Hans Pöhl

Hans Pöhl

Hans Pöhl (* 3. Augustjul./ 15. August 1876greg. in Suur-Nõmmküla; † 22. Januar 1930 in Tallinn) war ein estländischer Politiker. Er war einer der führenden Vertreter der schwedischsprachigen Minderheit im Estland der Zwischenkriegszeit.

Inhaltsverzeichnis

Frühe Jahre

Hans Pöhl wurde in eine estlandschwedische Familie geboren. Von 1886 bis 1890 besuchte er die Grundschule im westestnischen Sutlepa, anschließend die russischsprachige Stadtschule in Haapsalu. Studienaufenthalte führten ihn nach Oxford und Cambridge.

Pöhl schloss 1912 sein Studium in den Fächern Germanistik und Anglistik an der Universität in der russischen Hauptstadt Sankt Petersburg ab. Anschließend war Pöhl als Gymnasiallehrer in Schweden, im westestnischen Noarootsi und in der estnischen Hauptstadt Tallinn tätig. In den 1920er Jahren verfasste er Lehrbücher für den Englischunterricht in Estland sowie ein englisch-estnisches Wörterbuch.

Politik

Pöhl engagierte sich bereits vor dem Ersten Weltkrieg stark für die Belange der schwedischen Minderheit in Estland. Er war unter anderem Gründer schwedischer Schulen, der schwedischen Kulturvereinigung Estlands (Svenska Folkförbundet), des schwedischen Bildungsvereins (Svenska Odlingens Vänner) und der schwedischsprachigen Landwirtschaftsschule von Pürksi. Daneben war Pöhl als Küster der schwedisch-finnischen Kirchengemeinde von Tallinn sowie in der schwedischen Missionsgesellschaft aktiv..[1] Lange Zeit war er Direktor des Seemannsheims von Tallinn.

Mit der staatlichen Unabhängigkeit Estlands 1918 ging Pöhl in die aktive Politik. Von Dezember 1918 bis Mai 1919 war Pöhl in der provisorischen Regierung von Ministerpräsident Konstantin Päts Minister für Fragen der schwedischen Minderheit. Anschließend vertrat er die schwedische Minderheit in der verfassungsgebenden Versammlung der Republik Estland (Asutav Kogu).

1925 erhielt auf Pöhls Betreiben auch die schwedische Minderheit durch das Gesetz über die Kulturautonomie umfangreiche Minderheitenreichte. Die liberale Minderheitengesetzgebung Estlands, die auch für die autochtone deutsche, russische und jüdische Bevölkerung galt, war in jener Zeit vorbildlich.

Pöhl gehörte als Abgeordneter dem estnischen Parlament (Riigikogu) in dessen erster, dritter und vierter Legislaturperiode an. Vor der Parlamentswahl vom Mai 1929 hatten sich auf Betreiben Pöhls die deutschsprachige und die schwedischsprachige Minderheiten zu einem Wahlbündnis zusammengeschlossen, um ihre politischen Kräfte zu bündeln.

Hans Pöhl starb während seiner Abgeordnetenzeit im Januar 1930. Auf dem Friedhof von Hullo, der Inselhauptstadt von Vormsi, erinnert ein Gedenkstein neben der mittelalterlichen St. Olav-Kirche an ihn. Pöhls Nachfolger als Riigikogu-Abgeordneter der schwedischen Minderheit wurde Mathias Westerblom.

Privatleben

1906 heiratete Pöhl die von der Insel Vormsi stammende Estlandschwedin Lydia Scoutine Amalia Pöhl. Kurze Zeit später wurde ihr erster Sohn, der spätere Pfarrer Hjalmar-Fritof Pöhl (1908-1964), geboren.

Literatur

  • Göte Brunberg, Patrik Göransson, Margareta Hammerman u.a.: Hans Pöhl - Estlandssvenskarnas hövding. En biografi över Hans Pöhl (1876-1930), estlandssvenskarnas främste företrädare och ledare. Hans Pöhl - rannarootslaste eestvõitleja. Hans Pöhli (1876-1930), Eesti rootslaste vaimse liidri ja valgustaja elulugu Stockholm: Svenska Odlingens Vänner; Tallinn: Rootsi Vähemusrahvuse Kultuurinõukogu Eestis 2010

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Eesti elulood. Tallinn: Eesti entsüklopeediakirjastus 2000 (= Eesti Entsüklopeedia 14) ISBN 9985-70-064-3, S. 395

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Hans Pohl — ist der Name folgender Personen: Hans Pohl (Historiker) (* 1935), deutscher Historiker Hans Pohl (Politiker) (* 1939), deutscher Politiker Hans Georg Pohl (1852–1928), Jurist und Mitglied des Deutschen Reichstags Hans Joachim Pohl, deutscher… …   Deutsch Wikipedia

  • Hans Pohl (Politiker) — Hans Pohl (* 11. Oktober 1939 in Lemgo) ist ein deutscher Politiker (SPD). Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Beruf 2 Abgeordneter 3 Öffentliche Ämter 4 …   Deutsch Wikipedia

  • Pohl (Familienname) — Die Herkunft des Familiennamens Pohl kann aus mehreren Quellen hergeleitet werden: Aus niederdeutschen Namen von Wohnstätten Puhl oder englisch pool bzw. hochdeutsch Pfuhl. Diejenigen also, die in solchen Wohnstätten (mit Wasser gefüllten… …   Deutsch Wikipedia

  • Hans-Peter Pohl — (* 30. Januar 1965 in Triberg im Schwarzwald) ist ein deutscher ehemaliger Wintersportler und Olympiasieger in der Disziplin Nordische Kombination. Er gewann Gold in der Mannschaft zusammen mit Thomas Müller und Hubert Schwarz. Hans Peter Pohl… …   Deutsch Wikipedia

  • Hans Weinert — (* 14. April 1887 in Braunschweig; † 7. März 1967 in Heidelberg) war ein deutscher Anthropologe, der während des NS Regimes im Sinne der NS Rassenhygiene wirkte. Inhaltsverzeichnis 1 Familie und Ausbildung 2 Kriegsdienst und akademische Laufbahn …   Deutsch Wikipedia

  • Hans-Joachim Pohl — (2.v.r.) im Bahnvierer des ASK Vorwärts Frankfurt Hans Joachim Pohl ist ein ehemaliger deutscher Radrennfahrer aus der DDR. 1977 wurde Hans Joachim Pohl zweifacher Junioren Weltm …   Deutsch Wikipedia

  • Hans-peter pohl —  Pour l’article homonyme, voir Pohl .  Hans Peter Pohl Naissance 30 janvier 1965 Triberg im Schwarzwald Nationalité …   Wikipédia en Français

  • Hans Georg Pohl — (* 2. September 1852 in Falkenberg; † 8. November 1928 in Berlin[1]) war Jurist und Mitglied des Deutschen Reichstags. Leben Pohl besuchte das Mathias Gymnasium in Breslau und die Universitäten Breslau und Greifswald, wo er Rechtswissenschaften… …   Deutsch Wikipedia

  • Hans von Ohain — Hans Joachim Pabst von Ohain Hans von Ohain. Nacimiento 14 de diciembre de 1911 Dessau …   Wikipedia Español

  • Hans Kaiser (Politiker) — Hans Kaiser (* 31. Juli 1947 in Pohl/Rhein Lahn Kreis) ist ein deutscher Politiker der CDU. Der Rundfunkjournalist wurde 1979 Sprecher der CDU Landtagsfraktion Rheinland Pfalz und 1985 stellvertretender Sprecher der Landesregierung. 1992 wurde er …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”