Genetische Variation (Mensch)

Genetische Variation (Mensch)
 

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Die genetische Variation des Menschen beschreibt den Anteil der menschlichen Vielfalt, der genetische Ursachen hat. Unterschieden wird zwischen der Variation innerhalb von Gruppen und der Variation zwischen Gruppen.[1]

Inhaltsverzeichnis

Genetische und umweltbedingte Variation

Beispiele für Unterschiede finden sich bei Größe, Gewicht, Hobbys, Musikgeschmack, Interessen oder Temperamenten. Es lassen sich Unterschiede zwischen Gruppen feststellen, z.B. bei Sprache, Mode, Bräuchen, Religion oder Technologie. In verschiedenen Teilen der Erde sehen Menschen unterschiedlich aus: In Nordeuropa haben die meisten Menschen blonde Haare und blaue Augen; in Südasien haben die meisten Menschen dunkle Haare und dunkle Haut. Völker der Arktis sind tendenziell kleiner als Völker Ostafrikas (Allen-Regel). Blutgruppen und die Häufigkeit bestimmter Krankheiten variieren zudem zwischen Gruppen. Die Tay-Sachs-Krankheit ist beispielsweise fast zehnmal häufiger bei Aschkenasim-New Yorkern als bei anderen New Yorkern.[2]

Wissenschaftler unterteilen die menschliche Variation in zwei Anteile, die genetische Variation und die umweltbedingte Variation. Zu den Umweltfaktoren zählen etwa Klima, Lebensraum und Kultur. Dabei kann es zu komplizierten Interaktionen kommen. Beispielsweise können zwei Menschen unterschiedliche Gene besitzen, die im Zusammenhang mit dem Körpergewicht stehen, ihre Effekte aber nur unter gewissen Umweltbedingungen zeigen. Bei geringer Nahrungsverfügbarkeit sind beide untergewichtig, aber bei höherer Nahrungsverfügbarkeit ist der eine normalgewichtig und der andere übergewichtig.[3]

Häufig ist es schwierig, die Einflüsse von Umwelt und Genen zu separieren. Wenn das Körpergewicht von Eltern und Kindern korreliert, ist zunächst unklar, inwieweit vererbte Gene und die ebenfalls von den Eltern beeinflusste Umwelt dafür verantwortlich sind.[4]

Einzelne Gene

Indem man die Verbindung zwischen bestimmten DNA-Sequenzen und einzelnen Merkmalen herstellt, lässt sich auf genetische Ursachen schließen. Merkmale haben eine genetische Ursache an einem Genlocus, wenn die Vererbung den mendelschen Regeln entspricht.[5]

Variation innerhalb von Gruppen

Mutationen können krankheitsverursachende Gene (z.B. Phenylketonurie) in Populationen erhalten, jedoch nur bei geringer Häufigkeit (Mutation-Selektion Gleichgewicht). Die natürliche Selektion kann Variation innerhalb von Populationen erhalten, wenn heterozygote Individuen eine höhere Fitness haben als homozygote. So kann sich die Sichelzellenanämie in Malariagebieten erhalten, weil heterozygote Träger (nur ein Hämoglobin-Gen verändert) einen gewissen Schutz vor Malaria haben. Dieses Phänomen wird Balancierter Polymorphismus genannt.[6]

Variation kann außerdem existieren, weil sich die Umweltbedingungen erst kürzlich geändert haben, und ehemals fitnesserhöhende Gene noch nicht eliminiert wurden. Diabetes mellitus Typ 2 ist beispielsweise relativ stark verbreitet auf Nauru. Der Genetiker James V. Neel vermutete, dass die dafür verantwortlichen Gene vor der Kolonisierung durch die Europäer adaptiv waren. Die Lebensbedingungen waren sehr hart, und so boten diese Gene die Möglichkeit, schnell Fettreserven für Zeiten des Mangels zu bilden. Als die Nahrungsmittelverfügbarkeit mit der Kolonisierung plötzlich anstieg, sank der Fitnessvorteil dieser Gene.[7]

Variation zwischen Gruppen

Wenn die Selektion unterschiedliche Gene in unterschiedlichen Umweltbedingungen fördert, kann so die Variation zwischen Gruppen erhalten bleiben. Als Beispiel wird häufig die Laktosetoleranz angeführt. Ursprünglich hatten Menschen wie andere Säugetiere nur als Kleinkinder die Fähigkeit, Laktose zu verwerten. Die meisten Europäer und einige Populationen Nordafrikas und Arabiens sind jedoch laktasepersistent, können also ihr Leben lang Laktose spalten. Eine wahrscheinliche Erklärung für die Verbreitung der Laktosetoleranz in Nordafrika ist, dass zu gewissen Zeiten Kamelmilch die einzig verfügbare Nährstoffquelle war. Bei den Europäern sind die Gründe weniger klar. Eine Vermutung ist, dass die geringe Sonneneinstrahlung während der langen Winter für die Laktosetoleranz verantwortlich ist. Dafür spricht, dass Laktose die Absorption von Vitamin D begünstigt, und die Verbreitung der Laktosetoleranz von Nord- nach Südeuropa abnimmt.[8]

Gendrift sorgt für Variation zwischen voneinander isolierten Populationen. Insbesondere in kleinen Populationen vollzieht sich der Gendrift schneller (Gründereffekt). Die Amischen sind ein Beispiel für eine isolierte Population, die von 200 Menschen begründet wurde. Die genetische Verwandtschaft mit den Europäern ist erheblich geringer als bei weniger isolierten Populationen mit einer größeren Anzahl von Begründern.[9]

Die gegenwärtige genetische Variation spiegelt zudem die Geschichte von Migration und Bevölkerungswachstum wieder. Luigi Luca Cavalli-Sforza geht davon aus, dass die weltweite genetische Variation ein Ergebnis der Migration aus Afrika vor 100.000 Jahren ist (Out-of-Africa-Theorie). Er rekonstruierte die Verwandtschaft mit einem Kladogramm anhand der Häufigkeit von 120 Genen in 42 Populationen, sog. klassische Marker. Das Ergebnis ist mit der Theorie konsistent, dass der moderne Mensch aus Afrika stammt und sich von dort als erstes nach Südasien, später von dort nach Nordasien und Ozeanien, und schließlich von Nordasien nach Europa ausbreitete.[10]

Komplexere Merkmale

Wenn Merkmale von mehr als einem Gen beeinflusst werden, was meist der Fall ist, lässt sich die Genetik als Ursache von Variation mithilfe des Konzepts der Heritabilität erklären.[11]

Variation innerhalb von Gruppen

Unter gewissen Bedingungen lässt sich der genetische Anteil an der Variation anhand von phänotypischen Ähnlichkeiten zwischen Verwandten (z.B. Zwillinge) schätzen. Die Methode der Zwillingsforschung besteht darin, die Ähnlichkeiten von eineiigen und zweieiigen Zwillingen zu analysieren. Eineiige Zwillinge sind genetisch identisch, während zweieiige Zwillinge etwa die Hälfte ihrer Gene gemeinsam haben. Beide teilen sich dieselbe Schwangerschaft, und die meisten Zwillinge wachsen in derselben Familie auf. Will man nun herausfinden, inwiefern Körpergröße genetisch beeinflusst ist, kann man die Variation der Körpergröße bei eineiigen Zwillingen mit der bei zweieiigen Zwillingen vergleichen. Mithilfe der Populationsgenetik lässt sich danach die Heritabilität schätzen. Studien haben so ergeben, dass in den meisten Populationen etwas mehr als die Hälfte der Variation bei Körpergröße durch die genetische Verwandtschaft zwischen Eltern und Kindern erklärbar ist.[12]

Variation zwischen Gruppen (Beispiel)

Die Körpergröße variiert zwischen verschiedenen menschlichen Populationen. In Nordeuropa sind die Menschen im Durchschnitt 175 cm groß, in Südeuropa etwa 12 cm kleiner. Afrikanische Populationen umfassen sehr große (z.B. Massai) und sehr kleine (z.B. die ǃKung). Die Variation scheint zumindest teilweise adaptiv zu sein. Hochgewachsene Völker leben tendenziell in kälteren Klimaten; kleinere in wärmeren (Bergmann-Regel).[13]

Klassifizierung menschlicher Populationen

Laut der heute überholten Rassentheorie lassen sich menschliche Populationen in eine kleine Zahl unterschiedlicher Rassen einteilen. Menschliche Populationen lassen sich zwar anhand genetischer Merkmale unterscheiden, allerdings ist das Kriterium nicht natürlich vorgegeben. So liefert z.B. eine Klassifizierung anhand der Hautfarbe andere Ergebnisse als eine Klassifizierung anhand der Häufigkeit bestimmter molekularer Marker. Zudem können derartige Klassifikationen nur einen relativ geringen Anteil der menschlichen Variation erklären. Genetiker haben geschätzt, das etwa 85 % aller menschlichen genetischen Variation auf die genetische Variation innerhalb von Gruppen zurückzuführen ist.[14]

Weiterführende Literatur

  • C. G. Nicholas Mascie-Taylor, Akira Yasukouchi, Stanley Ulijaszek (Hrsg.): Human Variation: From the Laboratory to the Field. Crc Press, 2010. ISBN 1420084712.
  • Julian C. Knight: Human Genetic Diversity: Functional Consequences for Health and Disease. Oxford University Press, 2009. ISBN 0199227691.

Einzelnachweise

  1. Robert Boyd & Joan B. Silk: How Humans Evolved. Norton, 2006 (Fourth Edition). ISBN 0393926281. S. 404-405.
  2. Boyd & Silk, S. 402-403.
  3. Boyd & Silk, S. 404-405.
  4. Boyd & Silk, S. 404-405.
  5. Boyd & Silk, S. 406-407.
  6. Boyd & Silk, S. 408-409.
  7. Boyd & Silk, S. 409.
  8. Boyd & Silk, S. 411-414.
  9. Boyd & Silk, S. 414-415.
  10. Boyd & Silk, S. 415-416.
  11. Boyd & Silk, S. 417-418.
  12. Boyd & Silk, S. 419-420.
  13. Boyd & Silk, S. 420.
  14. Boyd & Silk, S. 424-428.

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