uns heute einmal in aller Oeffentlichkeit erneut zu diesem Gedanken, daß die Macht des Nationalsozialismus ausschließlich in den Formen des Rechts ihre Verwirklichung zu finden hat und zu finden sucht, bekennen. Die Machterreichung durch unseren Führer geschah in Anwendung der Formen, die die Reichsverfassung gab.“[14]

Auf welch unsicherem Boden diese Behauptung bei Zugrundelegung eines positivistischen Rechtsverständnisses stand, zeigt schon[15] der erste der von Frank aufgezählten Rechtssetzungsakte desKabinetts unseres Volkskanzlers: die Beseitigung derLänderhoheiten[16], in deren Kontext auch die Abschaffung des Reichsrates durch Regierungs-Gesetz vom 14. Februar 1934[17] erfolgte. Die Abschaffung des Reichsrates war jedenfalls vom Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933 nicht gedeckt, denn dessen Art. 2 bestimmte:Die von der Reichsregierung beschlossenen Reichsgesetze können von der Reichsverfassung abweichen, soweit sie nicht die Einrichtung des Reichstags und des Reichsrats als solche zum Gegenstand haben.“[18]

Das Ermächtigungsgesetz leitete ein, was Walter Pauly (Die deutsche Staatsrechtslehre in der Zeit des Nationalsozialismus, in: Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Bd. 60, 2001, 73105 [104]) Verfall und Entformalisierung des Gesetzes-Begriffs während des NS nennt („Parallel zur Apotheose des ‚Führersverlief […] der Verfall des Gesetzesbegriffs, der weitgehend seiner formalen Kriterien […] entkleidet wurde.“): Die Reichsregierung unter Hitler wurde ermächtigt Gesetze zu erlassen.

Ob dies statt dessen von Art. 4 des Reichstags-Gesetzes über den Neuaufbau des Reichs vom 30. Januar 1934[19] gedeckt war („Die Reichsregierung kann neues Verfassungsrecht setzen.“), ist zumindest zweifelhaft. Denn bei der Beseitigung des Reichsrates handelte es sich um die Beseitigung alten Verfassungsrechts[20] und anhand des bloßen Gesetzeswortlautes ist auch nicht klar, ob überhaupt die Setzung neuen Reichsverfassungsrechts gemeint war oder nicht vielmehr die Setzung von neuem Landesverfassungsrecht durch die Reichsregierung.[21]

Entformalisierung des Rechtsbegriffs

Bei Frank findet sich zwaranders als bei Schmitt (s. dazu unten) – keine explizite Stellungnahme gegen ein formelles Rechtsstaats-Verständnis (wie es bei Frank auch an jeder expliziten Stellungnahme zur Alternative von formellem und materiellem Rechtsstaats-Verständnis fehlt). Eine Entformalisierung des Rechtsbegriffs ist aber auch von Frank beansprucht[22],

  • wenn er postuliert, „die klaren Formen und Inhalte des Rechtslebensseien in Übereinstimmung mit derRechtsseele und den Rechtsüberzeugungen des deutschen Volkesgebracht worden[23],
  • und wenn er für den ständischen Aufbau der nationalsozialistischen Juristenorganisation behauptet, dass diesernicht nach dem leeren Gesichtspunkt […], die äußere Funktion […] als ordnenden Gesichtspunkt […] anzusehen,“ erfolge, sondern vielmehr dieinnere Wertung der Arbeit des einzelnender Ausgangspunkt sei.[24]

Zwar beansprucht Frank auchRechtssicherheitundRechtsklarheit[25], aber zugleich geht es ihm auch umRechtsschnelligkeit[26] und um die Bekämpfungjede[r] Form von Bürokratismus[27]:Eine Verbürokratisierung bedeutet Erstarrung. Es ist nicht an dem[28], daß das Recht einer solchen Erstarrung zugänglich gemacht werden könnte.“[29]

Hans Frank 1939beanspruchte für den Nationalsozialismus den Begriff Rechtsstaat

Bei späterer Gelegenheit 1939, bekräftigte Frank sein anti-positivistisches Rechtsverständnis. Recht ist nach Ansicht von Frank etwas der Gesetzgebung Prä-Existentes, das vom jeweiligen Gesetzgeber nuran das Licht des Bewußtseins gebracht wird[30], und für die Rechts-Auslegung postulierte Frank dort:Die Auslegung des Rechtes darf nicht bloß logisch-sinngemäß sein, sie muß vor allem verständnismäßig das Richtige finden können. Weder in allzu großer Strenge, noch in unbestimmter Billigkeit liegt das Maß der Rechtsanwendung, sondern in dem richtigen Verständnis des Rechtsgeistes. Ohne diese verständnisvolle Rechtsanwendung ist das Gesetz tot, […].“[31]

Deutscher Missionarismus

Eine Definition des spezifisch Deutschen an seinem Rechtsstaatsbegriff legt Frank allerdings auch deshalb nicht fest, weil er diesen entformalisierten Rechtsstaat auch anderen Völkern angedeihen lassen will (und er insofern keine essentielle Verknüpfung zwischen völkischer Identität und spezifischem Rechtsstaats-Konzept behaupten kann[32]):

Die Akademie für Deutsches Recht hat […] auch die große Aufgabe, der Weltallgemeinheit die Überzeugung von dem ernsten und fachlichen Wollen des Nationalsozialismus zu übermitteln. […]. Gerade Rechtspolitik ist ein Teilausschnitt der Allgemeinpolitik, […] der am sichersten zu dem Ziele führt, eine gemeinschaftliche Basis für das Zusammenarbeiten der Völker und Staaten herbeizuführen.“[33]

Es ist an dem, daß auch diese [die oben angesprochene ständische] Art Organisation eines ernsten Berufsstandes mustergültig für die Entwicklung des Rechtsstaatsgedankens der ganzen Welt ist.“[34]

Bereits 1933 hatte Frank ausgeführt:

Wir bekennen uns zum Rechtsstaat, und es ist in der ganzen Welt niemand befugt, dieses Bekenntnis zu bestreiten, und wer glaubt, gestützt auf die Behauptung, wir hätten eine Willkürregierung in Deutschland, im Ausland die Behauptungen aufstellen zu können, dem sei gesagt, bitte komm nach Deutschland und überzeuge dich selbst. Wir deutschen Juristen sind gerne bereit, euch Aufklärung zu geben und euch zu führen, […].“[35]

Sachsenspiegel und Römisches Recht als gegensätzliche Bezugspunkte der deutschenRechtsidee

1935 schreibt Frank in seiner Einleitung zu dem Nationalsozialistischen Handbuch für Recht und Gesetzgebung:Die nationalsozialistische Rechtspolitik fordert von uns: Die Sicherung des deutschen Volks in einem nationalsozialistischen Rechtsstaat“.[36] Die dort vor- und nachstehenden Ausführungen geben näheren Aufschluss darüber, was nach Franks Ansicht das zunächst einmal spezifisch Deutsche (wenn auch verbreitungsfähige, siehe oben) seiner Rechts- und Rechtsstaats-Konzeption ausmacht: Er zitiert Punkt 19 des Parteiprogramms der NSDAP („Wir fordern Ersatz für das der materialistischen[37] Weltordnung dienende römische Recht durch ein deutsches Gemeinrecht.“)[38], und auf der folgenden Seite schreibt er:Das nationalsozialistische Rechtsdenken ist nicht vereinbar mit einem Recht, das sich in blutleeren Abstraktionen ergeht.“[39]

Ausschnitt einer Sachsenspiegel-Handschrift von 1385von Hans Frank für das nationalsozialistische Rechtsideal in Anspruch genommen

Nach der Darstellung von Christian Hilger beruft sich Hans Frank auch in weiteren Schriftenauf ein ‚germanisches Urvolk’, welches mit der Rezeption des römischen Rechts sich selbst gegenüber entfremdet worden sei. Besonders klar sei der deutsche Gedanke der Einheit von ‚Sitteund Recht im Sachsenspiegel zum Ausdruck gekommen, der insofern als Maßstab für die weitere Rechtsentwicklung im Nationalsozialismus herangezogen werden müsse. Es gelte die dem deutschen Volk ‚ureigene’, ‚ewige Rechtsideewieder zur vollen Entfaltung zu bringen und es nicht länger zum ‚Objekt der abstrahierenden Sätze des Formalrechtszu degradieren.“[40]

Verwendungsweise bei Carl Schmitt

Nach Carl Schmitt stellen die Wendung Franks und seine eigenen Wendungen von 1934nationalsozialistischer Rechtsstaatundnationalsozialistischer deutscher Rechtsstaat[41] dentiefe[n] Bedeutungswandel“, den das WortRechtsstaatunter der Herrschaft des Nationalsozialismus insbesondere gegenüber der Weimarer Zeit erfahren habe, „außer Zweifel“.[42]

Carl Schmitt auf einem Klassenfoto (es gibt keine jüngeren Fotos von Carl Schmitt, die bereits gemeinfrei sind)

Harmonie von Staat und GesellschaftstattUnterordnung des Staates unter die bürgerliche Gesellschaft

Auch Carl Schmitt gab keine genaue Definition, was das Spezifische und vor allem das spezifisch Deutsche dieses Rechtsstaatsbegriff ausmache, aber er sah in jenen Wendungen eineglücklichere [gemeint: erfolgreichere] Weiterführung der […] Bemühungen von Lorenz von Stein und Rudolf Gneist“.[43] Über dieseBemühungenhieß es bereits auf der dritten Seite des fraglichen Aufsatzes:Große Denker und Gelehrte wie Lorenz von Stein und Rudolf Gneist versuchten unter ungeheuren Anstrengungen, mit Hilfe eines ‚deutschen’, auf die Harmonie von Staat und Gesellschaft hinzielenden Rechtsstaatsbegriffes die Unterordnung des Staates unter die bürgerliche Gesellschaft aufzuhalten[44], wie sie nach Ansicht Schmitts von Robert von Mohl mit dem Rechtsstaatsbegriff angezielt wurde.[45] Aber auch Robert Mohl, der allgemein als derjenige gilt, der die weite Verbreitung des Begriffs auslöste, hält Schmitt immerhin zugute, dass eranders als andere AutorenRechtsstaat und Polizeistaat nicht entgegensetzte.[46][47] 1934 bezog Schmitt Mohl auch in die Belobigung wegen derVersöhnung und Verbindung von Staat und bürgerlicher Gesellschaftsein:

Große und bedeutende deutsche Gelehrte, wie Robert Mohl, Lorenz v. Stein, Rudolf Gneist, bedienen sich dieses Wortes [Rechtsstaat], um das eigentliche Problem des deutschen 19. Jahrhunderts zu lösen, nämlich die Versöhnung und Verbindung von Staat und bürgerlicher Gesellschaft. […]. Dieser Rechtsstaat soll ein Staat sein, in dem Staat und bürgerliche Gesellschaft organisch verbunden sind und der Dualismus beider, der fortwährende, offene oder latente Konflikt zwischen Staat und Bürger, Regierung und Parlament, Exekutive und Legislative durch ‚integrierendeEinrichtungen und Methoden überwunden wird.

Carl Schmitt: Nationalsozialismus und Rechtsstaat, in: Juristische Wochenschrift 1934, 713718 (714, 715), auch in: Deutsche Verwaltung 1934, 3542 (37) – Hv. der Namen getilgt.

Erst danach beginnt nach Schmitts Darstellung das von ihm abgelehnte positivistische Stadium des Rechtsstaats-Verständnisses.[48]

Bezugnahme auf Lorenz von Stein

In seiner Schrift von 1935 bezog sich Schmitt zum einenohne wörtlich zu zitierenauf S. 297 der (ersten und) zweiten, „durchaus umgearbeitetenAuflage des Teils I von Lorenz von Steins Verwaltungslehre. Gemeint zu sein scheint diese Passage auf S. 296 f. der zweiten Auflage:Man muß zunächst davon ausgehen, daß Wort und Begriff des ‚Rechtsstaatesspezifisch deutsch sind. Beide kommen weder in einer nicht deutschen Literatur vor, noch sind sie in einer nicht deutschen Sprache correct wieder zu geben.“.[49]

Nach Lorenz von Stein bestand die Spezifik des deutschen Rechtsstaatsbegriffs darin, dass er nicht gesetzeszentriert, sondern ein Begriff der (rechtswissenschaftlichen bzw. rechtsphilosophischen) Lehre war. Siehe dazu den ArtikelRechtsstaat (Deutschland) (Wort- und Begriffsgeschichte)#Der BegriffRechtsstaat“.

Im 17. und 18. Jh. begründeten Hobbes, Locke und Rousseau in England und Frankreich die Lehre vom Gesellschaftsvertrag

Gemeint sein könnte außerdem auch noch eine Passage auf S. 297 unten/298 oben, wo Stein zwei Epochen des Rechtsstaats unterscheidet. In der ersten Epochen (die sich wohl vor allem auf Zeiten vor Aufkommen des Rechtsstaatsbegriffes und auf ausländische Autoren bezieht[50]) wurde der Staat (konzeptionell) durch Gesellschaftsvertrag begründet, und in der zweitenund nach Stein wohl vorzuziehendenPhase fällt diese Begründung weg:Hier [In der zweiten Epoche] ist es nicht mehr nothwendig, auf den Vertrag als Grundlage der Rechtsbegränzung der Regierung zurückzugehen; […] weder Herbart[51] noch Kraus[52] noch Hegel noch Stahl [denken] mehr an einen Vertrag […], und der Vertrag [verschwindet] selbst aus gewöhnlichen Werken, wie Bluntschli“.

Hegel und Stahl begründeten in Deutschland im 19. Jahrhundert den sittlichen Staat und den Rechtsstaat ohne Gesellschaftsvertrag.

Damit drückte Stein etwas mit affirmativer Konnotation aus, was spätere Autorennunmehr mit negativer Konnotationwie folgt formulierten: Das deutsche Rechtsstaats-Konzept seianders als die britische rule of lawnicht demokratisch-staatskonstituierend, sondern sei als bloße Begrenzung des vorgefundenen und hingenommenen Obrigkeitsstaates entwickelt worden.[53]

Bezugnahme auf Rudolf Gneist

Zum anderen bezog sich Schmitt auf die Seiten 1 und 180 f.[54] sowie 181 f. von Rudolf Gneists[55] Der Rechtsstaat (Springer: Berlin) von 1872, wobei Schmitt die beiden zuletzt genannten Stelle wörtlich zitiert:

Der Rechtsstaat ist kein Juristenstaat, […]. Wenn […][56] die extremen Elemente der Gesellschaft dem Staat […][56] sein Recht und seine Existenz[57] bestreiten, wenn die wesentlichsten Rechte der Staatsgewalt kurz und absprechend als Polizei, Bureaukratie und Willkühr[58] bezeichnet werden, so, denke ich, wäre es der Beruf des Juristen, daran zu erinnern, daß der deutsche Staat von Hause aus ein Rechtsstaat ist, daß nicht die ‚Bureaukratie’, sondern das Mißverständnis unserer Gesellschaft[59] den Rechtsstaat zerstört hat, daß unser Staat die Ordnung des Rechts und der Finanzen nicht erst von der Volksvertretung erlernt hat, sondern daß wir die vorhandenen tüchtigsten Staatseinrichtungen der europäischen Welt unter geordneter Mitwirkung der Gesellschaft nur fortsetzen und vervollkommnen wollen.“

Auf S. 180 leicht gekürzt ggü. der Zitierung bei Schmitt

substantielle Gerechtigkeitstattformale Methoden“/„RechtsstaatstattGesetzesstaat

Schon im Jahr zuvor hatte es Carl Schmitt in einem Aufsatz, auf den er sich in dem zitierten Aufsatz von 1935 erneut bezog, als einefremde Denkweise[60] bezeichnet, wenn sich „[v]or die offenkundige substantielle Gerechtigkeit […] eine Reihe von formalen Methoden, Grundsätzen, Normen und Einrichtungen [schiebt …], die aus dem Rechtsstaat einen bloßen Gesetzesstaat machen“.[61] In diesem Sinne ist es zu verstehen, wenn Schmitt dort affirmativ und ohne Anführungszeichen vomnationalsozialistischen Rechtsstaatund pejorativ vom liberalen, formellen‚Rechtsstaat’“ in Anführungszeichen spricht.[62]

Schmitts These von der Niederlage Steins und Gneists

Von einemtiefe[n] Bedeutungswandel“, den das WortRechtsstaatunter der Herrschaft des Nationalsozialismus erfahren habe, spricht Schmitt deshalb, weil nach seiner Darstellung dieBemühungenGneists und Steins gegenüber der Tendenz zur Formalisierung des Rechtsstaatsbegriffs nicht erfolgreich waren.[63]

Verantwortlich für das formale Rechtsstaats-Verständnis macht Schmitt einenwie er sagt – „als ‚konservativanerkannten Autor, Friedrich Julius Stahl (Jolson)“,[64][65] wobei die Anführungszeichen umkonservativwohl anzeigen sollen, dass Schmitt Stahl nicht als wirklichkonservativanerkannte; und der Klammerzusatz „(Jolson)“ verweist auf Stahls Namen vor dessen Konversion vom Juden- zum Christentum, womit das vermeintlich formale Rechtsstaats-Verständnis zugleich als jüdisch markiert und in nationalsozialistischen Augen umso mehr diskreditiert ist.[66]

Verwendungsweise bei Helmut Nicolai

Helmut Nicolai verband den Begriff des Rechtsstaates mitrassengesetzlichenÜberlegungen

Helmut Nicolai, Jurist, Rassentheoretiker und Leiter der wohl 1933 geschaffenenBerufsgruppe Verwaltungsbeamteim BNSDJ, der 1935 nach Kompetenzstreitigkeit politisch kaltgestellt wurde, stellte folgende Verbindung von Rechtsstaat undgermanischem Rechtsgedankenher:Dieser neue Staat, den wir schaffen, […], ist ein Rechtsstaat, ein Staat, in dem der germanische Rechtsgedanke an erster Stelle steht, wie er noch im Mittelalter an erster Stelle gestanden hatte, und wie er noch im Reich Friedrichs des Großen an erster Stelle gestanden hatte. Deshalb danken wir unserem Führer Adolf Hitler vor allem dafür, daß er uns Deutschen diesen Rechtsgedanken wiedergegeben hat. Ihm verdanken wir Juristen die Wiedererweckung des sittlichen Rechtsgedankens, die Neuschaffung des deutschen nationalsozialistischen Rechtsstaates.“[67]

Was diesengermanische Rechtsgedankeseines Erachtens ausmacht, wird von Nicolai an dieser Stelle nicht ausgeführt.[68]

Ablehnung des Positivismus als Merkmal der deutschen Auffassung vom Recht

Römisches Relief an der Mark-Aurel-Säule zu Rom: Germanische Ratsversammlung

Zuvor hieß es in der Rede zum Themadeutsche Auffassung vom Rechtaber schon: Dieliberale Rechtslehre wurde ‚Positivismusgenannt. Wenn ich einmal ganz kurz, schlagwortartig, sagen will, was darunter zu verstehen ist, so bedeutet Positivismus: der Staat macht die Gesetze, und die Gesetze haben die Juristen zu lernen und auszuführen, und mehr und anderes gibt es nicht. Ganz anders aber ist die deutsche Auffassung vom Recht, die wir Nationalsozialisten nach Punkt 19 unseres Programms vertreten und vertreten müssen. Zum Gesetz gehört auch geistiger Inhalt. Das Recht ist kein irdisches Ding, das man aus menschlichen Gesetzen erfahren kann, sondern die ewige Lebensordnung, die durch das Gesetz nur in Form gebracht wird, das Recht soll stets in Einklang stehen mit dem sittlichen Gesetz in den Sternen und unserer Brust.“[69] Aber selbst bei dieser, nach Nicolai, bloßen Formgebung des angeblich Vorgefundenen, ist der Gesetzgeber keine herausgehobene Instanz, sondern steht neben Richtern und Verwaltungsbeamten:Das Recht wird letzten Endes immer wieder neugeformt im Hirn und Herzen des Gesetzgebers, des Verwaltungsbeamten und des Richters“.[70] Und zum Maßstab dieser Formung heißt es dann: Für diese Aufgabe müssten die genannten Instanzengroßes Wissen mitbringen, […] vor allem ein Gewissen, das rassisch und völkisch bedingt ist. Deshalb wird das Recht immer rassisch bedingt sein, deshalb ist Recht ohne Rasse nicht zu verstehen und zu behandeln.“[71]

Was dies für dasdeutsche Rechtbedeute, wird auch an dieser Stelle von Nicolai nicht ausgeführt, aber in seiner folgenden Schrift Rasse und Recht von 1933 geht er genauer darauf ein.

Nordisches Recht gegen römisches und orientalisches Rechtsverständnis

Auch Nicolai bezieht sich auf einnordische[s] Urvolk“.[72] Dessen Rechtsdenken sei dadurch gekennzeichnet, dass in ihm das Rechtmit dem absoluten ethischen Begriff von Wahrheitverbunden sei und dadurch alsdas höchste Gut schlechthingelte.“[73] Dagegen habe die späte römische Rechtswissenschaft dieGlanzleistung“ (bei Nicolai in distanzierenden Anführungszeichen) „der Trennung von Sittlichkeit und Rechtvollbracht, „wie sie unserer modernen Zeit als selbstverständliche Wahrheit galt“.[74]

Den gleichen Gegensatz stellte Nicolai schon 1932 in seiner Schrift Die rassengesetzliche Rechtslehre[75] als Gegensatz von römischem und germanischem Recht dar:Wenn nun der Römer gefragt wurde, was rechtens sei, so […] schlug er das Gesetzbuch auf, […] der alte Deutsche […] konnte sich nicht auf eine Anordnung der Staatsgewalt berufen, sondern mußte sein Gewissen befragen. Er konnte nicht in ein Gesetzbuch schauen, sondern mußte die Antwort aus dem Ideal des Rechts entnehmen, das vor ihm aufgerichtet stand, jenem allgemeinen Rechtsgedanken, der das Gemeinschaftsleben durchherrschte und dem Einzelnen verbindliche Richtschnur sein sollte.“[76]

Einen weiteren Gegensatz macht Nicolai zwischen demnordischenund demorientalischenRechts-Verständnis auf: DasnordischeRecht resultiere aus Gewohnheit[77] bzw. Gewissen[78]; dasorientalischeRecht werde dagegennicht durch das Gewissen offenbar, sondern durch den Buchstaben eines Gesetzgebers.“.[79]

Der deutsche Rechtsstaat als der Staat derEinheit von Naturgesetz und Sittengesetz

Nach Nicolais rassenkundlicher Rechtslehre sind freilich auchnordischeVölker nicht davor gefeit, dem Gesetzes-Denken anheimzufallen:Der Rassezerfall zieht den Zerfall der nordischen Rechtsordnung nach sich und umgekehrt. An die Stelle der Rechtsfindung aus dem Gewissen tritt die Rechtsfindung aus dem geschriebenen Gesetz.“[80] In diesem Sinne kommt Nicolai zu einer verneinenden Antwort auf die anachronistische Frage, ob das späte Römische Reich ein Rechtsstaat gewesen sei:Wenn wir den Maßstab der altnordischen Vorstellung von Recht anlegen, muß man diese Frage verneinen. Von der allumfassenden Rechtsidee der Einheit von Naturgesetz und Sittengesetz, des Kosmos, der ewigen göttlichen Ordnung aller Dinge war fast nichts mehr zu merken. Von der verpflichtenden Wirkung des Rechtsgewissens, […], war nur noch wenig zu spüren. In Wahrheit war dies römische Reich ein Juristenstaat“ – ein Staat, in dem Juristen das Recht in Büchern verzeichnen[81] – „geworden, aber es war kein Rechtsstaat mehr.“.[82]

Der deutsche Rechtsstaat als Staat der Einheit von Rechten und Pflichten

Der totale Staat, Hauptwerk von Ernst Forsthoff

Schließlich bezieht sich Nicolai auf den seines Erachtensdeutsch-rechtlichen Gedanken, der keine Sphäre kannte, die tun und lassen konnte, was sie wollte, sondern alle Berechtigung unter dem Gesichtswinkel der Pflicht betrachtete.“[83] In diesem Sinne stellt eranknüpfend an Ernst Forsthoff[84] dentotalenStaat, der Recht und Pflicht zusammendenke, demdualistischen“, liberalen Staat, der eine private Sphäre der Freiheit einer staatlichen Sphäre der Pflichten entgegensetze, gegenüber.[85] Wegen jener vermeintlichen Abtrennung der Freiheit von den Pflichten gelangt Nicolai schließlich zu der Schlussfolgerung:Wenn der liberale Staat sechs oder sieben oder eine beliebige Vielzahl von Weltanschauungen mit ebensoviel verschiedenen moralischen Wertungen als berechtigt nebeneinander bestehen ließe, […], ja auch bei dieser eigenen Unsicherheit des Urteils gar nicht mehr recht wagte, überhaupt noch zu strafen und den Verbrecher vor der Gerechtigkeit mehr in Schutz nahm als die Mitmenschen vor dem Verbrecher, dann kann man wahrhaftig kaum noch sagen, daß dieser liberale Staat den Ehrennamen ‚Rechtsstaatverdient, […].“.[86]

Verwendungsweise bei Edgar Tatarin-Tarnheyden

Edgar Tatarin-Tarnheyden, nach Habilitation 1922 in Marburg Professor in Rostock, sprach 1933 affirmativ vomvölkischen Rechtsstaat“.[87]

1934 bezeichnet er den Rechtsstaat alsvor allem deutschen Wert:Schon, daß der Rechtsstaat nicht selbstverständlich ist, beweist, daß Staat und Recht nicht dasselbe sind. Diese Vermählung des Staates mit dem Recht hat der national-soziale Staat von vornherein auf seine Fahne geschrieben; […]. Der Rechtsstaat ist ein ewiger menschlicher und vor allem deutscher Wert, aus dem sich erst die Gemeinschaft des Volkes vollendet. […]. Der Rechtsstaat bedeutet grundsätzlich Bindung auch des Handelns der Staatsorgane an unverletzliche Rechtsnormen, die freilich nicht unbedingt Gesetzesnormen zu sein brauchen […]. Demgegenüber muß vertreten werden, daß das Prinzip des Rechtsstaats […] sich stets gleichbleibt, wobei die ‚Bindung an das Rechtkeineswegs mit positiver Gesetzmäßigkeit [gemeint: Gesetzmäßigkeit im positivistischen Sinne] identisch ist. Auf die Rechtsnorm kommt es freilich an, das führt aber keineswegs zu formaler Gesetzmäßigkeit“.[88]

Das Konzept der gestuften Staatsbürgerschaft

Völkischbedeutet dabei für Tatarin-Tarnheyden anscheinend (der Begriff wird nicht explizit definiert) zum einen, (außenpolitischen) auch alle Menschendeutschen Blutes“, die in anderen Staaten leben, als deutsche Staatsbürger in Anspruch zu nehmen und (innenpolitisch) nurAriern […] germanischen Geblütsvolle Staatsbürgerschaftsrechte zu gewähren. Beamtenrechte sind dabei für ihn nur ein erstklassiges Beispiel („vor allem“), für die einzuschränkenden Rechte. „Ariern nicht germanischen Geblütsund Juden deutscher Staatsangehörigkeit mit einemarischenGroßelternteil sollen volle Staatsbürgerschaftsrechte allenfalls bei besonderennationalen Verdienstenbelassen werden; Personen mit beidseitig jüdischen Großeltern kommen in Tatarin-Tarnheydensvölkischem Rechtsstaatals Träger von Staatsbürgerrechten gar nicht in Betracht.[89] Mit dieser Berücksichtigung vonnationalen Verdienstenlehnt sich Tatrin-Tarnheyen an das sogenannteFrontkämpferprivilegin § 3 II desgegen jüdische, sozialdemokratische und marxistische Beamte gerichtetenGesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums[90] an („Abs. 1 gilt nicht für Beamte, die bereits seit dem 1. August 1914 Beamte gewesen sind oder die im Weltkrieg an der Front für das Deutsche Reich oder für seine Verbündeten gekämpft haben oder deren Vater oder Söhne im Weltkrieg gefallen sind.“). Die auf eine Anregung Hindenburgs eingeführte Regelung, die dort als muss-Regelung („gilt nicht“) auch für Beamte mit vier jüdischen Großelternteilen gilt, will Tatarin-Tarnheyden allerdings nur bei einem begrenzteren Kreis von Personen ausschließlicherwägen“.[91] Im übrigen antizipiert sein Konzept einer gestuften Staatsbürgerschaft (in Tatarin-Tarnheydens Terminologie: bloßeformal-juristische Staatsangehörigkeitund vollesaus Blut und Bewährung in Dienst und Treue erworbenes ‚Staatsbürgertum’“) bereits 1933 die Nürnberger Gesetze von 1935 mit ihrer Unterscheidung zwischenReichsbürgerschaftund bloßerStaatsangehörigkeit“ (§ 3 I und III:Reichsbürger ist nur der Staatsangehörige deutschen oder artverwandten Blutes, der durch sein Verhalten beweist, daß er gewillt ist, in Treue dem Deutschen Volk und Reich zu dienen.“ „Der Reichsbürger ist der alleinige Träger der vollen politischen Rechte nach Maßgabe des Gesetzes.“[92])

Zum anderen bedeutetvölkischTatarin-Tarnheyden zufolge wohl, dieZusammenhänge des Staates mit der organischen blutmäßigen Lebensganzheitzu beachten und dieOrganismustheorie“ (gemeint ist wohl eine organisch-romantische[93] Staats-Auffassung) nicht ausüberspitztem relativististischen Intellektualismuszu verwerfen.[94]

Gerechtigkeit als germanischerGemeinschaftswert

1934 bezog sich Tatarin-Tarnheyden zustimmend auf Franks Charakterisierung Nazi-Deutschlands als Rechtsstaat[95] und führte außerdem aus:Der Rechtsstaat der strengen Rechtsbindung ist eben nie restlos durchzuführen, der Rechtsstaat bleibt stets ein Postulat der praktischen Staatspolitik, nie kann er restlos Wirklichkeit werden. Der Rechtsstaat bleibt trotzdem ein höchster sozialer Ordnungswert, der allein gegen Willkür schützen kann, und der insofern die Grundlage aller Kultur und zumal einer deutschen Kultur ist. Denn Deutschsein heißt gerecht sein. Der Rechtswert ist für den Germanen seit Urzeiten einer seiner höchsten Gemeinschaftswerte.“[96]

Dass es ihm bei der Ablehnung vonWillkürnicht um die Sicherung individueller Freiheitsrechte zu tun war, hatte er zuvor schon deutlich gemacht: DenVertreter[n] des ‚liberalen Rechtsstaats’“ warf er vor, sieräumten dem Individuum sogar eine metastaatliche […] Stellung ein, sie verabsolutieren den Einzelnen dem Staate gegenüber, sie räumten ihm damit die rechtliche Priorität vor dem Staate ein: das lief auf einen Individuallibertinismus hinaus, der dem Staate stets und überall in den Arm zu fallen vermochte, indem man das Handeln des Staates nur zulassen wollte, wo alles genau im voraus geregelt war, im normenfreien Raum aber den Vorrang des Individualinteresses postulierte. Das war das Korrelat zum wirtschaftlichen Libertinismus des Laisser faire, laisser aller[97]!“[98]

Hitlers Mein Kampf und Otto Gierke

Dasethische Grundbekenntnis des neuen Staatsfindet Tatarin-Tarnheyden in Hitlers Mein Kampf:

Die nationale Revolution hat dem deutschen Staatswesen, das bisher in seinem formalrechtlichen Relativismus glaubens- und bekenntnislos war, eine neue Staatsidee, ich möchte sagen einen neuen staatlichen Ur-Nomos gegeben. Dieser ist durch das nationalsozialistische Programm, durch Hitlers Werk ‚Mein Kampf’, durch die großen staatspolitischen Reden des Führers genügend deutlich gemacht und durch die Bestellung Adolf Hitlers zum Volkskanzler […] zum absoluten Siege gelangt. […]. Wir können diesen staatlichen Ur-Nomos[99] bezeichnen als denim Gegensatz zum System der 14 Jahre stehenden einheitlichen, totalen, völkischdeutschen und sozialen Volksstaat, organischen, herrschaftlich-genossenschaftlichen Gepräges und christlicher Art. […]. Ein darin liegendes politisches und zugleich ethisches Grundbekenntnis des neuen Staats wirkt sich für das Problem des Rechtsstaats entscheidend aus. Durch den Sieg des Nationalsozialismus ist der Rechtsstaat keineswegs verschüttet, sondern entscheidend gekräftigt. Dank einem solchen festen alles soziale Leben erfassenden staatlichen Ur-Nomos kann der Rechtsstaat in Zukunft vielfach auf einen Paragraphenpluralismus verzichten. Die neue Staatsidee trägt die Menschen selber. Wo aber Normen gesetzt sind, da ist dieser Ur-Nomos Leitstern für ihre Anwendung und Auslegung, ja er füllt die Lücken der Gesetze entscheidend aus. Dadurch wird er zu dem, was ich schon in meinen ‚Berufsverbänden’ (1930) als höchste Interpretationsnormbezeichnet habe. Er ist selber keine positive Rechtsnorm, sondern die oberste bluthafte Kulturnorm der deutschen Volksganzheit, er wirkt sich aber entscheidend für die Vollendung der ‚deutschen Rechtsstaatlichkeitaus, die nie und nimmer mit dem manchesterlich-marxistischen liberalen[100] Rechtsstaat seligen Angedenkens verwechselt werden darf.

Edgar Tatarin-Tarnheyden: Grundlagen des Verwaltungsrechts im neuen Staat, in: Archiv des öffentlichen Rechts 1934, 345358 (348 f.)

Berliner Gedenktafel für Otto von Gierke und seine Frau Anna

Im folgenden bezieht sich Tatrin-Tarnheyden unter anderem noch auf Otto GierkesBegriff der herrschaftlichen Genossenschaft’ […], in welchem sich Führerprinzip und völkische Genossenschaft zu einer Einheit vermählen“.

Otto von Schweinichen: Rechtsstaat nachgermanische[r] Tradition

Otto von Schweinichen sprach 1935 von einemin dieser Weise [nämlich der dergermanischen Tradition“] nur für uns Deutsche gültigen rechtsstaatlichen Denken“. Dies sei nunin moderner Gestalt fortzusetzen. Denn das Wesen des Nationalsozialismus, des von ihm ergriffenen Rechts- und Staatsdenkens, ist gerade die Überwindung des wertneutralen Positivismus, der das positive Gesetz als Selbstzweck versteht und insofern bereits mit dem Recht identifiziert.“[101]

Zuvor bezog sich von Schweinichen bereits auf den Sachsenspiegel und Friedrich dem Großen sowie außerdem auf Platon.[102]

Kurt Groß-Fengels

Groß-Fengelsrelativ formell-positivistischer Ausgangspunkt

Gustav Radbruch (vor 1921). Kurt Groß-Fengels traute sich 1936 den sozialdemokratischen Rechtsphilosophen und vormaligen Weimarer Justizminister, Gustav Radbruch, neutral bis zustimmend zu zitieren.

Die wohl am ehesten an einen formellen[103] Rechtsstaatsbegriff anschließende Veröffentlichung der NS-Zeit dürfte Kurt Groß-Fengels1936er Marburger Dissertation Der Streit um den Rechtsstaat sein.[104][105] Er zitiert Weimarer Schriften des zu dieser Zeit noch weitgehend positivistisch[106] orientierten SPD-Mitgliedes Gustav Radbruch neutral bis zustimmend[107] und warnt vor allzu viel Übertreibung bei dem BestrebenGerechtigkeitunmittelbardh.: ohne Dazwischen-Schaltung von Gesetzen und also unter Verletzung der Rechtssicherheitverwirklichen zu wollen[108]; und er verteidigt sogar (allerdings aufgrund einer eher materiellen Lesart) Julius Stahl gegen die Angriffe Carl Schmitts.[109] Des Weiteren macht er im Großen und Ganzen deutlich, dass jene eher formalistische Orientierung zumindest ein Minimum an Freiheit für die Bürger sichern soll, wobei er freilich auch deren wirtschaftliche Bedeutung betont[110], und er unterlässt in seiner Schriftanders als alle anderen hier behandelten Autorenjede antisemitische Äußerung.[111]

Groß-FengelsArgumentationsstrategie besteht dabei darin, zum einen dieses relativ formale Rechtsstaats-Verständnis und das 19. Jh. vor dem pauschalen, nationalsozialistischen Verdammnisurteilliberalin Schutz zu nehmen[112] und zum anderen Ursprünge dieses Rechtsstaats-Verständnisses schon vor dem 19. Jh. auszumachen. Dies gelingt ihm freilich nur um den Preis erheblicher Verkürzungen einer originär formellen Rechtsstaats-Konzeption; und dabei sind es gerade diese Verkürzungen, die Groß-Fengels alszutiefst […] deutschdarstellt; und um den Preis, dass sich Groß-Fengels der nationalsozialistischen Verwerfung der Weimarer Republik anschließt.[113]

Die Abstriche an einer formellen Rechtsstaats- und Freiheits-Konzeption als spezifisch deutsches Rechtsstaats- und Freiheits-Verständnis

Zunächst einmal identifiziert Groß-Fengels das, wasunabhängig vondiese[r] oder jene[r] staatsrechtlichen Richtung“ – den Kern des Rechtsstaats ausmache, mit der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Den gerichtlichen Rechtsschutz und die Gewaltenteilung interpretiert er dabei als (folglich nachrangige) bloße Mittel zu Erreichung dieses Zwecks (Gesetzmäßigkeit der Verwaltung).[114] Dabei gibt er der Gewaltenteilung eine in erster Linie gegen die Exekutive gerichtete Lesart:seine [der Staates] Verwaltungsorgane [sollten] an unverbrüchliche Normen gebunden werden. Der Wert dieses Gedankens schien nun dann vollkommen gesichert, wenn man es unmöglich machte, daß die vollziehende Gewalt diese Normen von sich aus wieder umwerfen konnte.“.[115] Dies ist nun der erste Abstrich, den Groß-Fengels vornimmt: Um den Rechtsstaatsbegriff für den Nationalsozialismus zu retten, darf Gesetzesbindung nicht nur Bindung an förmliche Parlamentsgesetze heißen, sondern er muss die nationalsozialistischen Regierungsgesetze als vollwertige Gesetze akzeptieren[116]:Auch dann, wenn […] die oberste Spitze der ausführenden Gewalt gleichzeitig oberster Gesetzgeber ist, bleibt die Möglichkeit, hinsichtlich der unteren Träger staatlicher Macht die Bindung an das Gesetz als eine Voraussicht gewährende, unverbrüchliche Regel als Wert anzuerkennen.“[117]

Freiherr vom Steinhier als Erwecker desdeutschen Gedankensgefeiert.
Ferdinand Hodler (18531918): Auszug der Jenenser Studenten in den Freiheitskrieg 1813

Damit kann er dann auch eine schon vor dem 19. Jahrhundert beginnende Rechtsstaats-Tradition ausmachen:Es ist […] interessant festzustellen, daß der in der Gesetzmäßigkeit liegende Wert der Voraussehbarkeit und Berechenbarkeit nicht erst eine Entdeckung des ‚liberalistischen19. Jahrhunderts ist, was man auf Grund der Darstellungen der [nationalsozialistischen] Gegner des Rechtsstaatsbegriffes annehmen könnte, – sondern daß diesem Wert bereits im preußischen Absolutismus […] Beachtung geschenkt worden ist.“[118] Sodann macht Groß-Fengels geltend:Dieser ‚Deutschliberalismus’ [des Freiherrn vom Stein und der studentischen Burschenschaften] war weit davon entfernt, ungebunden, egoistisch oder auch nur wertneutral zu sein.“ Dennneben dem Wort ‚Freiheitstanden Vaterland, Wehrhaftigkeit und Ehre.“[119] Außerdem bezieht er sich auf diedeutsche Anschauung der Freiheit, die ihr Maß bereits in sich trägt,“ also von vornherein (auch ohne gesetzliche Einschränkung) begrenzt ist.[120]

Auf dieser Grundlage schließt sich dann auch Groß-Fengels Franks Rede vomdeutschen Rechtsstaat Adolf Hitlersan.[121] Dieser Staat sei aus zwei Gründen Rechtsstaat:Der nationalsozialistische Staat ist Rechtsstaat, er ist es erstens, weil er um des Volkes willen nicht darauf verzichtet, das Verhältnis StaatEinzelperson durch Rechtsnormen zu regeln; er ist es weiter deshalb, weil es für ihn eine Selbstverständlichkeit ist, seiner Rechtsordnung zu Grunde zu legen eine Wertordnung nationalsozialistischer völkischer Weltanschauung, so daß von einem Widerspruch von Rechtsstaat und Gerechtigkeit nicht gesprochen werden kann.“[122]

Hier wird also deutlich, dass es die formale Komponente ist, die dem Volk dient, indem sie zumindest ein Minimum an Rechtssicherheit bietet, während die materielle Komponente der Verhandlung des Volkes entzogen ist, sondern einfach als selbstverständlich vorausgesetzt wird und praktisch in die Definitionsmacht der Führung gestellt ist.

Abschließend geht Groß-Fengels auf dieser Grundlage auf einzelneRechtsstaatsprinzipien“ (heute würde von der herrschenden Lehre von Elemente des Rechtsstaatsprinzips gesprochen) ein[123]:

  • Zum Verhältnis von Gesetzmäßigkeit und freiem Ermessen der Verwaltung nimmt er wie folgt Stellung. „Wenn man früher die Forderung nach ‚tunlicher Einschränkung des freien Ermessenserhob, so ist man heute leicht geneigt, tunlichste Ausdehnung des freien Ermessens zu verlangen. So allgemein und uneingeschränkt kann dieser Forderung nicht zugestimmt werden.“[124]
  • Der bspw. von Theodor Maunz[125] vertretenen Forderung nach einem Übergang von der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zu einer überpositivenRechtmäßigkeitder Verwaltung macht Groß-Fengels folgendes Zugeständnis:Insofern nun in der Forderung nach Rechtmäßigkeit der Verwaltung der Gedanke zum Ausdruck gebracht wird, daß die Ausdrucksweise ‚Rechtmäßigkeit der Verwaltungder anderen Ausdrucksweise ‚Gesetzmäßigkeitder Verwaltungdeshalb vorzuziehen sei, weil sie den Verwaltungsbeamten immer wieder darauf hinweise, unter Berücksichtigung der durch die nationalsozialistische Revolution geschaffenen Situation nicht den Buchstaben, sondern den Geist des Gesetzes entscheiden zu lassen, und da, wo Gesetze wirklich versagen, aus nationalsozialistischem Rechtsdenken das Recht zu schöpfen, ist dagegen nichts einzuwenden.“[78] Dann macht Groß-Fengels allerdings doch noch diese Einschränkung:Es muß immer wieder betont werden, daß es ein Irrtum wäre, wollte man annehmen, daß dies bedeutet, […] daß nun Platz sei für eine freie Rechtsanwendung aus deutschem Rechtsempfinden heraus.“[126]
  • Schließlich trägt auch Groß-Fengelstrotz seines ohnehin bereits entparlamentarisierten Gesetzesbegriffseine Aufweichung des Vorbehalts des Gesetzes für Eingriffe in Freiheit und Eigentum mit.[127] Grundrechte (und ähnlich andere subjektive öffentliche Rechte[128]) werden entsprechend relativiert[129] und unter den Vorbehalt eines überpositivenStaatsnotrechtsgestellt.[130]
  • Gemäß der generellen Perspektive der Stärkung der Führung soll der Verwaltungsrechtsschutz eingeschränkt werden.[131]

Diese Lockerungen der Gesetzesbindung, die die Punkte 1 bis 3 bedeuten, sowie der Justizstaatlichkeit, welchletztere insoweit zuvor gegen die Exekutive gerichtet war, erfolgen auch bei Groß-Fengels im Namen von oder zumindest als Zugeständnis an überpositive Gerechtigkeit[132], Führung[133] und Deutschtum.[134]

Gesamteindruck von der Argumentation Groß-Fengels

Bei Groß-Fengels tritt am ehesten die Frage auf, inwieweit seine Zugeständnisse an den nationalsozialistischen Sprachgebrauch der Preis war, der damals zu zahlen war, um außerhalb des Untergrundes publizieren zu können. Zugleich zeigt die Schrift, wieweit es zumindest bei akademischen Schriften möglich war, Distanz zu wahren, ohne Opfer der Repression zu werdenwas wiederum Rückschlüsse darauf zulässt, wieweit die weitergehenden Zugeständnisse anderer Autoren nicht den Umständen geschuldet waren, sondern vermutlich aus Überzeugung erfolgten.

Trotzdem wird man auch Groß-FengelsAbstriche von einer formellen Rechtsstaats-Konzeption ernstnehmen müssen und selbst in seinem Fall fehlgehen, in ihm einen verkappten Widerstandskämpfer zu sehen: Auch Groß-Fengelsstellte die Fragenach dem Wert des Rechtsstaatsbegriffs für den nationalsozialistischen Staat“.[135] Aber Groß-Fengels war (auf der analytischen Ebene) der Überzeugung, dass der despotische (unberechenbare) Charakter der Staatsgewalt mit dem Ausmaß ihrer Entformalisierung steigt.[136] Und in der (Wertungs-)Konsequenz war er danngegen den Trend der damaligen Zeitmit Abstrichen an einer formellen Rechtsstaats-Konzeption zumindest vorsichtig und verzichtete auf jede offensive Propagierung einer materiellen Rechtsstaats-Konzeption.

Ähnliche Wendungen bei anderen Autoren

Ähnliche Formulierungen wie die Rede vomdeutschen Rechtsstaatfanden sich bei anderen Autoren.

Otto Koellreutter

Otto Koellreutter (seit 1920 Professor in Halle und schon seit 1930 Sympathisant der NSDAP[137]) publizierte 1932 eine Schrift dernationale Rechtsstaatund ließ 1935 einen BeitragDer nationalsozialistische Rechtsstaat[138] folgen.

Nationaler Rechtsstaatersetzt bürgerlichen Individualismus

Nach Hilger macht für Koellreutter die Unterordnung der Individualinteressen unter behaupteteBelange der Allgemeinheitbzw. der‚Volksgemeinschaft’“ das spezifisch nationale bzw. nationalsozialistische seines Rechtsstaatsbegriffs aus[139]:Geschützt werden sollen […] bestimmte traditionelle Werte unserer nationalen Lebensgemeinschaft. […]. Und dieser traditionelle Sinne der Erhaltung organisch gewordener nationaler Einrichtungen, wie des Berufsbeamtentums, der kommunalen Selbstverwaltung, aber auch des Eigentums unterscheidet den ‚nationalen Rechtsstaatscharf vom bolschewistischen Sinne, der gerade für das historisch Gewordene keine Sicherungen und Garantien anerkennt.“.[140] Diese Einrichtungen alstraditionelle Werte unserer nationalen Lebensgemeinschaftzu schützen, bedeutet dabei nach Koellreutter zugleich, sie in ihrer individuellen Dimension zu relativieren: Sie werden als Einrichtungen, als Institutionen geschützt und nicht als individuelle Freiheitsrechte[141]:In ihrer Anerkennung als Werte der nationalen Lebensordnung besteht […] die Bedeutung der Institutionen und Institute in erster Linie und nur in diesem Rahmen ist dann auch die Betätigung und Garantie subjektiver Rechte sinnvoll und berechtigt.“[78]

Daraus, dass der Rechtsstaat nunmehr einnationale[r]“ sein sollte, ergab sich nach Koellreutter, dassder primäre Rechtswert in ihm in der rechtlichen Gestaltung und Sicherung unserer nationalen Lebensordnung bestehtund dass dasStaatsnotrecht […] die Grundlage seiner rechtlichen Gestaltung der Idee der nationalen Rechtssicherheit bildet“.[142] Dernationale Rechtsstaatsei alsoinsofern antiliberal, als der bürgerliche Individualismus […] keine politische Idee mehr ist, deren Basis tief und breit genug im Volk lagert, um den Staat allein tragen zu können.“

Grundlagen für die Errichtung des nationalsozialistischen Rechtsstaats

Auch Koellreutter bezieht sich insoweit auf seines Erachtens spezifischdeutsche[s] konservative[s] Erbgut:Gerade diesen [individualistischen] an sich fremden liberalen Gedankengängen gegenüber gilt es, das alte deutsche konservative Erbgut wieder herauszustellen, wie es in der Wiederherstellung einer deutschen Volkstradition in nationalsozialistischer Prägung liegt.“[143]

Weiter führte Koellreutter in seinem 1937 in dritter Auflage erschienen Deutschen Verfassungsrecht zu diesem Thema aus:In einem Volk wie dem deutschen, das immer ein besonderes feines und empfindliches Rechtsgefühl entwickelt hat, deshalb[144] besitzt der Rechtsstaat einen Ewigkeitswert. Der nationalsozialistische Staat ist ein ausgesprochener Rechtsstaat, weil in ihm Staatsidee und Rechtsidee aus derselben völkischen Quelle fließen und das deutsche Volk als politische Größe seinem eigensten Wesen in der Staats- und Rechtsgestaltung des Nationalsozialismus Ausdruck verleiht.“[145]

Später nimmt Koellreutter noch auf dasGemeinschaftserlebnisdes Ersten Weltkrieges Bezug:Das ungeheure Erleben des Weltkrieges hat die Frontgenetation und der heutigen jungen Generation das individualistische Denken durch das Gemeinschaftsdenken ersetzt und damit die notwendige Grundlage für die Errichtung des nationalsozialistischen Rechtsstaats geschaffen. Für ihn ist nicht die Rechtsform, sondern die Rechtsidee das Entscheidende. Erst kommt das Recht, dann kommt das Gesetz.“[146]

Gerechtigkeit geht vor Rechtssicherheit

Zwar gibt Koellreutter ein Lippenbekenntnis zur Rechtssicherheit ab:In jedem Rechtsstaat muß sich der einzelne Volksgenosse geborgen fühlen in dem Gefühl der Rechtssicherheit, das das Bestehen einer positiven Rechtsordnung dem einzelnen verleiht.“[147] Aber was diesesGefühlwert ist, ergibt sich daraus, es in den beiden vorstehenden Sätzen hieß, dass die Rechtssicherheit nur im Rahmen des Vorrangs derSicherheit der völkischen Lebensordnung […] vor der Sicherheit des EinzelneneinenWert im völkischen Staathabe.[74] Auf der vorhergehenden Seite wurde die positive Rechtsordnung unter den Vorbehalt derNotwendigkeiten der politischen Existenzgestellt[148]:Diese Bindung an die Normen der positiven Rechtsordnung“ – und Koellreutter spricht hier wohlgemerkt von der von der nationalsozialistischenpolitischen Führung geschaffenen Rechtsordnung und nicht etwa von überkommenen Weimarer Gesetzen – „findet […] ihre Grenzen in der Existenz und der Behauptung der nationalen Lebensordnung. Alle Maßnahmen die dieser Behauptung dienen, sind deshalb ‚als Staatsnotwehr Rechtens’ (vergl. Gesetz über Maßnahmen der Staatsnotwehr vom 3. Juli 1934).“[149]

Und bereits auf der ersten Seite des fraglichen Abschnittes zumnationalsozialistischen Rechtsstaathieß unter Auflösung jeglicher Formalität der Rechtsordnung:Als ‚gerechtwerden diejenigen Normen empfunden, die sich zur Aufgabe stellen, die nationale Lebensordnung des Volkes in ihrem Bestande zu schützen und zu entwickeln. In diesem Sinne ist ‚Alles, was dem Volke nützt, Recht, alles, was ihm schadet, ist Unrecht’ (Rechtsminister Frank).“[150]

Der große Brockhaus (20-bändige Ausgabe von 1934)

Auch der Brockhaus sprach 1934 im ArtikelStaatvomnationalen Rechtsstaat“. Dort hieß es:Auch der Führerstaat als nationaler Rechtsstaat bejaht die Ordnungskraft des Rechts“.[151]

Heinrich Lange

Heinrich Lange stellte im gleichen Jahrden inneren Wert des nationalsozialistischen Rechtsstaates der äußeren Form eines leeren Gesetzes- und Machtsstaates entgegen:M.E. müssen wir den Begriff Rechtsstaat gegenüber dem liberalistischen Gesetzesstaat allein in Anspruch nehmen.“.[152] Lange grenzt sichähnlich wie Tatrin-Tarnheyenvom Manchesterliberalismus ab, verbindet dies aber mit einem Lob für dasdeutsche Bürgertum Mitte des 19. Jahrhunderts“, das diesem (materialistischen) Verfall des (idealistischen, deutschen) Freiheits-Verständnisses nochtatkräftig Widerstand leistete“.[153]

Roland Freisler

Roland Freisler (Mitte) als Präsident des Volksgerichtshofes

Roland Freisler betonte 1937 zunächst den zumindest philologisch spezifisch deutschen Charakter des Wortes Rechtsstaat („Rechtsstaat ist ein in der deutschen Staatslehre entwickelter Begriff, den als durchdachter Begriff wohl erstmalig von Mohl […] verwandte. Der Begriff und die für ihn gefundene Wortprägung fand Eingang in die staatswissenschaftliche Weltliteratur, ohne daß fremde Sprachen für ihn ein eigenes selbständiges Wort bilden konnten.“) und warf demliberal-bürgerliche Gesetzesstaatvor, „sich der Bezeichnung ‚Rechtsstaatzu Unrecht bemächtigtzu haben, und behauptete außerdem:Der nationalsozialistische Staat […] erhebt die Rechtsstaatsidee von einer formalen zur materiellen Idee.“[154]

Hans Peter Ipsen

Hans Peter Ipsen sprach 1937 vomintensivierte[n] französische[n] Gesetzgebungsstaat“ – sozusagen eine Weimarer Republik in Potenzund sagte schon über den (einfachen, nicht intensivierten) Gesetzgebungsstaat:Das Monopol, das der Gesetzgebungsstaat dem Gesetz und dem Richter in der Verwirklichung des Rechtswertes zuerkannte, ist nicht mehr. Denn es ist seinem Bestande nach verknüpft mit dem Postulat, das abstrakte, generelle Gesetz sei Träger der Gerechtigkeit schlechthin und nur die korrekte Subsumtion des Sachverhalts unter die Norm ermögliche ihre konkrete Realisierung.“ Demgegenüber heißt es über den nationalsozialistischen Führerstaat, er seiein gerechter Staat, der sich mit viel größerer Legitimität [als derüberwundene Staat“] Rechtsstaat nennendürfe. Dieser bedürfte solchzerbrechlicher Krückenwie Gesetzgebung (und folglich Abstraktion), Gesetzesbindung und Subsumtion nicht mehr; vielmehr ermögliche die Führung derWirklichkeit […] unmittelbar gerecht zu werden“. Der neue Staat verlangedie Geltung des Nomos, des Rechts schlechthin, das höchste, unabänderliche, aber konkrete Ordnungsqualität in sich hat.“[155]

Wilhelm Frick und Hans Heinrich Lammers

Laut Carl Schmitt habenaußer den hier bereits genanntenauch Reichsinnenminister Frick und Reichskanzleichef Lammers vom NS-Staat als Rechtsstaat gesprochen.[156]

Abweichende Positionen

Abweichende Positionen, die um der begrifflichen Radikalität willen, den BegriffRechtsstaataufgeben wollten, blieben randständig. Sie sind, soweit ersichtlich, gerade nicht von politischen Funktionären, sondern ausschließlich von jüngeren Akademikern überliefert.

Zu nennen sind hier vor allem der Carl Schmitt-Doktorand, Günther Krauß, sowie Ernst Forsthoff (auch ein Schmitt-Schüler, aber seit 1933 Professor und davor schon Privatdozent).

  • Krauß vertrat die These, „Der Begriff Rechtsstaat ist an die verfassungsrechtliche Lage des 19. Jahrhunderts gebunden; für den Staat des 20. Jahrhunderts hat er keine Berechtigung mehr.“.[157]
  • Forsthoff warf zwar einerseitswie oben bereits zitiertdem liberalen Staat vor, zu Unrecht zu beanspruchen ein Rechtsstaat zu sein. Andererseits war er aber doch der Ansicht, dass das WortRechtsstaat“ „rein aus liberalem Denken hervorgegangensei, und es deshalb nicht nur einterminologischer Mißgriffsei, das Wort weiterzuverwenden. Vielmehr würden damitnotwendig die Assoziationen und Emotionen aus[gelöst], die nun einmal an ein solches Wort gebundenseien.[158]

Krauß und Forsthoff waren sich mit denjenigen, die den Rechtsstaatsbegriff affirmativ für den Nationalsozialismus verwandten, in der Ablehnung eines formell-gesetzesstaatlichen Rechtsverständnisses einig[159], aber anders als die Haupttendenz in der nationalsozialistischen Diskussion nicht der Ansicht, dass sich der Rechtsstaatsbegriff von einem solchen formellen Rechtsstaatsverständnis lösen lasseweshalb sie für die Aufgabe des Begriffs plädierten.

Bewertung nach 1945

Rechtswissenschaft

40 Jahre Verdrängung seitens der herrschenden Lehre

In der Nachkriegszeit wurden jene im spezifischen Sinne positiven Bezugnahmen von Nationalsozialisten auf den BegriffRechtsstaatzunächst nicht thematisiert. Noch 1969 sprach Ernst-Wolfgang Böckenförde (geb. 1930)[160] pauschal vonder Rechtsstaatskritik […] nach 1933“.

1975: Knappe Referierung des nationalsozialistischenantiliberalen Rechtsstaatsbegriffs (Klaus Marxen)

Bereits 1975 referierte Klaus Marxen im Rahmen einer vor allem strafrechtlich orientierten Studie knapp den nationalsozialistischenantiliberalen Rechtsstaats“-Begriff.[161] Marxen betont, dass die Autoren der NS-Zeit sich vonder Herrschaft eines vorgegebenen Rechtsstaatsbegriff befreienundden in ihm enthaltene Maßstab neu bestimmen [wollten], um ihn für den neuen Staat anwendbar zu machen“.[162] In Bezug auf die NS-Verwendung des WortesRechtsstaatsetzt er teilweise, aber nicht immer Anführungszeichen.[163] Auf die Berechtigung oder Lauterkeit der nationalsozialistischen Begriffsverwendung geht er (darüber hinaus) nicht explizit ein. Er betont den antiformalen (substantialistischen) Charakter des nationalsozialistischen Rechtsstaatsbegriffs:Der neue Staat habe sichnach der Programmatik der Autoren des NS-Zeitzum Ziel gesetzt, das über dem Gesetz stehende Recht des deutschen Volkes ohne Rücksicht auf formale Schranken zur Geltung zu bringen. In diesem ‚nationalen Rechtsstaatsei erst die eigentliche Rechtsstaatlichkeit hergestellt, indem dort das ‚artgemäßeRecht des Volkes verwirklicht werden.“[164]

1978: Die These vom wahren Kern des nationalsozialistischen Rechtsstaatsbegriffs (Ingeborg Maus)

Die Frankfurter Politikwissenschaftlerin Ingeborg Maus vertritt im Gegensatz zur Missbrauchs- und Unehrlichkeits-These die Auffassung:Die nach 1933 unter bürgerlichen Staatsrechtslehrern und Parteijuristen einsetzende Diskussion um die Formel vom ‚nationalsozialistischen Rechtsstaatist alles andere als ein episodisches Satyrspiel oder ein bloßer Streit um Namen, […]. Wenn der Übergang zum NS-System jetzt [gemeint: nach 1933] als eine Wendung vom ‚Gesetzesstaat zum Rechtsstaatbeschrieben wird, so ist damit die letzte Konsequenz der Verabsolutierung inhaltlichen bürgerlichen Rechtsinteresses gegenüber der ihm bisher verbundenen Rechtsform ausgesprochen: inhaltliche Rechtssicherheit tritt jetzt an die Stelle formaler Berechenbarkeit des Rechts.“[165]

Ähnlich ist die Bewertung, die Richard Bäumlin und Helmut Ridder vornehmen, wenn sie diewüste Sturzflut ‚materieller Rechtsstaatlichkeit’“, die nach 1933 von Rechtsprechung und Literatur produziert wurde, alsTrendgipfel im antidemokratischen Kontinuum“, das die deutsche Geschichte ihrer Erachtens darstellt, bezeichnen.[166]

1985: Von der Verdrängung zur Verneinung (Ulrich Schellenberg)

Ernst-Wolfgang Böckenförde, Herausgeber des Sammelbands Staatsrecht und Staatsrechtslehre im Dritten Reich

Böckenförde selbst leistete dann 1985 mit dem von ihm herausgegebenen Sammelband Staatsrecht und Staatsrechtslehre im Dritten Reich einen Beitrag dazu, diese Verdrängung infragezustellen.

Ulrich Schellenberg gab dort eine nüchterne Darstellung dessen, was vielleicht als dervon deren politischen Standpunkt aus gesehenrationale Kern (also abzüglich der späteren nationalsozialistischen, rassentheoretischen Mystik) der schon zu Weimarer Zeiten einsetzenden Kritik eines liberalen Rechtsstaats-Verständnisses war.[167] Sodann stellt er die rechtskonservative und nationalsozialistische Diskussion über die Übernahme und Vereinnahmung des Rechtsstaatsbegriffs dar[168] und kommt schließlich zu dem Ergebnis:Auch diejenigen, die für eine Übernahme des Rechtsstaatsbegriffs eintreten, lehnen die liberale Rechtsstaatsidee entschieden ab.“[169]

Da Schellenberg das liberale Rechtsstaatsverständnis anscheinend für das allein wahre Rechtsstaatsverständnis hält, kann er seinen gesamten Aufsatz unter die pauschale Überschrift Die Rechtsstaatskritik stellen. – Damit ist der Übergang von der Verdrängung zur Verneinung der nationalsozialistischen Berufung auf den Rechtsstaat vollzogen.

1993: Missbrauchsthese (Edin Šarčević)

In seinem Aufsatz in der Zeitschrift Rechtstheorie aus dem Jahre 1993 spricht Edin Šarčević zwar explizit vomMissbrauchdes Rechtsstaatsbegriffs, ist aber doch der Ansicht, „daß die nationalsozialistische Kritik des Rechtsstaats aus der modernen Gedankenerfahrung nicht als unseriös, wertlos oder inakzeptabel verworfen werden kann.“[170] Was er damit genau meint, bleibt auch im weiteren Verlauf des Aufsatzes etwas dunkel; zu vermuten ist aber, dass er der nationalsozialistischen Kritik insofern Seriosität zubilligt, als sie sich gegen ein einseitig formelles Rechtsstaats-Verständnis wendet[171] und in Sonderheit, soweit sie sich gegen die Reine Rechtslehre Hans Kelsens wendet.[172]

Šarčević ist nun allerdings wohl der Ansicht, dass der Nationalsozialismus ein einseitig materielles Rechtsstaats-Verständnis vertrat[173] und deshalbwenn auch vom umgekehrten Ausgangspunktauf das gleiche Ergebnis wie die Reine Rechtslehre hinauslaufe[174]: Beide würden Recht und Staat gleichsetzen, weshalb der Rechtsstaatsbegriff sinnlos würde, da bei einer Gleichsetzung von Recht und Staat Rechtsstaaten und Nicht-Rechtsstaaten nicht mehr unterscheidbar seien.[175]

1999: Unehrlichkeitsthese (Michael Stolleis)

Auch Michael Stolleis befasst sich in seiner Geschichte des öffentlichen Rechts mit der nationalsozialistischen Berufung auf den Rechtsstaat, hält sie aber wohl für eine unehrliche, bloßtaktischgemeinte Okkupierung des Wortes.[176] Zugleich macht Stolleis allerdings deutlich, dass die Ablehnung von Formalismus und Positivismus durch die nationalsozialistischen Juristen ernstgemeint war:Das formale Verständnis vom Rechtsstaat solle zugunsten eines ‚gerechten Staatesüberwunden werden, der positivistische Gesetzesbegriff durch einen quasinaturrechtlichen, der ‚substanzhaftgenannt wurde, ersetzt werden, das Verständnis der Grundrechte als Schutzrechte von Privaten durch objektive Garantien, der gerichtliche Schutz ‚gegenden Staat durch ein neues, auf das Ganze bezogene Richterleitbild. […]. An seiner [des liberalen Staates] Stelle herrschte ein Staat im Namen einer höheren Gerechtigkeit, die auf Vernichtung von Gegnern gerichtet war und formale Hemmungen meinte verachten zu können.“.[177]

2003: Erste monographische Behandlung der nationalsozialistischen Rechtsstaatsdiskussion (Christian Hilger)

Christian Hilger legte 2003 eineStrukturanalyseder Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich als Dissertation vor, die neben den hier behandelten Autoren auch solche behandelt, die, ohne Adjektiv-Substantiv-Fügungen wiedeutscher Rechtsstaatzu verwenden, während der Herrschaft des Nationalsozialismus über den Rechtsstaat schrieben. Einigendes Band all dieser Positionen sei unter anderem die Ablehnung der liberalen (formalistisch-positivistischen) Gleichsetzung von Recht und Gesetz gewesen.[178]

Hilger unternimmt im übrigen eine Differenzierung zwischen Autoren, die den liberalen Rechtsstaatsbegriff bloß umkehren [zB. Freisler und Lange], ihn modifizieren [zB. Tatarin-Tarnheyden] bzw. die begrifflicheStrukturgrundlegend umbauen [Nicolai, Frank und Schmitt], sowie danach, wie die verschiedenen Autoren die von ihnen beanspruchten moralischen Werte konzeptionieren.[179]

Carl-Schmitt-Biographik

1. Hasso Hofmann (Legitimität gegen Legalität. Der Weg der politischen Philosophie Carl Schmitts)[180] zitiertanhand der Sachregister-Fundstellen fürRechtsstaatzu urteilenvon den fraglichen Schmitt-Aufsätze zum Rechtsstaat nurWas bedeutet der Streit um den ‚Rechtsstaat’“ – und zwar als Ergänzung zu einem Zitat aus einem Schmitt-Artikel im NS-Organ Westdeutscher Beobachter[181]: Mitlebhafter Zustimmungzitiere Schmitt einenSatz von Roland Freisler, wonach ein Staat, der die ‚geballte Kraft der Nationsichere […] ein Rechtsstaat, dagegen ein von ‚liberalistischen Dokumenten geleitetes Gebildekein Rechtsstaat sei“. Auf begriffsgeschichtliche Komplikationen und auf die Berechtigung der unterschiedlichen Rechtsstaatsbegriffe geht Hofmann nicht ein.

2. Laut Carl Hermann Ule (siehe unten) geht Joseph W. Bendersky (Carl Schmitt. Theorist of the Reich, Princeton University Press: Princeton 1983) in seiner Darstellung nicht auf Schmitts Rechtsstaats-Aufsätze aus der NS-Zeit ein.

Bernd Rüthers war mit seiner Studie Unbegrenzte Auslegung (Mohr: Tübingen: 1. Aufl.: 1968; 6., erw. Aufl.: 2005; Inhaltsverz.) einer der ersten, der (in Bezug auf das Zivilrecht) die These von der positivistischen Ausrichtung der nationalsozialistischen Rechtstheorie und Rechtspraxis in Frage stellten.

3. Bernd Rüthers (Carl Schmitt im Dritten Reich. Wissenschaft als Zeitgeist-Verstärkung, Beck: München, 2., erw. Aufl.: 1990 [1. Aufl.: 1989], 73 f.), zitiert Schmitts Rechtsstaats-Aufsatz von 1934wie es scheinteinmal, aber ohne auf den BegriffRechtsstaateinzugehen.

4. Andreas Koenen erwähnt zwar die Schmitt-Aufsätze von 1934/35 zum Rechtsstaat mehrmals, aber Schmitts eigene Wendungnationalsozialistischer deutscher Rechtsstaatsowie die durch Schmitt von Frank übernommene Wendungdeutsche[r] Rechtsstaat Adolf Hitlerswird niemals zitiert.[182] Den distanzierenden Anführungszeichen oder Wendungen wieunter irgendwelchen Stichwörternoderim Namen des Rechtsstaats[183], die Schmitt verwendet, wenn er vom liberalen (formellen) Rechtsstaat spricht, widmet Koenen bei der Textanalyse keine Aufmerksamkeit[184], sodass der Eindruck entsteht, Schmitt sei schlechthin (und zwar auch schon vor 1933) ein Kritiker desbürgerlichen“ (egal, ob formell oder materiell, liberal oder konservativ verstandenen) Rechtsstaats[185] und bereits 1934 des Rechtsstaats überhaupt (egal mit welchen Adjektiven oder sonstigen Beifügungen) gewesen.[186]

Auf S. 463, 467 schreibt Koenen aber dennoch zutreffend, dass Schmitt nicht etwa den Begriff des Rechtsstaats verworfen habe, sondern (jedenfalls bis einschließlich 1934) bestrebt war, „die Begriffsprägung ‚Rechtsstaatden Liberalen aus der Hand zu nehmen“, auch wenndie Verfassungswirklichkeit der Weimarer Republik […] die Hoffnungen Schmitts, der ‚Rechtsstaats’-Begriffe könne […] im materiellen Sinne interpretiert werden, getrübthatte.[187]

5. Dirk Blasius’ „Carl Schmitt. Preußischer Staatsrat in Hitlers Reich“ (Vandenhoeck & Ruprecht: Göttingen, 2001) enthält im Sachregister (S. 249) kein StichwortRechtsstaat“; im Literaturverzeichnis wird von den vier einschlägigen Rechtsstaats-Aufsätzen Schmitts ausschließlich der aus der Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft erwähnt, aber auch dieser in den beiden chronologisch einschlägigen Buch-Kapitel IV. und V. (S. 119180) anscheinend nicht erwähnt.

6. Die wohl neueste Veröffentlichung dieses Genres, Reinhard Mehrings Carl Schmitt. Aufstieg und Fall, Beck: München, 2009, 354, geht nur ganz knapp auf die fraglichen Schmitt-Aufsätze ein und stellt das von Schmitt für die fernere Zukunft Erwogene als endgültige Entscheidung dar:Das Festhalten am Rechtsstaat sei nur eine ‚Übergangsfrage’“, so spitzt Mehring Schmitts damalige Position zu.[188]

Koellreutter-Biographik

Jörg Schmidt gelangt in seiner Koellreutter-Biographie zu folgender Einschätzung:Als Fazit läßt sich somit festhalten, daß eine inhaltliche Weiterentwicklung des Begriffes des [nunmehr: nationalsozialistischen] Rechtsstaates gegenüber dem ‚nationalenRechtsstaat in der expliziten Anerkennung von Recht und Moral als oberster Rechtsquelle unter Zurückdrängung des Gesetzes liegt. Im übrigen sieht Koellreutter seine Auffassung des Rechtsstaates, der vor 1933 noch Programm, nunmehr [im weiteren Verlauf des 30er Jahre] als verwirklicht“.[189] Auf die Frage, ob Koellreutters Verweisungsweise des WortesRechtsstaat“ (objektiv) sinnvoll und/oder zumindest (subjektiv) ehrlich ist, geht Schmidt nicht explizit ein. Dafür, zumindest subjektive Ehrlichkeit anzunehmen, spricht, dass Koellreutter um eine kontinuierlich evolutionäre Weiterentwicklung seiner Position (ohne scharfe Brüche) bemüht war und eben eine solche Weiterentwicklung auch in der Geschichte des Rechtsstaats sieht:Der nationale/nationalsozialistische Rechtsstaat ist also für Koellreutter nichts Originäres; er ist eine Fortentwicklung des bürgerlichen Rechtsstaats.“[190] Allerdings macht Schmidt einen tendenziellen Widerspruch zwischen Koellreuttersim Vergleich mit anderen NS-Autorenetwas stärker justizsstaatlichen Orientierung und Koellreutters Begriff vonFührerstaatundGemeinschaftaus.[191]

Weitere Stellungnahmen

Carl Hermann Ule

Carl Hermann Ule, selbst zu nationalsozialistischer Zeit ein Verfechter des Führerprinzips, veröffentlichte 1990 einen Aufsatz mit dem Titel Carl Schmitt, der Rechtsstaat und die Verwaltungsgerichtsbarkeit, der den Schwerpunkt auf den letzten Begriff im Titel legt. Ule arbeitet ua. heraus,

  • dass Schmitt auch 1934 nochfür den nationalsozialistischen Staat an dem Begriff Rechtsstaat festhaltenwill[192],
  • dass es dabei „[t]rotz gewisser BedenkenSchmitts auch in dessen HandbuchbeitragDer Rechtsstaatvon Anfang 1935 bleibt,
  • und erst der kurz danach erschienene Aufsatz Was bedeutet der Streit um den Rechtsstaat? skeptischer hinsichtlich der Möglichkeit, den Rechtsstaatsbegriff für den NS zu vereinnahmen, ausfällt.[193]

In Bewertungshinsicht ist Ule der Ansicht, dass Schmitts schließliche Skepsis zurecht bestand, also gegenüber einer Weiterverwendung des Rechtsstaatsbegriffs in Bezug auf den NS zumindest den Vorteil der Ehrlichkeit auf seiner Seite gehabt habe.[194] Demgegenüber habe Koellreutter, der im Gegensatz zu Schmitt für eine Weiterverwendung des Rechtsstaatsbegriff plädierte, zwar dieser Realismus gefehlt. Koellreutter, von dem Ule berichtet, dass für ihn der‚nationale Rechtsstaat’ […] die bewußte Form der völkischen Lebensformwar[195], könne aberdas Verdienst für sich in Anspruch nehmen, durch [… seinen] Einsatz für die Verwaltungsgerichtsbarkeit für die Erhaltung rechtsstaatlicher Einrichtungen eingetreten zu sein.“[146]

Da bei Schmitt ein solcher Einsatz fehlte, und er später seine Rechtsstaats-Schriften der NS-Zeit selbst alsschauerlichbezeichnet haben soll, mögen jene Stimmen Recht haben, die sichabfällig über seine [Schmitts] charakterlichen Eigenschaften geäußert haben“.[196]

Wolfgang Schuller

Wolfgang Schuller beschäftigte sich in der Gedächtnisschrift für den Schmitt-Schüler Roman Schnur mit Schmitts Beiträgen zur nationalsozialistischen Diskussion über den Rechtsstaat. Schuller vertritt die These, dass Schmitt jahrelang ein (eher formell akzentuiertes [Unverbrüchlichkeit des Gesetzes; berechenbare Verfahren etc.]) Rechtsstaats-Verständnisnüchtern oder mit billigendem Untertonreferiert habe. Erst ab 1928 (weniger in Schmitts Verfassungslehre, als in einem im gleichen Jahr erschienen Aufsatz) sei zunächst dieser Tonfall in Missbilligung und ab 1933 dann auch in explizite Ablehnung eines formellen Rechtsstaats-Verständnis umgeschlagen[197], das dann späterbereits 1936während der NS-Zeit wieder neutraler referiert und in der Nachkriegszeit explizit von Schmitt vertreten worden sei.[198] Schuller charakterisiert dennationalsozialistische[n] Rechtsstaatklar als einVariantedes materiellen Rechtsstaats.[199]

Deutscher Rechtsstaatals polemisch-kritischer Begriff in der heutigen Diskussion

Polemisch-pejorativ wird der Ausdruckdeutscher Rechtsstaatin der Gegenwart teilweise verwendet, um das heute in der Bundesrepublik herrschende antiformalistische Rechtsstaats-Verständnis als Fortsetzung einesdeutschen Sonderwegeszu charakterisieren.[200]

Probleme des Forschungsstandes

Diese Erklärungsansätze lassen jeweils gewisse Probleme offen:

A. Schellenberg und Šarčević müssen einen wahren Rechtsstaatsbegriff beanspruchen, den die nationalsozialistische Verwendung des gleichen Wortes verfehle. Damit verhält sich deren Position bloß spiegelbildlich zur nationalsozialistischen Position, die den liberalen Rechtsstaat als Gesetzesstaat verwirft und für sich beansprucht, das wahre Rechtsstaats-Verständnis zu haben.

1. Um dieser bloßen Gegenüberstellung von Behauptung und Gegenbehauptung zu entgegen, bezieht sich Schellenberger, auf die Prägung, die der Rechtsstaatsbegriff in derfrühliberalen Bewegung des Konstitutionalismuserfahren habe.[201]

Damit bleiben aber immer noch drei Schwierigkeiten bestehen: a) Kein Wort ist davor gefeit, im Laufe der Zeit Bedeutungsverschiebungen zu erleiden. Die ursprüngliche Bedeutung ist also letztlich kein geeigneter Kritikmaßstab. b) Schellenberger ignoriert die Mitprägung, die der Rechtsstaatsbegriff auch schon im 19. Jh. durch konservative Autoren erfahren hat. c) Schellenberger umgeht die Frage, wie liberal denn überhaupt der deutsche Früh- und (später) Nationalliberalismus waren.[202]

2. Šarčević vermeidet diese Probleme, indem er statt dessen ein logisches Argument vorbringt: Ein sinnvoller Begriff von Rechtsstaat müsste eine engere Bedeutung als Staat haben.

Dies ist zweifelsohne zutreffend, nur lautete die NS-Position nicht: ‚Alle Staaten sind Rechtsstaaten’, sondern ‚Nazi-Deutschland ist ein Rechtsstaat und bspw. die Weimarer Republik war kein Rechtsstaat.’ Der Sinn dieser nationalsozialistischen Behauptung mag kritisiert werden, aber sie bedeutete keine sinn-lose Verwendung des WortesRechtsstaats“.

Auch die Verknüpfung, die nach Šarčević zwischen dem von ihm selbst alsmateriellbezeichneten nationalsozialistischen Rechtsstaats-Verständnis und einermonistisch[en]“ Auffassung vonStaat und Recht [als] identische Phänomenebesteht, ist nicht völlig klar. Šarčević schreibt:Seine [des nationalsozialistischen Rechtsstaats] Materie ist das Volk als Ganzes“ – im Gegensatz zum in Individuen zersplitterten Volk des liberalen Staates – „und der Führer als einzige, konkrete Verkörperung des völkischen Willens und einzige Quelle von Vernunft und Recht.“[203] Daran sei zu sehen, wie verhängnisvoll es sei, wenn das Recht nur von der vuluntas (vom Willen) des Gesetzgebers abhängig gemacht werde und nicht auch von ratio (Vernunft) durchdrungen sei.[204]

Daran bleibt unklar, wie die Berufung auf Vernunft eine Lösung bieten soll, wenn dochwie Šarčević selbst schreibtauch für den nationalsozialistischen Führer Vernunft beansprucht wurde. Außerdem ist es zwar eine zutreffende Beschreibung, dass in der nationalsozialistischen Realität die Konkretisierung desmateriellenRechts(staats)-Inhalts vom Führerwillen abhing. Aber das verweist auf das Dilemma aller Naturrechtstheorien, dass sieentgegen ihres Anspruchs auf reine Vernunft, göttliche Offenbarung oder natürliche Evidenznicht ohne eine menschliche Instanz, die die jeweilige Definition des vermeintlich natürlichen, vernünftigen, göttlichen usw. Rechts durchsetzt, auskommen.

Damit ist der Hinweis auf das Führerprinzip zwar eine zutreffende Beschreibung der nationalsozialistischen Rechtswirklichkeit, aber keine zutreffende Beschreibung (und damit auch keine tragfähige Grundlage für eine Kritik) der nationalsozialistischen Rechtstheorie. Denn materielle Rechtsstaats-Theorien im von Šarčević gemeinten anti-positivistischen Sinne vertreten per definitionem eine dualistische Auffassung von Staat und Recht: es gibt ein Recht vor und über dem Staatund so auch im Falle des nationalsozialistischen Rechtsstaats.

Wie für alle Naturrechtler, war auch für die Nazis das, was Recht sein soll, gerade nicht Resultat einer voluntaristischen Entscheidung eines Gesetzgebers[205]

  • Das Recht ist kein irdisches Ding, das man aus menschlichen Gesetzen erfahren kann, sondern die ewige Lebensordnung, die durch das Gesetz nur in Form gebracht wird, das Recht soll stets in Einklang stehen mit dem sittlichen Gesetz in den Sternen und unserer Brust.“ (Nicolai)
  • Das Recht ist die Seele jedes Staates. Die Gesetzgebung hebt es an das Licht das Bewußtseins.“ (Frank)
  • Wir sind im Rechtsleben verwurzelt, das Recht ist unser Lebenselement. […] Wir wissen Recht und Unrecht zu trennen und haben keinerlei byzantinische oder staatsabsolutistische Neigungen. Wir können vor allem Recht und Willkür, einen leeren Machtspruch von einem Rechtsspruch wohl unterscheiden.“ (Schmitt)[206]
  • Das Recht entsteht […] nicht aus dem Staat. […]. Das Recht […] wurzelt als Lebensordnung des Volkes im Volke, ist Ausfluß und Ausdruck des Geistes des Volkes. […]. Der Führer steht daher vor allem und vor allen unter der Treuepflicht, unter dem Rechte.“ (Lange)[207]
Deutsche Juristen-Zeitung 1934, 945mit dem Anfang Carl Schmitts AufsatzDer Führer schützt das Recht“.

Der nationalsozialistische Rechtsstaat sollte ja gerade kein Gesetzes- oder Gesetzgebungsstaat sein, so Schmitt, Freisler, Lange, Ipsen; und auch in Carl Schmitts berüchtigten Aufsatz zur Ermordung von Röhm und anderen, setzt der Führer nicht etwa Recht, sondern: Der Führer schützt das Recht[208], so lautete der Titel. – In dieser Weise konzeptionierte auch Otto von Schweinichen denFührerwillen als […] Willen zur Feststellung“ – nicht: Setzung – „und Durchsetzung von Recht[209]

Danach bleibt also unklar, wie die nationalsozialistische Auffassung des Verhältnisses von Staat und Recht als monistisch beschrieben (und verworfen) werden soll, wenn gleichzeitig erkannt wird, dass das nationalsozialistische Rechtsstaatsverständnismateriell“ (substantialistisch) war.

B. Stolleis vermeidet die Schwierigkeit, einen wahren Begriff von Rechtsstaat behaupten zu müssen, sondern beschränkt sich auf den Vorwurf, dass die nationalsozialistischen Akteure ihretaktischeBerufung auf den Rechtsstaat gar nicht ernstgemeint hätten. Dieser Vorwurf lässt sich jedochaußer ansatzweise bei Carl Schmitt (s. Fn 175) – anhand der Quellentexte nicht erhärten; auch Stolleis selbst führt dafür keine Zitate an.

C. Die Position, dass die Nationalsozialisten zurecht ein materielles Rechtsstaatsverständnis beansprucht haben, steht spiegelbildlich vor dem gleichen Problem wie Schellenberg: Zwar mag sich zeigen lassen, dass das nationalsozialistische Rechtsstaats-Verständnismutatis mutandisobjektiv in einer Traditionslinie mit früheren und späteren materiellen Rechtsstaatsverständnissen steht. Subjektiv beanspruchten die nationalsozialistischen Autorenabgesehen von Schmitts Bezugnahme auf Gneist und Stein sowie Tatarin-Tarnheydens auf Gierkeaber Novitätscharakter für ihren Rechtsstaatsbegriff, und zwar nicht nur in Bezug auf dessen rassentheoretische Grundierung, sondern tendenziell allgemein nicht nur gegenüber der Weimarer Republik, sondern auch gegenüber dem 19. Jahrhundert, das pauschal unter einem undifferenzierten Begriff vonliberalsubsumiert wurde.

  • Es ist wissenschaftlich unzureichend, die nationalsozialistische Charakterisierung des 19. Jhs. als liberal unbesehen zu übernehmen und auf dieser Grundlage einen qualitativen Unterschied zwischen dem nationalsozialistischen und dem vorweimarer Rechtsstaatsverständnis zu behaupten.
  • Aber es wäre auch unzureichend, aufgrund des nicht demokratisch-parlamentarischen Charakters sowohl des konstitutionell-monarchischen als auch des nationalsozialistischen Rechtsstaatsverständnis beide einfach gleichzusetzen.[210] Der spezifische Modernitätsanspruch, gerade vonkonservativen Revolutionärenwie Carl Schmitt (aber auch originären Nationalsozialisten), sowohl in Bezug auf deren eigene Gegenwart[211] als auch deren rückblickende Kritik am 19. Jahrhundert müssten in eine umfassende Analyse deren Verwendung des Rechtsstaatsbegriffs eingehen.

Eine solch umfassende, historisch vergleichende Analyse war auch von Hilger nicht beansprucht, der sich vielmehr erklärtermaßenauf eine[n] vornehmlich deskriptiven Ansatz, von dem aus die [nationalsozialistischen] Auffassungen zum Begriff des Rechtsstaats ausführlich dargestellt werden sollen[212] beschränkte.

D. Unbeantwortet und in dieser Deutlichkeit auch nicht einmal gestellt, ist schließlich die Frage, woraus Carl Schmitts tendenzieller Strategiewechsel von einer substantialistischen Vereinnahmung des Rechtsstaatsbegriff zum in Erwägung ziehen dessen Aufgabe zu erklären ist. Dies liegt daran, dass die einen in Schmitt einen KritikerdesRechtsstaats schlechthin sehen, die zweiten meinen, Schmitt habe vor und nach dem NS keinen materiellen, sondern einen formellen Rechtsstaatsbegriff vertreten (so Schuller), und die dritten, die Schmitts materiell orientierte Vereinnahmungsstrategie am deutlichsten herausarbeiten, sein Schwanken 1935 übersehen. Allein Ule vermutet, dass jener Strategiewechseldurch die Untersuchungen seines [Schmitts] Schülers Krauß unterstützt worden waren“.[213] Dagegen vermutet Hilger, dass SchmittKrauß […] als Sprachrohr benutzte“ – aber weniger wegen des Rechtsstaats selbst, als vielmehr im Ränkespiel mit Koellreutter.[214] Beide Vermutungen werden aber nicht durch Quellen belegt. Die Hypothese von Hilger leidet zusätzlich daran, dass sie zwar ggf. die Positionierung von Krauß erklären kann, aber auf die zugrundeliegende Frage nach der (Um)positionierung von Schmitt keine Antwort gibt. –

Bei den Aufsätzen von Ule und Schuller fällt dagegen vor allem dieje unterschiedlicheapologetische Funktion auf.

  • Schmitts NS-Engagement wird von Ule zu einer negativencharakterlichen Eigenschaftent-politisiert und individualisiert. Demgegenüber sei das NS-Engagement von KoellreutterUles akademischem Lehrer[215]zwar blauäugig, aber vom Glauben an denEwigkeitswertdes Rechtsstaats getragen gewesen. Dass Koellreutter seinerseits beanspruchte, (im Vergleich mit Schmitt) der authentischere Nationalsozialist zu sein,[216] spielte für Ules Bewertungcharakterliche[r] Eigenschaftenanscheinend keine Rolle. Auch die Frage, ob ein Nationalsozialismus mit Verwaltungsgerichten als kleineres Übel im Vergleich zu einem Nationalsozialismus ohne Verwaltungsgerichte anzusehen sei und deshalb ein Engagement für ein Nationalsozialismus mit Verwaltungsgerichten alsVerdienstzu bezeichnen sei, kommt bei Ule gar nicht erst auf.
  • Während Ule in Übereinstimmung mit der nach 1945 lange Zeit herrschenden Geschichtsschreibung das nationalsozialistische Engagement deutscher Rechtswissenschaftler vor allem als Engagement von Carl Schmitt darstellt, wendet sich Wolfgang Schuller, der nicht nur Professor emeritus der Universität Konstanz, sondern laut Selbstzitierung auch Autor derehemals nationalrevolutionären, mittlerweile pluralistischerenZeitschrift Mut ist[217], gegen diese Stigmatisierung Schmitts und erinnert daran, dass der Kampf gegen dieLeereeines formellen Rechtsstaats-Verständnisses durchaus nicht nur das Anliegen Carl Schmitts warfreilich nicht, um jenen Kampf in Frage zu stellen, sondern um für Verständnis für den Extremismus, der Schmitt dabei unterlaufen sei, zu werben.[218]Diese Erinnerung bringt Schuller mit doppelter Stoßrichtung vor: zum einen in Einebnung des Unterschiedes zwischen Nationalsozialismus undreal existierendem Sozialismus[219] und zum anderen als In-Pflichtnahme der herrschenden Lehre:Das Gerechtigkeitserfordernis hat jedoch in mittelbarer Form Eingang in das Staatsdenken der Nachkriegszeit gefunden, und auch hier hat Carl Schmittgewiß nicht als einzigermit seiner Kritik positive Wirkung entfaltet: Der materielle Rechtsstaat ist in der Form des Sozialstaates ein fester Bestandteil des deutschen Staatslebens und der wissenschaftlichen Diskussion geworden. Sogar die Kritik am nulla-poena-Satz ist, man scheut sich fast, es zu sagen, ist auf unerwartete Weise [bei den Mauerschützen-Prozessen] aktuell geworden.“[220]

Literatur

Quellen (19331945) mitRechtsstaatim Titel

  • Hans Frank, Der deutsche Rechtsstaat Adolf Hitlers, in: Deutsches Recht 1934, 120123.
  • Kurt Groß-Fengels, Der Streit um den Rechtsstaat, Nolte: Düsseldorf 1936 (zugl. Diss. Uni Marburg 1936).
  • [Otto] Koellreutter, Der nationale Rechtsstaat, in: Deutsche Juristen-Zeitung 1933, Sp. 517523.
  • Günther Krauß/Otto von Schweinichen, Disputation über den Rechtsstaat mit einer Einleitung und einem Nachwort von Carl Schmitt, Hanseatische Verlagsanstalt: Hamburg 1935.
  • Heinrich Lange, Vom Gesetzesstaat zum Rechtsstaat, Hanseatische Verlagsanstalt: Hamburg 1934.
  • Carl Schmitt, Nationalsozialismus und Rechtsstaat, in: Juristische Wochenschrift 1934, 713718 = Deutsche Verwaltung 1934, 3542.
  • ders., Was bedeutet der Streit um denRechtsstaat“?, in: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft 1935, 189201.
  • Edgar Tatarin-Tarnheyden, Verfassungsneubau zum völkischen Rechtsstaat, in: Deutsche Juristen-Zeitung 1933, Sp. 12241230.

Weitere Quellen

  • Hans Frank (Hrsg.), Nationalsozialistisches Handbuch für Recht und Gesetzgebung, Eher: München 1935 (darin ua. ein Beitrag von Carl Schmitt: Der Rechtsstaat [S. 310]).
  • H[ans]-H[einrich] Lammers/Hans Pfundtner (Hrsg.), Die Verwaltungs-Akademie. Ein Handbuch für den Beamten im nationalsozialistischen Staat, Spaeth & Linde: Berlin/Wien, 1. Aufl. 1934 ff.; 2. Aufl.: 1939 (ff.?) (darin als Beitrag 15 der ersten Auflage: Otto Koellreutter, Der nationalsozialistische Rechtsstaat).
  • Otto Koellreutter, Deutschen Verfassungsrecht. Ein Grundriß, Junker und Dünnhaupt: Berlin, 3., gek. u. erg. Aufl.: 1937 (darin „§ 4 Der nationalsozialistische Rechtsstaat“ [S. 1117]).
  • Helmut Nicolai, Rasse und Recht. Vortrag gehalten auf dem Deutschen Juristentag des Bundes nationalsozialistischer deutscher Juristen am 2. Oktober in Leipzig (Volk / Recht / Wirtschaft im Dritten Reich [Reihe ohne Bd.-Nummerierung]), Hobbing: Berlin 1933.
  • Edgar Tatarin-Tarnheyden, Werdendes Staatsrecht. Gedanken zu einem organischen und deutschen Verfassungsaufbau, Heymanns: Berlin 1934 (darin: § 2, AbschnittII. Das Verhältnis von Staat und Recht. Der Rechtsstaat“ [S. 1621]).
  • Erich Volkmar/Alexander Elster/Günther Küchehof (Hrsg.), Die Rechtsentwicklung der Jahre 1933 bis 1935/36. Zugleich Handwörterbuch der Rechtswissenschaft. Bd. VIII: Der Umbruch 1933/36, de Gruyter: Berlin/Leipzig 1937 (darin von Roland Freisler: Rechtsstaat [S. 568577]).

Sekundärliteratur speziell zum Rechtsstaatsbegriff

  • Christian Hilger: Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse (Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts Bd. 39), Mohr Siebeck: Tübingen, 2003; Inhaltsverzeichnis; ISBN 3-16-148057-0.
  • Klaus Marxen, Der Kampf gegen das liberale Strafrecht. Eine Studie zum Antiliberalismus in der Strafrechtswissenschaft der zwanziger und dreißiger Jahre, Duncker & Humblot: Berlin (zugl. Diss. Uni. Frankfurt am Main) 1975 (ISBN 3-428-03307-8), S. 6773 (= AbschnittIII. Die aus dem antiliberalen Staatsverständnis hervorgegangene Auffassung vom Wesen des Rechts und von seinen Aufgaben“; darin der Unterabschnitt1. Der antiliberale ‚Rechtsstaat: S. 6769).
  • Günter Meuter, Carl Schmittsnomos basileusoder: Der Wille des Führers ist Gesetz. Über den Versuch, die konkrete Ordnung als Erlösung vom Übel des Positivismus zu denken (IfS-Werkstatt Nr. 5 hrsg. von Rüdiger Voigt) Institut für Staatswissenschaften Fakultät für Sozialwissenschaften Universität der Bundeswehr München: Neubiberg, 2000, im internet unter der Adresse: http://www.staatswissenschaft.com/pdf/IfSWerkstatt5.pdf, S. 2232 (Abschnitt4. Gerechtigkeitsstaat versus Rechtsstaat“) und 3234 (des folgenden Abschnittes5. Rex statt lex“, davon bes. 3034).
  • Andrea Nunweiler, Das Bild der deutschen Rechtsvergangenheit und seine Aktualisierung imDritten Reich, Nomos: Baden-Baden 1996 (zugl. Diss. Uni. Hannover 1993/94) (ISBN 3-7890-4241-2), S. 163 190, 208, 286 f., 348357 (350, 352, 357).
  • Ulrich Schellenberg, Die Rechtsstaatskritik. Vom liberalen zum nationalen und nationalsozialistischen Rechtsstaat, in: Ernst-Wolfgang Böckenförde (Hrsg.), Staatsrecht und Staatsrechtslehre im Dritten Reich (RechtJustizZeitgeschichte Bd. 41), Müller: Heidelberg 1985, 7188; ISBN 3-8114-1485-2.
  • Jörg Schmidt, Otto Koellreutter 18831972. Sein Leben, sein Werk, seine Zeit, Lang: Frankfurt am Main/Berlin/Bern/New York/Paris/Wien 1995, bes. 118125 (AbschnittDer nationalsozialistische Rechtsstaat“) und 162166 (AbschnittKontinuität bzw. Diskontinuität im Denken Koellreutters, erläutert am Beispiel Rechtsstaat“) sowie außerdem 5361 („Der nationale Rechtsstaat“), 154157 („Der demokratische und soziale Rechtsstaat“); ISBN 3-631-48087-3.
  • Detlef Georgia Schulze: Rechtsstaat versus Demokratie. Ein diskursanalytischer Angriff auf das Heiligste der Deutschen Staatsrechtslehre, in: der/dies./Sabine Berghahn/Frieder Otto Wolf (Hrsg.), Rechtsstaat statt Revolution, Verrechtlichung statt Demokratie? Transdisziplinäre Analysen zum deutschen und spanischen Weg in die Moderne. (StaR P. Neue Analysen zu Staat, Recht und Politik. Serie A. Band 2), Westfälisches Dampfboot, Münster, 2010, 553628 (568-572: Abschnitt II.4. Pflichtgefühl und Gemeinschaftsempfinden versus Individualismus und Materialismus = der nationalsozialistische Rechtsstaat); ISBN 978-3-89691-784-3.
  • Michael Stolleis, Die Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland. Bd. 3: Staats- und Verwaltungsrechtswissenschaft in Republik und Diktatur 19141945, Beck: München 1999, 330338 (8. Kap. II.2. Der Streit um den Rechtsstaat). ISBN 3-406-37002-0/A history of public law in Germany 19141945, Oxford Univ. Press: Oxford, 2004, 349358 (Ch. 8. II.2. The quarrel over the Rechtsstaat); ISBN 0-19-926936-X.[221]
  • ders., Que signifiait la querelle autour de lÉtat de droit sous le Troisième Reich?, in: Olivier Jouanjan (Hrsg.), Figures de l'état de droit. Rechtsstaat dans l'histoire intellectuelle et constitutionnelle de l'Allemagne. Presses universitaires: Strasbourg, 2001, 373383; Inhaltsverzeichnis; ISBN 2-86820-180-6.

Sekundärliteratur zum Kontext

  • Ernst Fraenkel, The dual state. A contribution to the theory of dictatorship. Oxford Univ. Press: New York 1942; Neudruck: Octagon: New York 1969.
  • Dt.: Der Doppelstaat, EVA: Frankfurt am Main/Köln 1974 (Rückübersetzung der amerikanischen Fassung, deren deutsche Vorlage nicht erhalten blieb, mit einem zusätzlichen Vorwort); ISBN 3-434-20062-2/mit dem Untertitel: Recht und Justiz imDritten Reich“, Fischer: Frankfurt am Main 1984; ISBN 3-596-24305-X/zusammen der deutschen Urfassung („Der Doppelstaat. Ein Beitrag zur Staatslehre der deutschen Diktatur“, S. 267473) wieder in: ders., Gesammelte Schriften Bd. 2: Nationalsozialismus und Widerstand hrsg. von Alexander von Brünneck, Nomos: Baden-Baden 1999, 33266 (mit ggü. der Einzelausgabe erheblich erweitertem Register und editorischer Einleitung [S. 722]); ISBN 3-7890-5826-2.
  • Vgl. dazu die Rezensionen Otto Kirchheimer (in: Political Science Quarterly 1941, 434436), von Helmut Ridder (Der Doppelstaat. Die Ehe von Kapitalismus und NS-Diktatur) in: Die Zeit v. 12. Juni 1970 (online: [8]) und Ulli F. H. Rühl in: Demokratie und Recht 1979, 108110.
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  • Leonard Krieger, The German Idea of freedom. History of a political tradition, Beacon Press: Boston 1957/Univ. of Chicago Press: Chicago 1972.
  • * Karl Loewenstein, Law in Third Reich, in: Yale Law Journal 1936, 779815.
  • Dietmut Majer, Grundlagen des nationalsozialistischen Rechtssystems. Führerprinzip, Sonderrecht, Einheitspartei, Kohlhammer: Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz 1987; ISBN 3-17-008803-3.
  • Franz Neumann, The Governance of the Rule of Law. An Investigation into the Relationship between Political Theories, the Legal System and the Social Background, Diss. London School of Economics 1936; Neupublikation unter dem Titel: The Rule of Law. Political Theory and the Legal System in Modern Society, Berg Publishers: Leamington Spa (UK)/Heidelberg (D)/Dover (New Hampshire, USA) 1986 (mit einem Foreword [S. ixxv] von en:Martin Jay sowie einer Introduction [S. xviixxvi] und Editorial Footnotes von Matthias Ruete, die alle drei in der deutschen Ausgabe nicht enthalten sind), 286298 und 346348 (Ch. 16: The Rule of Law Under National Socialism)
  • Dt.: Die Herrschaft des Gesetzes. Eine Untersuchung zum Verhältnis von politischer Theorie und Rechtssystem in der Konkurrenzgesellschaft, Suhrkamp: Frankfurt am Main 1980 (mit einer Einleitung von Alfons Söllner, die in der englischen Ausgabe nicht enthalten ist).
  • ders., Behemoth. The structure and practice of National Socialism, Oxford Univ. Press: Toronto/New York/London 1942[222], 2. Aufl.: 1944 (mit einem neuen Preface [S. xixii], einem Appendix [S. 519634] und einem aktualisierten Index [S. 635649 statt zuvor S. 519532]), reprints: Octagon: New York 1963/Harper: New York 1966 (darin jeweils S. 440458 und 467470:National Socialist Law and TerrorundIs Germany a State?“)
  • Dt.: Behemoth. Struktur und Praxis des Nationalsozialismus 19331944 hrsg. und mit einem Nachwort von Gert Schäfer, EVA: Köln/Frankfurt am Main 1977/Fischer: Frankfurt am Main 1984 = 1988 = 1993 (darin S. 509530 und 541543:Nationalsozialistisches Recht und TerrorundIst Deutschland ein Staat?“) ISBN 3-596-24306-8.
  • Vgl. dazu die Rezensionen von Ernst Fraenkel, in: ders., Gesammelte Schriften Bd. 2: Nationalsozialismus und Widerstand hrsg. von Alexander von Brünneck, Nomos: Baden-Baden 1999, 576579; zuerst in: Neue Volks-Zeitung [New York] v. 16. Mai 1942.
  • Bernd Rüthers, Die unbegrenzte Auslegung. Zum Wandel der Privatrechtsordnung im Nationalsozialismus, J.C.B. Mohr (Paul Siebeck): Tübingen 1968, 6., erw. Aufl.: 2005; ISBN 978-3-16-148473-5; Inhaltsverzeichnis.
  • Richard Saage, Zum Begriff der Parteien und des Parlaments bei Carl Schmitt und Gerhard Leibholz, in: Das Argument, Heft 50 1969, 174193.
  • Ilse Staff (Hrsg.), Justiz im Dritten Reich. Eine Dokumentation, Fischer: Frankfurt am Main/Hamburg 1964, 2. Aufl.: Frankfurt am Main 1979; ISBN 3-596-23409-3.
  • Michael Stolleis, Die Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland. Bd. 3: Staats- und Verwaltungsrechtswissenschaft in Republik und Diktatur 19141945, Beck: München 1999, 246414 (7.–10. Kap.); ISBN 3-406-37002-0/A history of public law in Germany 19141945, Oxford Univ. Press: Oxford, 2004, 249448 (Ch. 710); ISBN 0-19-926936-X.
  • ders., Recht im Unrecht. Studien zur Rechtsgeschichte des Nationalsozialismus, Suhrkamp: Frankfurt am Main, 1. Aufl. 1994; 2. Aufl. mit einem neuen Nachwort (S. 335342): 2006 (darin bes. S. 126146: Im Bauch des LeviathanStaatsrechtslehre im Nationalsozialismus; zuvor in: Comparative Law [Nihon University Tokio] 1989, 1118).
  • Engl.: The Law under the Swastika. Studies in Legal History in Nazi Germany, Chicago Univ. Press: Chicago/London 1998 (darin bes. Ch. 5 In the Belly of the Beast: Constitutional Legal Theory (Staatsrechtslehre) under National Socialism sowie eine Historical Introduction und eine General Introduction, die in der deutschen Ausgabe in dieser Form nicht enthalten sind).
  • ders., Nel ventre del Leviatano. La Scienza del diritto costituzionale sotto il Nazional-Socialismo, in: Guido Melis (Hrsg.), Lo Stato negli anni Tranta. Istituzioni e regimi fascisti in Europa, Bologna, 2008, 934 (wahrscheinlich die ital. Übersetzung des in vorstehendem Literaturhinweis hervorgehobenen Aufsatzes).
  • Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Bd. 60, 2001.

sowie die zum Abschnitt Rechtsstaat und Positivismus des Artikels Rechtsstaat (Deutschland) (Wort- und Begriffsgeschichte) genannten Einzelnachweise und die Literaturangaben zum Artikel NS-Forschung.

Weblink

  • Rezension des o.g. Buches von Christian Hilger durch Lothar Becker bei H-Net Reviews vom Jan. 2004.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Siehe die folgenden Einzelnachweise zu den verschiedenen Äußerungen. Die Quellen wurden erschlossen anhand der Zitierungen in der Sekundärliteratur:
    • Ingeborg Maus, Entwicklung und Funktionswandel der Theorie des bürgerlichen Rechtsstaats, in: dies., Rechtstheorie und Politische Theorie im Industriekapitalismus, Fink: München 1986 (urn:nbn:de:bvb:12-bsb00040886-9 via urn-revolver der DNB), 1182 (74, Fn 191; Zitierung von Hans Frank, „Der deutsche Rechtsstaat Adolf Hitlers“, in: Deutsches Recht 1934, 120123);
    • Ulrich Schellenberg, Die Rechtsstaatskritik. Vom liberalen zum nationalen und nationalsozialistischen Rechtsstaat, in: Ernst-Wolfgang Böckenförde (Hrsg.), Staatsrecht und Staatsrechtslehre im Dritten Reich (RechtJustizZeitgeschichte Bd. 41), Müller: Heidelberg 1985, 7188 (83; [Fehl-]Zitierung von Edgar Tatarin-Tarnheyden, Grundlagen des Verwaltungsrechts im neuen Staat, in: Archiv des öffentlichen Rechts 1934, 345358 (349):deutsche[r] Rechtsstaat, der [im Original vielmehr:‚deutsche Rechtsstaatlichkeit’ (…), die“] nie und nimmer mit dem manchesterlich-marxistischen liberalen Rechtsstaat seligen Angedenkens verwechselt werden darf.“)
    • Richard Bäumlin/Helmut Ridder, [Kommentierung zu] Art. 20 Abs. 13 III. Rechtsstaat, in: Richard Bäumlin et al., Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. Band 1. Art. 120 (Reihe Alternativkommentare hrsg. von Rudolf Wassermann), Luchterhand: Neuwied/Darmstadt, 13401389 (1359, Rn 24: Zitierung von Carl Schmitts [Der Rechtsstaat, in: Hans Frank (Hrsg.), Nationalsozialistisches Handbuch für Recht und Gesetzgebung, Eher: München 1935, 310 (10)] Bezugnahme auf Franks Wendung).
    • Wolfgang Schuller, Der Rechtsstaat bei Carl Schmitt. Der Einbruch der Zeit in das Spiel, in: Rudolf Morsey/Helmut Quaritsch/Heinrich Siedentopf (Hrsg.), Staat, Politik, Verwaltung in Europa. Gedächtnisschrift für Roman Schnur, Duncker & Humblot: Berlin 1997, 117133 (129; Zitierung in indirekter Rede vonetwas Urdeutschesin Bezug auf den Rechtsstaat als Äußerung von Kurt Groß-Fengels, Der Streit um den Rechtsstaat, Nolte: Düsseldorf 1936 [zugl. Diss. Uni Marburg 1936] [bei Schuller ohne Seitenangabe])
    • und im übrigen den Literaturangaben von Christian Hilger, Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse, Mohr Siebeck: Tübingen, 2003.
  2. Schlussfolgerung anhand der QUELLENTEXTE:
    • aus der grammatischen Struktur von Franks WendungDer deutsche Rechtsstaat Adolf Hitlers: derdeutsche Rechtsstaat Adolf Hitlersist nicht einRechtsstaat Adolf Hitlers“ (neben anderenund sei es hypothetischen – „Rechtsstaat[en] Adolf Hitlers“), sondern er ist spezifisch durch seine vermeintlich oder tatsächlich deutschen Charakteristika geprägt
    • aus der Gegenüberstellung vondeutsche[r] Rechtsstaatlichkeitundmanchesterlich-marxistischen liberalen Rechtsstaatbei Tatrin-Tarnheyden (s. bei Fn 102);
    • aus Nicolais Postulierung einesRechtsstaat[s], […] in dem der germanische Rechtsgedanke an erster Stelle steht“ (s. bei Fn 69Hv. hinzugefügt),
    • aus der Gegenüberstellung von (negativ bewertetem) „römische[m] Rechtund (positiv bewertetem) „deutsche[m] Gemeinrechtdurch Hans Frank, an die sich dort unmittelbar die Rede vomnationalsozialistischen Rechtsstaatanschließt(*);
    • aus Schmitts affirmativer Bezugnahme auf den (vermeintlichen) Versuch von Stein und Gneist, „mit Hilfe eines ‚deutschen’, auf die Harmonie von Staat und Gesellschaft hinzielenden Rechtsstaatsbegriffes die Unterordnung des Staates unter die bürgerliche Gesellschaft aufzuhalten“ (da Stein und Gneist ohnehin auf Deutsch schrieben, istdeutschhier nicht nur die Bezeichnung der linguistischen Zugehörigkeit des Begriffs, sondern impliziert die Behauptung einer spezifischen Verbindung zwischen angenommenen deutschen Nationaleigenschaften und dem Inhalt dieses Rechtsstaatsbegriffs).
    In der Sekundärliteratur wird Nicolais Rede vomRechtsstaat, […] in dem der germanische Rechtsgedanke an erster Stelle stehtund Schmitts Berufung auf Stein und Gneist und Schmitts diesbezüglich Wendungmit Hilfe eines ‚deutschen’ […] Rechtsstaatsbegriffesvon Christian Hilger (Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse, Mohr Siebeck: Tübingen, 2003, 86 und 105) zitiert. Darüber hinaus ist in folgender Weise anerkannt, dass die Ausdrückedeutsche[r] Rechtsstaat Adolf Hitlers“ (Frank), „nationalsozialistischer deutscher Rechtsstaat“ (Schmitt) unddeutsche[r] nationalsozialistische[r] Rechtsstaat“ (Nicolai [s. bei Fn 69]) nicht einen vermeintlichenRechtsstaatbezeichnen, der bloß zufällig auf deutschen Staatsgebiet lag, sondern einen solchen, dernach Ansicht der Begriffs-Verwendergerade durch sein vermeintliches Deutschsein spezifisch charakterisiert war:
    • Detlef Georgia Schulze (Rechtsstaat versus Demokratie. Ein diskursanalytischer Angriff auf das Heiligste der Deutschen Staatsrechtslehre, in: der/dies./Sabine Berghahn/Frieder Otto Wolf (Hrsg.), Rechtsstaat statt Revolution, Verrechtlichung statt Demokratie? Transdisziplinäre Analysen zum deutschen und spanischen Weg in die Moderne. [StaR P. Neue Analysen zu Staat, Recht und Politik. Serie A. Band 2], Westfälisches Dampfboot, Münster, 2010, 553628 [569 f.]) sieht die Ausführungen Heinrich Langes zum Thema vom Vom Gesetzesstaat zum Rechtsstaat (und wohl auch die Position von Schmitt [ebd., Fn 29]) als von eineranti-westliche[n] und antisemitische[n] (‚artfremdetc.) Stoßrichtunggeprägt.
    • Christian Hilger (Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse, Mohr Siebeck: Tübingen, 2003, 88) beschreibt die Position von Hans Frank wie folgt:Es gelte die dem deutschen Volk ‚ureigene’, ‚ewige Rechtsideewieder zur vollen Entfaltung zu bringen und es nicht länger zum ‚Objekt der abstrahierenden Sätze des Formalrechtszu degradieren.“ Von Frank wird alsonach Ansicht von Hilgereine bestimmteRechtsidee“ (oder vielleicht auch dieRechtsideean und für sich) als demdeutschen Volkeigentümlich („ureigen“) angesehen.
    • Die Verwendungsweise von Nicolai beschreibt Hilger (S. 86) mit den Worten:Der Ausdruck ‚Rechtsstaat’, den Nicolai […] verwendet, […] kann implizit mit dem Sinn verbunden werden, daß ein Staat ‚Rechtsstaatist, wenn er den ‚deutschen Rechtsstaatsgedanken’ […] verwirklicht.“ (Hv. hinzugefügt).
    • In besonders deutlicher Weise dienen nach Hilger die von Schmitt dem WortRechtsstaatbeigefügten weiteren Wörter dem Zweck, mit dem Gesamtausdruck einen (neuen) „Individualbegriffzu schaffen:Wer nun“ – so Schmitts Auffassung nach Darstellung von Hilger (S. 104) – „vom Dritten Reich als Rechtsstaat sprechen wolle, müsse dies unmißverständlich durch die Rede ‚von dem einen nationalsozialistischen deutschen Rechtsstaatzum Ausdruck bringen. Auf diese Weise will Schmitt klarstellen, daß es sich beim ‚nationalsozialistischen Rechtsstaatnur um einen Individualbegriff handeln kann, der ebenso einzigartig und ‚konkretist der nationalsozialistische Staat selbst.“
    • Andrea Nunweiler (Das Bild der deutschen Rechtsvergangenheit und seine Aktualisierung imDritten Reich, Nomos: Baden-Baden 1996, 286 f.) schreibt in Bezug auf Walther Merk (s. unten bei Fn 137) und zwei weitere Rechtshistoriker:Gerade in der Beachtung dieser Prinzipien [nämlich, dass derStaat ‚bei der bewußten Rechtsbildung nicht Erzeuger des Rechts, sondern bloß Geburtshelfer ist’“] wird die spezifisch germanisch-deutsche Rechtsstaatlichkeit des nationalsozialistischen Staates gesehen: ‚Der deutsche Staat ist ein Rechtsstaat.’ ‚Römischer Auffassung war das Recht ein Machtspruch der staatlichen ObrigkeitGanz anders unsere germanisch-mittelalterliche Auffassung. Ihr ist das Gesetz nicht Machtspruch, sondern Weistum, […]. Der Staat ist nicht Herr des Rechts, sondern der Diener seiner Verwirklichung. Er gleicht einem Brennglas, in dem die Rechtsharmonie aufgefangen und verstärkt wird. Das ist der Inhalt des deutschen Rechtsstaats.“(**) (Auslassung ohne eckige Klammern durch Nunweiler). Bereits über die Weimarer Zeit schreibt die gleiche Autorin (S. 354):In diesen Aussagen zum germanisch-mittelalterlichen Recht klingt eine deutliche Präferenz für das Eigene, das Gemeinschaftlich-Emotionale im Gegensatz zum Individualistisch-Rationalen, das man dem fremden römischen Recht zuschreibt, an.“ Auf S. 405 komm sie zu dem Gesamtergebnis:Die Beschäftigung mit deutscher Rechtsgeschichte […] geschieht in einer Atmosphäre hoher Emotionalität und massiver Aversion gegen alles Fremde.“
    • Walter Ott und Franziska Buob: Did legal positivism render german jurists defenceless during the Third Reich?, in: Waldemar Schreckenberger/Christian Starck (Hrsg.), Praktische Vernunft, Gesetzgebung und Rechtswissenschaft [Verhandlungen des 15. Weltkongresses der internationalen Vereinigung für Rechts- und Sozialphilosophie (IVR) in Göttingen, August 1991 = ARSP Beiheft 52. Bd. 3, Steiner: Stuttgart 1993, S. 100] nicht nur das schwierig zu übersetzende (s. en:Rechtsstaat, erster Absatz) WortRechtsstaat“, sondern den gesamten Ausdruckdeutscher Rechtsstaat Adolf Hitlers“ – wie andere spezifische NS-Begriffe, aber im Unterschied zu längeren Zitaten aus deutschen Textenunübersetzt stehen.
    (*) „Als Grundlage […] gilt Punkt 19 des Programms der NSDAP., der folgende These aufstellt: ‚Wir fordern Ersatz für das der materialistischen Weltordnung dienende römische Recht durch ein deutsches Gemeinrecht.’ Durch diese These sind uns Weg und Aufgaben klar vorgeschrieben. Die nationalsozialistische Rechtspolitik fordert von uns: Die Sicherung des deutschen Volkes in einem nationalsozialistischen Rechtsstaat, […].“ (Hans Frank, Einleitung. Grundsätze des nationalsozialistischen Rechtsdenkens und Rechtswollens, in: ders. (Hrsg.), Nationalsozialistisches Handbuch für Recht und Gesetzgebung, Eher: München 1935, XIIIXXIV [XIII].)
    (**) Das erste Zitat im Zitat stammt von Walther Merk, Wachstum und Schöpfung im germanischen Recht, in: Beiträge zur Neugestaltung des Deutschen Rechts. Festgabe der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät Marburg zum 70. Geburtstag des Erich Jung, Marburg 1937, 127175 (129); das zweite und dritte Zitat im Zitat stammt von Gustav Klemens Schmelzeisenund zwar aus: Das Recht im Nationalsozialistischen Weltbild (Neugestaltung von Recht und Wirtschaft H. 2), Leipzig 1934, 58 sowie Vom deutschen Recht und seiner Wirklichkeit, Düsseldorf 1933, 54 f.
  3. Siehe aus den Quellentexten bspw.:
    • Helmut Nicolai, Die rassengesetzliche Rechtslehre. Grundzüge einer nationalsozialistischen Rechtsphilosophie (Nationalsozialistische Bibliothek hrsg. v. Gottfried Feder H. 39), Eher: München 1932, 10:Wenn nun der Römer gefragt wurde, was rechtens sei, so […] schlug er das Gesetzbuch auf, […] der alte Deutsche […] konnte sich nicht auf eine Anordnung der Staatsgewalt berufen, sondern mußte sein Gewissen befragen.“
    • Carl Schmitt, Der Führer schützt das Recht, in: Deutsche Juristen-Zeitung 1934, 945950 (949):Es […] ist ein seit langem geübter Kunstgriff deutschfeindIicher Propaganda, gerade dieses Isolierverfahren [nämlich die Unterscheidung zwischen‚rein juristischer Tatbestands’- oder ‚Nicht-Tatbestandsmäßigkeit’“] als allein ‚rechtsstaatlichhinzustellen.“
    In der Sekundärliteratur äußern sich allgemein zur Anti-Formalität des nationalsozialistischen Rechtsstaats-Verständnisses (ohne spezifische Bezugnahme auf das Adjektivdeutsch“) bspw. Michael Stolleis und Christian Hilger (siehe bei Fn 175 und in Fn 183). Maus, Bäumlin/Ridder und Schulze (bei unterschiedlichen Nuancierungen, die sie im Einzelnen vornehmen) sehen das Charakteristikum der herrschenden deutschen Lehre vom Rechtsstaat (auch in weiten Teilen der Geschichte vor und nach dem NS) gerade durch deren Substantialismus bzw. ihre Anti-Formalität charakterisiert, im Unterschied zuals formal oder prozedural klassifiziertewestliche Konzeptionen der rule of law und des État légal.
  4. Von einemvolksnahen deutschen Rechtsprach in den Quellentexten ausdrücklich Wilhelm Coblitz (Vorbemerkungen, in: Hans Frank (Hrsg.), Nationalsozialistisches Handbuch für Recht und Gesetzgebung, Eher: München 1935 S. VIIXI); im übrigen: Schlussfolgerung aus der nationalsozialistischen Distanzierung vom juristischen Experten-Diskurs, zB.:
    • Schmitts affirmative Bezugnahme auf Gneists SatzDer Rechtsstaat ist kein Juristenstaat“ (s. unten nach Fn 56);
    • Nicolais pejorative Charakterisierung des Römischen Reiches alsJuristenstaat“, der keinRechtsstaatgewesen sei (s. bei Fn 84);
    • dessen Forderung der Jurist sollenicht mehr ein Paragraphenheld und seelenloser Bürokrat […], kein Buchstabengelehrter und kein Formaljuristsein (Helmut Nicolai, Rasse und Recht. Vortrag gehalten auf dem Deutschen Juristentag des Bundes nationalsozialistischer deutscher Juristen am 2. Oktober in Leipzig (Volk / Recht / Wirtschaft im Dritten Reich [Reihe ohne Bd.-Nummerierung]), Hobbing: Berlin 1933, 74).
    Entsprechend kritisierte Hans Frank (Einleitung. Grundsätze des nationalsozialistischen Rechtsdenkens und Rechtswollens, in: ders. (Hrsg.), Nationalsozialistisches Handbuch für Recht und Gesetzgebung, Eher: München 1935, XIIIXXIV [XIV, XV]) die vermeintlicheEntfremdung zwischen dem lebensnahen Volksempfinden und dem Rechtsowievolksfremdes Gesetzesrecht“; statt dessen forderte er das Recht müsseum des Volkes wegendasein (XIV). Die Akademie für Deutsches Recht wolle keinelebensfremde Gelehrtenzunft, sondern eine im Volk und Leben verwurzelte und für Volk und Leben praktisch nützbare Einrichtungsein (XXII f.). Aus der Sekundärliteratur weist Andrea Nunweiler (Das Bild der deutschen Rechtsvergangenheit und seine Aktualisierung imDritten Reich, Nomos: Baden-Baden 1996, 357, 352) darauf hin, dass Walther Merk bereits in den 20er Jahren statt derunseligen Entfremdung zwischen Recht und VolkGesetze forderte, dieeine Sprache sprechen, die dem Volk verständlich ist“.
  5. Christian Hilger, Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse, Mohr Siebeck: Tübingen, 2003, 211, 212:Ganz überwiegend liegt den [während der NS-Herrschaft vertretenen] Rechtsstaatsbegriffen ein Wirklichkeitsverständnis zugrunde, welches nicht zwischen Sein und Sollen trennt, sondern die höchsten Normen als Teil einer werthaften Natur ansieht. […]. Diese Werte können ferner nicht im Wege der Erfahrung erkannt werden, ihre Gewinnung erfolgt durch ‚Einfühlen’, ‚Intuitionbzw. ‚Instinkt oder ‚phänomenologisch’. […]. Überwiegend werden die jeweils höchsten Werte als den Gesetzen übergeordnete Rechtsquellen in den Rechtsbegriff aufgenommen.“ (Hv. hinzugefügt).
  6. In den Quellentexten verknüpfte Helmut Nicolai, Rasse und Recht. Vortrag gehalten auf dem Deutschen Juristentag des Bundes nationalsozialistischer deutscher Juristen am 2. Oktober in Leipzig (Volk / Recht / Wirtschaft im Dritten Reich [Reihe ohne Bd.-Nummerierung]), Hobbing: Berlin 1933, 13 f. (i.O. ist der Satz insgesamt hervorgehoben) Recht und Ethik folgendermaßen:Durch die Verbindung mit dem absoluten ethischen Begriff der Wahrheit […] erscheint das Recht dem nordischen Denken als das höchste Gut schlechthin.“ S.a. auch Otto von Schweinichen, [Beitrag ohne Überschrift], in: ders./Otto von Schweinichen, Disputation über den Rechtsstaat mit einer Einleitung und einem Nachwort von Carl Schmitt, Hanseatische Verlagsanstalt: Hamburg 1935, 3332 (58):der wahre Rechtsstaatsgedanke oderwas für uns dasselbe istder Gedanke an einen ‚unmittelbar gerechten Staat’“. – Dementsprechend war die Unterscheidung zwischen Gesetzen einerseits und Moral, Sitte und Sittlichkeit andererseitsso die Erkenntnis der Sekundärliteraturder Hauptkritik („Ausgangspunkt der Entrüstung“, s. Fn 183) der nationalsozialistischen Autoren am liberalen Rechtsstaats-Verständnis: Christian Hilger, Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse, Mohr Siebeck: Tübingen, 2003, 12 und ebd. S. 205211 zu den nationalsozialistischen Konzeptionen des Verhältnis zwischen Recht und moralischenWerten“.
  7. Siehe in den Quellentexten Carl Schmitts (bei Fn 63) und Hans-Peter Ipsens (bei Fn 160) Postulierung vonoffenkundige[r]“ bzw. „unmittelbar[er]“ Gerechtigkeit und die oben schon erwähnte Distanzierung vom juristischen Experten-Diskurs und vondie Unmittelbarkeit quasi unterbrechendenGesetzbüchern und aus der Sekundärliteratur: Christian Hilger, Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse, Mohr Siebeck: Tübingen, 2003, 96 f.:Auf diese Weise [der deskonkreten Ordnungsdenkens] erfolgt nach Auffassung Schmitts der unmittelbare, nicht durch Gesetzesanwendung vermittelte Durchgriff auf die Gerechtigkeit des Einzelfalls.“.
  8. Zitierung von Frank und Schmittwie schon in der vorstehenden Fn 1 genanntbei Maus und Bäumlin/Ridder, von Frank undsinngemäßNicolai (vgl. Fn 2) bei Christian Hilger, Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse, Mohr Siebeck: Tübingen, 2003, 87, 86 und dazu S. 8081 die beiden AbschnitteDie ‚Rasseals Determinante des RechtsundDer Staat als Vermittler ‚germanischen Geistes’“.
  9. Siehe die Einzelnachweise zur nationalsozialistischen Kritik der Rezeption des Römischen Rechts und am Manchesterliberalismus (sowie die dort jeweils auch genannte Sekundärliteratur) und Schmitts Ausdruckdeutschfeindliche Propagandain Fn 3. Carl Schmitt kritisierte unter Überschrift Nationalsozialismus und Rechtsstaat (in: Juristische Wochenschrift 1934, 713718 [717] = Deutsche Verwaltung 1934, 3542 [41]) darüber hinaus die Rezeption des Römischen Rechts alsungeheure geistige [… U]nterw[e]rf[ung]“ derDeutschen“; auch die Weimarer Verfassung sieht erInfolge desZusammenbruchs von 1919“, also der deutschen Niederlage im Ersten Weltkriegalsgeistige Unterwerfung unter fremde Rechts- und Staatsbegriffe“. – Vgl. bereits für die rechtshistorische Diskussion der Weimarer Zeit: Andrea Nunweiler (Das Bild der deutschen Rechtsvergangenheit und seine Aktualisierung imDritten Reich, Nomos: Baden-Baden 1996, 356 f.:negativen von außen kommenden Ereignissen“; „‚Eindringen jüdischer Rechtsvorstellungen durch die Bibel‘“ (Quellenzitat); „Rezeption des spätrömischen Rechts“; „Antike, Humanismus, Rationalismus, Liberalismus, die Lehren von der Staatssouveränität und die Ideen der Französischen Revolution [… wurden] primär als das Fremde“ – im Kontrast zumgermanischen Rechtsstaat“ (357 unten) – „wahrgenommen und als Bedrohung des Eigenen empfunden“.)
  10. S. aus den Quellentexten: Otto von Schweinichen („germanische Traditiondesrechtsstaatlichen Denken[s]“ seienin moderner Gestalt fortzusetzen“ [bei Fn 103]) und aus der Sekundärliteratur Hilger („Maßstab für die weitere Rechtsentwicklung im Nationalsozialismus“ [bei Fn 41]). Vgl. bereits für die rechtshistorische Diskussion der Weimarer Zeit: Andrea Nunweiler, Das Bild der deutschen Rechtsvergangenheit und seine Aktualisierung imDritten Reich, Nomos: Baden-Baden 1996, 353 f. (354), 356:Rechtserneuerung nach germanisch-mittelalterlichem Vorbild“; „Wunsch nach […] Rechtserneuerung durch an Anbindung […] an die Epochen der deutschen Rechtsgeschichte, in den Staat und Recht als genuin germanisch erschienen“.
  11. Siehe dazu die Einzelnachweise im Abschnitt Bewertung in der nachnationalsozialistischen Forschung.
  12. Seite 120123. Der Titel steht bereits im Original in Anführungszeichen, ohne dass dies distanzierend gemeint wäre oder sonst ein Grund ersichtlich ist.
  13. Auch im Schlusssatz auf S. 123 kommt noch einmal das WortRechtsstaatvor:Als Reichsjuristenführer bin ich überzeugt, daß es uns im Verein mit allen Schichten des deutschen Volkes gelingen wird, den Rechtsstaat Adolf Hitlers in jedem Augenblick so aufzubauen, daß niemand in der Welt wagen kann, diesen Rechtsstaat irgendwann wegen seines Rechtes anzugreifen.“
  14. S. 120Hervorhebung im Original
  15. Vgl. im übrigen die entsprechende Fußnote (z.Z. Fn 37) im AbschnittRechtsstaat und Positivismusdes ArtikelsRechtsstaat (Deutschland) (Wort- und Begriffsgeschichte)“.
  16. S. 120.
  17. Text des Gesetzes über die Aufhebung des Reichsrats: s:Gesetz über die Aufhebung des Reichsrats.
  18.  Wikisource: Ermächtigungsgesetz – Quellen und Volltexte
  19. Text des Gesetzes über den Neuaufbau des Reichs: [1].
  20. [2], S. 105, Fn 65.
  21. Für letztere Lesart spricht, dass die Reichsregierungabgesehen von der Einschränkung in Art. 2 HS 2durch das Ermächtigungsgesetz ohnehin schon zur Setzung von Reichsverfassungsrecht befugt war. Hätte nun durch Gesetz vom 30. Januar 1934 jene Einschränkung wegfallen sollen, so hätte es nahegelegen, (zB. im Rahmen des Gesetzes vom 30. Januar 1934 oder durch separates Gesetz) die Streichung jenes Halbsatzes zu beschließen. Dass dieser naheliegende und einfache Weg nicht gegangen wurde, sondern statt dessen Art. 4 des Gesetzes vom 30. Januar 1934 („Die Reichsregierung kann neues Verfassungsrecht setzen.“) beschlossen wurde, legt nahe, dass damit Landesverfassungsrecht gemeint ist, zu dessen Setzung die Reichsregierung bis dahin nicht befugt war.
  22. In dem gleichen Jahrgang der Zeitschrift Deutsches Recht finden sich ua. auch noch die Aufsätze von Frank Lebensrecht, nicht Formalrecht (S. 231233) und Aufgabe des Rechtsleben nicht die Sicherung der Paragraphenanwendung, sondern vor allem Sicherung des Volkslebens (425427). Vgl. zu Franks Antiformalismus auch: Christian Hilger, Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse, Mohr Siebeck: Tübingen, 2003, 89 f.
  23. Hans Frank, Der deutsche Rechtsstaat Adolf Hitlers“, in: Deutsches Recht 1934, 120123 (121). Bei Frank ist die gesamte zitierte Passage hervorgehoben
  24. S. 121. Wiederum ist die gesamte zitierte Passage bei Frank hervorgehoben
  25. S. 121. „Rechtssicherheitist bei Frank hervorgehoben. – Im folgenden Jahr erfährt der Begriff der Rechtssicherheit eine explizite (Neu)definition durch Frank. Während der Begriff traditionell bedeutet, dass Verlass darauf ist, dass das geltende Recht angewendet wird und dadurch die Ausübung der Staatsgewalt berechenbar gemacht wird, wird der Begriff von Frank unmittelbar an dieAufrechterhaltung der inneren und äußeren Ordnunggeknüpft. „Rechtssicherheitsei dann garantiert, wenn die Aufrechterhaltung der Ordnung gesichert ist:Ist diese innere und äußere Ordnung durch ein deutsches Rechtssystem und durch eine volksverbundene Rechtsanwendung gewährleistet, so ist der Grundsatz der Rechtssicherheit im vollkommensten Sinne durchgeführt.“ (Hans Frank, Einleitung. Grundsätze des nationalsozialistischen Rechtsdenkens und Rechtswollens, in: ders. (Hrsg.), Nationalsozialistisches Handbuch für Recht und Gesetzgebung, Eher: München 1935, XIIIXXIV [XVI]). Eine entsprechende Umkehrung nahm Hermann Göring im gleichen Jahr in einem Vortrag in der Akademie für Deutsches Recht vor: Nichtder einzelne und seine egoistischen Ziele“, sondern dasVolksollerechtsgesichert und rechtsgeschütztseinund in diesem Sinne sagte er, dass die Rechtssicherheit in der Weimarer Zeitauf tiefste erschüttert gewesensei. Daher forderte er, dass die Gesetze nicht nach ihren Buchstaben, sondern nachSinn und Zweckinterpretiert werden:Gesetze aber bleiben tote Buchstaben, die ihren Zweck nicht erfüllen, ja, die sogar mehr schaden können als nützen, wenn nicht die Gewähr gegeben ist, daß sie auch überall und zu jeder Zeit ihrem Sinn und Zweck gemäß vollzogen und erfüllt werden. […] die ordnungsmäßige und zweckentsprechende Anwendung der Gesetze [… d]as aber ist Rechtssicherheit“. Im weiteren Verlauf der gleichen Schrift lehnt es Göring dann ausdrücklich ab, dass der Staat gegenüber dem Gesetzesbrecher seinerseits an die Gesetze gebunden bleibt:Wir bezeichnen es nicht als Rechtssicherheit, wenn der Staat seine Organe und Machtmittel denen treulich zur Verfügung stellt, die unter diesem Schutz ihn und seine Zwecke bekämpfen wollen.“ (Hermann Göring, Die Rechtssicherheit als Grundlage der Volksgemeinschaft, Hanseatische Verlagsanstalt: Hamburg 1935, 5, 7, 9 oben, s.a. 10 Mitte, 12 unten/13 obenHv. hinzugefügt). S. zur nationalsozialistischen Umdeutung des Begriffs der Rechtssicherheit auch noch: Helmut Seydel, Die zwei Begriffe der Rechtssicherheit, in: Deutsche Rechtswissenschaft 1936, 8486 (85):Dieser Begriff der Individualsicherheit kann gewiß nicht unser Begriff der Rechtssicherheit sein. […]. Ganz bewußt hat die Führung dem Richter bedeutende Vollmachten erteilt, weniger berechenbar, aber umso gerechter zu entscheiden.“
  26. S. 121.
  27. Hans Frank, Der deutsche Rechtsstaat Adolf Hitlers“, in: Deutsches Recht 1934, 120123 (121). Bei Frank ist die zitierte Passage hervorgehoben.
  28. Es ist nicht an dem, daß …“ – bzw. in einem weiter unten angeführten Zitat:Es ist an dem, daß …“ – ist eine altertümliche Wendung, die Frank im Sinne vonEs ist nicht so, daß …“ bzw. „Es ist so, daß…“ verwendet.
  29. Hans Frank, Der deutsche Rechtsstaat Adolf Hitlers“, in: Deutsches Recht 1934, 120123 (122).
  30. Hans Frank, Geleitwort, in: H[ans]-H[einrich] Lammers/Hans Pfundtner (Hrsg.), Die Verwaltungs-Akademie. Ein Handbuch für den Beamten im nationalsozialistischen Staat, 2. Aufl.: Spaeth & Linde: Berlin/Wien 1939, unpaginiert [Loseblattsammlung; die 1. Aufl. war wohl ca. 1934 erschienen]:Das Recht ist die Seele jedes Staates. Die Gesetzgebung hebt es an das Licht das Bewußtseins.“
  31. Hv. hinzugefügt.
  32. Vgl. dazu Christian Hilger, Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse, Mohr Siebeck: Tübingen, 2003, 88:Obwohl Frank des öfteren den Zusammenhang von ‚Blut’, ‚Rechtsgefühlund Recht hervorhebt, wird die ‚erblicheVeranlagung in Bezug auf das Recht nicht […] ausdrücklich zu einem ‚rassengesetzlichenDeterminismus gesteigert, demzufolge die Rasseallein den Menschen in einer konkreten Situation auf eine ganz bestimmte Entscheidung festlegt. Vielmehr ist sie [nach Frank] nur eine und nicht allein maßgebliche Voraussetzung dafür, die ‚richtigeEntscheidung zu treffen.“
  33. Hans Frank, Der deutsche Rechtsstaat Adolf Hitlers“, in: Deutsches Recht 1934, 120123 (122). Hv. vonWeltallgemeinheithinzugefügt; Original-Hv. getilgt.
  34. S. 122. Hv. getilgt.
  35. Hans Frank, Rede, in: Helmut Nicolai/Hans Frank, Reden gehalten auf der ersten Kundgebung der Berufsgruppe Verwaltungsbeamte im Bund Nationalsozialistischer Deutscher Juristen am 14. September 1933 in Berlin mit einer Einführung von Manfred Bilke (Volk / Recht / Wirtschaft im Dritten Reich [Reihe ohne Bd.-Nummerierung]), Hobbing: Berlin 1933, 3145 (41 f.). Original-Hervorhebung, die bei Frank den kompletten ersten Satz des Zitates umfasst, getilgt.
  36. Hans Frank, Einleitung. Grundsätze des nationalsozialistischen Rechtsdenkens und Rechtswollens, in: ders. (Hrsg.), Nationalsozialistisches Handbuch für Recht und Gesetzgebung, Eher: München 1935, XIIIXXIV (XIII). Die Passage nach dem Doppelpunkt ist bei Frank hervorgehoben.
  37. An dieser Stelle ist tatsächlich die philosophisch-ethische Bedeutung vonmaterialistisch“ (im Gegensatz zuidealistisch“) und nicht die juristische Bedeutung vonmateriell“ (im Gegensatz zuformell“) gemeint.
  38. [3]. Dieser Programmpunkt wird auch in den Vorbemerkungen (S. VIIXI) desSchriftleiter[s]“ (Redakteurs) des Handbuches, Wilhelm Coblitz, zitiert. Im Anschluss daran schreibt er:Die Rezeption des römischen Rechts wurde, auch schon in vornationalsozialistischer Zeit, als das Ereignis erkannt, welches die Entwicklung eines volksnahen deutschen Rechts verhinderte“, und er postuliert dann: Wenn das Recht demRechtsempfindenderer, deren Lebensverhältnisse zu regeln sind, entspreche, dann verschwinde auch derGegensatz zwischen Moral und Recht, Rechtsempfinden […] und der gesetzten Rechtsnorm“.
  39. Hans Frank, Einleitung. Grundsätze des nationalsozialistischen Rechtsdenkens und Rechtswollens, in: ders. (Hrsg.), Nationalsozialistisches Handbuch für Recht und Gesetzgebung, Eher: München 1935, XIIIXXIV (IX). Siehe zur Kritik an Abstraktionen auch noch: Hans Frank, Rede, in: Helmut Nicolai/Hans Frank, Reden gehalten auf der ersten Kundgebung der Berufsgruppe Verwaltungsbeamte im Bund Nationalsozialistischer Deutscher Juristen am 14. September 1933 in Berlin mit einer Einführung von Manfred Bilke (Volk / Recht / Wirtschaft im Dritten Reich [Reihe ohne Bd.-Nummerierung]), Hobbing: Berlin 1933, 3145 (44):Die Akten vergehen, aber das Leben bleibt, lassen Sie sich nicht zum Knecht einer Formalabstraktion stempeln, […].“ (Hv. getilgt).
  40. Christian Hilger, Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse, Mohr Siebeck: Tübingen, 2003, 88.
  41. Schmitt verweist auf seinen eigenen Aufsatz: Nationalsozialismus und Rechtsstaat, in: Juristische Wochenschrift 1934, 713 f. (gemeint: ff.; der Aufsatz endet auf S. 718) [= Deutsche Verwaltung 1934, 3542]. Die beiden Zitate finden sich im ersten Absatz von Abschnitt I. und im letzten Absatz von Abschnitt II. – An der zweiten Stelle fordert Schmitt, „vorbehaltlos von dem einen nationalsozialistischen deutschen Rechtsstaatzu sprechen, und nicht mit einem unspezifischen Begriff von Rechtsstaatdem nationalsozialistischen Staat von außen vorzuschreiben suchen, was er zu tun hat“ (Hv. i.O.).
  42. Carl Schmitt, Was bedeutet der Streit um denRechtsstaat“?, in: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft 1935, 189201 (199).
  43. Carl Schmitt, Was bedeutet der Streit um denRechtsstaat“?, in: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft 1935, 189201 (199) – Hv. i.O.
  44. Carl Schmitt, Was bedeutet der Streit um denRechtsstaat“?, in: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft 1935, 189201 (191) – Hv. i.O. Vgl. Christian Hilger, Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse, Mohr Siebeck: Tübingen, 2003, 105.
  45. Carl Schmitt, Was bedeutet der Streit um denRechtsstaat“?, in: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft 1935, 189201 (190)
  46. Siehe dazu den AbschnittErste Entwicklungsetappe Rechtsstaat vs. Polizeystaatdes ArtikelsRechtsstaat (Deutschland) (Wort- und Begriffsgeschichte)“.
  47. Carl Schmitt, Der Rechtsstaat, in: Hans Frank (Hrsg.), Nationalsozialistisches Handbuch für Recht und Gesetzgebung, Eher: München 1935, 310 (4):bereits R. Mohl selbst (Enzyklopädie [Encyklopädie der Staatswissenschaften], 1872, 88) [hat] gegen das Gerede über den Gegensatz von Rechts- und Polizeistaat protestiert“.
  48. Carl Schmitt, Nationalsozialismus und Rechtsstaat, in: Juristische Wochenschrift 1934, 713718 (715) = Deutsche Verwaltung 1934, 3542 (37):Dann erst tritt das uns allen aus unserem Rechtsstudium und aus den verwaltungsrechtlichen Lehrbüchern bekannte, dritte, das positivistische Stadium ein. […]“. Die negativen Bezugspunkte für Schmitt sind nun Otto Mayer und Gerhard Anschütz.
  49. Lorenz Stein, Verwaltungslehre. Erster Teil, Cotta: Stuttgart, 2. Aufl.: 1869, 296 f. – Hv. i.O. In der ersten Auflage von 1865 ist fragliche Passage dagegen jedenfalls nicht ohne weiteres zu finden.
  50. Vgl. Steins Bezugnahme (auf S. 299 oben) auf Robert von Mohl, Literatur der Staatswissenschaften, I, 297 ff.
  51. Johann Friedrich Herbart; Kupferstich von Konrad Geyer (18161893)
    Gemeint sein könnte Johann Friedrich Herbart, der sich in seinem Buch Allgemeine praktische Philosophie auch staatstheoretisch äußerte; vgl. Robert Mohl, Die Geschichte und Literatur der Staatswissenschaften. In Monographien dargestellt. Erster Band, Enke: Erlangen, 1855, 244 (wo die Vornamen aber auch nur abgekürzt sind).
  52. Gemeint sein könnte Christian Jakob Kraus, der überstaatswirthschaftlicheFragen publizierte und dessen Nachgelassenen Philosophischen Schriften lt. Katalog der Staatsbibliothek Berlin von Johann Friedrich Herbart (s. vorstehende Fn 52) bevorwortet wurden.
  53. Richard Bäumlin, Stichwort Rechtsstaat, in: Roman Herzog/Hermann Kunst/Klaus Schlaich/Wilhelm Schneemelcher (Hrsg.), Evangelisches Staatslexikon, Kreuz: Stuttgart, 3. Aufl.: 1987, Sp. 28062818 (2806):Vorweg ist festzuhalten, daß der R[echtsstaat] eine Begriffsbildung der deutschen Staatslehre des 19. Jhs. ist. Dieser R[echtsstaat] soll den Staat im Interesse der bürgerl. Gesellschaft unter obrigkeitsstaatl. Bedingungen beschränken. So unterscheidet sich der R[echtsstaat] von vornherein von der britischen Rule of Law, die nicht nur als ein den Staat begrenzendes, diesen vielmehr auch konstituierendes (repräsentativstaatl. bzw. demokratisches) Prinzip gemeint ist.“
  54. Tatsächlich endet das wörtliche Zitat, das Schmitt anführt, insoweit bereits auf S. 180 (mit dem Ende des vorletzten Satzes auf dieser Seite).
  55. Vgl. zu Gneist auch: [4], S. 26, wo darauf hingewiesen wird, dass Gneistin Abgrenzung von denNachbarn im Westen“, was dort als Anspielung auf die Französische Revolution interpretiert wird, für Deutschland den Geist der Mäßigung und Gerechtigkeit in Anspruch nahm.
  56. a b Auslassung bei Schmitt nicht gekennzeichnet.
  57. Beide Hv. i.O. bei Gneist; beide von Schmitt ohne Kennzeichnung getilgt.
  58. Bei Schmitt Rechtschreibung ohne Kennzeichnung modernisiert:Willkür“.
  59. Hv. i.O. bei Gneist; von Schmitt ohne Kennzeichnung getilgt.
  60. Carl Schmitt, Nationalsozialismus und Rechtsstaat, in: Juristische Wochenschrift 1934, 713718 (715, rechte Sp. Mitte) = Deutsche Verwaltung 1934, 3542 (38 rechte Sp. oben) (Schmitt spricht vonfremder Denkweisein Bezug aufderartig festgelegte Worte“, womit die in der jeweils vorhergehenden Spalte erwähnteliberale Auffassung [… des] Rechtsstaat[s]“ bzw. „gesetzesstaatliche Konstruktiongemeint ist.)
  61. Carl Schmitt, Nationalsozialismus und Rechtsstaat, in: Juristische Wochenschrift 1934, 713718 (714) = Deutsche Verwaltung 1934, 3542 (36). Vgl. [5], S. 59.
  62. Gedenkstein für Marinus van der Lubbe auf dem Leipziger Südfriedhof. – Nach Ansicht von Carl Schmitt wurde van der Lubbe um der Gerechtigkeit willen hingerichtet.
    Carl Schmitt, Nationalsozialismus und Rechtsstaat, in: Juristische Wochenschrift 1934, 713718 (713) = Deutsche Verwaltung 1934, 3542 (35), wo Schmitt jeweils in der linken Spalte zunächstunter Bezugnahme auf Frankvomnationalsozialistischen Rechtsstaatspricht und dann in der rechten SpalteRechtsstaatim liberalen Sinne mehrfach in Anführungszeichen setzt, ua.:jene Publizisten, die uns über den ‚Rechtsstaatbelehrten’“ und:Denjenigen […], die im Falle van der Lubbe fortwährend vom ‚Rechtsstaatsprachen, lag offenbar nicht in erster Linie daran, daß ein übles Verbrechen die gerechte Strafe fand.“
  63. Die auf Gneist und Stein zeitlich folgende Entwicklung charakterisiert Schmitt alsdie Abtrennung des Rechts von Religion und Sittlichkeit; […]; die Verwandlung von Recht und Gerechtigkeit in ein positivistisches ‚ziviles Zwangsnormengeflecht’, dessen ganze Gerechtigkeit in der Rechtssicherheit, d. h. in seiner Berechenbarkeit besteht; das Ideal der Justizförmigkeit aller Staatsakte und der Grundsatz der ‚Gesetzmäßigkeitder Verwaltung, ja, der normativistischen Bindung des gesamten staatlichen Lebens, die Recht und Gesetz zum bloßen Fahrplan der bürokratischen Maschine macht.“ (Carl Schmitt, Was bedeutet der Streit um denRechtsstaat“?, in: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft 1935, 189201 [192]).
  64. Carl Schmitt, Was bedeutet der Streit um denRechtsstaat?, in: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft 1935, 189201 (192) – Hv. i.O. Die fragliche Stelle lautet in Gänze (S. 192):Der Sieg dieses bürgerlichen Rechtsstaats über den christlichen wie über den Hegelschen Sittlichkeitsstaat war entschieden, als es einem als ‚konservativanerkannten Autor, Friedrich Julius Stahl (Jolson), gelungen war, Hegels Staatsphilosophie bei den deutschen Konservativen als ‚undeutschzu diskreditieren und den christlichen Staat durch die Kombination ‚christlicher Rechtsstaatin das Begriffsnetz des Rechtsstaates hineinzuführen. Die im Streit zwischen christlichem Staat und Rechtsstaat verblüffend einfache Begriffskombinatorik eines ‚christlichen Rechtsstaatesarbeitete mit dem Kunstgriff eines inhaltlosen, ‚rein formalenBegriffes. ‚Der Rechtsstaat bedeutet überhaupt nicht Ziel und Inhalt eines Staates, sondern nur Art und Charakter, dieselben zu verwirklichen.’ Dieser berühmte Satz stellt Ziel und Inhalt gegen Art und Charakter und benutzt die bekannte und beliebte Trennung von Zweck und Mittel in einer besonderen Weise. Er mußte zu dem Ergebnis führen, daß nicht, wie sonst, der Zweck das Mittel, sondern umgekehrt, das Mittel, eben der zum bloßen Mittel gewordene Rechtsstaat, den Zweck heiligen konnte.“ Zu dem Stahl-Zitat siehe den Artikel Rechtsstaat (Deutschland) (Wort- und Begriffsgeschichte)#Geschichtliche Entwicklungsetappen#Forschungskontoverse: Gab es eine Etappe der Formalisierung des Rechtsstaats-Konzeptes?. Schmitt ist wohl allerdings nicht der Erste, der Stahl im Sinne eines formellen Rechtsstaats-Verständnisses liest. Jedenfalls vorbereitet ist diese Lesart bei Richard Thoma (Rechtsstaatsidee und Verwaltungsrechtswissenschaft, in: Mehdi Tohidipur (Hrsg.), Der bürgerliche Rechtsstaat, Suhrkamp: Frankfurt am Main 1978, 499524 [Nachdruck aus: Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart 1910]) – dort aber im affirmativen bzw. vereinnahmenden Sinne:Erst Stahl hat […] die stets im Streit befangene und im Flusse befindliche Abgrenzung der Staatszwecke geschieden von dem […] Streben nach einer rechtlich bestimmten Form der Verwirklichung der Staatszwecke. […]. Als ein die Form bezeichnendes, d.h. wesentlich die juristische Gestaltung des Staates betreffendes Postulat entwickeln in der Folge Lorenz von Stein, Otto Bähr und Rudolf von Gneist die Rechtsstaatsidee.“ (501) Anschütz bemerkte aber zugleich auch dieHereinnahme eines sachlichen Elements in den Rechtsstaatsbegriffdurch Stahl, das aber sogleichgewissermaßen wieder ausgestrichenwerde (520), so Thomas Lesart.
  65. Ein ähnlich Angriff auf Stahl findet sich auch bei Carl Schmitt, Der Rechtsstaat, in: Hans Frank (Hrsg.), Nationalsozialistisches Handbuch für Recht und Gesetzgebung, Eher: München 1935, 310 (6), wo Schmitt Stahl eine Verwandlung desRechtsstaats in sein Gegenteil, nämlich in einen indifferenten Gesetzesstaat“ (Hv. getilgt) vorwirft.
  66. Vgl. in anderem Zusammenhang: Wolfgang Schuller, Der Rechtsstaat bei Carl Schmitt. Der Einbruch der Zeit in das Spiel, in: Rudolf Morsey/Helmut Quaritsch/Heinrich Siedentopf (Hrsg.), Staat, Politik, Verwaltung in Europa. Gedächtnisschrift für Roman Schnur, Duncker & Humblot: Berlin 1997, 117133 (122): Schmitts Herstellung eines Zusammenhangs zwischenJudentum und Rechtsstaatsbegriffsei einetödliche Denunzierunggewesen.
  67. Helmut Nicolai, Rede, in: ders./Hans Frank, Reden gehalten auf der ersten Kundgebung der Berufsgruppe Verwaltungsbeamte im Bund Nationalsozialistischer Deutscher Juristen am 14. September 1933 in Berlin mit einer Einführung von Manfred Bilke (Volk / Recht / Wirtschaft im Dritten Reich [Reihe ohne Bd.-Nummerierung]), Hobbing: Berlin 1933, 1530 (30). – Bereits 1932 hatte Helmut Nicolai (Die rassengesetzliche Rechtslehre. Grundzüge einer nationalsozialistischen Rechtsphilosophie [Nationalsozialistische Bibliothek hrsg. v. Gottfried Feder H. 39], Eher: München 1932, 50) geschrieben:Auch Kant schon bekannte, daß der Preußenstaat eine vollendete ‚Republiksei, was soviel sagen will, wie daß es ein Rechtsstaat im deutschrechtlichen Sinne war.“ Auf S. 4 hieß es dort:In Wahrheit wollen wir den auf der lebensgesetzlichen Rechtslehre aufgebauten Rechtsstaat.“ unddas Dritte Reich [wird] ein Rechtsstaat sein.“ Des Weiteren tritt auf S. 33 das Adjektivrechtsstaatlichauf.
  68. Vielmehr endet die Rede mit folgendem unmittelbar anschließenden Satz:In unserem Führer Adolf Hitler […] verehren wir auch den ersten Verwaltungsbeamten des Reiches, ihm wollen wir folgen für und für, wohin er uns auch führen möge.“ (S. 30).
  69. S. 26.
  70. S. 26. – Vgl. Christian Hilger, Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse, Mohr Siebeck: Tübingen, 2003, 80 f., 83.
  71. Helmut Nicolai, Die rassengesetzliche Rechtslehre. Grundzüge einer nationalsozialistischen Rechtsphilosophie [Nationalsozialistische Bibliothek hrsg. v. Gottfried Feder H. 39], Eher: München 1932, 26.
  72. Helmut Nicolai, Rasse und Recht. Vortrag gehalten auf dem Deutschen Juristentag des Bundes nationalsozialistischer deutscher Juristen am 2. Oktober in Leipzig (Volk / Recht / Wirtschaft im Dritten Reich [Reihe ohne Bd.-Nummerierung]), Hobbing: Berlin 1933, 11:Es wird […] zweckmäßig sein, zuerst einmal eine Rasse herauszugreifen und aufzuklären, ob und wodurch sich ihre besonderen Rechtsvorstellungen […] von deren anderer Rassen […] unterscheiden. Als ein solch rassenreines Volk der Urzeit läßt sich das nordische Urvolk feststellen.
  73. Helmut Nicolai, Rasse und Recht. Vortrag gehalten auf dem Deutschen Juristentag des Bundes nationalsozialistischer deutscher Juristen am 2. Oktober in Leipzig (Volk / Recht / Wirtschaft im Dritten Reich [Reihe ohne Bd.-Nummerierung]), Hobbing: Berlin 1933, 13 f. – Im Original ist der gesamte Satz, aus dem die zitierte Passage stammt, hervorgehoben.
  74. a b S. 14
  75. Untertitel: Grundzüge einer nationalsozialistischen Rechtsphilosophie (Nationalsozialistische Bibliothek hrsg. v. Gottfried Feder H. 39), Eher: München 1932.
  76. S. 10.
  77. S. 20, Fn 2. Siehe dazu auch bereits: Helmut Nicolai, Die rassengesetzliche Rechtslehre. Grundzüge einer nationalsozialistischen Rechtsphilosophie (Nationalsozialistische Bibliothek hrsg. v. Gottfried Feder H. 39), Eher: München 1932, 9: „[…], so müssen ehemals in Deutschland die allerbesten Zustände geherrscht haben, da es keine Gesetze gab. Keine Gesetzedas bedeutet nicht, daß es kein Recht gegeben hätte. Das Recht aber war ein Gewohnheitsrecht, das man zwar aufzeichnen konnte, das aber durch eine ‚gesetzlicheAnordnung nicht veränderlich war. Noch der Sachsenspiegel […] war kein Gesetzbuch im heutigen Sinne, sondern nur eine Wiedergabe des bestehenden, seit alters geltenden Volksrechts, das nicht durch einen Gesetzgeber erfunden oder zusammenphantasiert worden war“.
  78. a b c S. 34.
  79. S. 34
  80. Helmut Nicolai, Rasse und Recht. Vortrag gehalten auf dem Deutschen Juristentag des Bundes nationalsozialistischer deutscher Juristen am 2. Oktober in Leipzig (Volk / Recht / Wirtschaft im Dritten Reich [Reihe ohne Bd.-Nummerierung]), Hobbing: Berlin 1933, 38
  81. S. 39.
  82. S. 40Hv. i.O.
  83. S. 49
  84. Forsthoff schrieb in Der totale Staat (Hanseatische Verlagsanstalt: Hamburg 1934, 17):Ein konsequenter Verteidiger der liberalen Demokratie, Hans Kelsen, hat zutreffend festgestellt: ‚Wer absolute Wahrheit und absolute Werte menschlicher Erkenntnis für verschlossen hält, muß nicht nur die eigene, muß auch die fremde, gegenseitige Meinung zumindest für möglich halten. Darum ist der Relativismus die Weltanschauung, die der demokratische Gedanke voraussetzt.’ Damit wird auch die Anmaßung erkennbar, die in der Bezeichnung ‚Rechtsstaatfür ein derartiges Staatswesen liegt. Denn ist es im Grund eine grobe Täuschung, wenn ein Staat, der zur Vollziehung der Unterscheidung von Recht und Unrecht außerstande ist, für sich mit besonderer Betonung in Anspruch nimmt, ein Staat des Rechtes zu sein“.
  85. Helmut Nicolai, Rasse und Recht. Vortrag gehalten auf dem Deutschen Juristentag des Bundes nationalsozialistischer deutscher Juristen am 2. Oktober in Leipzig (Volk / Recht / Wirtschaft im Dritten Reich [Reihe ohne Bd.-Nummerierung]), Hobbing: Berlin 1933, 48 f. – Die Adjektivtotalunddualistischstehen bereits bei Nicolaiwohl als Zeichen der Zitierung von Forsthoffin Anführungszeichen.
  86. S. 55
  87. Verfassungsneubau zum völkischen Rechtsstaat, in: Deutsche Juristen-Zeitung 1933, Sp. 12241230. Das WortRechtsstaattaucht außer in der Überschrift in den Sp. 1225 und 1229 auf. – Von Hilger wurde dieser Aufsatz nicht ausgewertet.
  88. Edgar Tatarin-Tarnheyden, Werdendes Staatsrecht. Gedanken zu einem organischen und deutschen Verfassungsaufbau, Heymanns: Berlin 1934 19, 21, Fn 29.
  89. Edgar Tatarin-Tarnheyden, Verfassungsneubau zum völkischen Rechtsstaat, in: Deutsche Juristen-Zeitung 1933, Sp. 12241230 (Sp. 1225 mit Fn 4); vgl. auch: ders., Werdendes Staatsrecht. Gedanken zu einem organischen und deutschen Verfassungsaufbau, Heymanns: Berlin 1934, 33 f. (zumAuslandsdeutschtum“) und 3439 (zur abgestuften Staatsangehörigkeit).
  90. Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933
  91. Edgar Tatarin-Tarnheyden, Verfassungsneubau zum völkischen Rechtsstaat, in: Deutsche Juristen-Zeitung 1933, Sp. 12241230 (Sp. 1225, Fn 4)
  92. Text des Gesetzes über die Reichsbürgerschaft: [6]Orthographie korrigiert.
  93. Siehe dort bes. die Abschnittepolitische MotiveundNationalsozialismus“.
  94. Verfassungsneubau zum völkischen Rechtsstaat, in: Deutsche Juristen-Zeitung 1933, Sp. 12241230 (1227); vgl. dazu die Fundstellen zu den entsprechenden Stichwörtern imSachverzeichnisvon: ders., Werdendes Staatsrecht. Gedanken zu einem organischen und deutschen Verfassungsaufbau, Heymanns: Berlin 1934, 179 (organisch, Organischer Staat, Organische Weltanschauung, Organische Wirtschaft).
  95. Edgar Tatarin-Tarnheyden, Grundlagen des Verwaltungsrechts im neuen Staat, in: Archiv des öffentlichen Rechts 1934, 345358 (348):Reichsjustizkommissar Frank hat mit Recht den Rechtsstaat beim Erneuerungswillen des Nationalsozialistischen Staates immer wieder in den Vordergrund gestellt, so auf dem Deutschen Juristentag 1933 in Leipzig und zuletzt vor dem Bund Nationalsozialistischer Deutscher Juristen in Berlin am 15. November d. J.“ ders., Werdendes Staatsrecht. Gedanken zu einem organischen und deutschen Verfassungsaufbau, Heymanns: Berlin 1934, 18:insbesondere Frank hat immer wieder […] dieses Bekenntnis zum Rechtsstaat bekundet.“
  96. Edgar Tatarin-Tarnheyden, Grundlagen des Verwaltungsrechts im neuen Staat, in: Archiv des öffentlichen Rechts 1934, 345358 (348). „Postulat der praktischen Staatspolitik auch in: ders., Werdendes Staatsrecht. Gedanken zu einem organischen und deutschen Verfassungsaufbau, Heymanns: Berlin 1934 19.
  97. nl:Laisser faire#Etymologie.
  98. Edgar Tatarin-Tarnheyden, Grundlagen des Verwaltungsrechts im neuen Staat, in: Archiv des öffentlichen Rechts 1934, 345358 (346).
  99. Vgl. zumUr-Nomosbei Tatarin-Tarnheyden: ders., Werdendes Staatsrecht. Gedanken zu einem organischen und deutschen Verfassungsaufbau, Heymanns: Berlin 1934 19 und die anderen zu diesem Stichwort imSachverzeichnis“ (S. 181) genannten Stellen.
  100. Vgl. den Artikel Dritter Weg, Bedeutung 1:alternative Konzepte zu Sozialismus und Kapitalismusund Bedeutung 5:nationalrevolutionäre Querfrontideologien“.
  101. Otto von Schweinichen, [Beitrag ohne Überschrift], in: ders./Otto von Schweinichen, Disputation über den Rechtsstaat mit einer Einleitung und einem Nachwort von Carl Schmitt, Hanseatische Verlagsanstalt: Hamburg 1935, 3332 (64).
  102. S. 59, s.a. 63 (mitaber nur hypothetischem [„in Betracht zu ziehen“] – Bezug auf diegermanischen Stammesstaatenund dasdeutsche Mittelalter“). – Siehe im übrigen zu von Schweinichen: Christian Hilger, Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse, Mohr Siebeck: Tübingen, 2003, 119129.
  103. Auf S. 29 unten spricht Groß-Fengels ausdrücklich vomformalen Ordnungswert des Rechts“ (Hv. hinzugefügt). – Vgl. dazu S. 11 die Beispiel Rechts- und Linksfahrgebot:Die Norm ‚Rechts fahrendarf Geltung beanspruchen, nicht weil die Norm ‚links fahrendie ungerechtere wäresondern weil sei einfach wegen ihrs Daseins einen Wert der Ordnung und der Sicherheit darstellt“.
  104. Kurt Groß-Fengels, Der Streit um den Rechtsstaat, Nolte: Düsseldorf 1936 (zugl. Diss. Uni Marburg 1936), 50.
  105. Christian Hilger, Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse, Mohr Siebeck: Tübingen, 2003, 178 behandelt Groß-Fengels unter der ÜberschriftAnnäherung an den ‚bürgerlich-liberalenRechtsstaatsbegriff“.
  106. In seiner Einleitung macht Groß-Fengels (Der Streit um den Rechtsstaat, Nolte: Düsseldorf 1936 [zugl. Diss. Uni Marburg 1936]) einen Unterschied zwischen Wissenschaft und Propaganda gelten (S. 1 f.). Er macht dabei allerdings erhebliche Zugeständnisse an das damalige politisierte Wissenschaftsverständnis, beharrt aber darauf, „daß […] dem Volk in keiner Weise gedient wäre, wenn die Wissenschaft glaubte, mit Schlagworten und einigen Federstrichenauszukommen. Dennoch ist auch Groß-Fengels Schrift nicht juristisch-normanalysierend, sondernabgesehen von einige historisch-analytischen Passagenin erster Linie programmatisch.
  107. S. 11 f.
  108. S. 12 (unter Hinweis auf Radbruch):Selbst dann kann ein solches Abweichen [von den Regeln] als ungerecht empfunden werden, wenn im Einzelfall unmittelbare Billigkeitserwägungen für das Abweichen von der Regel sprechen.“ Letzteres müsse daher einAusnahme“-Fall bleiben (S. 13, Fn 69). Es seikein Mangel, wenn der Rechtsstaat ‚der Gegenbegriff gegen den unmittelbar gerechten Staat’“ sei (S. 20), was Schmitt dembürgerlich-individualistischenRechtsstaat zum Vorwurf macht (Was bedeutet der Streit um denRechtsstaat“?, in: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft 1935, 189201 [190]). (Bei Schmitt ist die von Groß-Fengels zitierte Passage hervorgehoben; bei Groß-Fengels ist die Hv. getilgt.
  109. Kurt Groß-Fengels, Der Streit um den Rechtsstaat, Nolte: Düsseldorf 1936 (zugl. Diss. Uni Marburg 1936), 20 f.
  110. S. 38:es geht nicht an, den Aufgabenkreis der Polizei aus ihrer organischen Stellung heraus einfach zu vergrößern, ihre organische Stellung ist eben durch Gesetz festgelegt.“ S. 12, 14, 39:Die Vorhersehbarkeit stellt einen nicht wegzuleugnenden Wert dar. Sie ist die Voraussetzung jeder menschlichen Unternehmungslust; ein blühendes Wirtschaftsleben ist ohne sie undenkbar. In der Voraussehbarkeit kommt der Kern dessen zum Ausdruck was man Rechtssicherheit nennt. […] Daß in einer Voraussehbarkeit gewährende Ordnung die nicht ersetzbare Entfaltung schöpferischer Kräfte des einzelnen Ordnungsunterworfenen einen besondere Antrieb erhält, ist eine Tatsache, […] Eingriffe in Freiheit und Eigentum [müssen] als wichtige Pfeiler des Lebens der Einzelperson in besonderem Maße durch Gesetz geregelt und vorhersehbar gemacht werden“ (Hv. hinzugefügt). S.a. S. 15 (Absatz 2, ca. 2. Hälfte) sowie S. 32 („unverbrüchliche Norm, auf die sich der einzelne Volksgenosse dem staatlichen Verwaltungsorgan gegenüber berufen kann“). – Anders als Frank und Göring (s. Fn 26) nimmt Groß-Fengels keine substantialistisch-volksgemeinschaftliche Umdeutung des Begriffs der Rechtssicherheit vor. DasVolkstellt eranders als andere Autorennicht dem Einzelnen entgegen, sondern dem Staat, zB. S. 19 unten/20 oben:Um des Volkes willen erkennt er [der Staat] den Wert der Selbstbeschränkung […].“/„Beschränkung des Staates […] dem Volke aber nützt“. S.a. S. 14 oben, wo er bemüht ist, die „[r]evolution[äre]“ Dynamik des Nationalsozialismus im Namen desWohles des Volkeseinzuschränken und 29 oben (Reglung desVerhältnis[ses] StaatEinzelperson durch Rechtsnormen“ „um des Volkes willen“).
  111. Schmitts rassentheoretischen Kritik an Stahl referiert er neutral mit den Worten, „mag man noch so sehr davon überzeugt sein, daß die Philosophie Stahls die rassische Herkunft ihres Schöpfers nicht verleugnen kann“, und dann macht er folgenden Einwand:so bleibt es dennoch eine Tatsache, daß Stahl mit seinen extrem theokratischen Ansichten dem Staat die Erfüllung ganz bestimmter Gerechtigkeitsideale zum Ziel setzt“, womit Groß-Fengels (S. 20) Schmitts Verknüpfung zwischen Stahls jüdischer Herkunft und dessen angeblicher formalistisch-gesetzesstaatlichen Indifferenz gegenüber derGerechtigkeitden Boden entzieht.
  112. Die Darstellung des 19. Jahrhunderts durch Heinrich Langes Schrift Vom Gesetzesstaat zum Rechtsstaat (Hanseatische Verlagsanstalt: Hamburg 1934) kritisiert Groß-Fengels dabei wie folgt:es bleibt […] der Eindruck, daß er [Lange] hinsichtlich des 19. Jahrhunderts zuerst den Teufel an die Wand malt, um dann sagen zu wollen, daß es ganz so schlimm [meint: liberal] doch nicht gewesen seiS. 22). Vgl. im übrigen die Zusammenfassung von Christian Hilger, Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse, Mohr Siebeck: Tübingen, 2003, 185187.
  113. Der Streit um den Rechtsstaat, Nolte: Düsseldorf 1936 (zugl. Diss. Uni Marburg 1936), 22, 28.
  114. S. 9 f.
  115. S. 31.
  116. Vgl. zu diesem Unterschied: Ingeborg Maus, Bürgerliche Rechtstheorie und Faschismus. Zur sozialen Funktion und aktuellen Wirkung der Theorie Carl Schmitts, Fink: München, 2., um ein neues Vorwort erweiterte Aufl.: 1980 (urn:nbn:de:bvb:12-bsb00040752-7 via urn-revolver der DNB), 3739 (bes. 38 f., Fn 76). – Zu den Abstrichen, die Groß-Fengels vom Positivismus macht, siehe auch S. 13 dessen Schrift (Der Streit um den Rechtsstaat, Nolte: Düsseldorf 1936 [zugl. Diss. Uni Marburg 1936]: In bestimmten Fällen sei das Gesetzbloß Sprachrohr des Rechts“, bloßdeklaratorisch“.)
  117. S. 19.
  118. S. 16. Um diese Abgrenzung der Gesetzmäßigkeit vom seines Erachtens übertriebenen Liberalismus zu untermauern, führt er auf S. 18 weiter aus:Die Anerkennung des Wertes einer Voraussehbarkeit gewährenden Ordnung durch den Absolutismus festzustellen, ist vor allem deshalb bedeutungsvoll, weil diese Anerkennung nicht als schwächliche Konzession an die Untertanen aufgefaßt werden kann.“
  119. S. 24
  120. S. 39, s.a. 40 unter Bezugnahme auf Gierke.
  121. S. 30. Das Zitat ist bei Groß-Fengels hervorgehoben.
  122. S. 29.
  123. Vgl. zum Folgenden die Zusammenfassung von Christian Hilger, Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse, Mohr Siebeck: Tübingen, 2003, 188196.
  124. Kurt Groß-Fengels, Der Streit um den Rechtsstaat, Nolte: Düsseldorf 1936 (zugl. Diss. Uni Marburg 1936), 33.
  125. Groß-Fengels verweist auf: Theodor Maunz, Neue Grundlagen der Verwaltung 1934, 33.
  126. S. 34 f.
  127. S. 38 f.
  128. S. 42 f.
  129. S. 40 f.
  130. S. 42
  131. S. 4547.
  132. Letztlich ist es auch für Groß-Fengels dergefährliche Gesetzespositivismus, der, um Unbilligkeiten zu vermeiden, zwar Analogie zulassen mag, aber jede außerhalb des Gesetzes stehende unmittelbare Gerechtigkeitsnorm ablehnen muß“ (S. 14).
  133. S. 33 oben und Mitte:Führertum in der Verwaltungsei nicht unmöglich zu machen bzw. ihm in bestimmten Bereichenweiten Raum zu geben“.
  134. S. 38:In deutscher Betrachtung erscheint auch der Staat als eine unter dem Recht stehende Größe [unter Berufung auf Nicolai, Gierke und den zumindest zeitweilig stark völkisch orientierten Rechtshistoriker Walther Merk]. Weder die Einzelperson noch der Staat kann Ausgangspunkt sein, sondern ein der Rechtsanschauung des Nationalsozialismus entsprechendes harmonisches Verhältnis von Staat und Einzelperson, […].“ S. 40:Diese [die im Sinne von Gierke] deutsche Freiheit hat nichts tun mit Zügellosigkeit und Ungebundenheit“.
  135. S. 8Hv. hinzugefügt. S.a. bspw. S. 45:Es entspricht nat. soz. [nationalsozialistischem] Gerechtigkeitsdenken, wenn […].“
  136. Vgl. S. 18, Fn 81:Zwar mag man den absoluten Staat [des 17. Jh.s] ‚Rechtsstaatnennen, insofern als er nie eine Despotie gewesen ist, also nie ein Staat, in dem der augenblickliche Wille des Herrschers für ihn und für andere der einzige Gegenstand des organisierten Zusammenlebens ist’. (Mohl Enc. S. 371). […] Andererseits war aber bei Beibehaltung der bisherigen Terminologiedas Verhältnis Staat und Untertan nicht durch eine Rechtsordnung geregelt“ (Hv. hinzugefügt), weshalb besser bloß von einem‚unausgebildeten Rechtsstaat’“ zu sprechen sei. (Die Passagenicht durch eine Rechtsordnung geregeltbezieht sich wahrscheinlich darauf, dass Groß-Fengels [interne] Verwaltungsnormen nicht als Rechtsnormen ansieht [S. 17 bei Fn 78].)
  137. Michael Stolleis: Koellreutter, Otto. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 12, Duncker & Humblot, Berlin 1980, S324 f.:Sein Weg als Ordinarius führte von Halle (1920) nach Jena (1921), wo er seit 1921 auch als nebenamtlicher Richter am Thüring. Oberverwaltungsgericht tätig war. […] Die Reichstagswahlen vom 14. September 1930 führten ihn […] an die Seite des Nationalsozialismus“. „[A]n die Seiteheißt wohl noch nicht Mitglied (siehe den ArtikelOtto Koellreutter“, wo der Beitritt auf das Jahr 1933 datiert wird). Koellreutter selbst legte jedenfalls Wert auf die Feststellung, Mitte April 1933 bereits Mitglied gewesen zu sein und im Sommer 1932 einen Wahlaufruf für Hitler (für die Reichspräsidenten-Wahl) unterschrieben zu haben (BA/R 43 II Nr. 906b, Bl. 69 zit. n. Andreas Koenen, Der Fall Carl Schmitt. Sein Aufstieg zumKronjuristen des Dritten Reichs“, Wissenschaftliche Buchgesellschaft: Darmstadt 1995, 528 bei Fn 89). Ein konkretes Eintrittsdatum ist aber auch dort nicht genannt, außer dass Koellreutter nach eigenen Angaben im April 1932 noch nicht beitreten wollte. Siehe im übrigen Koellreutters Schrift Reichstagswahlen und Staatslehre (Recht u. Staat in Geschichte und Gegenwart Bd. 76), Mohr (Siebeck): Tübingen 1930.
  138. Beitrag 15 von 1935 der von H[ans]-H[einrich] Lammers/Hans Pfundtner hrsg. LoseblattsammlungDie Verwaltungs-Akademie. Ein Handbuch für den Beamten im nationalsozialistischen Staat“, Spaeth & Linde: Berlin/Wien, 1. Aufl.: 1934 (?) ff. Vgl. die OPAC-Einträge der Österreichischen und der Deutschen Nationalbibliothek sowie die folgenden unvollständigen bzw. unklaren Zitierungen: Jörg Schmidt, Otto Koellreutter 18831972. Sein Leben, sein Werk, seine Zeit, Lang: Frankfurt am Main/Berlin/Bern/New York/Paris/Wien 1995, S. 118, Fn 554; Kurt Groß-Fengels, Der Streit um den Rechtsstaat, Nolte: Düsseldorf 1936 (zugl. Diss. Uni Marburg 1936), 12, Fn 63; Christian Hilger, Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse, Mohr Siebeck: Tübingen, 2003, 236, 237; fehlerhaft wohl die Datierung durch Ingeborg Maus, Entwicklung und Funktionswandel der Theorie des bürgerlichen Rechtsstaats, in: dies., Rechtstheorie und Politische Theorie im Industriekapitalismus, Fink: München 1986 (urn:nbn:de:bvb:12-bsb00040886-9 via urn-revolver der DNB), 1182 (74, Fn 191) („1933“). In der 2. Aufl. von 1939 scheint der Beitrag nicht erneut veröffentlicht worden zu sein (Beitrag 15 trägt dort den TitelDer deutsche Führerstaatund stammt von Lammers; von Koellreutter stammt Beitrag 25Die politischen Formen der heutigen Staatenwelt“).
  139. Christian Hilger, Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse, Mohr Siebeck: Tübingen, 2003, 35 (bei Hilger ohne Anführungszeichen), 56 und 63 (bei Hilger jeweils bereits in Anführungszeichen), s.a. 43, 46 (letzter Satz im Haupttext), 67 f.
  140. Otto Kollreutter, Der nationale Rechtsstaat. Zum Wandel der deutschen Staatsidee, Mohr: Tübingen 1932, 32 f.; vgl. Christian Hilger, Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse, Mohr Siebeck: Tübingen, 2003, 43 bei Fn 158.
  141. Otto Kollreutter, Der nationale Rechtsstaat. Zum Wandel der deutschen Staatsidee, Mohr: Tübingen 1932, 30 oben („Skeptizismus gegenüber der Übersteigerung der Grundrechtsposition durch die liberale Staatsrechtslehre“), 30 unten/31 oben („prinzipielle[r] Unterschied zwischen institutionellen Garantien, die bestimmten Einrichtungen besonderen Schutz gewähren sollen, und den typischen grundrechtlichen Freiheitsrechten einer bürgerlich-rechtsstaatlich Verfassung“) – jeweils unter zustimmender Bezugnahme auf Carl Schmitt.
  142. [Otto] Koellreutter, Der nationale Rechtsstaat, in: Deutsche Juristen-Zeitung 1933, Sp. 517523 (517 f.). So auch schon ders., Der nationale Rechtsstaat. Zum Wandel der deutschen Staatsidee, Mohr: Tübingen 1932, 35:Das Staatsnotwehrrecht ist […] die rechtliche Gestaltung der Idee der nationalen Rechtssicherheit. Kennt der bürgerliche Rechtsstaat allein den Begriff der individuellen Rechtssicherheit, […], so stellt der ‚nationale Rechtsstaatdas Primat der Sicherheit der nationalen Lebensordnung auf.“ (Die Anführungszeichen umnationale[r] Rechtsstaatsind dabei wohl als Kennzeichnung des Selbstzitates oder als Betonung der neuen Begriffsprägung, aber nicht als Distanzierung Kollreutters zu verstehen.)
  143. [Otto] Koellreutter, Der nationale Rechtsstaat, in: Deutsche Juristen-Zeitung 1933, Sp. 517523 (519).
  144. Was mit diesemdeshalbgenau gemeint ist, wird auch bei Heranziehung der beiden vorstehenden Sätze kaum klarer:Wie im völkischen Staate das politische Erlebnis von Volk und Nation und das Gefühl für die Ehre in jedem Volksgenossen lebendig sein muß, so muß auch die völkische Rechtsidee durch das Rechtsgefühl der Volksgenossen lebendig und von jedem einzelnen Volksgenossen erlebt werden. Darin liegt vor allem, daß jeder Volksgenosse in den übrigen Volksgenossen den Rechtsgenossen sieht, und daß die Per[s]önlichkeit und Ehre jedes Volksgenossen ein untastbares Rechtsgut ist.“ (Otto Koellreutter, Deutschen Verfassungsrecht. Ein Grundriß, Junker und Dünnhaupt: Berlin, 3., gek. u. erg. Aufl.: 1937, 12alle Hv. hinzugefügt).
  145. S. 12Hv. hinzugefügt.
  146. a b S. 15.
  147. S. 14Hv. i.O.
  148. . S. 13 oben:Jeder Rechtsstaat enthält […] eine positive Rechtsordnung, die die politischen Lebensform des Volkes normiert, soweit sich das mit den Notwendigkeiten der politischen Existenz verträgt.“ (Hv. hinzugefügt.)
  149. S. 13 untenHv. hinzugefügt.
  150. S. 11.
  151. Der große Brockhaus. Handbuch des Wissens in zwanzig Bänden. Bd. 18, Brockhaus: Leipzig 1934, 38 (7). s.v. Staat.
  152. Heinrich Lange, Vom Gesetzesstaat zum Rechtsstaat. Ein Vortrag, Mohr: Tübingen 1934, 3, 41, Fn 2.
  153. S. 17:Das deutsche Bürgertum in der Mitte des 19. Jahrhunderts leistete dem Verfall des Freiheitsgedankens noch tatkräftig Widerstand. […]. Pflichtgefühl und Gemeinschaftsempfinden waren ihm noch nicht leere Redensarten geworden. Das Bürgertum war sicherlich liberal, nationalliberal, aber es war von dem hemmungslosen Liberalismus manchesterlicher Prägung durch eine Welt getrennt.“ Vgl. dazu Kurt Groß-Fengels, Der Streit um den Rechtsstaat, Nolte: Düsseldorf 1936 (zugl. Diss. Uni Marburg 1936), 22, 24, der diese von ihm positiv gewerteten, „deutsche[n]“ Seiten des 19. Jh.s noch stärker gewichtet als Lange. Carl Schmitt sieht dagegen auch die deutschen Gebiete im 19. Jh. – abgesehen von dem hinhaltenden Widerstand v.a. von Stein und Gneistvon denIdeen von 1789weitgehend überflutet.
  154. Amtseinführung von Reichsjustizminister Otto Georg Thierack, mit Roland Freisler, Franz Schlegelberger und Curt Rothenberger
    Roland Freisler: Artikel Rechtsstaat, in: Erich Volkmar/Alexander Elster/Günther Küchehof (Hrsg.), Die Rechtsentwicklung der Jahre 1933 bis 1935/36. Zugleich Handwörterbuch der Rechtswissenschaft. Bd. VIII: Der Umbruch 1933/36, de Gruyter: Berlin/Leipzig 1937, S. 568577 (567, 574, 573) – Hv. hinzugefügt; Original-Hv. des Namensvon Mohlgetilgt.
  155. Politik und Justiz. Das Problem der justizlosen Hoheitsakte, Hanseatische Verlagsanstalt: Hamburg 1937, 162, 306, 310Hv. i.O.
  156. Carl Schmitt, Der Rechtsstaat, in: Hans Frank (Hrsg.), Nationalsozialistisches Handbuch für Recht und Gesetzgebung, Eher: München 1935, 310 (9 f.), wo Schmitt aber keine Quellenangaben macht.
  157. Günther Krauß, [Beitrag ohne Überschrift], in: ders./Otto von Schweinichen, Disputation über den Rechtsstaat mit einer Einleitung und einem Nachwort von Carl Schmitt, Hanseatische Verlagsanstalt: Hamburg 1935, 932 (9).
  158. Ernst Forsthoff, [Rezension zu:] Otto Koellreutter: Der Deutsche Führerstaat, in: Juristische Wochenschrift 1934, 538.
  159. So wandte sich Forsthoff in der genannten Rezension insbesondere gegen den Satz nulla poena sine lege (keine Strafe ohne Gesetz); und Krauß kritisiert an der rechtsstaatlichen Denkweise, dass für siedie funktionale Legalität einer Verfassung wichtiger [ist] als ihre substanzhafte Legitimität“; selbst als polemischer Gegenbegriff gegen denGesetzesstaattauge derRechtsstaatnicht mehr, denn unter der Herrschaft des Nationalsozialismus trete ohnehin niemand mehr für denGesetzesstaatein (Günther Krauß, [Beitrag ohne Überschrift], in: ders./Otto von Schweinichen, Disputation über den Rechtsstaat mit einer Einleitung und einem Nachwort von Carl Schmitt, Hanseatische Verlagsanstalt: Hamburg 1935, 932 [16, 30]). Vgl. zu Krauß: Christian Hilger, Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse, Mohr Siebeck: Tübingen, 2003, 2031 (27:für das rechtsstaatliche Denken Stahlswürdenüberhaupt keine ‚substanziellenund letzten Zwecke mehr existieren“).
  160. Entstehung und Wandel des Rechtsstaatsbegriffs, in: Horst Ehmke/Carlo Schmid/Hans Scharoun (Hrsg.), Festschrift für Adolf Arndt zum 65. Geburtstag, EVA: Frankfurt am Main 1969, 5376 (158, Fn 56) – Hv. hinzugefügt.
  161. Klaus Marxen, Der Kampf gegen das liberale Strafrecht. Eine Studie zum Antiliberalismus in der Strafrechtswissenschaft der zwanziger und dreißiger Jahre, Duncker & Humblot: Berlin (zugl. Diss. Uni. Frankfurt am Main) 1975, 6769.
  162. S. 68
  163. ZB. nicht auf S. 69:ihres [der Antiliberalen] Rechtsstaatsbegriffs“; ebenso auf der gleichen Seite:nach Henkels Auffassung ein Rechtsstaat“.
  164. S. 69.
  165. Ingeborg Maus, Entwicklung und Funktionswandel der Theorie des bürgerlichen Rechtsstaats, in: dies., Rechtstheorie und Politische Theorie im Industriekapitalismus, Fink: München 1986 (urn:nbn:de:bvb:12-bsb00040886-9 via urn-revolver der DNB), 1182 (43).
  166. Richard Bäumlin/Helmut Ridder, [Kommentierung zu] Art. 20 Abs. 13 III. Rechtsstaat, in: Richard Bäumlin et al., Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. Band 1. Art. 120 (Reihe Alternativkommentare hrsg. von Rudolf Wassermann), Luchterhand: Neuwied/Darmstadt, 1359, 1362, Rn 24, 26.
  167. Ulrich Schellenberg, Die Rechtsstaatskritik. Vom liberalen zum nationalen und nationalsozialistischen Rechtsstaat, in: Ernst-Wolfgang Böckenförde (Hrsg.), Staatsrecht und Staatsrechtslehre im Dritten Reich (RechtJustizZeitgeschichte Bd. 41), Müller: Heidelberg 1985, 7188 (7378).
  168. S. 7985.
  169. S. 85.
  170. Edin Šarčević, Mißbrauch eines BegriffsRechtsstaat und Nationalsozialismus, in: Rechtstheorie 1993, 205223 (207).
  171. Vgl. S. 216:Jede Reduzierung des Rechtsstaats auf formelle oder materielle Elemente, führt […] zu einem Rechtsstaatsbegriff, in welchem Grenzen zwischen ‚Rechtund ‚Staatnicht mehr erkennbar sind.“ (Hv. hinzugefügt), was Šarčević zu einer Ablehnung eines rein formellen Rechtsstaats-Verständnis geben kann. – Zur Frage, ob es wie Šarčević meint tatsächlich ein sowohl formelles als auch materielles Rechtsstaats-Verständnis logisch geben kann, siehe Formeller und materieller Rechtsstaat#Versöhnung des formellen und des materiellen Rechtsstaats-Begriffs?.
  172. S. 222:Die Reine Rechtslehre erlaubt dem Rechtsstaat nicht, sich als autonomes Objekt zu konstituieren.“
  173. S. 214:Er [Dernationalsozialistische Rechtsstaat“] konnte nur als materieller Rechtsstaatsbegriff konzipiert werden“ (Hv. i.O.).
  174. S. 221:Ein fast identisches ‚Resultatergab sich aus der Reinen Rechtslehre, die als Antipode der nationalsozialistischen Rechtsdemagogie die gleichen Symptome aufweist: […]. Kelsens Position ist […] methodologisch-monistisch, […], denn in der Reinen Rechtslehre sind Staat und Recht identische Phänomene.“
  175. Vgl. S. 208:Das Grundproblem liegt nämlich innerhalb des Dilemmas, ob der Rechtsstaat als sinnvoller Begriff in der Identitätslehre bzw. im monistisch konzeptionierten Verhältnis RechtStaat überhaupt möglich ist.“
  176. S. Michael Stolleis, Die Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland. Bd. 3: Staats- und Verwaltungsrechtswissenschaft in Republik und Diktatur 19141945, Beck: München 1999, 332 („taktisches Gefecht“, „taktische Lippenbekenntnisse zum ‚Rechtsstaat’“), 334 („Am liebsten hätte er [Schmitt] den Begriff ‚Rechtsstaatganz ausgetilgt“, „halbherzige Verteidigung, falls er ‚substanzhaftverstanden werde“; „Deshalb [als Mittel im Kampf um die Vorherrschaft im nationalsozialistischen Staatsrecht]) propagierte er [Koellreutter] dennationalen Rechtsstaat“, 335 („Schmitt selbst betonte […], das Festhalten an Begriffen wie ‚Rechtsstaat’ […] impliziere das formalistische, bürgerliche, menschheitliche, rechtsschutzorientierte Denken des 19. Jahrhunderts.“) s.a. 329 („Fassaden eines ‚Rechtsstaats’“ – dort aber wohl eher nicht im materiellen Sinne gemeint). – In der Tat finden sich in den Schmitt-Aufsätzen aus dem Jahre 1935 (anders als in denen aus den Jahren 1933 und 1934 sowie der Zeit vor und nach dem Nationalsozialismus) Äußerungen, die die Perspektive eines Verzichts auf den BegriffRechtsstaataufmachen, zB.:In einer dreigliedrig aufgebauten, in Staat, Bewegung, Volk lebendigen politischen Einheit dürfte das Wort ‚Rechtsstaatin demselben Maße überflüssig werden, in dem der Ausbau einer von Grund auf neuen Ordnung sich verwirklicht. […]. Besonders in dieser letzten Unmöglichkeit [der Unmöglichkeit, analog zuRechtsstaatvonRechtsreichzu sprechen] tritt zutage, daß die Kombination ‚Rechtsstaatsowohl an den Rechts- wie an den Staatsbegriff einer bestimmten, dualistisch in Staat und Gesellschaft denkenden Zeit gebunden bleibt.“ (Carl Schmitt, Was bedeutet der Streit um denRechtsstaat“?, in: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft 1935, 189201 [201]). Dies heißt freilich nicht, dass Schmitt hinsichtlich der Verteidigung des substanzhaften Rechtsstaats nurhalbherziggewesen sei und den BegriffRechtsstaat“ (egal, ob formell oder materiell verstanden) „ganz austilg[en]“ wollte, sondern dassehr vorsichtige („auf die kommenden Jahrhunderte blickende Frage“; „eine sehr theoretische Frage“; „betrifft eine schwierige, auf ‚exakteWeise kaum zu stellende Prognose“ [200]) – Ansprechen jener Perspektive resultiert aus einer Skepsis, ob das, was Schmitt wirklich will (eine völlige Entformalisierung des Rechtsstaatsbegriffs) wirklich möglich ist. Vgl. Christian Hilger, Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse, Mohr Siebeck: Tübingen, 2003, 101:Schmitt warnt […] vor der Möglichkeit, daß mit der Verwendung des Wortes ‚Rechtsstaatüberkommene ‚bürgerlich-liberaleSinngehalte Eingang in das nationalsozialistische Rechtsleben finden könnten.“ (Hv. hinzugefügt). Und sein Bedenken betrifft dabeiwie im angeführten Zitat (das Bedauern, dass es zwar das WortRechtsstaat“, aber nicht das WortRechtsreich“ [im gleichen Sinne] gibt) zu sehen istnicht den WortbestandteilRecht-“, sondern den Wortbestandteil „-staat“, was wohl im Kontext der vom NS beanspruchten anti-etatistischen Bewegungs-Orientierung zu verstehen ist.
  177. Michael Stolleis, Die Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland. Bd. 3: Staats- und Verwaltungsrechtswissenschaft in Republik und Diktatur 19141945, Beck: München 1999, 333, 338. Anders und ohne Begründung dagegen S. 336:Die Taktik des Regimes, sich nach außen lautstark für Recht und Ordnung einzusetzen und weiterhin mit Hilfe von Gesetzen zu regieren, nährte die Illusion, es sei mit der traditionellen Gesetzesform auch eine Rechtsbindung gewollt.“
  178. Christian Hilger, Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse, Mohr Siebeck: Tübingen, 2003, 12 f., 13:Die rechtswissenschaftliche Literatur während des Dritten Reiches identifiziert das dem ‚bürgerlich-liberalenRechtsstaatsbegriff zugrundeliegende Rechtsverständnis mit einem Rechtsbegriff, dessen Extension allein Gesetzesnormen umfaßt. Recht sei ausschließlich Gesetzesrecht, welches begrifflich von ‚Moral’, ‚Sitteund ‚Sittlichkeitunterschieden werde. Die unterstellte Weigerung, in die Definition des Rechtsbegriffs ‚moralischeElemente einzubeziehen, bildet den Ausgangspunkt der Entrüstung über den ‚bürgerlich-liberalenRechtsbegriff […]. In der Identifikation von Gesetz und Recht erblickt man zugleich eine Entgegensetzung von Recht und ‚Gerechtigkeit’ […]. Gesetze als solche seien schon deshalb makelhaft, weil sie das Resultat eines ‚willkürlichenund zufälligen Kompromisses der im Parlament vertretenen Personen und Parteien darstellten, […]. Das gesetzesfxierte und ‚normativistischeRechtsverständnis der ‚bürgerlich-liberalenRechtslehre wird insgesamt als typischer Ausdruck ‚jüdischen Rechtsdenkensherausgestellt. […] die ‚bürgerlich-liberaleRechtsstaatslehre […] anerkenne […] überpositive Normen, welche die Rechtssicherheit beeinträchtigen könnten, nicht als Recht. […]. Statt eines Rekurses auf überpositive Normen bemühe sie sich im Wege gesetzesdogmatischer Systematisierung und Differenzierung um die Berechenbarkeit und Transparenz des Rechts zugunsten des Individuums.“ (Hv. hinzugefügt). – Hilger setzt zwarbürgerlich-liberalein distanzierende (oder zitierende) Anführungszeichen und spricht insofern von einemGeschichtsbild“ (S. 12), aber die Frage, ob diese Bild zutreffend war (oder ob esvielleicht aus Profilierungsgründenden liberalen und positivistischen Charakter des vor-nationalsozialistischen Rechtsstaats-Verständnisses überzeichnet), liegt außerhalb der Reichweite seiner Untersuchung. Dass er die Anführungszeichen distanzierend und nicht zitierend verwendet, ist zu vermuten, da er nirgends eine Quellenangabe für die Wendungbürgerlich-liberaler Rechtsstaatmacht. Tatsächlich findet sie sich aber bspw. in Schmitts Artikel Die deutschen Intellektuellen (in: Westdeutscher Beobachter, 31. Mai 1933, zit. n. Andreas Koenen, Der Fall Carl Schmitt. Sein Aufstieg zumKronjuristen des Dritten Reichs“, Wissenschaftliche Buchgesellschaft: Darmstadt 1995, 368 bei Fn 32). Vomliberal-bürgerliche Gesetzesstaatsprach Freisler (siehe oben). – Vgl. zur Problematik der anti-bürgerlichen bzw. antikapitalistischen Rhetorik der Nazis den Abschnitt Verhältnis zum Kapitalismus des Artikels Nationalsozialismus.
  179. Siehe im Einzelnen das Inhaltsverzeichnis von Hilgers Buch.
  180. Duncker & Humblot: Berlin, 4. Aufl.: 2002 (1. Aufl.: 1964, 2.: 1992, 3.: 19952. Aufl. mit einer Vorbemerkung, 3. Aufl. mit einem Vorwort und 4. Aufl. mit einer neuen Einl. versehen [= S. XIXXLVI, XVIIXVIII, VXV der 4. Aufl.]), 184.
  181. Das gute Recht der deutschen Revolution (S. 1 und 2 der Ausgabe vom 12. Mai 1933).
  182. Andreas Koenen, Der Fall Carl Schmitt. Sein Aufstieg zumKronjuristen des Dritten Reichs“, Wissenschaftliche Buchgesellschaft: Darmstadt 1995. Siehe im Register die S. v. Rechtsstaat genannten Stellen und außerdem die S. 109, 462-465, 467-469, 481, 482, 532-534.
  183. S. 201 und 604.
  184. Problematisch wird diese Vorgehensweise spätestens, wenn er auf S. 466 schreibt, Schmitt habe die‚Diskrepanzzwischen einem auf die Freiheit des Individuums bedachten Rechtsstaatund einem auf eine konkrete Ordnung bezogenengerechten Staataufgezeigt (Hv. durch Koenen.) und dabei nicht erwähnt, dass Schmitt dort seinerseitsRechtsstaatin Anführungszeichen setztalso gerade bestreitet, dass der liberale Staat ein wahrer Rechtsstaat sei, und letzteren vielmehr mit dem ordnungswahrendengerechten Staat“ (bei Schmitt ohne Anführungszeichen) gleichsetzt.
  185. S. 461 (der‚bürgerliche Rechtsstaat“, der bereits in der Weimarer Republik zum festen Bestandteil des Schmitt und Forsthoff verbindenden Feindbildes gehörte“), 210, Fn 22 („Wurzel seiner Kritik am ‚bürgerlichen Rechtsstaat’“); vgl. auch 209 („dessen [der Gewaltenteilung] Ausprägung im ‚bürgerlichen Rechtsstaater seit Jahren kritisiert hatte“)
  186. S. 536:Artikel […], in dem der katholische Staatsrechtslehrer [Schmitt] ausdrücklich den ‚Gegensatz von Rechtsstaat und christlichem Staatsowie den begriffsgeschichtlich begründeten ‚konkreten, antichristlichen Sinn des Wortes ‚Rechtsstaatthematisierte“.
  187. Hv. i.O.
  188. Eine der zugehörigen Fn (S. 668, Fn 67) enthält darüber hinaus einen sachlichen Fehler. Es heißt dort:Statt der geplanten ‚Erwiderungvon Krauss schreibt Schmitt […] ein Nachwort [zur Disputation über den Rechtsstaat, Hanseatische Verlagsanstalt: Hamburg 1935].“ Die Publikation enthält vielmehr sowohl eineErwiderungvon Krauß (!) (S. 7083) als auch einNachwortvon Schmitt (S. 8488).
  189. Jörg Schmidt, Otto Koellreutter 18831972. Sein Leben, sein Werk, seine Zeit, Lang: Frankfurt am Main/Berlin/Bern/New York/Paris/Wien 1995, 125, s.a. bereits 124.
  190. S. 163.
  191. S. 164 f.
  192. Carl Hermann Ule, Carl Schmitt, der Rechtsstaat und die Verwaltungsgerichtsbarkeit, in: Verwaltungs-Archiv 1990, 117 (8).
  193. S. 10:Trotz gewisser Bedenken hält er [Schmitt] an dem Begriff des Rechtsstaats fest, allerdings nur in der von jeder Allgemeingültigkeit gereinigten Fassung des deutschen Rechtsstaates Adolf Hitler. Skeptischer in bezug auf eine solche Umdeutung des Rechtsstaatsbegriffs ist seine Stellungnahme in dem Aufsatz ‚Was bedeutet der Streit um den Rechtsstaat?’.“
  194. S. 12.
  195. S. 13.
  196. S. 17
  197. Wolfgang Schuller, Der Rechtsstaat bei Carl Schmitt. Der Einbruch der Zeit in das Spiel, in: Rudolf Morsey/Helmut Quaritsch/Heinrich Siedentopf (Hrsg.), Staat, Politik, Verwaltung in Europa. Gedächtnisschrift für Roman Schnur, Duncker & Humblot: Berlin 1997, 117133 (118120)
  198. S. 122126. Vgl. zur Nachkriegszeit: Ingeborg Maus, Bürgerliche Rechtstheorie und Faschismus. Zur sozialen Funktion und aktuellen Wirkung der Theorie Carl Schmitts, Fink: München, 2., um ein neues Vorwort erweiterte 2. Aufl.: 1980 (urn:nbn:de:bvb:12-bsb00040752-7 via urn-revolver der DNB), 117 f., Fn 157.
  199. Wolfgang Schuller, Der Rechtsstaat bei Carl Schmitt. Der Einbruch der Zeit in das Spiel, in: Rudolf Morsey/Helmut Quaritsch/Heinrich Siedentopf (Hrsg.), Staat, Politik, Verwaltung in Europa. Gedächtnisschrift für Roman Schnur, Duncker & Humblot: Berlin 1997, 117133 (127):Hinsichtlich des Rechtsstaats, der nun nicht mehr bürgerlich sein sollte, war das [die angestrebteSubstanz“] bei den einen der soziale oder materielle, bei Carl Schmitt aber dessen Variante, der nationalsozialistische Rechtsstaat.“ (Hv. hinzugefügt).
  200. Der Deutsche Rechtsstaat: NationaleGemeinschaftstatt Gesetzesbindung der StaatsgewaltDas Beispiel ‚Steuer-CD.
  201. Ulrich Schellenberg, Die Rechtsstaatskritik. Vom liberalen zum nationalen und nationalsozialistischen Rechtsstaat, in: Ernst-Wolfgang Böckenförde (Hrsg.), Staatsrecht und Staatsrechtslehre im Dritten Reich (RechtJustizZeitgeschichte Bd. 41), Müller: Heidelberg 1985, 7188 (79).
  202. Vgl. dazu aus der Quellenliteratur neben den bereits in Fn 103 genannten: einerseits Carl Schmitt, Staatsgefüge und Zusammenbruch des zweiten Reiches. Der Sieg des Bürgers über den Soldaten, Hanseatischer Verlagsanstalt: Hamburg 1934 und andererseits Arnold Köttgen, Betrachtungen zum Neubau der deutschen Verwaltung, in: Reichsverwaltungsblatt 1935, 6572 (67 linke Spalte).
  203. S. 214.
  204. S. 217 f.
  205. Aufgrund der postulierten Einheit von Volk und Führer wurde der sog. Staats- oder Herrscherabsolutismus vielmehr gerade alsungermanischverworfen (s. dazu: Andrea Nunweiler: Das Bild der deutschen Rechtsvergangenheit und seine Aktualisierung imDritten Reich, Nomos: Baden-Baden 1996, 163 oben 190 (nach Fn 335), 286 f.)
  206. Carl Schmitt, Nationalsozialismus und Rechtsstaat, in: Juristische Wochenschrift 1934, 713718 (713) = Deutsche Verwaltung 1934, 3542 (35).
  207. Heinrich Lange, Vom Gesetzesstaat zum Rechtsstaat (Hanseatische Verlagsanstalt: Hamburg 1934, 21, 22, 37, s.a. – Hv. hinzugefügt.)
  208. Carl Schmitt, Der Führer schützt das Recht, in: Deutsche Juristen-Zeitung 1934, 945950. S. dazu auch Heinrich Lange, Vom Gesetzesstaat zum Rechtsstaat. Hanseatische Verlagsanstalt, Hamburg 1934, 38 und 42, Fn 29 („Der Führer schuf nicht neues Recht, er verwirklichte altes, geltendes Recht.“).
  209. Otto von Schweinichen, [Beitrag ohne Überschrift], in: ders./Otto von Schweinichen, Disputation über den Rechtsstaat mit einer Einleitung und einem Nachwort von Carl Schmitt, Hanseatische Verlagsanstalt: Hamburg 1935, 3332 (64) – Hv. hinzugefügt.
  210. Vgl. zu diesem Problemkreis: Detlef Georgia Schulze, Eine Zwischenbilanz in sieben Thesen, in: der/dies./Sabine Berghahn/Frieder Otto Wolf (Hrsg.), Rechtsstaat statt Revolution, Verrechtlichung statt Demokratie? Transdisziplinäre Analysen zum deutschen und spanischen Weg in die Moderne. (StaR P. Neue Analysen zu Staat, Recht und Politik. Serie A. Band 2), Westfälisches Dampfboot, Münster 2010, 877884 (878880, bes. 880) mit eineraber nicht weiter ausgeführtenUnterscheidung zwischenmonarchischer, präsidialer, führerstaatlicher und verfassungsgerichtlicher materieller Rechtsstaatlichkeit“.
  211. Ingeborg Maus, Entwicklung und Funktionswandel der Theorie des bürgerlichen Rechtsstaats, in: dies., Rechtstheorie und Politische Theorie im Industriekapitalismus, Fink: München 1986 (urn:nbn:de:bvb:12-bsb00040886-9 via urn-revolver der DNB), 1182 (40-44, bes. bei Fn 179, 180, 195197); dies., Gesellschaftliche und rechtliche Aspekte derKonservativen Revolution, in: ebd., 141171 (spez. zu Carl Schmitt: 154-161).
  212. Christian Hilger, Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse (Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts Bd. 39), Mohr Siebeck: Tübingen, 2003, 5.
  213. Carl Hermann Ule, Carl Schmitt, der Rechtsstaat und die Verwaltungsgerichtsbarkeit, in: Verwaltungs-Archiv 1990, 117 (14).
  214. Christian Hilger, Rechtsstaatsbegriffe im Dritten Reich. Eine Strukturanalyse, Mohr Siebeck: Tübingen, 2003, 10
  215. Dirk van Laak, Gespräche in der Sicherheit des Schweigens. Carl Schmitt in der frühen Geistesgeschichte der Bundesrepublik, Akademie Verlag: Berlin, 2. Aufl.: 2002, 94, Fn 119 („Koellreutters Schüler Carl Hermann Ule“). (Ules Dissertation wurde in Jena angenommen, wo Kollreutter lehrte.)
  216. Andreas Koenen, Der Fall Carl Schmitt. Sein Aufstieg zumKronjuristen des Dritten Reichs“, Wissenschaftliche Buchgesellschaft: Darmstadt 1995, 528; Dirk van Laak, Gespräche in der Sicherheit des Schweigens. Carl Schmitt in der frühen Geistesgeschichte der Bundesrepublik, Akademie Verlag: Berlin, 2. Aufl.: 2002, 94, Fn 119.
  217. Auf S. 130 in Fn 58 seines hier zitierten Rechtsstaats-Aufsatzes verweist Schuller auf seinen Aufsatz: Aufgesetzte Blindheit. Carl Schmitt als zeitgenössische Erscheinung, in: Mut, Nr. 337, Mai 1997, 6267.
  218. Wolfgang Schuller, Der Rechtsstaat bei Carl Schmitt. Der Einbruch der Zeit in das Spiel, in: Rudolf Morsey/Helmut Quaritsch/Heinrich Siedentopf (Hrsg.), Staat, Politik, Verwaltung in Europa. Gedächtnisschrift für Roman Schnur, Duncker & Humblot: Berlin 1997, 117133 (130):Natürlich ist hier nicht der Ort, abermals darüber zu spekulieren, warum Carl Schmitt sich in dieser extremen Weise engagiert hatte; jedenfalls aber greifen Opportunismus- und Karrieregesichtspunkte bei weitem zu kurz, wenn man bedenkt, daß er nur einer von vielen bedeutenden Intellektuellen Europas und der Welt war, die sich den Totalitarismen des 20. Jahrhunderts verschrieben hatten. Der Ton liegt auf ‚bedeutend’, denn gerade das macht die Tragödie aus. […]. Nur Verachtung für sie zu hegen, ist nicht angebracht, […].“
  219. S. 130 („Totalitarismen“) und 133 mit expliziter Bezugnahme auf die DDR.
  220. S. 131.
  221. In Michael Stolleis, Nachwort, in: ders., Recht im Unrecht. Studien zur Rechtsgeschichte des Nationalsozialismus, Suhrkamp: Frankfurt am Main, 2. Aufl.: 2006 (in der 1. Aufl. von 1994 noch nicht enthalten), 335342 (341, Fn 14) sind italienische, spanische und japanische Ausgaben angekündigt. Davon ist aber anscheinend bisher erst die italienische Übersetzung von Bd. 1 erschienen (vgl. [7]).
  222. Die Ausgabe Gollancz: London 1942 scheint sich von der Oxford Univ. Press-Ausgabe nur durch eine kleinere Schrift zu unterscheiden. Die AbschnitteNational Socialist Law and TerrorundIs Germany a State?“ befinden sich in der Gollancz-Ausgabe auf S. 359374 und 382384.

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