Heinrich Schulz (Attentäter)

Heinrich Schulz (Attentäter)

Heinrich Schulz (* 21. Juli 1893 in Saalfeld; † 5. Juni 1979 in Eltville am Rhein) ermordete mit Heinrich Tillessen am 26. August 1921 den deutschen Politiker Matthias Erzberger.

Inhaltsverzeichnis

Die Anfänge

Heinrich Schulz absolvierte in der Jugend eine kaufmännische Lehre. Er meldete sich zu Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 freiwillig zum Kriegsdienst und wurde im Krieg mehrfach ausgezeichnet. Bei Kriegsende wurde er im Range eines Leutnants aus dem Militärdienst entlassen.

Es gelang Schulz jedoch nicht, in einem bürgerlichen Beruf Fuß zu fassen. Im April 1919 trat er der Marine-Brigade Ehrhardt bei. Nach deren Auflösung gehörte er ab April 1921 der Nachfolgegruppierung Organisation Consul an, die sich die Durchführung politischer Fememorde zum Ziel gesetzt hatte.

Das Attentat

Im Auftrag der Organisation Consul ermordete Schulz am 26. August 1921 zusammen mit Heinrich Tillessen bei Bad Griesbach im Schwarzwald den Zentrumspolitiker und früheren Reichsfinanzminister Matthias Erzberger. Für rechtsradikale und deutschnationale Gruppierungen erfüllte Erzberger das Feindbild des „Novemberverbrechers“, da er als Leiter der deutschen Waffenstillstandskommission am 11. November 1918 das Waffenstillstandsabkommen von Compiègne unterzeichnet hatte. Zur Fahndung ausgeschrieben, musste Schulz kurz nach dem Attentat nach Ungarn fliehen, wo er später erkannt und 1924 verhaftet wurde. Seine Auslieferung lehnte die ungarische Regierung ab, verwies ihn aber des Landes. Schulz kam über Italien nach Südwestafrika und später nach Guinea, wo er Arbeit fand und einige Jahre blieb. Im März 1933 kehrte er nach Deutschland zurück, wo er durch die von Reichspräsident Paul von Hindenburg unterzeichnete Straffreiheitsverordnung vom 21. März 1933[1] amnestiert wurde. Er trat in die SS ein, wurde 1939 zum Sturmbannführer ernannt und 1940 in die Waffen-SS übernommen. 1943 wurde er zum Obersturmbannführer befördert.

Gefangennahme und Verurteilung

Bei Kriegsende geriet Schulz im Mai 1945 in amerikanische Kriegsgefangenschaft und wurde bald als einer der Mörder von Erzberger enttarnt. Im November 1946 beantragte der badische Generalstaatsanwalt die Überstellung an die zuständigen badischen Strafverfolgungsbehörden. Diese erfolgte aber nicht sofort, da erst das Spruchkammerverfahren abgewartet wurde, in dem Heinrich Schulz zu acht Jahren Arbeitslager verurteilt wurde. Im Dezember 1949 wurde Schulz an die deutschen Behörden überstellt und kam in Offenburg in Haft.

Das Hauptverfahren wegen des Mordes an Erzberger fand vom 17. bis 19. Juli 1950 vor dem Landgericht Offenburg statt. Der Mittäter Heinrich Tillessen wurde als Zeuge vernommen und entlastete Schulz, indem er sich selbst als Haupttäter darstellte, obwohl er in seiner eigenen Hauptverhandlung eine genau gegenteilige Darstellung der Tat vorgebracht hatte. Es gilt jedoch als sicher, dass wenigstens einer der tödlichen Kopfschüsse aus der Waffe von Schulz stammte.[2] Als Konsequenz wurde Heinrich Schulz wegen Totschlags verurteilt und nicht wegen Mordes. Das Strafmaß betrug zwölf Jahre Haft.

Am 22. Dezember 1952 wurde die Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Heinrich Schulz lebte danach in Frankfurt am Main.

Literatur

  • Cord Gebhardt: Der Fall des Erzberger-Mörders Heinrich Tillessen. Ein Beitrag zur Justizgeschichte nach 1945. Mohr Siebeck, Tübingen 1995, ISBN 3-16-146490-7 (Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts. Nr. 14).
  • Reiner Haehling von Lanzenauer: Der Mord an Matthias Erzberger. Verlag der Gesellschaft für Kulturhistorische Dokumentation, Karlsruhe 2008, ISBN 3-922596-75-4 (Schriftenreihe des Rechtshistorischen Museums Karlsruhe. Heft 14).

Einzelnachweise

  1. Die Straffreiheitsverordnung vom 21. März 1933: [1]
  2. Gutachten der Gerichtschemikers Popp aus Frankfurt vom 19. September 1921 (Staatsarchiv Freiburg).

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