Hans Walther (1888–1961)

Hans Walther (1888–1961)

Hans Walther (* 28. Mai 1888 in Apolda; † 1961 in Erfurt) war ein deutscher Bildhauer.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Hans war der Sohn des Apoldaer Steinmetzen Carl Walther, der an der damaligen Friedhofstraße (heute Lessingstraße) im Auftrag seiner Kunden Grabdenkmale zur Aufstellung auf dem damaligen alten Friedhof (später Parkanlage, heute mit der Lessingschule bebaut) herstellte. Nachdem die Familie 1896 nach Erfurt übersiedelt war, richtete der Vater dort eine neue Werkstätte ein, die spürbar florierte und bald den Bau eines eigenen Hauses in der Alsen-Straße (seit 1950: Schulze-Delitzsch-Straße) ermöglichte. Nach dem Besuch des Gymnasiums und der Erlangung des Abiturs begann Hans 1908 an der Großherzoglichen Kunstschule Weimar ein Studium bei Professor Adolf Brütt. Bald danach wechselte er nach Berlin, wo er bei Hugo Lederer weiter lernte. Hier wurde er bei der Suche nach einem eigenen künstlerischen Stil beeinflusst von der Berliner Künstlersezession und dem Expressionismus eines Herwarth Walden. Bei einem Studienaufenthalt in Paris traf er mit Auguste Rodin zusammen. Im Jahre 1910 wurde er auf Vorschlag von Max Klinger in den Deutschen Künstlerbund aufgenommen. Seither hinterließ er im Erfurter Stadtbild zahlreiche Spuren seines Wirkens - etwa mit einem Fassadenschmuck an einer Speditionsfirma.

Die traumatischen Erfahrungen als Heeressoldat im Ersten Weltkrieg formten ihn in seinem Weltbild und in seiner Kunstauffassung nachhaltig. Die zahlreichen Gefallenen-Denkmäler, die er in der Nachkriegszeit gestaltet hat, lassen jede Gewaltverherrlichung und nationalen Chauvinismus vermissen, wie sie sonst durchgängig in den Kriegerdenkmalen jener Zeit dominieren. Einige dieser Kunstwerke lösten umgehend hämische Kommentare, Ablehnung und Empörung aus - so etwa das 1924 entstandene Monument für die getöteten Soldaten des Erfurter Jäger-Regiments Nr. 6, das von Mitgliedern des "Stahlhelm" und nach 1933 von den zur Macht gekommenen Nationalsozialisten denunziert und schließlich 1939 beseitigt wurde. Das in Straußfurt bei Sömmerda entstandene Denkmal überstand glücklicherweise die NS-Zeit. Die Ausdrucksformen der Figuren erinnern an die Handschrift des ihm seelenverwandten Künstlers Ernst Barlach. In der NS-Zeit wurden zahlreiche seiner Grabdenkmale auf dem Erfurter Hauptfriedhof als "entartete Kunst" beseitigt oder verstümmelt. Dagegen blieben Steine in kristallinen, expressionistischen Formen merkwürdigerweise verschont - darunter allein fünf Denkmale auf dem Neuen jüdischen Friedhof, aber auch die expressionistische Gruftanlage für einen Gärtnermeister aus dem Jahre 1920.

Ab 1934 war "baugebundene Kunst" Pflicht bei neuen öffentlichen Bauten geworden. Davon profitierte auch Hans Walther. So konnte er 1935 die Schauseite der neuen Sparkasse am Fischmarkt in Erfurt figürlich gestalten, wie bereits 1930 die Sparkasse am Anger.

1935 finanzierte Julie Siegfried mit ihrer "Wilhelm-Siegfried-Stiftung" auch zwei von Walther geschaffene Bronze-Figuren im Brühler Garten in Erfurt: "Froschkönig" und "Mutter mit (fünf) Kindern".[1]

Das 1922 entstandene und 1924 erweiterte Atelier von Hans Walther in der Gartenstraße (und seine zwei Wohnhäuser) wurden bei dem Bombenangriff auf Erfurt am Karfreitag 1945 schwer beschädigt. Heute (2010) erinnert nichts mehr an die Existenz des von dem Architekten Karl Meinhardt geschaffenen großzügigen Arbeitsraums des Künstlers.

Nach der Befreiung von der NS-Gewaltherrschaft widmete sich Walther neben zahlreichen liebevollen steinernen Porträts ihm nahe stehender Menschen auch der Gestaltung eines Totentanz-Zyklus, der an die Zerstörung der Erfurter Barfüßerkirche durch eine britische Luftmine im Zweiten Weltkrieg erinnert.

Hans Walther starb 1961 und fand auf dem Erfurter Hauptfriedhof seine Ruhestätte, die von einer durch ihn selbst gehauenen Frauengestalt geschmückt wird.

Werke

  • Grabdenkmal für den Samenzüchter Carl Schmidt auf dem Hauptfriedhof Erfurt, 1921
  • Kriegerdenkmal auf dem Kirchhof in Straußfurt, Muschelkalk, 1923
  • Monument für das Jägerregiment zu Pferde Nr. 6, Sandstein, 1924 vor der Reglerkirche in Erfurt errichtet, 1939 von den Nazis beseitigt
  • Fassadenrelief am Katholischen Krankenhaus Victoria-Straße (heute Puschkin-Straße) Erfurt, Sandstein, 1925
  • Portalgestaltung am Großen Hospital in Erfurt am Johannes-Ring (heute Teil des Juri-Gagarin-Rings), Muschelkalk, 1925
  • Skulpturen am Neubau des AOK-Gebäudes in der Augustiner-Straße in Erfurt, 1930
  • Figürliche Gestaltung der Fassade der Sparkasse am Anger in Erfurt, 1930
  • Gestaltung der Schauseite der Sparkasse am Fischmarkt in Erfurt, 1935
  • Mutter mit fünf Kindern, Bronze-Plastik im Brühler Garten in Erfurt, 1935
  • Froschkönig und Prinzessin, Bronze-Plastik für einen Trinkbrunnen im Brühler Garten in Erfurt, 1936
  • Zyklus "Totentanz" von 1948 zur Zerstörung der Barfüßerkirche (Erfurt) durch eine Luftmine am Totensonntag 1944
  • Triumphkreuz 1952 in der nach Teilzerstörung durch Bomben wiederhergestellten Thomaskirche (Erfurt)
  • Figurenfries am Hörsaalanbau des Lehrgebäudes 1 des Pädagogischen Instituts Erfurt, Anfang der 1950er Jahre
  • Alfred Machol: Bronze-Büste vor der Chirurgischen Klinik des Städtischen Klinikums Erfurt, 1953

Literatur

Weblinks

 Commons: Hans Walther – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Ruth und Eberhard Menzel:Knabe mit Springseil blieb die einzige Spur. Thüringische Landeszeitung, 18. September 2010

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