Carsten Niemitz

Carsten Niemitz

Carsten Niemitz (* 1945 in Dessau) ist ein deutscher Humanbiologe.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Niemitz absolvierte ein Studium der Biologie, Mathematik, Medizin und Kunstgeschichte an der Universität Gießen, der Universität Freiburg, der Universität Göttingen und in Berlin. Ab 1968 bis 1971 war er Mitarbeiter am Frankfurter Max-Planck-Institut für Hirnforschung, 1971 bis 1973 verbrachte er im Urwald von Sarawak auf Borneo. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland promovierte er 1974. Von 1974 bis 1978 war er Assistent am Anatomischen Institut der Universität Göttingen und ist seit 1978 Professor für Humanbiologie an der Freien Universität Berlin. Zudem war er Gastprofessor für Spezielle Zoologie und Evolutionsbiologie an der Universität Potsdam, 1987 wurde er Berater der IUCN durch Aufnahme in die Species Survival Commission. Während einer Forschungsreise 1991 in Sulawesi entdeckte er die Primatenart Tarsius dianae.

Niemitz ist Vorstandsvorsitzender der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte, Mitherausgeber wissenschaftlicher Zeitschriften und Leiter des Instituts für Humanbiologie und Anthropologie in Berlin. Seine Forschungsschwerpunkte sind neben der Evolutionsbiologie Freilandforschung an Tierprimaten, Biomechanik, Kommunikationsforschung und theoretische Arbeiten. Er vertritt eine „amphibische Theorie“ der frühen Menschwerdung, wonach „es in einer Periode unserer Evolution gerade das Waten und die Ufernutzung waren, die den heutigen Menschen nachhaltig und wesentlich mitgestaltet haben“[1] und die insbesondere die Entwicklung zum aufrechten Gang vorangetrieben haben. Die sehr viel weiter gehende Wasseraffen-Theorie, die eine echte aquatische (wasserlebende) Phase in der Evolution – der Hominisation – annimmt, lehnt Niemitz ab.[2] Seine praktischen Erfahrungen dafür rühren von Forschungsreisen zum Beispiel auch zum Amazonas- und Kongobecken. Neben 200 Einzelpublikationen ist er auch als Filmautor aktiv geworden.

Werkauswahl

  • Zur Biometrie der Gattung Tarsius Storr, 1780 (Tarsiiformes, Tarsiidae). Eine funktionsmorphologische Studie als Beitrag zur Systematik und Phylogenie der Koboldmakis unter Verwendung elektronischer Rechenmittel mit dem Versuch einer Synopse morphologischer und ethologischer Ergebnisse. Dissertation, Gießen 1974
  • Zur Funktionsmorphologie und Biometrie der Gattung Tarsius Storr, 1780 (Mammalia, Primates, Tarsiidae). Herleitung von Evolutionsmechanismen bei einem Primaten. Courier Forschungsinstitut Senckenberg 25, 1977
  • Erbe und Umwelt. Zur Natur von Anlage und Selbstbestimmung des Menschen. Verlag Suhrkamp, Frankfurt am Main, 1987, ISBN 3-518-28246-8, 2. Auflage, 1989
  • Das Regenwaldbuch. Verlag Parey, Berlin und Hamburg 1990, ISBN 3-489-53434-4
  • mit Sigrun Niemitz: Genforschung und Gentechnik. Ängste und Hoffnungen. Springer Verlag, Berlin 1999
  • Das Geheimnis des aufrechten Gangs. Unsere Evolution verlief anders. C.H. Beck, München 2004, ISBN 978-3-406-51606-1
  • Brennpunkte und Perspektiven der aktuellen Anthropologie = Focuses and perspectives of modern physical anthropology. Verlag Leidorf, 2006, ISBN 978-3-86757-141-8, ISBN 3-86757-141-4

Quellen

  1. Niemitz 2004, S. 210
  2. Niemitz 2004, S. 204–210

Weblinks


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