Äthiopisches Parlament

Äthiopisches Parlament

Das Äthiopische Parlament (amharisch Shengo[1], deutsch auch Parlamentarische Bundesversammlung[1]) ist das Gebäude der legislativen Gewalt in der Demokratischen Bundesrepublik Äthiopien.

Äthiopien hat seit 1931 ein eigenes Parlament.[2] Das Parlamentsgebäude befindet sich in Addis Abeba, wurde 1995 wiedererrichtet und hat amharisch als Arbeitssprache. Die einzelnen eigenständigen Regionen Äthiopiens haben jeweils eigene Regionalparlamente.

Das Parlament Äthiopiens ist ein Zweikammer-Parlament und besteht - ähnlich dem Zweikammersystem der Bundesrepublik Deutschland - aus folgenden Kammern[1]:

Es wurde mit der Annahme der Äthiopischen Verfassung von 1995 neu errichtet und ersetzte ein bis dahin das provisorische Parlament der Übergangsregierung Äthiopiens. Im gleichen Jahr fanden auch die ersten allgemeinen Parlamentswahlen statt. Seither sind im äthiopischen Parlament viele Oppositionsparteien und sämtliche Völker des Landes repräsentiert.

Inhaltsverzeichnis

Wahlen

Die ersten Parlamentswahlen fanden 1957 statt, damals war Äthiopien das Kaiserreich Abessinien. Die letzten Wahlen während der kaiserlichen Periode fanden 1973 statt. Politische Parteien waren nicht zugelassen. Während der Periode der Demokratischen Volksrepublik Äthiopien wurde nur einmal, 1987, Parlamentswahlen abgehalten.

Parlamentswahlen während der bundesrepublikanischen Periode fanden bislang 1995, 2000 und 2005 und 2010 statt.

Vertreter

Die meisten politischen Repräsentanten der Völker kommen aus der Region Oromia und halten damit die meisten Positionen inne, während die zweitmeisten Positionen von Repräsentanten der Region Amhara gehalten werden; dies soll die paritätische Verbindung der verschiedenen Bevölkerungsgruppen und deren proportionale Repräsentation im Parlament widerspiegeln.[3]

Zahlreiche verschiedene Regierungs- und Oppositionsparteien, einschließlich der Vereinigten Äthiopischen Demokratischen Kräfte, der Vereinten Äthiopischen Demokratischen Partei/Medhin, der Demokratischen Partei des Somali-Volkes (SPDP), der Äthiopischen Demokratischen Liga (EDL), Demokratischen Bewegung der Völker Gambellas (GPDM), der Gesamt-Äthiopischen Einheitsorganisation (AEUO), der Föderalistischen Demokratischen Oromo-Bewegung (WAFIDO) und der Demokratischen Einheitsfront der Völker von Benishangul-Gumuz (BGPDUF), halten Sitze und Positionen im Parlament.[3]

Geschichte

Im Kaiserreich Abessinien

Kaiser Haile Selassie I., welcher sich die Modernisierung des Landes vornahm, errichtete durch die neue Verfassung im Jahr 1931 das erste Parlament in der Geschichte des Landes. Das Parlament war bikameral, es bestand aus der Kammer der Deputierten und dem Senat. Die Deputiertenkammer bestand bis zur Okkupation des Landes durch das Königreich Italien im Jahr 1936 aus Mitgliedern, welche von Kaiser ausgewählt wurden. Diese entstammten aus dem Adel und der Aristokratie. Der Senat bestand neben Adelsangehörigen auch aus Ministern und angesehenen Veteranen sowie aus Kommandeuren, welche für ihren langen Dienst anerkannt wurden. Beide Kammern hatten gleich viele Mitglieder. Die Legislaturperiode in der Kammer der Deputierten dauerte 15 bis 20 Jahre.[2]

Nach der italienischen Besetzung

Nach der Befreiung des Landes durch äthiopische Partisanen im Zweiten Weltkrieg wurde das Parlament 1941 wiedererrichtet. Es kam jedoch zu keiner Änderung in der Struktur der vorherigen Ordnung.

Die Ältesten trafen sich zumeist auf Distriktebene und wählten anerkannte Aristrokraten als Mitglieder in den Senat. Die erste allgemeine Wahl der Kammer der Deputierten wurde nach der Revision der Verfassung 1955 ausgerufen. Zwischen 1955 und 1974 gab es fünf Wahlen. Sowohl die Kammer der Deputierten als auch der Senat waren nun offiziell legislative Körperschaften. Am Ende des ersten Mandates erreichte die Mitgliederzahl der Deputiertenkammer 250 und die des Senats 125. Mitglieder der Deputiertankammer kamen meistens aus den gut bezahlten Segmenten der Gesellschaft und aus dem Zivildienst. Sie waren oft feudale Landesherren und reiche Kaufleute.[2]

Derg und Volksrepublik

Im Oktober 1974, direkt nach dem blutigen Sturz der Monarchie durch den Provisorischen Militärverwaltungsrat (DERGUE) wurde eine Versammlung von Räten, welches aus 60 Mitgliedern bestand und von diversen Regierungsinstitutionen und den Provinzen ausgewählt wurde, eingerichtet. Das Mandat dieser Versammlung dauerte nur bis 1975 an. Die Herrschaft des Derg war sozialistisch orientiert.

Die Völker Äthiopiens waren in verschiedenen Assoziationen organisiert, um ihren Repräsentanten zu wählen. Es gab direkte und indirekte Modalitäten der Wahlen. Mitglieder der verschiedenen Posten der Führungsschicht wurden nur von der Ebene der Anhänger und der Unterstützer des Sozialismus gewählt. Keine andere Wahlgruppe war wahlfähig.

Im Jahre 1986 wurde ein Einkammerparlament eingerichtet, der sogenannte Nationale Rat (Shengo) mit 835 Mitgliedern. Als die Derg-Herrschaft 1987 für offiziell beendet erklärt wurde und an dessen Stelle die Demokratische Volksrepublik Äthiopien etabliert wurde, war der Nationale Rat das offizielle Parlament Äthiopiens. Der Shengo wurde auf nationaler, regionaler und provinzialer Administrationsebene strukturiert und hatte eine Legislaturperiode von 5 Jahren.[2]

Übergangszeit

Die Revolutionäre Demokratische Front der Äthiopischen Völker stürzte 1991 die Regierung der DVR Äthiopien und bildete eine Übergangsregierung Äthiopiens im gleichen Jahr.

Diese bestand aus politischen Organisationen und Nationalen Befreiungsbewegungen, welche eine Übergangscharta im Juni 1991 einführten. Wahlen der Mitglieder der einzelnen Kammern der regionalen Staaten und der Woreda-Räte wurden im Jahr 1992 geführt. Die Nationale Wahlbehörde Äthiopiens, dem Volksrepräsentantenhaus rechenschaftspflichtig, wurde durch die Proklamation Nummer 11/1992 etabliert. Das Mandat der Nationalen Wahlbehörde Äthiopiens endete nach der Wahl der Ratsmitglieder der einzelnen Regionen und Zonen. Basierend auf der Proklamation Nummer 64/1993 war die Nationale Wahlbehörde eine freie und neutrale Institution.[2]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Brockhaus Enzyklopädie in 5 Bänden (2004), 1 (A-EIS), S. 259
  2. a b c d e electionsethiopia.org: Geschichte des Wahlsystems in Äthiopien, Webseite der Nationalen Wahlbehörde Äthiopiens
  3. a b Oppositionsparteien und die Revolutionäre Demokratische Front der Äthiopischen Völker im äthiopischen Parlament (englisch)

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