Franziskanerinnenkloster Sta. Maria de Victoria

Franziskanerinnenkloster Sta. Maria de Victoria
Franziskanerinnenkloster Sta. Maria de Viktoria
Lage: Deutschland
Baden-Württemberg
Ordnungsnummer
(nach Janauschek):
Patrozinium: Heilige Maria vom Siege
Gründungsjahr: 1365
Jahr der Auflösung/
Aufhebung:
1803
Mutterkloster: Franziskanerinnen
Tochterklöster:

Das Franziskanerinnenkloster Sta. Maria de Victoria war ein 1365 gegründetes Bettelordenskloster in der ehemaligen freien Reichsstadt Biberach an der Riß in Oberschwaben. Der Name des Klosters leitet sich vom Patronat Heilige Maria vom Siege ab, das wohl von der Prager Karmeliterklosterkirche übernommen worden ist.[1] Die Kirche des Franziskanerinnenklosters wurde im Frühjahr 1812 entgegen den Eingaben der katholischen Räte von Biberach auf Befehl des Königs von Württemberg Friedrich I. abgerissen. In dem verbliebenen Konventgebäude sind heute das Amtsgericht Biberach und die Außenstelle Biberach des Staatlichen Hochbauamtes I Ulm untergebracht.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte des Bettelklosters

Franziskanerinnenkloster Sta. Maria de Victoria

Eine Besonderheit von Biberach ist, dass sich innerhalb seiner Stadtmauern nie ein Männerkloster über längere Zeit etablieren konnte. Dafür sind zwei Frauenklöster geschichtlich belegt. 1283 ein Dominikanerinnenkloster und später ein Franziskanerinnenkloster mit Ursprüngen aus dem Jahre 1365. Der Große und Kleine Rat der Stadt bekräftigte 1477 erneut darob zu sein, damit kein Kloster hie erwachse und die Mönch kein Gerechtigkeit alhie gewinnen[2] Das Städtische Heilig-Geist-Spital von 1320 und die 1365 erbaute Stadtpfarrkirche St. Maria und Martin sollten nicht unter die Kontrolle der allmächtigen oberschwäbischen Äbte und Reichsprälaten des Umlandes fallen. Nicht einmal 100 Jahre von 1239 bis 1320 existierte der zum Spital zugehörige Brüder- und Schwesternkonvent. Als Basis des Lebensunterhalts der Sta. Maria de Victoria-Schwestern dienten Spenden und Vermächtnisse, der steuerbefreite Wachshandel und Webarbeiten. Die Schwestern seind zu allen kranken und sterbenden Menschen gangen, wer ihr begehrt hat. Denen so wollen sterben, bittet und zugesprochen. So steht es in der Chronik des Joachim von Pflummern († 1554).

Die Bürgerin Adelheid Schnell, Witwe des Conz, stiftete 1365 eine Sonderbare Behausung, die personell begrenzt war auf fünf Schwestern, die unverheiratet und nur zur Ehre Gottes lebten und ohne Erlaubnis der Oberin das Haus nicht verlassen durften. 1406 wurde diese Behausung in der Chronik Annales Biberacenses erwähnt. Im Rahmen einer zirkarischen Visitation des Franziskanermönches Johann Schönbenz, der als Kommissär des Konstanzer Bischofs Marquard von Randeck tätig war, besuchte dieser am 12. März 1406 die Klause der Schwestern. Daraus kann man schließen, das die Schwestern sich den Ordensregeln des Franziskanerbettelordens unterstellten. Das Kloster blühte trotz aller Zwänge, die ihm von der Stadt auferlegt wurden. 1467 wurde ein größeres Haus erworben. 1477 zählte der Konvent acht Schwestern. Es entwickelte sich ein Streit innerhalb der Gemeinschaft, den der Rat der Stadt schlichtete, was mit der Einsetzung einer neuen Oberin durch die Stadt endete. 1486 erwarben die Schwestern eine angrenzende Hofstatt und verbesserten damit ihre wirtschaftliche Basis. Hühner-, Schweine- und Milchviehhaltung waren in der Stadt zu damaligen Zeiten keine Seltenheit. 1524 vermachte ihnen die Biberacher Patriziersfrau Barbara Lamparter als Jahrtagsstiftung ein Gütlein in Langenschemmern.

Reformation

Während der Reformation blieben die Schwestern ihrem Glauben treu. Über das andere Frauenkloster der Dominikanerinnen ist weniger bekannt. 1615 wurde es „zugrundegelegt“, also abgerissen. Andere Quellen behaupten, dass es 1290 abbrannte. Die Franziskanerinnen wurden der Stadt verwiesen und fanden Zuflucht im nahen reichsunmittelbaren Damenstift Buchau. 1546 erlitt der Schmalkaldische Bund ein Verteidigungsbündnis protestantischer Fürsten und Reichstädte unter Führung von Kursachsen und Hessens, der die Reichstadt angehörte eine Niederlage. Im Laufe des Jahres 1546 eroberten die kaiserlichen Truppen Karls V. relativ problemlos fast alle protestantischen Gebiete in Süddeutschland zurück und leiteten die Gegenreformation ein. Als Folge davon wurden es den Nonnen erlaubt, in die Stadt zurückzukehren. 1647 konnte die Klause von der Stadt dreitausend Gulden leihen. Am 27. Juni 1699 fanden die Grundsteinlegung für ein neues Kloster und eine Kirche statt. Am 2. Juli 1699 las Dekan Georg Schwab in der neu erbauten Klosterkirche die erste Heilige Messe. Am 30 September 1704 stiftete der Ulmer Reichspostmeister Bernardin von Pichlmayer der Konventkirche einen Hochaltar. Die Schwestern des Klosters versuchten, alle umliegenden Häuser in der Seel- und Gerbergasse in ihren Besitz zu bringen. Dies löste einen Streit mit einem Gerber aus, der sogar bis an die höchste damalige Instanz des oberschwäbischen Vorderösterreichs, den Reichshofrat in Wien, ging. Der Reichshofrat war neben dem Reichskammergericht und in Konkurrenz zu diesem eines der beiden höchsten Gerichte im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. Der Reichshofrat war allerdings alleine zuständig für Angelegenheiten, die die Reichslehen und die kaiserlichen Privilegien und Reservatrechte betrafen. Angefochten vor dem Reichshofrat wurden auch der Kauf der Biberacher Steigmühle und die Umwandlung von 1775 der Kaplanei in eine Höhere Höfische Lateinische Lehranstalt, kurz Lateinschule genannt.

Säkularisation

Ehemaliger Konventflügel
(heute Amtsgericht)

§ 5 des Reichsdeputationshauptschlusses erklärte zunächst die ehemals freie Reichsstadt Biberach zum Eigentum der Markgrafschaft Baden. Die Klöster innerhalb der Reichsstadt wurden Eigentum des Deutschordens. Der Konvent hatte gut gewirtschaftet. Deutschordens-Kommissar Wilhelm Mosthaff konstatierte in seinem Abschlussbericht über das Kloster vom 24. September 1803 ein Aktivkapital von 43.750 Gulden gegenüber geringen Schulden von 3.100 Gulden. Am 2. Oktober 1806 gelangte das Kloster in den Besitz des Königreiches Württemberg. Das neue Königreich übernahm in mehreren Stufen insgesamt 95 Klöster und geistliche Besitzungen. Der provisorische württembergische Verwalter Künstle nahm das Inventar auf. Im Januar 1807 bestimmte der neue Staat die Umwandlung der Konventgebäude in eine Kaserne des württembergischen Heeres. Die Schwestern mieteten sich nach der Aufhebung bei Biberacher Familien ein und bekamen vom Königreich Württemberg eine Pension. Am 16. November 1807 wurde die Kirche an den Schreiner Johann Georg Angele versteigert. Vorbehalten wurden die zwei Heiligen Leiber in den Särgen, damit waren zwei Reliquienschreine gemeint.

Anfang 1811 stand das Konventgebäude leer. Die Kasernen wurden statt in Biberach in Ravensburg, Weingarten und Ellwangen eingerichtet. Im Frühjahr 1812 wurde die Kirche des Konvents abgebrochen. Noch am 30 Oktober 1811 baten die Magistrats-Glieder Katholischen Anteils daselbst - die Senatoren Consoni, Cloos von Braunenfels, Zink und Reinhardt - allerunterthänigst, die zum Verkaufe auf den Abbruch dekretierte dasige Kasernen- oder ehemalige Nonnenkloster-Kirche fernerhin allergnädigst zu belassen. [3]

Am 1. Juli 1834 lebten noch drei Schwestern Maria Adelheid Beck von Hürbel, Maria Elisabetha Geßler von Bechtenrot und Maria Josefa Stiefenhofer aus Ochsenhausen bei Biberacher Familien. Der gestiftete Hochaltar des Ulmer Reichspostmeisters kam in die Rißtissener Kirche. Kostbare Kirchengeräte wurden in die Königliche Garderobe nach Stuttgart verbracht. Am 9. Dezember 1858 starb mit Maria Aloysia Stribl die letzte Schwester des Konvents Sta. Maria de Victoria. Am 4. Januar 1856 kamen drei Schwestern der St. Elisabeth Stiftung nach Biberach und blieben im sogenannten Klösterle bis zum 8. Juli 1989. In dem verbliebenen Konventgebäude sind heute das Amtsgericht Biberach und die Außenstelle Biberach des Staatlichen Hochbauamtes I Ulm.

Einzelnachweise

  1. Volker Himmelein (Hrsg.): Alte Klöster, neue Herren. Die Säkularisation im deutschen Südwesten 1803. Große Landesausstellung Baden-Württemberg 2003. Thorbecke, Ostfildern 2003, ISBN 3-7995-0212-2 (Ausstellungskatalog und Aufsatzband). Daraus der Aufsatz von Kurt Diemer: Vom Nunnenhaus und den Schwestern darin… - Zur Geschichte des Biberacher Franziskanerinnenkloster Sta. Maria de Victoria; S. 653
  2. Annales Biberacenses Kath. PfA Biberach A XIII Nr 1 und 11
  3. Volker Himmelein (Hrsg.): Alte Klöster, neue Herren. Die Säkularisation im deutschen Südwesten 1803. Große Landesausstellung Baden-Württemberg 2003. Thorbecke, Ostfildern 2003, ISBN 3-7995-0212-2 (Ausstellungskatalog und Aufsatzband). Daraus der Aufsatz von Kurt Diemer: Vom Nunnenhaus und den Schwestern darin… - Zur Geschichte des Biberacher Franziskanerinnenkloster Sta. Maria de Victoria; S. 657

Literatur

  • Volker Himmelein (Hrsg.): Alte Klöster, neue Herren. Die Säkularisation im deutschen Südwesten 1803. Große Landesausstellung Baden-Württemberg 2003. Thorbecke, Ostfildern 2003, ISBN 3-7995-0212-2 (Ausstellungskatalog und Aufsatzband)
  • Annales Biberacenses des Johann Ernst von Pflummerm, Band 3; Stechersche Abschrift; Landesbibliothek Stuttgart
  • Benvenut Stengele: Inventuraufnahme bei den im Jahre 1803 den dem Deutschen Orden im Königreich Württemberg zugewiesenen Klöstern

Weblinks


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