- Plastikmüll in den Ozeanen
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Plastikmüll in den Ozeanen ist ein international bekanntes Umweltproblem. Plastikteile und deren Zersetzungsprodukte sammeln sich insbesondere in einigen Strömungswirbeln an und führen zu einer erheblichen Verdichtung in manchen Meeresregionen. Dem Nordpazifikwirbel (englisch North Pacific Gyre) hat dieses Phänomen den Beinamen Great Pacific Garbage Patch (deutsch: Großer Pazifikmüllfleck) eingebracht. Das Phänomen wurde 1997 erstmals beschrieben.[1]
Die teilweise in den Medien verbreitete Vorstellung eines weitflächigen Müllteppichs geht fehl. Die globalen Ansammlungen in den Meeren sind im Gegensatz zu Strandgut aus Plastik nicht weiter optisch auffällig. Plastikmüll wird verhältnismäßig schnell in sehr kleine Fetzen zerrissen. Diese weisen eine ähnliche Besiedlung durch Algen und Kleinsttiere auf wie treibende Tangpflanzen und sind im Falle von Polyethylen nicht weiter umweltrelevant.[2]
Inhaltsverzeichnis
Bestandteile
Der Müll besteht aus Plastiktüten, Einmalrasierern, CD-Hüllen, Eimern, Kabeltrommeln, Zahnbürsten, Feuerzeugen und anderen Gegenständen. Kunststoffe werden im Meer durch Gezeiten und die Wirkung der Wellen in immer kleinere Stücke zerteilt.[3] Einige Kunststoffe werden spröde und brüchig durch Lichteinwirkung und Freisetzung der enthaltenen Weichmacher.
So entstehen unter anderem 3–5 mm große sogenannte Pellets, die von Meerestieren mit Plankton verwechselt und aufgenommen werden. Noch kleinere Bruchstücke und freigesetzte Chemikalien werden auch von Planktonorganismen selbst aufgenommen und besiedelt. Eine Einlagerung in Gestein wird unter anderem beim sogenannten Beachrock beobachtet.
Ausdehnung
Durch Meeresströmungen entsteht ein subarktischer Meereswirbel, in dem sich Zivilisationsmüll ansammelt. Der Great Pacific Garbage Patch rotiert zwischen Nordamerika und Asien. Dabei zirkulierten Anfang 2008 etwa 100 Millionen Tonnen Kunststoffmüll (mit steigender Tendenz) in dem Müllstrudel.[4]
Die Plastikteile werden nach Untersuchungen der National Oceanic and Atmospheric Administration schnell zerkleinert und sind bis zu 16 Jahre in dem Kreisel zu finden. Unter anderem von Charles Curtis Ebbesmeyer stammen verschiedene Strömungsmodelle zur Anlandung im Küstenbereich.[5] Nach einer UNEP-Studie kommen durchschnittlich bis zu 13.000 Plastikteilchen auf jedem Quadratkilometer Meeresfläche.[6] Für den Great Pacific Ocean Garbage Patch werden eine Million Teilchen pro Quadratkilometer angenommen, also ein Teil pro Quadratmeter.[7] Der an der Oberfläche treibende Plastikmüll ist nur ein geringer Teil. Etwa 70 Prozent sinkt auf den Meeresgrund. Viele der Teile nehmen Giftstoffe auf.[8] Einige nehmen treibendes Rohöl aus natürlichen und menschlichen Quellen auf und erhalten so eine teerhaltige Oberfläche.[2]
Einer Studie[9] zufolge kommt es entgegen früheren Annahmen zu einem schnellen Abbau von Kunststoffen durch Sonne, Regen und andere Einflüsse. Beim Abbau von Polystyrol kommt es dabei zur Freisetzung von Giftstoffen.
Weitere Müllstrudel
Der subtropische Wirbel des Nordpazifiks ist der größte der fünf großen Strömungskreise in den Ozeanen. Doch das Müllproblem hat bereits andere Gebiete erreicht. In der Sargassosee im Nordatlantik wurden ebenfalls hohe Konzentrationen von Plastikmüll nachgewiesen.
Im nördlichen Atlantik gibt es zwischen 22 und 38 Grad Nord eine große Menge Plastikmüll. Die maximale Dichte der Kunststoffteilchen beträgt 0,2 Teilchen pro Quadratmeter. Diese Menge ist mit dem Great Pacific Garbage Patch vergleichbar.[10]
Gefahren
Der Plastikmüll hat erhebliche Auswirkungen auf marine Ökosysteme. Insbesondere größere Tiere sind durch mechanische Verletzungen gefährdet. So bleiben Seehunde mitunter in Getränkekästen stecken oder Fische und Delfine in aufgegebenen Fischernetzen. Charles Curtis Ebbesmeyer fand in einem verendeten Albatros-Jungtier an die 100 Plastikteile, mit denen es von den Elterntieren gefüttert worden war (National Geographic 10/2005).[11][12] Albatrosse und Eissturmvögel verwechseln die Abfallstücke mit Futter und fressen sie. Sie fühlen sich satt, verhungern aber schließlich mit müllgefülltem Magen. Auch Wale und Delfine fressen den Abfall.
Schwimmende wie auch am Grunde lagernde Plastikteile erlauben den Ansatz sessiler Tiere oder deren Larven, zum Beispiel Seepocken, Entenmuscheln, Hydrozoen und Pflanzen (Algen, Tange) (vergleiche Riffball) und können so Ausgangspunkte von künstlichen Biotopen werden.
Herkunft des Plastikmülls
Der Großteil (ca. 80 %) des Plastikmülls kommt über Flüsse ins Meer. Etwa ein Fünftel ist geschredderter oder komplett über Bord geworfener Schiffsmüll[13] oder stammt aus Ladungsverlusten. Bekannt wurde der Fall des Frachters Hansa Carrier, der am 27. Mai 1990 über 60.000 Turnschuhe verlor. Auf derselben Route wie die Hansa Carrier verlor ein anderes Schiff einen Container mit 29.000 bunten Spielzeugtieren.[14] Im Jahre 1992 verlor das Frachtschiff Tokio Express auf dem Weg von Hongkong nach Washington 29.000 Lego-Spielzeugfiguren.[15] Seitdem werden etwa alle drei Jahre Teile dieser verlorenen Ladung in Alaska angespült. Demnach bewegt sich der Müll mit elf Zentimetern pro Sekunde (entspricht 0,4 km/h) in einem riesigen Kreis.[16]
Gegenmaßnahmen
Plastikmüll durch Schiffe in die Ozeane einzubringen ist in Marpol Annex V bereits 1988 verboten worden. Die Schiffsführung kommerzieller Schiffe ist verpflichtet, über den gesamten an Bord anfallenden Müll Buch zu führen, das sogenannte Mülltagebuch. Die Abgabe an Land ist mittels Quittung nachzuweisen. Verstöße gegen diese Bestimmungen können empfindliche Bußgelder nach sich ziehen. In Deutschland können gemäß Verordnung über Zuwiderhandlungen gegen das Internationale Übereinkommen von 1973 zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe und gegen das Protokoll von 1978 zu diesem Übereinkommen (MARPOL-Zuwiderhandlungsverordnung) Bußgelder von bis zu 50.000 € verhängt werden.
Die Entladung des Mülls muss in allen Häfen kostenlos sein und der Müll muss an Land fachgerecht entsorgt werden. Eine kleine NGO, Green-Ocean, startete 2006 ein Pilotprojekt im Hafen von Livorno: Es wurde begonnen, von den Fischern (1,8 Millionen in europäischen Gewässern) Plastikmüll anzukaufen. Hier soll bewiesen werden, dass es möglich ist, kostengünstig und effektiv Plastikmüll aus dem Meer wieder zu entfernen.
Die Entsorgung von Hausmüll über die Flüsse ins Meer zu verbieten, ist ein wesentliches Anliegen.[17] Angestrebt wird auch, leichter biologisch abbaubare Kunststoffe und umweltverträglichere Polymere, Additive und Füllstoffe zu verwenden. Wissenschaftler der University of Southern Mississippi haben einige Polymere für den Zerfall im Meerwasser optimiert.[11]
Siehe auch
- Thermohaline Zirkulation (Globales Förderband)
- Meeresschutz
- Plastic Planet (investigativer Kinodokumentarfilm)
- Treibgut
Weblinks
- Reportage von 2008 über Plastikmüll in den Weltmeeren von Bayern 2
- Ein Ozeanograph gegen Plastikmüll, nano (Sendung)
- Plastik im Magen, Süddeutsche Zeitung
- Forschungsorganisation 5Gyres
- Report: Wie die Verschmutzung der Weltmeere voranschreitet
- Plastikmüllbericht der Welt-Online
Einzelnachweise
- ↑ Peter Haffner: Eine Ahnung von Apokalypse, NZZ Folio 07/09
- ↑ a b Virgin plastic granules on some beaches of Eastern Canada and Bermuda, Murray R. Gregory, 13. Februar 1983, Marine Environmental Research, Band 10, Heft 2, 1983, S. 73-92,
- ↑ Samiha Shafy: Umwelt: Das Müll-Karussell, Spiegel Online, 2. Februar 2008
- ↑ Kathy Marks, Daniel Howden: The world’s rubbish dump: a tip that stretches from Hawaii to Japan, The Independent, 5. Februar 2008
- ↑ Wirbel im Pazifik: Plastikmüll fährt Karussell, Spiegel Online, 15. Januar 2007
- ↑ Marine Litter – An analytical overview Umweltprogramm der Vereinten Nationen, 2005
- ↑ Florian Rötzer: Gigantische Plastikmüllhalde im Meer, in: Telepolis vom 28. August 2009
- ↑ nach Richard Thompson
- ↑ Katsuhiko Saido et al.: New contamination derived from marine debris plastics, 238th ACS National Meeting, 2009
- ↑ Victoria Gill : Plastic rubbish blights Atlantic Ocean, BBC News, 24. Februar 2010
- ↑ a b Plastikmüll vergiftet die Weltmeere, Gesellschaft zur Rettung der Delphine, 12. Januar 2011
- ↑ http://www.plastic-sea.com/?file=projekt_beschreibung&language=german (Archivversion vom 24. Dezember 2008)
- ↑ SZ zum Schiffsmüll
- ↑ Dietmar Bartz : Unterwegs - Bade-Entchens letztes Ufer, NZZ Folio 04/02. Abgerufen am 6. August 2010
- ↑ Gigantischer Wirbel transportiert Plastikmüll durch den Atlantik, Access to sustainable knowledge, 15. Januar 2007. Abgerufen am 6. August 2010
- ↑ Gigantischer Wirbel transportiert Plastikmüll durch den Atlantik, Rhombos Online Nachrichten, 16. Januar 2007. Abgerufen am 6. August 2010
- ↑ Lutz Reidt: Plastik statt Fisch im Bauch, Deutschlandradio Kultur, 2. März 2008
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