Felix von Kunowski

Felix von Kunowski

Felix von Kunowski (* 10. April 1868 in Wilkau bei Namslau, Oberschlesien; † 1. Dezember 1942 in Dresden) war ein deutscher Stenograf und, zusammen mit seinem Bruder Albrecht von Kunowski, Erfinder der sogenannten „Nationalstenografie“. Felix von Kunowski ist außerdem Erfinder der „Wurzelschrift“ bzw. „Sprechspur“.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Georg Richard Felix von Kunowski war Sohn des Rittmeisters und Gutsbesitzers von Oberwilkau Georg Friedrich Conrad von Kunowski (1833–1907) und der Engländerin Grace Alcock (1839–1870). Sein Großvater war der geadelte preußische General Georg August Eduard von Kunowski (1795–1870), ein Bruder des Standesreformers Georg Carl Friedrich Kunowski. Auch Felix von Kunowski schlug die militärische Laufbahn ein und wurde 1890 Leutnant im 4. Garderegiment, 1898 Oberleutnant und 1902 Hauptmann im Generalstab.

Sein Bruder Albrecht von Kunowski (* 4. Juli 1864 in Potsdam; † 5. April 1933 ebenda) war Arzt (seit 1891 an der „Provinzial-Irrenanstalt“ in Leubus), danach Oberarzt (1893 in Kreuzburg, 1899 in Roda und 1902 in Leubus) und seit 1922 Direktor der Provinzialheilanstalt in Rybnik, Oberschlesien.

Werk

Nationalstenografie

Die Brüder Felix und Albrecht von Kunowski beschäftigten sich seit 1882 mit Stenografie. 1893 erfanden sie eine neue Kurzschrift („Lehrgang der deutschen Kurzschrift“, 1. Auflage 1893, 2. geänderte Auflage Berlin 1897). Bald folgte das größere Werk „Die Kurzschrift als Wissenschaft und Kunst“ (Berlin 1895).

Die Stenografie der Brüder Kunowski war eine sogenannte vokalschreibende Kurzschrift, welche die Konsonanten mit Aufstrichen und die Vokale mit Abstrichen darstellt. Nachdem sich die Kurzschriftschulen von Stolze und Schrey 1897 zusammengeschlossen hatten, wollten sich 1898 auch die vokalschreibenden deutschen Stenografieschulen vereinigen. Der Einigungsausschuss nahm 1898 das System der Brüder Kunowski unter dem Namen Nationalstenografie an. Allerdings schloss sich nur ein Teil der Kurzschrift-Vereine von Leopold Arends und Heinrich Roller diesem System an; die völlige Einigung der deutschen vokalschreibenden Kurzschriften wurde also nicht erreicht. Albrecht von Kunowski veröffentlichte in der Folge mehrere Schriften über die Nationalstenografie und arbeitete 1902 eine nationalstenografische „Eilschrift“ (d. h. besonders schnelle Kurzschrift) aus.

Bis 1913 hatte die nationalstenografische Schule der Brüder Kunowski 382 Vereine mit über 12.000 Mitgliedern gebildet. Nach Gabelsberger und Stolze-Schrey nahm die Nationalstenografie damals den dritten Platz unter den deutschen Kurzschriften ein. 1918, nach dem Ersten Weltkrieg, fanden sich jedoch nur noch geringe Reste wieder zusammen. Felix von Kunowski versuchte sein System daraufhin auch an andere Sprachen anzupassen („Internationalstenografie“). Bis 1933 erschienen Übertragungen auf 28 Sprachen; besonders in Palästina, Griechenland, Spanien und Japan fand damals „Intersteno“ Verbreitung.

In Deutschland hatte die Nationalstenografie unterdessen mit der deutschen Einheitskurzschrift (1924) eine starke Konkurrenz bekommen. Die Nationalsozialisten ließen 1933 allein die Einheitskurzschrift als deutsche Stenografie zu; ein Unterricht in Nationalstenografie fand seitdem nicht mehr statt.

Sprechspur

Felix von Kunowski machte seit den 1920er Jahren auch erfolgreiche Versuche mit Stenografieunterricht für Kinder. Seine Kurzschrift für Kinder, erst „Wurzelschrift“, dann seit 1942 „Sprechspur“ genannt, wurde nach dem Zweiten Weltkrieg von Professor Gottfried Rahn in Hannover wieder aufgenommen und weiter erforscht. Bei der Sprechspur werden die menschlichen Laute mit einem einfachen phonetischen Code (geraden oder gekrümmten Linien) wiedergegeben. Die Sprechspur wurde in den 1950er und 1960er Jahren bei einigen Kindern versuchsweise als erstes Alphabet („Artikulationsschrift“) eingeübt. Es zeigte sich, dass durchschnittlich begabte Sechsjährige, die zuerst mit der Sprechspur zu schreiben begonnen hatten, diese in wenigen Wochen flüssig und schnell lesen und schreiben konnten. Auch das Umsteigen auf das lateinische Alphabet bereitete keine Probleme. Bei Kindern mit Lernschwierigkeiten konnten mit der Sprechspur erstaunliche Erfolge erzielt werden.

1968 wurde der 100. Geburtstag Felix von Kunowskis noch mit einer Tagung an der Pädagogischen Hochschule in Hannover gefeiert. Im Fahrwasser der 68er-Bewegung wandte sich die deutsche Pädagogik jedoch bald anderen Themen zu und die „Sprechspur“ kam mehr und mehr außer Gebrauch. Der Hannoveraner „Forschungskreis für die Sprechspur“ publizierte noch bis in die 1980er Jahre.

Literatur

  • Christoffels, Arnold Josef: Sinn und Wesen der Wurzelschrift: Gedanken im Werden einer neuen Zeit. Bochum (Kamp) 1935.
  • Christoffels, Arnold Josef: Wurzelschrift. Bochum (Kamp) 1936.
  • Eckermann, Heinz: Der neue Schreib-Lese-Unterricht in Wurzelschrift auf dem Ganzheitswege. Bochum (Kamp) 1936.
  • Eckermann, Heinz: Von der Wurzelschrift zur Druck- und Schreibschrift. Übergangs- und Lesefibel. Bochum (Kamp) 1938.
  • Eckermann, Heinz: Wurzelschrift: der neue Schreib-Lese-Unterricht in Wurzelschrift auf dem Ganzheitswege. Bochum (Kamp) 1936.
  • Höke, Fritz (Herausgeber): Handbuch der Sprechspur. Bochum (Kamp) 1951.
  • Huls, W. "Wurzelschrift und neue Schreibschrift". In: Neue Wege 14/1947.
  • Johnen, Christian: Allgemeine Geschichte der Kurzschrift, 4. völlig neu bearbeitete Auflage Berlin 1940, darin S. 172-176: § 18,3: Die Nationalstenografie.
  • Knappek, Rolf: Schreib-Lese-Unterricht mit der Sprechspur in der Hilfsschule: Mit mehreren Sprechspurbeispielen und drei Bildern. Berlin-Charlottenburg (Marhold) 1962.
  • Otto, W. & Voß, T. Was wir daheim und draußen erlebten. Für die Wurzelschriftkinder des zweiten Schuljahres erzählt. Bochum (Kamp) 1936.
  • von Kunowski, Felix: Die Sprechspur als höhere Arbeitsschrift. Die Sprechspur als Kurzschrift: 1. Ansageschrift. 2. Redeschrift. Herausgegeben von Wilhelm Georg von Kunowski. Detmold (Selbstverlag) 1963.
  • von Kunowski, Felix: Sprechspur für alle Sprachen und Mundarten. Herausgegeben von Wilhelm Georg von Kunowski. Detmold (Selbstverlag) 1963.

Weblinks


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