Carlos Veerhoff

Carlos Veerhoff

Carlos Heinrich Veerhoff (* 3. Juni 1926 in Buenos Aires; † 18. Februar 2011[1] in Murnau) war ein deutsch-argentinischer Komponist von E-Musik.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Veerhoff, Sohn deutscher Eltern, verbrachte seine Kindheit in Argentinien, doch 1933 übersiedelte die Familie nach Südafrika, da sein Vater mit der Leitung der dortigen Zweigstelle einer deutschen Firma beauftragt worden war. Nach eigener Aussage prägte die Begegnung mit der völlig anderen Welt Afrikas den jungen Veerhoff so nachhaltig, dass sie nicht nur in seiner 1. Symphonie (Sinfonia Pantha Rhei) ihren Ausdruck fand, sondern auch in seine bisher letzte, die 6. Symphonie (Desiderata) durch die Aufnahme von Elementen fremder Kulturen zwar nicht klanglich, wohl aber durch Texte Eingang fand.

Den Zweiten Weltkrieg verbrachte Veerhoff in Deutschland, wo er ab 1943 an der Musikhochschule Berlin bei Hermann Grabner und nach Kriegsende privat bei Kurt Thomas studierte sowie auch von Boris Blacher beraten wurde. An der Kölner Musikhochschule setzte er seine Studien bei Walter Braunfels (Komposition) und Günter Wand (Dirigieren) fort,[2] während er in Walter Gieseking in Wiesbaden einen Lehrer für sein Klavierspiel fand. 1947 ging er nach Argentinien und unterrichtete 1948/49 Musiktheorie an der Universität von Tucumán in dem von Ernst von Dohnányi neu gegründeten Departamento Musical, besuchte aber auch in Buenos Aires die Dirigierkurse von Hermann Scherchen[3] Als er 1950 die Uraufführung eines seiner Werke durch Ferenc Fricsay erleben konnte, folgte er 1951 Fricsay als dessen Assistent nach Berlin, doch empfand er die Atmosphäre im Nachkriegsdeutschland als derart kunstfeindlich, dass er im folgenden Jahr nach Buenos Aires zurückkehrte, wo er sich intensiv mit 12-Ton-Musik auseinandersetzte.[4] Für eine Reihe seiner beträchtlichen Anzahl von Bühnenwerken erstellte er selbst das Libretto.

1955 erhielt Veerhoff für seine 1. Sinfonie Pantha Rhei den Robert-Schumann-Preis, 1962 brachte Hans Rosbaud Veerhoffs Werk Mirage beim IGNM-Festival in London zur Uraufführung, 1998 war er Ehrengast des Bayerischen Staatsministeriums für Kunst, Wissenschaft und Forschung in der Villa Massimo in Rom. Carlos Veerhoff lebte ab 1988 bis zu seinem Ableben in Murnau in Bayern.[5] Seit Sommer 2010 sind ein Großteil seiner Werke und Originalnoten im Musikarchiv der Bayerischen Staatsbibliothek in München archiviert.

"Die Musiksprache Veerhoffs ist trotz aller Genauigkeit und Prägnanz in der strukturellen Gestaltung stark expressiv geprägt. Aus der Beschäftigung mit Dodekaphonie, der er zudem recht spät erst begegnet ist, hat er davon abgeleitete Kompositionstechniken entwickelt. Im Kern seines Schaffens stehen zwei zentrale Anliegen. Zum einen sind seine Kompositionen immer wieder auch ein Aufruf zur Erhaltung der Welt, des Lebens, der Erde. Zum anderen versteht Veerhoff Tradition als Verantwortung gegenüber dem Neuen, was sich nicht nur an der Hinwendung zu tradierten Formen, sondern auch an den zu hörenden Klängen zeigt, die doch recht klischeehaft die Beschreibung assoziieren: Spätromantik mit falschen Tönen."[6]

Werke (in Auswahl)

Orchesterwerke

6 Symphonien

  • op. .9: 1. Symphonie Sinfonica Panta Rhei (1953/54, UA 14. September 1961)
  • op.---: 2. Symphonie Nos. 2 (1956)
  • op. --: 3. Symphonie Spirales (1959, revidierte Fassung 1965)
  • op. 32: 4. Symphonie (1972/73)
  • op.---: 5. Symphonie für Streicher (1977)
  • op. –-: 6. Symphonie Desiderata für Sprecher, 3 Solisten, Chor und großes Orchester (1985/96, UA: 30. April 1997, Leipzig)
  • op. –-: Movimiento Sinfonico, Sinfonischer Satz (1953/54)
  • op. 16: Mirages (1961) für großes Orchester
  • op. 20: Gesänge auf den Weg für Bariton und Orchester
  • op. 26: Textur (1969/70) für Streichorchester
  • op. 39: Dorefami, Klangspiele fur Orchester (1974)
  • op. 51: Pater Noster für Kammerorchester und Chor (1985)
  • op. –-: Akróasis für Orchester (1968)

Konzerte

  • op. 44: 1. Klavierkonzert (1978/79)
  • op. –-: 2. Klavierkonzert
  • op. 72: 3. Klavierkonzert (2002/03, UA. 6. Februar 2009, München, Musica Viva)
  • op. 40: 1. Violinkonzert (1976)
  • op. 69: 2. Violinkonzert.
  • Doppelkonzert für Cello und Kontrabass (1994)
  • zwei Konzerte für Schlagzeug und Orchester (op. 67,..)
  • Esperjismos ("Luftspiegelungen"), Konzert für Orchester

Kammermusik

  • op.1 und op. 33: 2 Streichquartette
  • op. 47: Sonate für Violine und Klavier (1982)
  • op. 14: 1. Bläserquintett für Flöte, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott
  • op. 27: 2. Bläserquintett
  • op. 37: Blechbläser-Quintett für 2 Trompeten, Horn, Posaune und Tuba
  • op. 38: "Ringelnatz"-Duette
  • op. 41: Nonett
  • op. 48: Divertimento per tre für Violine , Kontrabass , Klarinette (1980)
  • op. 56: 1. Streichtrio (1985/86)
  • op. 50: Moments Musicaux für Saxophon, Akkordeon und Schlagzeug
  • op. 53: Klaviersonate (1987)
  • op. 58: 7 mal 1 für Schlagzeug Solo (1987)
  • op. –-: Dialog 1 für Saxophon und Klavier
  • op. 61: Dialog 2 für Viola und Schlagzeug
  • op. --: Gesänge/Cantos für hohe Stimme und 7 Instrumente nach Gedichten von Hans Magnus Enzensberger (UA 21. Aug. 1966, Darmstadt)

Chorwerke

  • op. 51: Pater Noster (1985)
  • op. 54: Alpha-Zeta Burleske für 6 Stimmen und A-Capella-Chor (UA 1986)
  • Ut omnes unum sint

Bühnenwerke

  • Pavane royal, Ballett (1949/50)
  • Targusis (Carlos H. Veerhoff), Oper op. 13 (1955-1958)
  • El porquerizo del rey/ Der Schweinehirt des Königs (Hans Christian Andersen), Ballett op. 12 (1958-1962; 1963 Buenos Aires)
  • Tanz des Lebens/Der letzte Gast (Fred Schneckenberger), Puppenoper op. 17 (1962/63; 1963 Zürich)
  • Die Goldene Maske (Carlos H Veerhoff), Oper op. 23 (1967/68)
  • Es gibt noch Zebrastreifen (Edith Sartorius), Minioper op. 28 (1971; 1973 Ulm)
  • Die Manipulatoren (Carlos H Veerhoff), Minioper op. 31 (1971), unvollendet, eingegangen in Mana op. 73
  • Dualis, Ballett op. 42 (1975/76; 1976 München)
  • Der Grüne (Carlos H. Veerhoff), Minioper op. 34 (1982), unvollendet
  • Der Schützling (Ephraim Kishon/Carlos H. Veerhoff), Oper op. 56 (1990)
  • Mana (Carlos H. Veerhoff), Oper, op. 73 (2007)
  • Gesänge aus Samsâra oder Gesänge aus Sangsâra[7] für Sopran, Tonbänder, Stimmen und Orchester, op.36. Konzertantes Hörspiel.(UA 6. November 1978, Stuttgart)

Einzelnachweise

  1. Todesanzeige 26. Februar 2011
  2. Hans Vogt: Neue Musik seit 1945.3.,erw.Auflage, Reclam, Stuttgart 1982 ISBN 3-15-010203-0, S. 507ff.
  3. MusicWeb International
  4. Musica Viva Konzerte
  5. Murnau – Wahlheimat und Domizil zeitgenössischer Komponisten
  6. nmz neue musikzeitung 4/03
  7. Samsara ebenso wie Sangsâra laut Katalog der Bayerischen Staatsbibliothek "10379428X" Nr. 1 und 6, BSB-Katalog OPACplus;
    Gesänge aus Samsâra bei Franzpeter Messmer: Carlos Veerhoff.Komponisten in Bayern Bd. 47, Tutzing 2006, S. 26
    Gesänge aus Sangsara bei Myjala Pansegrau, Repertoire
    Gesänge aus Saint Sarah bei Christian Scholz: Untersuchungen zur Geschichte und Typologie der Lautpoesie Teil 3: Discographie. Gertraud Scholz-Verlag, Obermichelbach 1989

Literatur

  • Franzpeter Messmer/Thomas Schipperges/Verena Weidner/Günther Weiß: Carlos H. Veerhoff. (= Komponisten in Bayern Bd. 47, hg. Alexander L. Suder), Verlag Hans Schneider, Tutzing 2006, ISBN 3-7952-1201-4
  • Thomas Schipperges: Veerhoff, Carlos H. In: Komponisten der Gegenwart , hrsg. von Hanns-Werner Heister und Walter-Wolfgang Sparrer, 10. Nachlieferung, text+kritik, München 1996
  • Thomas Schipperges: Veerhoff, Carlos H. In: Die Musik in Geschichte und Gegenwart(MGG). 2. Ausgabe, Bd. 16: Strat - Vil, Personenteil. Bärenreiter-Verlag, Kassel und Stuttgart 2006, Sp. 1377-1379, ISBN 3-47641-031-5
  • Wilfried Wolfgang Bruchhaeuser (Hrsg.): Komponisten der Gegenwart im Deutschen Komponisten-Verband. Verlag Deutscher Komponisten-Verband, Berlin 1985, S. 752

Weblinks


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