Gerhard Wartenberg

Gerhard Wartenberg
Stolperstein am Haus Alt-Tempelhof 9, in Berlin-Tempelhof

Gerhard Wartenberg (* 1. Februar 1904 in Tannroda (Thüringen); † 22. Dezember 1942 im Konzentrationslager Sachsenhausen) war ein deutscher Autor, Organisator in der Freien Arbeiter-Union Deutschlands (FAUD) und Anarchosyndikalist.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Nach seinem Abitur 1922 auf der Oberrealschule in Leipzig, absolvierte er an der Universität Leipzig ein Studium der Chemie, welches er 1928 mit der Promotion zum Dr. phil. abschloss. 1930 heiratete er, ihre Tochter Ilse wurde am 29. Juli 1931 geboren. Bis zur Machtergreifung durch die Nationalsozialisten lebte die Familie zusammen in Berlin-Steglitz.

Für die Syndikalistisch-Anarchistische Jugend Deutschlands (SAJD) war er als Autor tätig, der er als 18-jähriger nach dem Schulabschluss beigetreten war. Bei der FAUD wurde er 1927 Mitglied. Für die Gilde freiheitlicher Bücherfreunde, die der FAUD nahestand, hielt er Vorträge und übernahm später die Leitung der Gilde. Er publizierte unter anderem in den Zeitschriften Der Syndikalist und Erich Mühsams Fanal. 1933 war er Redakteur der Zeitschrift Die Internationale (2. Folge). Darüber hinaus war er Herausgeber verschiedener Broschüren. Mit seinen Veröffentlichungen trat er für eine autonome Arbeiterbewegung ein, die wirtschaftlich und politisch in einer starken Gewerkschaft[1] abseits der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) und der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) organisiert sein sollte. In Der Syndikalist Nr. 11 (16. März 1929) schrieb Wartenberg, dass solch eine Arbeitergewerkschaft „keine fachsimpelnde, sich selbst genügsame Gewerkschaft, wie sie manche Syndikalisten fordern, sondern eine revolutionäre, lebendige, umfassende Gewerkschaft, wie sie der Anarcho-Syndikalismus fordert“ notwendig sei.[2].

In Leipzig war er Herausgeber von Der Bakunist. Zeitschrift für wissenschaftlichen und praktischen Anarchismus (1926). Nach zwei gescheiterten Anstellungen in verschiedenen Berufen widmete er sich intensiver dem Schreiben und der politischen Arbeit, wodurch er Rudolf Rocker kennenlernte. Mitte der 1932er Jahre gehörte er der Geschäftskommission der FAUD an und hatte die redaktionelle Verantwortung für die Zeitschriften Der Syndikalist, ab 1933 für das Arbeiterecho und für die FAUD-Zeitschrift Die Internationale.

Vom Amtsgericht Berlin-Mitte wurde er am 20. Mai 1933 wegen Verstoß gegen das Pressegesetz und Aufforderung zum Ungehorsam zu zwei Monaten Haftstrafe verurteilt. Er ging deswegen im April 1933 illegal in die Niederlande und danach für kurze Zeit nach Berlin, um dann bei seinen Eltern in Leipzig unterzutauchen. Am 31. Januar 1935 wurde er verhaftet und am 23. Februar 1935 wieder aus der Haft entlassen. Zwei Jahre später wurden über 200 FAUD-Mitglieder in Haft genommen, die FAUD musste in jener Zeit illegal arbeiten. Wegen Vorbereitung zum Hochverrat wurde Wartenberg am 7. April 1938 zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt. Seine bürgerlichen Ehrenrechte und seine Doktorwürde von der Universität Leipzig wurden ihm aberkannt. Am 21. Oktober 1941 lehnte das zuständige Amt ein Gnadengesuch, das Wartenbergs Ehefrau eingereicht hatte, mit der Begründung ab, die Anarchosyndikalisten seien eine der radikalsten Gruppen und eine staatsfeindliche Partei.

Gerhard Wartenberg starb im Alter von 38 Jahren im Konzentrationslager Sachsenhausen, wohin er nach seinem Strafablauf 1942 deportiert wurde. Die Gestapo teilte seiner Ehefrau mit, dass er an einer doppelseitigen Lungenentzündung gestorben sei [3].

Gerhard Wartenberg schrieb unter den Pseudonymen H.W. Gerhard; Ägide und G. Berg. Werke von Wartenberg sind in der Staatsbibliothek preußischer Kulturbesitz in Berlin überliefert.

Literatur

  • Siegfried Mielke (Hrsg.), Gewerkschafter in den Konzentrationslagern Oranienburg und Sachsenhausen. Biographisches Handbuch. Band 1. Seite 293-296. Edition Hentrich, Berlin 2002.
  • Hartmut Rübner, Freiheit und Brot. Die Freie Arbeiter-Union Deutschlands. Eine Studie zur Geschichte des Anarchosyndikalismus. Über G. Wartenberg Seite: 85, 142, 144, 148f., 150, 151, 153f., 156, 165, 180, 183, 205f., 213, 251, 267, 281, 287. Libertad Verlag, Potsdam 1994. ISBN 3-922226-21-3.

Ehrungen

  • Die Initiative Stolpersteine an der B 96 verlegte 2009 einen Stolperstein[4] vor der illegalen Unterkunft von Wartenberg in Alt-Tempelhof 9-11, Berlin-Tempelhof.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Der Anarchosyndikalismus in Deutschland, von Gerhard Wartenberg, 1932. Abgerufen am 28. Oktober 2009
  2. Autor: Hansi Oostinga; 6. November 2008. Über die politische Tätigkeit Gerhard Wartenbergs. Abgerufen am 5. Mai 2009
  3. Biografie. Die Gestapo gab bekannt das Wartenberg an einer doppelseitigen Lungenentzündung starb
  4. Stolpersteine an der B 96

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Wartenberg — (zu Wart ‚Wacht‘) ist der Name folgender geographischer Objekte Ortschaften: in Deutschland Wartenberg (Oberbayern), Marktgemeinde im Landkreis Erding in Bayern Wartenberg (Hessen), Gemeinde im Vogelsbergkreis in Hessen Wartenberg Rohrbach,… …   Deutsch Wikipedia

  • Gerhard Schulz (Reiter) — Gerhard Schulz (* 1. Juni 1931 in Hartensdorf; † 2. Oktober 2008) war ein deutscher Reiter der DDR, der bei den Olympischen Spielen 1964 in Tokio mit der Gesamtdeutschen Olympiamannschaft die Bronzemedaille im Mannschaftswettbewerb gewann.… …   Deutsch Wikipedia

  • Der Syndikalist — Beschreibung Organ der FAUD Sprache …   Deutsch Wikipedia

  • 1942 — Portal Geschichte | Portal Biografien | Aktuelle Ereignisse | Jahreskalender ◄ | 19. Jahrhundert | 20. Jahrhundert | 21. Jahrhundert   ◄ | 1910er | 1920er | 1930er | 1940er | 1950er | 1960er | 1970er | ► ◄◄ | ◄ | 1938 | 1939 | 1940 | 1941 |… …   Deutsch Wikipedia

  • 1904 — Portal Geschichte | Portal Biografien | Aktuelle Ereignisse | Jahreskalender ◄ | 19. Jahrhundert | 20. Jahrhundert | 21. Jahrhundert   ◄ | 1870er | 1880er | 1890er | 1900er | 1910er | 1920er | 1930er | ► ◄◄ | ◄ | 1900 | 1901 | 1902 | 1903 |… …   Deutsch Wikipedia

  • Der Syndikalist (Zeitschrift) — Der Syndikalist Beschreibung Organ der FAUD Sprache Deutsch …   Deutsch Wikipedia

  • 1. Februar — Der 1. Februar (im Süden des deutschsprachigen Raumes auch: 1. Feber) ist der 32. Tag des Gregorianischen Kalenders, somit bleiben 333 Tage (in Schaltjahren 334 Tage) bis zum Jahresende. Historische Jahrestage Januar · Februar · März 1 …   Deutsch Wikipedia

  • 22. Dezember — Der 22. Dezember ist der 356. Tag des Gregorianischen Kalenders (der 357. in Schaltjahren), somit bleiben 9 Tage bis zum Jahresende. Am 22. (bzw. 21.) Dezember steht die Sonne mittags am südlichen Wendekreis im Zenit und geht am nördlichen… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste anarchistischer Zeitschriften — Diese Liste führt Periodika auf, die überwiegend dem anarchistischen Spektrum zugerechnet werden. Nach der Historikerin Petra Weber sind die aufgeführten Publikationen nur schwer zugänglich und nicht leicht zu erschließen, obwohl ihr Inhalt… …   Deutsch Wikipedia

  • Besinnung und Aufbruch — war eine anarchosyndikalistische, anarchistische Zeitschrift die von der Gilde freiheitlicher Bücherfreunde, eine Initiative der Freien Arbeiter Union Deutschlands (FAUD), herausgegeben wurde. Erschienen von Mai 1929 bis Februar 1933.… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”