Erwin Metzner

Erwin Metzner
Metzner in alliierter Internierung

Erwin Metzner (* 17. Juli 1890 in Leipzig; † 1969 [vermutlich in] Dießen am Ammersee) war ein deutscher NS-Agrarfunktionär und SS-Oberführer.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Erwin Metzner war der Sohn eines Professors.[1] Seine Schul- und Studienzeit verbrachte Metzner in der Schweiz,[2] wo er Geschichte, Volkswirtschaft und Neuere Sprachen studierte.[3] Er betätigte sich danach auch als Journalist bei Tageszeitungen und als freier Schriftsteller.[2] Im Mai 1914 heiratete er in London Lina (1887−1970), geborene Götz, die in erster Ehe mit Gustav Radbruch verheiratet war. Lina und Erwin Metzner hatten eine Tochter, Gela Metzner (1914−1942). Metzner nahm als Soldat des Deutschen Heeres von 1915 bis 1918 am Ersten Weltkrieg teil.[3]

Nach Kriegsende war Metzner als Landwirt tätig. Ab 1922 lebte er im Ortsteil St. Georgen in Dießen am Ammersee. Dort heiratete er nach seiner Scheidung Johanna Margarethe, geschiedene Binder, geborene Wallenstein.[2] Metzner gehörte in Dießen zu den Mitbegründern der NSDAP-Ortsgruppe und war 1922 der NSDAP erstmals beigetreten, der er nach dem Parteiverbot erneut beitrat (Mitgliedsnr. 110.974).[4] In Dießen am Ammersee war er von 1929 bis 1930 Gemeinderat und von 1930 bis 1931 Ortsgruppenleiter der NSDAP, wo er auch die SA mitbegründete.[1] Zeitweise leitete er auch kommissarisch die NSDAP-Ortsgruppe in Landsberg am Lech.[2] Ab 1931 war er landwirtschaftlicher Gaufachberater für München-Oberbayern.[1] Metzner wechselte 1933 von der SA zur SS (SS-Nr. 55.370) und erhielt seine letzte bekannte Beförderung zum SS-Oberführer am 30. Januar 1938.[5] Er war ab 1930 Mitarbeiter im agrarpolitischen Apparat (ab 1936 Reichsamt für Agrarpolitik) unter der Führung Richard Walther Darrés, wo er ab 1932 die Abteilung „Bauernkultur“ leitete.[1]

Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten und der Ernennung Darrés zum Reichsbauernführer im April 1933 siedelte dieser gegen Ende des Monats zusammen mit Metzner (Abteilung Bauernkultur), Wirtschaftsberater Hermann Reischle und anderen Mitarbeitern nach Berlin über. Innerhalb des Reichsnährstandes war Metzner als Nachfolger von Richard Arauner von November 1936 bis 1939 zusätzlich Geschäftsführer mit dem Titel „Siegelwahrer“[6] und ab 1939 kommissarischer Sprecher des Deutschen Reichsbauernrates, die beide unter der Leitung des Reichsbauernführers Darré standen.

Metzner gehörte Anfang Juli 1935 zu den Begründern des SS-Ahnenerbes und war dort bis 1938 Präsidiumsmitglied.[1]

Metzner zog 1940 wieder nach Dießen, wo er bis Kriegsende als Leiter des Bayerischen Landesverbandes landwirtschaftlicher Genossenschaften (Raiffeisen) tätig wurde.[4] Zudem übernahm er u. a. den Vorsitz der Bayerischen Warenvermittlung. Ab 1940 gehörte er der Deutschen Arbeitsfront (DAF) an.[2]

Nach Kriegsende befand sich Metzner bis 1948 im Internierungslager Dachau und wurde als Zeuge für die Nürnberger Prozesse vernommen. Nach einem Spruchkammerverfahren im September 1948 wurde Metzner als belastet eingestuft, nach einem weiteren 1949 durchgeführten Berufungsverfahren als Mitläufer entnazifiziert.[4] Nach der Entlassung aus der Internierung lebte das Ehepaar Metzner wieder in St.Georgen in Dießen am Ammersee. Die Metzners übergaben 1961 ihr Grundstück mit landwirtschaftlichen Flächen an die Gemeinde gegen Zahlung von 20.000 DM sowie eine lebenslange Versorgung. Das ehemalige Anwesen der Metzners wurde ab den 1990er Jahren baulich erschlossen und eine der beiden neu angelegten Straßen am 15. Februar 1993 in Metznerwiese nach dem ehemaligen Eigner benannt.[4] Die Metznerwiese wurde im Frühjahr 2008 nach umfangreichen Recherchen und Diskussionen im Gemeinderat aufgrund Metzners NS-Vergangenheit in Am Forellenbach umbenannt.[7]

Werke

  • Erwin Metzner: Die deutschen Vornamen. Mit einem Vorwort von Richard Walther Darré, Blut u. Boden Verl. Berlin/ Volckmar Leipzig 1934, 2. Aufl. Blut u. Boden Verl. Goslar 1939

Literatur

  • Ernst Kopf (Bearb.): Erwin Metzner (= Die Ahnen deutscher Bauernführer, Band 13), hg. v. Stabsamt des Reichsbauernführers, Berlin: Reichsnährstand Verl.-Ges. 1936.
  • Wilhelm Lenz: Der deutsche Reichsbauernrat – Darrés politische Kampfgemeinschaft. In: Friedrich P. Kahlenberg (Hrsg.): Aus der Arbeit der Archive. Beiträge zum Archivwesen, zur Quellenkunde und zur Geschichte. Festschrift für Hans Booms (= Schriften des Bundesarchivs, Band 36), Boldt: Boppard am Rhein 1989, ISBN 3-7646-1892-2, S. 787–799.
  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. 2. Auflage. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-596-16048-8. 
  • Andreas Dornheim: Rasse, Raum und Autarkie. Sachverständigengutachten zur Rolle des Reichsministeriums für Ernährung und Landwirtschaft in der NS-Zeit. Erarbeitet für das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Bamberg 2011.

Quellen

  • Bundesarchiv Berlin (BArch), Bestand NS-Archiv des MfS (ZA II 15639/1); Bestand R 16 I - Deutscher Reichsbauernrat, Personalakten

Einzelnachweise

  1. a b c d e Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Frankfurt am Main 2007, S. 406.
  2. a b c d e Neuer Name für Metzner-Wiese - Finanzausschuss verlangt Aufkärung über Nazi-Vergangenheit von Erwin Metzner – Verantwortung im Dritten Reich. In: Ammerseekurier vom 18. März 2008
  3. a b Max Weber,Mario Rainer Lepsius: Briefe: 1915 - 1917, Mohr-Siebeck, Tübingen 2008, ISBN 978-3-16-149481-9, S. 884
  4. a b c d Gerald Modlinger: Dießener Straßenname erinnert an NS-Funktionär. In: Augsburger Allgemeine vom 12. März 2008
  5. SS-Oberführer Erwin Metzner auf www.dws-xip.pl
  6. Andreas Dornheim: Rasse, Raum und Autarkie. Sachverständigengutachten zur Rolle des Reichsministeriums für Ernährung und Landwirtschaft in der NS-Zeit. Erarbeitet für das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Bamberg 2011, S. 76f
  7. Metznerwiese wird Am Forellenbach. In: Augsburger Allgemeine vom 23. April 2008

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