Große Synagoge (Düsseldorf)

Große Synagoge (Düsseldorf)
Synagoge an der Kasernenstraße mit dem anschließenden Rabbinerhaus, rechts das erste Gebäude der Allgemeinen Ortskrankenkasse, links das Kreishaus. Foto um 1910.
Ansicht der Großen Synagoge mit Gemeindehaus an der Kasernenstraße
Querschnitt

Die Große Synagoge an der Kasernenstraße in Düsseldorf wurde im Jahre 1903 nach den Entwürfen von Josef Kleesattel im Stil der Neoromanik erbaut, am 10. November 1938 in Brand gesteckt und die Ruine am 29. November desselben Jahres abgebrochen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Ab dem Ende des 19. Jahrhunderts plante die Stadt Düsseldorf, das Stadtviertel an Königsallee und Kasernenstraße grundlegend umzugestalten, insbesondere um Platz für die Ansiedlung von Banken und von repräsentativen Verwaltungsgebäuden der damals boomenden Stahlindustrie zu schaffen. Die Kasernengebäude des Niederrheinischen Füsilier-Regiments Nr. 39 und weiterer Regimenter, die 1897/1898 zur Ulmenstraße in Düsseldorf-Derendorf umgezogen waren, wurden abgebrochen, der Exerzierplatz bebaut. Zum Ausgleich, dass hier ein „signifikantes Stück des alten Düsseldorf geopfert“ wurde, machte die Stadt „baupolitische Akzeptanzangebote“ an die Bevölkerung.

In diesem Kontext wurde auch der Plan gefasst, eine neue Synagoge zu errichten, zumal die Mitgliederzahl der jüdischen Gemeinde wie auch die der gesamten Bevölkerung Düsseldorfs stark anstieg. Der Anfang des 20. Jahrhunderts aufgegebene Historismus sollte in der Architektur des neu entstehenden Gotteshaus der jüdischen Gemeinde eine Fortsetzung finden.[1]

Der Architekt Ludwig Pfaffendorf hatte zunächst eine Synagoge entworfen, bei der „syrische“ (frühchristliche und byzantinische) mit romanischen Stilformen verbunden waren. Ausgeführt wurde jedoch im Jahre 1903 der Entwurf des rheinischen Kirchenarchitekten Josef Kleesattel im Stil der Neoromanik. Die Große Synagoge der liberal orientierten jüdischen Gemeinde wurde am 6. September 1904 eingeweiht, verfügte über eine Orgel und bot Platz für über 1000 Frauen und Männer.

Die kleinere orthodoxe Gemeinde, die den Kirchenneubau wegen der eingeplanten Orgel ablehnte, schuf sich ab 1904 einen Betsaal in der Bilker Straße 37, später in der Poststraße 4. Die ostjüdischen Zuwanderer hatten in mehreren Stadtteilen Düsseldorfs ihre eigenen Betsäle. Die Landgemeinden Gerresheim und Benrath hatten ebenfalls eigene Synagogen, auch die Städte Neuss und Ratingen, die heute der jüdischen Gemeinde Düsseldorfs zugeordnet sind.

Von 1907 bis 1912 war die Große Synagoge die Wirkungsstätte des bedeutenden Rabbiners und Vertreters des deutschen liberalen Judentums Leo Baeck.

Straßenseite der Gedenktafel für die Große Synagoge in der Kasernenstraße
Gebäudeseite der Gedenktafel

Die Große Synagoge an der Kasernenstraße wurde in der Nacht zum 11. August 1929, dem zehnten Gedenktag der Weimarer Verfassung, durch die Aufschrift Jud verrecke und ein aufgeschmiertes Hakenkreuz geschändet. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde sie erneut geschändet, nunmehr im Zuge von Pogromen, die vom nationalsozialistischen Regime für das ganze Gebiet des Deutschen Reichs organisiert worden waren. Im Verlauf des Düsseldorfer Pogroms wurden mindestens sieben Menschen getötet und zahlreiche misshandelt. Der mit einer Jüdin verheiratete Düsseldorfer Regierungspräsident Carl Christian Schmid wurde zum Rücktritt gezwungen.[2] Im Zuge dieser gelenkten Aktionen verwüsteten SA-Männer die Große Synagoge zunächst im Innern und setzten sie anschließend in Brand.[3] Ihre Ruine wurde am 29. November 1938 abgebrochen. Auch die anderen Synagogen wurden zerstört. Auf dem Grundstück der Großen Synagoge befindet sich heute das Gebäude der Verlagsgruppe Handelsblatt. Dort befindet sich auch ein Erinnerungsmal, an dem von Zeit zu Zeit auch Gedenkveranstaltungen stattfinden.

Beschreibung

Grundriss

Der Grundriss zeigte eine Zentralanlage mit vielen Nebenräumen, wie Wandelhalle, Garderobe, Toiletten. Im Osten des Baus befand sich der Aaron HaKodesch, dahinter befanden sich die Zimmer des Rabbiners und des Kantors sowie ein Raum für die Geräte, die Vorsynagoge und die Mikwe. Die Vierung der Zentralanlage maß 15 Meter, auf drei Seiten derselben befanden sich die Frauenemporen, auf der vierten Seite über dem Aaron HaKodesch eine Empore für die Sänger und die Orgel. Über der Vierung erhob sich eine Kuppel, flankiert von Ecktürmen. Das Gebäude war mit hellem Vogesensandstein verblendet. Für Sockel und Freitreppen wurde Niedermendiger Basaltlava verwendet. Die Säulen der Emporen bestanden aus Labradorstein. Die Dächer der Vierungskuppel und der beiden Seitentürme waren mit Kupfer eingedeckt, die übrigen Dächer mit Schiefer. Über eine offene Bogenhalle war das Gebäude mit dem Gemeinde- und Schulhaus verbunden. Im Gebäude fanden 800 Männer und 500 Frauen Platz.

Siehe auch

Literatur

  • Architekten- und Ingenieur-Verein zu Düsseldorf (Hrsg.): Düsseldorf und seine Bauten. L. Schwann, Düsseldorf 1904, S. 141f.
  • Barbara Suchy: Synagogen in Düsseldorf. In: Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf (Hrsg.): Aspekte jüdischen Lebens in Düsseldorf und am Niederrhein. Bearb. von Angela Genger und Kerstin Griese, Düsseldorf 1997, S. 60–75.
  • Theo Lücker: Düsseldorf – rund um die Karlstadt. Verlag Goethe-Buchhandlung Düsseldorf, Düsseldorf 1990, S. 229–232 [Standort der früheren Synagoge. Heute eine schlichte Gedenkstätte].

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Jürgen Wiener: Einführung in die Architekturgeschichte Düsseldorfs. In: Roland Kanz, Jürgen Wiener (Hrsg.): Architekturführer Düsseldorf, Dietrich Reimer Verlag, 1. Auflage, Berlin 2001, S. XI–XXII, dazu S. XVI.
  2. Hugo Weidenhaupt: Kleine Geschichte der Stadt Düsseldorf, 9. überarbeitete Auflage, Düsseldorf 1983, S. 176
  3. Die brennende Synagoge an der Kasernenstraße nach der Reichskristallnacht am 10.11.1938
51.2202176.775067

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