Friedrich Lipsius

Friedrich Lipsius

Friedrich Reinhard Lipsius (* 3. Oktober 1873 in Jena; † 29. August 1934 in Leipzig) war ein deutscher Professor für Philosophie, der noch vor der nationalsozialistischen „Machtergreifung“ Mitglied der NSDAP wurde.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Lipsius war der Sohn des Theologen Richard Adelbert Lipsius. Sein Studium der Theologie und Philosophie in Leipzig und Jena schloss er 1897 mit dem Lizenziat (Lic.theol.) ab.[1] Nach einem Jahr als Hilfsprediger in Weimar wurde er 1898 Privatdozent für Systematische Theologie in Jena. Seine Habilitation für Systematische Theologie erfolgte 1899 mit dem Thema „Die Vorfragen der systematischen Theologie mit besonderer Berücksichtigung auf die Philosophie Wilhelm Wundts kritisch untersucht“. Das starke Interesse an philosophischen Fragestellungen und die Distanz zu Glaubensfragen zeigt sich in der Arbeit „Kritik der theologischen Erkenntnis“ aus dem Jahr 1904. Hiernach studierte Lipsius erneut Philosophie und hörte u.a. in Jena bei Ernst Haeckel. Aus wirtschaftlichen Gründen nahm er 1906 eine Pfarrstelle in St. Martini in Bremen an, geriet jedoch als liberaler, dem Monismus zuneigender Pastor in Konflikt mit orthodoxen Auffassungen. Er verzichtete hierauf 1907 auf sein Amt und promovierte bei Erich Adickes mit seiner „Kritik“. Seine philosophische Habilitationsschrift „Die Einheit des Seins als Problem der Philosophie“ legte er bei Wundt und Johannes Volkelt in Leipzig 1912 vor. Seine Probevorlesung lautete „Der Irrationalismus in Wissenschaft und Philosophie der Gegenwart“. Lipsius nahm gegenüber dem Positivismus eine kritische Haltung ein. Er wurde 1919 zum nichtbeamteten ao. Professor ernannt. Seine Antrittsvorlesung hatte das Thema „Die Aufgaben der Religionsphilosophie“. Ab 1920 war er am philosophischen Institut von Theodor Litt als planmäßiger Oberassistent tätig. Lipsius war Mitglied der wissenschaftlichen Leitung der Schopenhauer-Gesellschaft. In den 1920er Jahren beteiligte er sich ablehnend an der Diskussion um die Relativitätstheorie.[2] Der Relativismus der Relativitätstheorie widerspräche der Einheit der Erfahrung. Raum und Zeit sind unterschiedliche Größen, denn Zeit ist unumkehrbar. Für den Raum gelte das nicht. Lipsius war zwischen 1920 und 1926 Mitglied der DVP. Bereits am 1. Januar 1932 wurde er Mitglied der NSDAP (Mitgl.Nr. 905.753), trat aber „vorübergehend“ wieder aus, weil er Nachteile in seiner beruflichen Tätigkeit befürchtete.

Schriften

  • Die Vorfragen der systematischen Theologie: mit besonderer Rücksicht auf die Philosophie Wilhelm Wundts. Mohr Siebeck, Tübingen 1899
  • Kritik der theologischen Erkenntnis. Schwetschke 1904
  • Die Religion des Monismus. Concordia, Berlin 1907
  • Einheit der Erkenntnis und Einheit des Seins. Kröner, Stuttgart 1913
  • Naturphilosophie und Weltanschauung, Kröner, Stuttgart 1918
  • Johannes Volkelt als Religionsphilosoph. Beck, München 1918
  • Naturphilosophie. Philosophie des Anorganischen. Hirt, Breslau 1923
  • Wahrheit und Irrtum in der Relativitätstheorie. Mohr Siebeck, Tübingen 1927

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Biographische Angaben vorwiegend nach: Christian Tilitzki: Die deutsche Universitätsphilosophie in der Weimarer Republik und im Dritten Reich, Akademie, Berlin 2002, 74.
  2. Friedrich Lipsius: Die logischen Grundlagen der speziellen Relativitätstheorie, Annalen der Philosophie 1920, 439-446; Zur Kritik siehe: Hans Reichenbach: Die philosophische Bedeutung der Relativitätstheorie, Teubner 1979, 326.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Lipsius — ist der Familienname folgender Personen: Constantin Lipsius (1832–1894), deutscher Architekt Friedrich Lipsius (1873–1934), deutscher Philosoph Gustav Hermann Julius Lipsius (1802–1841), evangelisch lutherischer Theologe und Pfarrer Ida Maria… …   Deutsch Wikipedia

  • Friedrich Wilhelm Ehrenfried Rost — (* 11. April 1768 in Bautzen; † 12. Februar 1835 in Leipzig) war ein deutscher Theologe, Philosoph, Philologe und Dic …   Deutsch Wikipedia

  • Friedrich Junge (Pädagoge) — Friedrich Junge (* 8. Dezember 1832 in Pölitz; † 28. Mai 1905 in Kiel) war ein deutscher Lehrer und Biologe. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werkbibliographie 3 Namensnennung …   Deutsch Wikipedia

  • Friedrich August Eckstein — (* 6. Mai 1810 in Halle (Saale); † 15. November 1885 in Leipzig) war ein deutscher Philologe und Pädagoge. Er war von 1863 bis 1881 Rektor der Thomasschule zu Leipzig …   Deutsch Wikipedia

  • Friedrich Rappolt — (auch: Rappold; * 26. Januar 1615 in Reichenbach im Vogtland; † 27. Dezember 1676 in Leipzig) war ein deutscher Theologe, Rektor der Universität Leipzig und Dichter …   Deutsch Wikipedia

  • Lipsĭus — Lipsĭus, 1) Justus, eigentlich Joest Lips, Philolog, geb. 18. Okt. 1547 in Oberrysscha bei Brüssel, gest. 24. April 1606 in Löwen, bezog 1563 das Jesuitengymnasium in Köln, studierte seit 1565 in Löwen die Rechte, besonders aber Humaniora, folgte …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Friedrich Dahl — Karl Friedrich Theodor Dahl (* 24. Juni 1856 in Rosenhofer Brok in Holstein; † 29. Juni 1929 in Greifswald) war ein deutscher Zoologe. Als Sohn eines Landwirts studierte er an den Universitäten in Leipzig, Freiburg, Berlin und Kiel. Er wurde 1887 …   Deutsch Wikipedia

  • Friedrich Heincke — (Johann) Friedrich Heincke (* 6. Januar 1852 in Hagenow; † 5. Juni 1929 auf Helgoland) war ein Zoologe und Ichthyologe. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werkauswahl 3 Literatur …   Deutsch Wikipedia

  • Richard Adelbert Lipsius — (* 14. Februar 1830 in Gera; † 19. August 1892 in Jena) war ein evangelischer deutscher Theologe. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Familie 3 Auszeichnungen …   Deutsch Wikipedia

  • Karl Heinrich Adelbert Lipsius — (* 19. Januar 1805 in Großhennersdorf; † 2. Juli 1861 in Leipzig) war ein deutscher evangelisch lutherischer Theologe und Pädagoge …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”