Hartmut Zwahr

Hartmut Zwahr

Hartmut Christian Johannes Zwahr (* 28. August 1936 in Bautzen) ist ein deutscher Historiker. Von 1978 bis 1992 war er Professor für die Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung an der Karl-Marx-Universität Leipzig (KMU) und anschließend bis zu seiner Emeritierung 2001 Professor für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte an der Universität Leipzig.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Nach dem Besuch der Grund- bzw. Volksschule in seiner Heimatstadt Bautzen absolvierte Zwahr ab 1950 eine Lehre zum Bibliothekstechniker in der Allgemeinen Öffentlichen Bibliothek in Bautzen. Anschließend besuchte er von 1953 bis 1956 die Fachschule „Erich Weinert“ für Bibliothekare in Leipzig. Von 1955 bis 1960 widmete er sich einem Studium der Geschichte, Erwachsenenpädagogik und Germanistik an der Leipziger Universität. Anschließend war er bis 1963 Inhaber einer wissenschaftlichen Aspirantur am Sorbischen Institut der Philosophischen Fakultät der KMU. Er promovierte bei Paul Nedo mit einer Arbeit zur Thematik Die antisorbische Staatspolitik im kaiserlich-imperialistischen Deutschland und der Kampf der sorbischen Volksbewegung in der Oberlausitz gegen soziale Ausbeutung und nationale Unterdrückung. Es folgten Assistententätigkeiten in den Abteilungen für Deutsche Landes- und Regionalgeschichte am dortigen Institut für Deutsche Geschichte. Von 1969 bis 1971 war er wissenschaftlicher Oberassistent der Lehrgruppe „Örtliche Arbeiterbewegung“ innerhalb des Wissenschaftsbereichs „Deutsche Geschichte und Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung 1789 bis 1945“. 1974 schloss er seine Diss. B., mit der er den Titel Dr. sc. phil. erlangte, mit der Habilitationsschrift Zur Konstituierung des Proletariats als Klasse – Strukturuntersuchung über das Leipziger Proletariat während der industriellen Revolution ab.

Von 1971 bis 1978 war Zwahr Dozent für die Geschichte der Deutschen Arbeiterbewegung an der KMU. Nach einem Zusatzstudium an den Historischen Instituten der Universitäten in Leningrad und Moskau wurde er 1978 zum ordentlichen Professor für das genannte Fachgebiet berufen. Von 1985 bis 1990 war er Mitglied des Wissenschaftlichen Rates der Sektion Geschichte. 1987 erhielt er die Chance, im Rahmen des Forschungsprojekts Bürgertum im 19. Jh. Deutschland im europäischen Vergleich, einen Gastaufenthalt am Zentrum für interdisziplinäre Forschung der Universität Bielefeld wahrnehmen zu können. Zwahr war von 1967 bis 1990 Mitglied der SED.

Nach der politischen Wende hatte er von 1992 bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand 2001 die Leipziger Professur für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte inne. Er war von 1996 bis 1999 Mitglied des Konzils der Universität Leipzig, von 2002 bis 2004 Kuratoriumsmitglied des Hannah-Arendt-Instituts in Dresden sowie von 2002 bis 2008 Kuratoriumsmitglied der Leipziger Universität.

Der Sorbe Zwahr gehört seit 1953 der Sorabija an und stand dieser 1963/64 gar als Vorsitzender vor. Seit 1997 gehört er der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Görlitz an. Bereits seit 1984 ist er zudem Mitglied der Historischen Kommission der Sächsischen Akademie der Wissenschaften in Leipzig.

Er ist mit der Historikerin Annette Zwahr verheiratet.

Ehrungen

Werke

  • Proletariat und Bourgeoisie in Deutschland. Studien zur Klassendialektik. Köln, 1980.
  • Die Konstituierung der deutschen Arbeiterklasse von den dreissiger bis zu den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts. Berlin: Akademie-Verlag, 1981.
  • Meine Landsleute: die Sorben und die Lausitz im Zeugnis deutscher Zeitgenossen – von Spener und Lessing bis Pieck. Bautzen: Domowina-Verlag, 1984.
  • Herr und Knecht. Figurenpaare in der Geschichte. Leipzig-Jena-Berlin 1990.
  • Ende einer Selbstzerstörung. Leipzig und die Revolution in der DDR. Göttingen 1993.
  • Revolutionen in Sachsen. Beiträge zur Sozial- und Kulturgeschichte. Köln-Weimar-Wien 1996.
  • Die erfrorenen Flügel der Schwalbe: DDR und „Prager Frühling“ – Tagebuch einer Krise, 1968 - 1970. Bonn: Dietz, 2007. ISBN 978-3-8012-4182-7
  • Atlas zur Geschichte und Landeskunde von Sachsen. Friedliche Revolution 1989/90 in Sachsen. Dresden 2009. ISBN 978-3-89679-599-1

Literatur

  • Michael Martischnig: Volkskundler in der Deutschen Demokratischen Republik heute. (= Mitteilungen des Instituts für Gegenwartsvolkskunde, Sonderband 4) Selbstverlag des österreichischen Museums für Volkskunde, Wien 1990, S. 174–175 ISBN 3-900359-46-6

Weblinks


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