Gerhard Gribkowsky

Gerhard Gribkowsky

Gerhard Gribkowsky (* 16. April 1958 in Bremen) ist ehemaliger Risikovorstand der BayernLB und hat Ende 2005 maßgeblich an der Formel-1-Übernahme durch die Investmentgesellschaft Alpha Prema mitgewirkt. Im Januar 2011 kam er in die Medien wegen des Verdachts, Schmiergelder in Höhe von 50 Millionen Dollar angenommen und vor dem Fiskus versteckt zu haben.

Von 1979 bis 1981 absolvierte er ein Praktikum bei der Siemens AG. Anschließend studierte er Rechtswissenschaften an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. 1988 schloss er mit einem Doktorgrad ab. Bis 2002 arbeitete er bei der Deutschen Bank AG. Zuletzt war er Mitglied der Geschäftsleitung für die Region München. Von 2003 bis am 2. April 2008 war er im Vorstand der Bayerischen Landesbank (BayernLB) in München.[1][2]

Daneben ist und war er im Aufsichtsrat mehrerer Firmen tätig, unter anderem bei Air Finance BV in Amsterdam, der Formula One Administration, der Formula One Management in London, der Deutschen Kreditbank (vom 3. April 2007 bis 10. April 2008) sowie den Bauunternehmen Strabag (bis 18. Juni 2010) und Züblin und als Direktor bei der MKB Bank Zrt in Ungarn.[1][2]

Inhaltsverzeichnis

Kontroversen

Milliardenverluste durch Beteiligung an der Hypo Alpe Adria Group

Im Rahmen der weltweiten Wirtschaftskrise tätigte die BayernLB eine Fehlinvestition in die Hypo Alpe Adria. Daraus resultierte für die Bank ein Gesamtverlust von 3,7 Milliarden Euro. Der Freistaat Bayern rettete später seine Landesbank mit einer Finanzspritze in Höhe von zehn Milliarden Euro.

Risikovorstand Gribkowsky wurde dafür als mitverantwortlich empfunden. Zudem gab es interne Machtkämpfe. Am 2. April 2008 hat der Verwaltungsrat Gribkowsky mit sofortiger Wirkung abberufen. Bis Ende 2012 sollte er sein Gehalt von rund einer halben Million Euro im Jahr erhalten. Im Oktober 2010 wurden die Zahlungen gestoppt und im Januar 2011 wurde Gribkowsky auf 200 Millionen Euro Schadenersatz verklagt. Ähnliche Forderungen gegen die sieben anderen damaligen Vorstandsmitglieder könnten folgen.[3][4][5]

Verdacht auf Schmiergeldzahlungen für Verkauf von Formel-1-Anteilen

Im April 2002 meldete KirchMedia Insolvenz an. Für ihre 75 Prozent Anteile an der SLEC-Holding, damals die oberste Dachgesellschaft der Formel 1, konnte kein Käufer gefunden werden. Im Juli 2002 wurden die Anteile auf die Gläubigerbanken verteilt. Die BayernLB gewährte Kirch einen Kredit von 987,5 Millionen Dollar[6] und bekam als Sicherheit 62,2 Prozent[7] der Kirch-Anteile (46,65 Prozent der Gesamtanteile an SLEC).

Seit Anfang Oktober 2003 war Gribkowsky für die BayernLB im Aufsichtsrat der Formel 1. Er sollte versuchen, einen Käufer für die Anteile zu finden. Gribkowsky vertrat die Mehrheit der Bankenanteilen und als deren Vertreter die Mehrheit der Gesamtanteile, trotzdem hatten die Banken keinerlei Mitspracherecht in den Formel-1-Firmen. Es kam zum Bankenstreit in der Formel 1. Das Gerichtsurteil erlaubte den Banken sämtliche Vorstandspositionen in den wichtigen Firmen neu zu besetzen, was Gribkowsky auch nutzte und sich in einige Vorstände brachte, unter anderem auch als Vorsitzender der SLEC. Das brachte Gribkowsky in eine Position, in der er theoretisch Bernie Ecclestone hätte entlassen können.

Am 25. November 2005 übernahm Alpha Prema die Formel-1-Anteile der BayernLB und von Ecclestones Bambino Holding und hatte damit die Mehrheit. Die BayernLB bekam für ihre Anteile 837 Millionen Dollar.[8] Am selben Tag wurde Gribkowskys eigene Firma GG Consulting in Österreich ins Handelsregister eingetragen.

Am 6. Dezember 2005 kaufte Alpha Prema auch die Anteile von JPMorgan.

Am 21. Februar 2006 wurde Gribkowsky Verwaltungsrat bei Ecclestones Firma Petara und war mit Einzelunterschrift zahlungsbevollmächtigt.

Am 22. Februar 2006 wurde auf Mauritius eine Briefkastenfirma registriert, welche später einen Teil der Zahlungen an Gribkowsky tätigte.[9]

Ende März 2006 war Alpha Prema, nach einer Prüfung durch die Europäische Wettbewerbskommission, auch auf dem Papier Mehrheitseigner der Formel 1. Wenige Tage später einigten sich die Formel-1-Teams mit dem neuen Besitzer auf ein neues Geldverteilungssystem. Damit war die Abspaltung der Hersteller vom Tisch und der Wert der Formel 1 stieg wieder an. Ein solches Szenario hatte Gribkowsky vorhergesagt.

Noch im selben Monat erwarb Alpha Prema auch die Anteile von Lehman Brothers, womit sie nun alleiniger Inhaber war. Obwohl die BayernLB und Lehman ihre Anteile verkauften, waren sie dann wieder an Alpha Prema beteiligt. Gribkowsky bekam einen der vier Vorstandssitze in der neuen Holding.[10] (Oberhalb von Alpha Prema wurden später weitere Firmenkonstrukte erschaffen. An oberster Stelle ist seither Delta Topco, die aber bis 2008 gleiche Besitzverteilungen hatte wie zuvor Alpha Prema: annäherungsweise 70 Prozent CVC, 4 Prozent BayernLB, 17 Prozent Lehman, 9 Prozent Bambino und 1 Aktie hielt Ecclestone persönlich.)

Die BayernLB zahlte Ecclestone 40 Millionen Dollar Provision und seiner Firma Bambino Holding 27 Millionen Dollar für angeblich offene Forderungen. Der Vorstand der BayernLB wusste von diesen Zahlungen nichts.[8]

Zwischen 2006 und 2007 gingen auf dem Konto der GG Consulting mehrere Zahlungen über insgesamt 50 Millionen Dollar ein für zwei Beraterverträge. Die zahlenden Firmen waren First Bridge Holding mit Sitz auf Mauritius und Lewington Invest mit Sitz auf den Britischen Jungferninseln.

Am 3. Mai 2007 meldete Gribkowsky in Salzburg die Privatstiftung "Sonnenschein" an. Zu dieser Stiftung gehören die drei Gesellschaften GREP GmbH, GFU GmbH und Aktion Zeitgeschenk GmbH. Der Zweck der Stiftung wird beschrieben mit „Erhaltung, Vermehrung und bestmögliche Verwaltung und Veranlagung des Vermögens der Privatstiftung, die Versorgung des Stifters und der Begünstigten“.[11][12]

Am 14. Dezember 2007 erhielt Ecclestone persönlich angeblich eine schriftliche Mahnung zur Zahlung von 2,229 Millionen Dollar an die GREP GmbH.[6] Ecclestone soll sich darauf telefonisch bei einem von Gribkowskys Anwälten beschwert haben. Dieser erzählte später seiner Verwandtschaft von Ecclestones Anruf.

Nach Abzug der Steuern in Österreich wurden die Gelder der GG Consulting auf die Privatstiftung weitergeleitet. Die GG Consulting wurde 2008 aufgelöst. Das Gesamtvermögen der Stiftung betrug im November 2010 25,6 Millionen Euro.[13]

Am 23. Dezember 2010 recherchierte die Süddeutsche Zeitung über Gribkowsky und führte ein Interview mit ihm. Der Süddeutschen Zeitung gab er zuerst an, die Gelder stammen aus Familienvermögen, später gab er keine Auskunft mehr. Am 29. Dezember 2010 ging Gribkowsky selber zur Staatsanwaltschaft München und unterrichtete diese über seine Stiftung, bevor es in der Zeitung zu lesen war. Die Staatsanwaltschaft begann darauf ihrerseits mit Ermittlungen gegen Gribkowsky.

Am 5. Januar 2011 kam Gribkowsky in Untersuchungshaft wegen des dringenden Verdachts auf Veruntreuung von Vermögen, Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung in Millionenhöhe. Ihm wird vorgeworfen bei der Durchführung des Verkaufs der BayernLB-Anteile eine Neubewertung der Anteile ausgelassen, diese unter ihrem eigentlichen Wert verkauft zu haben und damit seinen damaligen Arbeitgeber um Vermögen betrogen zu haben. Für sein Entgegenkommen habe er 50 Millionen Dollar kassiert und es unterlassen diese in Deutschland zu versteuern.[14]

Ecclestone bestritt mehrfach etwas mit der Sache zu tun zu haben, die Zahlungsfirmen der Berateraufträge zu kennen oder etwas von diesen Zahlungen zu wissen. Allerdings gab es mittlerweile Zeugenaussagen, die einen Zusammenhang mit Ecclestone und auch das Telefonat anlässlich des Mahnschreibens bestätigten.[15]

Am 10. Februar wurde das Vermögen der Privatstiftung Sonnenschein eingefroren.[16] Die Staatsanwaltschaft erhob am 19. Juli 2011 Anklage wegen Bestechlichkeit, Untreue und Steuerhinterziehung beim Landgericht München I.

Privates

Sein Vater war im Vorstand einer norddeutschen Brauerei. Gerhard Gribkowsky lebt in Grünwald bei München und hat drei erwachsene Kinder aus erster Ehe.[17]

Einzelnachweise

  1. a b Strabag SE Corporate Couvernace Bericht 2009. Strabag, 7. April 2010. Abgerufen am 11. Februar 2011.
  2. a b Profil von Gerhard Gribkowsky. www.bloomberg.com. Abgerufen am 11. Februar 2011.
  3. Pension unter Palmen. sueddeutsche.de, 7. Januar 2009.
  4. Der Spaziergänger von Grünwald. sueddeutsche.de, 4. Januar 2011.
  5. Gribkowsky soll 200 Millionen Euro zahlen. sueddeutsche.de, 23. Januar 2011.
  6. a b A letter from Gerhard Gribkowsky. www.pitpass.com, 23. Januar 2011.
  7. Case No COMP/M.4066 - CVC / SLEC. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, 20. März 2006. Abgerufen am 11. Februar 2011.
  8. a b "Das ist eine Sauerei". sueddeutsche.de, 12. Februar 2011.
  9. Causa Gribkowsky: Ecclestone-Firma involviert?. www.motorsport-total.com, 12. Januar 2011.
  10. CVC nun auch auf dem Papier Formel-1-Eigentümer. www.motorsport-total.com, 28. März 2006.
  11. Die Formel 1 und der Banker. faz.net, 3. Januar 2011.
  12. SONNENSCHEIN-PRIVATSTIFTUNG. www.wirtschaftsblatt.at, 11. Januar 2011.
  13. "Komm, lass gut sein, wir gehen". sueddeutsche.de, 5. Januar 2011.
  14. ARD Tagesschau vom 5. Januar 2011 auf youtube
  15. Guter Rat für Bernie. sueddeutsche.de, 5. Februar 2011.
  16. Das Geld ist weg. sueddeutsche.de, 11. Februar 2011.
  17. So protzig lebte der Skandal-Banker. www.bild.de, 7. Januar 2011.

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