- Elmar Michel
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Elmar Michel (* 16. Juni 1897 in Waiblingen; † 1977) war ein deutscher Staatsbeamter.
Leben
Nach dem Besuch des humanistischen Karlsgymnasiums in Stuttgart und der Teilnahme am Ersten Weltkrieg studierte Michel Rechtswissenschaft und Volkswirtschaft an den Universitäten Tübingen und Berlin.
1925 trat er ins Reichswirtschaftsministerium ein. In den folgenden zwanzig Jahren war er in diesem bzw. seiner Nachfolgebehörde dem vereinigten Reichs- und Preußischen Wirtschaftsministerium als Referent und Abteilungsleiter tätig. Er konnte seine Laufbahn nach 1933 ohne Schwierigkeiten fortsetzen und wurde in den 30er Jahren bis zum Ministerialdirektor befördert. In die NSDAP trat er 1940 ein.
Vom 13. Juli 1940 bis August 1944 amtierte Michel als Chef der Wirtschaftsabteilung der deutschen Militärverwaltung für das besetzte Frankreich in Paris. In dieser Eigenschaft war er unter anderem für die „Entjudung“ der französischen Wirtschaft zuständig. Nach dem Weggang von Werner Best, dessen antisemitische Maßnahmen zur Entrechtung der Juden Michel bereitwillig unterstützt hatte[1], übernahm Michel außerdem die Leitung der Verwaltungsabteilung und damit die zivile Gesamtverwaltung beim deutschen Militärbefehlshaber für Frankreich.
Nach Kriegsende wurde Michel von den Alliierten interniert und sagte bei den Nürnberger Prozessen als Zeuge aus. Im Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher 1946/47 wurde verschiedentlich aus von ihm abgezeichneten Schriftstücken und von ihm verfassten Zeitungsartikeln, u.a. im Zusammenhang mit der Rekrutierung von Fremdarbeitern, zitiert. Im Jahr 1948 wurde er entlassen und danach als „Entlasteter“ entnazifiziert, wurde allerdings 1949 vom US-amerikanischen CIC erneut verhaftet und gemäss den Londoner Statut an Frankreich ausgeliefert, wo ihm der Prozess wegen der wirtschaftlichen Ausplünderung Frankreichs gemacht werden sollte. Der Botschafter Otto Abetz war dort 1949 verurteilt worden, aber die Anklagevorbereitung in Frankreich zog sich hin, so dass Michel vorläufig in die Bundesrepublik zurückreisen durfte. Als der Prozessbeginn für März 1954 festgelegt wurde, intervenierten Michels ehemalige Untergebene in Frankreich, die nun Positionen in der Bonner Ministerialbürokratie besetzten, darunter Walter Bargatzky, beim Justizminister Thomas Dehler, beim Bundeskanzler Konrad Adenauer und dessen Staatssekretär Hans Globke, weil nunmehr auch andere Verbrechen aus der Besatzungszeit aufgerollt zu werden drohten. Auch die französischen ehemaligen Bürokraten der Vichy-Regierung hatten kein Interesse daran, ihre Kollaboration mit dem nationalsozialistischen Deutschland aufzudecken. Als der Prozess auf Betreiben des französischen Innenministers Jules Moch (1893−1985) trotzdem stattfand, wurde der französische Militärstaatsanwalt vom französischen Verteidigungsministerium angewiesen, die Anklage fallen zu lassen, und der deutschen Botschaft wurde mitgeteilt, dass ein Erscheinen Michels im Prozess nicht erforderlich sei. Das Abwesenheitsverfahren endete folglich am 10. November 1954 mit einem Freispruch.[2]
Von der Adenauer-Regierung erhielt Michel sofort danach den bereits angekündigten Posten eines Ministerialdirektors im Bundeswirtschaftsministerium, in dem er bis 1955 die Abteilung II (Wirtschaftsförderung, Handwerk, Handel, Gewerbe, Technik) leitete. 1956 wurde er Vorstandsvorsitzender und Aufsichtsratsvorsitzender der Salamanderwerke in Stuttgart, der damals größten Schuhfabrik Westeuropas. Hermann Reiff zufolge galt er damit damals "als eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der bundesdeutschen Wirtschaft"[3] Daneben war Michel Vorstandsmitglied der Bundesarbeitsgemeinschaft der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels sowie Vorsitzender des Arbeitskreis für verteidigungswirtschaftliche Fragen des Deutschen Industrie- und Handelstages. Ferner war er Vorsitzender des Markenverbandes, dessen Ehrenvorsitzender er 1972 wurde und Ehrenmitglied des Instituts der Wirtschaftsprüfer und Arbeitsgemeinschaft der Wirtschaftsprüfer und der Arbeitsgemeinschaft Außenhandel des deutschen Einzelhandels.
In den 1960er Jahren trat Michel noch einmal öffentlich hervor als Leiter einer vom Bundestag eingesetzten und nach ihm benannten Untersuchungskommission, die sich mit der Frage der rundfunkpolitischen Entwicklung der Bundesrepublik befasste und insbesondere die Frage einer Freigabe des Rundfunkmarktes für private Sender prüfte.
Michel war seit 1946 mit Wanda Fitzner verheiratet, mit der er drei Kinder hatte.
Literatur
- Wer ist wer?', Bd. 17, 1971, S. 723.
- Bernhard Brunner: Der Frankreich-Komplex. Die nationalsozialistischen Verbrechen in Frankreich und die Justiz der Bundesrepublik Deutschland. Wallstein, Göttingen 2004, ISBN 3-89244-693-8.
Einzelnachweise
- ↑ Ulrich Herbert: Best. Biographische Studien über Radikalismus, Weltanschauung und Vernunft. 1903–1989. Dietz, Bonn 1996, S. 264
- ↑ Bernhard Brunner: Der Frankreich-Komplex., S. 111-114
- ↑ Hermann Reiff: Erlebtes Baden-Württemberg: Erinnerungen eines Ministerialbeamten, 1985, S. 165.
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