Max zu Solms

Max zu Solms

Max Graf zu Solms (so als Autor), mit vollem Namen Maximilian Ludwig Graf zu Solms-Rödelheim und Assenheim (* 24. September 1893 auf Schloss Assenheim in der Wetterau, Hessen; † 2. September 1968 in Marburg) war bis 1918 ein deutscher Standesherr (als Erlaucht anzureden) und Soziologe.

Dem Forschertemperament nach ein starker Systematisierer – bereits in seiner Dissertation erscheinen seine Zentralkategorien „Gestalt“ und „Gerüst“, zu denen später noch „Geltung“ trat – war Max Solms durch sein selbstauferlegtes Schweigen in den produktivsten Jahren (während der Nazizeit) und nach 1945 durch den Siegeszug von Talcott Parsons‘ „Strukturfunktionalismus“ nie 'erfolgreich', wenngleich durch seine Ideen zur Theoretisierung des Fachs und durch sein Wirken als Mäzen des Forscherheims Assenheim im soziologischen Netzwerk der Weimarer Republik wirksam.

Leben

Geboren wurde er als ältestes Kind des Grafen Franz zu Solms-Rödelheim und Assenheim (1864-1923). Das ab 1904 mutterlose und einzelgängerische Kind legte 1913 auf dem Gymnasium in Friedberg die Abiturprüfung ab. Solms begann sodann 1913 in Heidelberg ein Jurastudium (Eintritt in das feudale Corps Saxoborussia - nach einem Semester wieder Austritt) und setzte es 1914 in München fort, in dieser Zeit mit dem ihn beklemmenden Versuch, den Standeserwartungen seiner Familie zu folgen. Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges meldete er sich freiwillig, machte als Feldoffizier die blutigen Anfangsschlachten in Flandern mit, was ihn lebenslang traumatisieren sollte, war dann Stabsoffizier an der West- und Ostfront, wurde 1918 demobilisiert und wirkte ein halbes Jahr an der deutschen Gesandtschaft in Den Haag.

1920 nahm er das Studium, nunmehr der Geschichte und Nationalökonomie, in Marburg wieder auf und setzte es 1921-23 in München fort (Geschichte, Wirtschaftsgeschichte). Von Leopold von Wiese wurde er zur sich erstmals an deutschen Universitäten etablierenden Soziologie gelenkt. 1922 heiratete er Viktoria Prinzessin zu Leiningen (aus dieser Ehe entstammte der Sohn Markwart, *1925) und hatte nach dem Tod seines Vaters im Februar 1923 die Familiengüter zu übernehmen. Im selben Monat verstarb auch seine 1866 geborene Stiefmutter Jenny geb. Gräfin zu Castell-Castell.

Er blieb aber wissenschaftlich orientiert und gründete als anwendender Soziologe zu Gunsten seiner Disziplin 1924 das „Forscherheim Assenheim“, eines der ersten Gelehrtenkollegs in Deutschland, das er dann bis 1932 finanziell aufrechtzuerhalten vermochte. 1927 wurde er in Kiel bei seinem Mentor Ferdinand Tönnies zum Dr. phil. promoviert. (Diss. Gestalt und Gerüst der Menschenwelt, erweiterte Drucklegung 1929 als Bau und Gliederung der Menschengruppen, Teil I). Er publizierte weiter und habilitierte sich 1932 in Marburg für Soziologie (Habil. Führerbestellung. Bau und Gliederung der Menschengruppen, Teil II). Nach dem Machtantritt der Nazis – denen er tief ablehnend gegenüber stand – publizierte er ab 1933 (bis 1945) nicht. Nach der Scheidung von seiner ersten Frau heiratete er im gleichen Jahr 1937 Freda von Gersdorff (aus dieser Ehe der zweite Sohn Johann Georg) und lebte und lehrte in Marburg, wo er 1941 sogar (laut NS-Gaudozentenführer als „harmlos“) „außerplanmäßiger Professor“ wurde (ein Titel, kein Amt).

1946 gehörte er zu den Neubegründern der Deutschen Gesellschaft für Soziologie und erhielt 1949 sein erstes besoldetes Staatsamt als Diätendozent. Bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand (1958) leitete er kommissarisch das Institut für Soziologie seiner Universität und hinterließ ihm seine Bibliothek und sein Archiv (heute teilw. in der Institutsbibliothek Soziologie zu Marburg aufgestellt), als er am 2. September 1968 mit 74 Jahren in Marburg starb.

Werke

  • 1924: Fürwirkende Schichten, in: Kölner Vierteljahrshefte für Soziologie, S. 140-153
  • 1927: Gestalt und Gerüst der Menschenwelt, Diss. Kiel
  • 1929: Bau und Gliederung der Menschengruppen, Teil I, Karlsruhe
  • 1932: Führerbestellung. Bau und Gliederung der Menschengruppen, Teil II, Leipzig
  • 1932/33: „Eliten“, in: Kölner Vierteljahrshefte für Soziologie, S. 182-193
  • 1933: „Der Begriff der Revolution“, in: Archiv für angewandte Soziologie, S. 1-14
  • 1933/34: Die Breiten- und Tiefenwirkungen von Revolutionen, in: Kölner Vierteljahrshefte für Soziologie, S. 232-237
  • 1947: Kritik der Nationalismen. Sozialismus und Freiheit, Tübingen
  • 1948: Die Gesellungslehre und das Problem der menschlichen Persönlichkeit, in: Festgabe für Leopold von Wiese aus Anlaß seines 70. Geburtstages, Mainz
  • 1949: Sozialwissenschaften als Lehrgegenstand an deutschen Schulen, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie, S. 78-83
  • 1950: Persönlichkeitsentfaltung und Erziehung auf solidarischer Grundlage, in: Beiträge zur Gesellungs- und Völkerwissenschaft. Festschrift zum 80. Geburtstag von Prof. Richard Thurnwald, Berlin, S. 318-324
  • 1954: Geistesgeschichtliche und soziologische Betrachtungen über das Stilproblem, in: Studium generale, 7. Jg., 590-603
  • 1956: Analytische Gesellungslehre, Tübingen
  • Max Graf zu Solms. Ein Lebensgang. Briefe • Selbstzeugnisse • Berichte (hgg. von Freda Gräfin zu Solms), Marburg: N. G. Elwert 1982

Literatur

  • Lars Clausen: Ein Lebensgang, [1983], in: Ders.: Krasser sozialer Wandel, Leske + Budrich, Opladen 1994, S. 183 ff.
  • Rolf Fechner / Herbert Claas (Hgg.): Verschüttete Soziologie. Zum Beispiel: Max Graf zu Solms. Schriftenreihe der Ferdinand-Tönnies-Gesellschaft, Bd. 8, Duncker & Humblot, Berlin 1996
  • Hartmut Lüdtke / Hartmut Schweitzer (Hgg.): Max Solms' Gesellungslehre. (Wieder-)Entdeckung und Versuch einer Würdigung.,Institut für Soziologie, Marburg 1993 (Marburger Beiträge zur Sozialwissenschaftlichen Forschung, 1), ISBN 3-8185-0145-9

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