Organisation Consul

Organisation Consul

Die Organisation Consul (O. C.) war eine nationalistische Terrororganisation während der Weimarer Republik. Die von Hermann Ehrhardt geführte Organisation war als Geheimgesellschaft organisiert und versuchte, durch politische Morde das demokratische System der jungen Republik zu erschüttern und die Ergebnisse des Ersten Weltkriegs, insbesondere den Friedensvertrag von Versailles, zu revidieren.

Inhaltsverzeichnis

Ursprung

Die O.C. ging aus der Marine-Brigade Ehrhardt hervor, einem Freikorps, das 1920 offiziell aufgelöst worden war. Deren namengebender Kommandeur, Kapitän Hermann Ehrhardt, formierte die Organisation nach dem Scheitern des Kapp-Putsches aus den Reihen der Brigade. Aufgrund ihrer Herkunft war die O.C. eine militärisch organisierte Kadergruppe, deren Mitglieder sich zum größten Teil aus Offizieren des ehemaligen Reichswehr-Heeres und der Freikorps rekrutierten.

Organisation

Ihr Altersdurchschnitt lag zwischen 20 und 30 Jahren. Ihre Motivation nährte sich aus einem antibürgerlichen Affekt und aus einem extremen Nationalismus. Eines der bekanntesten Mitglieder der Organisation Consul war der spätere Schriftsteller Ernst von Salomon. Die O. C. verfügte über Verbindungsleute im gesamten Reich und konnte aus einem geschätzten Personalstamm von etwa 5.000 Mann schöpfen, um ihre Attentäterkommandos zusammenzustellen.

Diese Untergrundorganisation, die nur eine Kernorganisation war, wirkte getarnt als Holzhandelsgesellschaft von München aus und unterhielt illegale Waffenlager. Über die O. C. betreute Ehrhardt ein ganzes Netzwerk weiterer paramilitärischer Vereinigungen. Mitglieder der O. C. nahmen 1920 am Abstimmungskampf in Oberschlesien teil, um die Abtretung des Gebiets an Polen zu verhindern.

Am 26. August 1921 wurde der bei den Rechten verhasste Zentrumspolitiker Matthias Erzberger bei Bad Griesbach im Schwarzwald von Heinrich Schulz und Heinrich Tillessen ermordet. Die Ermittlungen der Polizei führten schnell zu den Tätern und schließlich auch zur Organisation Consul, der die beiden Studenten angehört hatten. In einer deutschlandweiten Verhaftungswelle wurden nach weiteren Ermittlungen 34 Mitglieder der Organisation Consul verhaftet. Die meisten mussten jedoch schon bald wieder entlassen werden, da der Verdacht, die O. C. habe als Organisation den Mord an Erzberger geplant und durchgeführt, sich nicht ausreichend durch Beweise stützen ließ. Einige der Mitglieder wurden trotzdem wegen Mitgliedschaft in einem Geheimbund angeklagt.[1]

Am 24. Juni 1922 ermordeten Angehörige der O. C. den deutschen Außenminister Walther Rathenau. Einer der Mittäter war Ernst von Salomon. Dieser behauptete allerdings in seinem nach 1945 erschienenen autobiographischen Werk Der Fragebogen, dass die O. C. eine mit Billigung der Reichswehr geschaffene Tarnorganisation gewesen sei, deren einziger Zweck der Aufbau einer – nach dem Versailler Vertrag verbotenen – Spionageabwehr war. Am Ende dieses Prozesses habe schließlich die Abwehr des Admirals Canaris gestanden. Auch in den Fällen der Morde an Karl Gareis, Fraktionsvorsitzender der USPD in Bayern am 9. Juni 1921 und bei dem Mordversuch an Philipp Scheidemann 1922 gab es Verbindungen zur O. C.

„Der Mord an Walther Rathenau, dem ich an sich fremd und kühl gegenüberstand, hat mich aufs tiefste erregt. Es war die Saat, die Helfferich und seine Freunde gesät hatten, die da aufging. Rathenau, so schrieb ich am 25. Juni in mein Tagebuch, mußte sterben, weil er Jude war. Soweit war die geradezu blödsinnige Verhetzung der Rechtskreise gediehen, in diesem „christlichen“ Volk, daß der Staat gezwungen war, ohnmächtig zuzusehen, wie einer seiner besten Köpfe wie ein Hund abgeschossen wurde. Was ich immer als politische Notwendigkeit seit Jahr und Tag gefordert hatte, war jetzt offenkundig staatspolitische Notwendigkeit: die völlige Neugestaltung der inneren Verwaltung – im weitesten Sinn des Wortes. Solange überall die „Alten“ den Geist der Demokratie sabotierten, so lange erschien mir jeglicher Versuch zur Schaffung eines neuen Deutschlands aussichtslos und zum Scheitern verurteilt.

Fritz Elsas: in seinem Tagebuch

Die Organisation spielte auch bei der Bildung der SA eine bedeutende Rolle, als 1921 der O.C.-Leutnant Hans Ulrich Klintzsch die militärische Führung der einstigen „Turn- und Sportabteilung der N.S.D.A.P.“ übernahm. Aus ihrem Mitgliederbestand kamen auch Julius Schreck und Joseph Berchtold, die späteren Leibwächter Adolf Hitlers.

Verbot und Auflösung

Bei den Untersuchungen im Mordfall Matthias Erzberger wurde der Sitz der O. C. ausgehoben. Auf der Grundlage des am 21. Juli 1922 erlassenen Republikschutzgesetzes wurde die O. C. verboten. Als Nachfolgeorganisation wurde der Bund Wiking gegründet.

Im Dritten Reich wurden die Mitglieder der O. C. als „Helden des nationalen Widerstandes“ gefeiert, obwohl die O. C. tatsächlich in Konkurrenz zur NSDAP gestanden hatte. Ehrhardt war in München in den 20er Jahren mehrfach mit Hitler aneinandergeraten, den er u. a. des Wortbruchs bezichtigte. Gleichzeitig gehörte Friedrich Wilhelm Heinz, einer der regionalen Führer der O. C. zum militärischen Widerstand des Jahres 1938 wie einige andere Freikorpsmitglieder auch. 1938 war vorgesehen, dass er bei einem geplanten Putsch Hitler verhaften und, wenn nötig, töten sollte. In der Bundesrepublik Deutschland war Friedrich Wilhelm Heinz dann einer der ersten Leiter des Militärischen Abschirmdienstes.

Literatur

  • Martin Sabrow: Der Rathenaumord. Rekonstruktion einer Verschwörung gegen die Republik von Weimar. Oldenbourg, München 1994, ISBN 3-486-64569-2, (Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 69), (Zugleich: Freiburg (Breisgau), Univ., Diss., 1992), (Kurzfassung: Die verdrängte Verschwörung. Der Rathenau-Mord und die neue deutsche Gegenrevolution. Fischer, Frankfurt am Main 1999, ISBN 3-596-14302-0, (Fischer 14302)).
  • Martin Sabrow: Organisation Consul (O.C.), 1920-1922, in: Historisches Lexikon Bayerns.
  • Howard N. Stern: The Organisation Consul. In: Journal of Modern History (JMH) 35, 1963, ISSN 0022-2801, S. 20–32.

Weblinks

Anmerkungen

  1. Zum Erzberger-Mord und der Verwicklung der O. C. vgl. Sabrow, Der Rathenaumord, S. 22–27.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Organisation Consul — Organisation Cọnsul,   Abkürzung O. C., rechtsradikale Geheimorganisation, gegründet 1920 von H. Ehrhardt nach Auflösung des von ihm geführten Freikorps, der »Brigade Ehrhardt«, zählte bis zu 5 000 Mitgliedern und vertrat antidemokratische,… …   Universal-Lexikon

  • Organisation Consul — was an ultra nationalist force operating in Germany in 1921 and 1922. It was formed by members of the Marinebrigade Ehrhardt, a Freikorps unit which disbanded after the Kapp Putsch failed to overthrow the German Weimar Republic. It was… …   Wikipedia

  • Organisation Consul — L Organisation Consul (O. C.) est une organisation armée nationaliste allemande qui fut active pendant la République de Weimar. Historique Créée en 1920 après l échec du putsch de Kapp par le capitaine Ehrardt dans la brigade du Freikorps qu il… …   Wikipédia en Français

  • Organisation Consul — (OC)    successor in April 1920 to the Brigade Ehrhardt. Of the several Wehrverbände formed in response to the dissolution of the Freikorps,* OC was especially infamous. Organized by Hermann Ehr hardt,* OC made Munich its home since Ehrhardt… …   Historical dictionary of Weimar Republik

  • Consul — steht für: den Amtsinhaber des Consulats, des höchsten zivilen und militärischen Amtes der Ämterlaufbahn (cursus honorum) im Römischen Reich Der Consul, Roman von Christian von Ditfurth (2003) Organisation Consul, eine deutsche nationalistische… …   Deutsch Wikipedia

  • Organisation Heinz — Heinz Guido Oskar Hauenstein (* 22. September 1899[1] in Dresden;[2] † unbekannt)[3] war ein deutscher Freikorpsführer. Hauenstein führte die „Organisation Heinz“, die 1921 an Fememorden in Oberschlesien und 1923 am aktiven Widerstand während der …   Deutsch Wikipedia

  • Consul (disambiguation) — A consul is one of a number of political officials. Roman consul, the highest elected office in ancient Rome All later Consuls and Consulates are ultimately derived from the Roman ones, in particular: Consul (representative), a representative in… …   Wikipedia

  • Consul plebeien — Consul plébéien Monarchie romaine 753 – 509 av. J. C. République romaine 509 – 27 av. J. C. Empire romain 27 av. J. C. – 476 Empire byzantin 395 – 1453 …   Wikipédia en Français

  • Organisation armée secrète — OAS Idéologie Anti indépendantiste, Nationaliste Objectifs Contre l indépendance de l Algérie …   Wikipédia en Français

  • Organisation revolutionnaire du 17 Novembre — Organisation révolutionnaire du 17 Novembre Organisation révolutionnaire du 17 Novembre Classification Extrême gauche Objectifs Révolution prolétarienne Statut Inactif …   Wikipédia en Français

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”